Full text: St. Ingberter Anzeiger

vinners bei einer von demselben zu bezeichnenden 
ortlichen oder distriktiven Sparkasse der Pfalz auf 
Zins und Zinseszins angelegt. Die Sparkassen- 
bücher nimmt die Anstalt in Verwahr. Dem Ge— 
winner wird hierüber eine Bescheinigung ausgefer⸗ 
sigt. Gewinne von Theilhabern, welche vor vollen⸗ 
detem 40. Lebensjahr unvberheirathet mit Tod ab⸗ 
gehen, fallen den gesetzlichen Erben anheim. 
— Ludwigshafen, 22. Okt. Gestern 
wurde der des Mordes an dem Fahrikarbeiter Seib 
verdächtige Herr alias Siegmaier und heute 
Pormittag die Wittwe Disther nach Frankenthal 
in Untersuchungshaft abgeführt. (G. A.) 
— Der Schnellpressen-Fabrik Albert u. Cie. 
in Frankenthal wurde auf der Brüsseler Weltaus⸗ 
ttellung für hervorragende Leistungen und vorzüg⸗ 
iche Ausführung der ausgestellten 8 Schnellpressen 
ür Buch⸗ und Lithographiepressen die silberne 
Medaille zuerkannt. 
Vermischtes. 
F Neunkirchen, 21 Okt. Infolge der 
gestiegenen Preise für Brot und Kartoffeln haben 
die Herren Gebrüder v. Stumm allen auf dem 
hiesigen Eisenwerk beschäftigten Arbeitern, welche 
das 24ste Lebensjahr zurückgelegt haben, sowie den⸗ 
jenigen, welche die einzigen Ernährer threr Eltern 
und Geschwister sind, bis auf weiteres eine 
Teuerungszulage von 3 Vik. monatlich 
zugebilligt. Ausgeschlossen sind nur diejenigen Ar— 
beiter, welche in dem betr. Monat zur Arbeit ein⸗ 
gestellt sind oder aber Kündigung erhalten haben. 
(S. u. Bl.Ztg.) 
F In Neunkirchen herrscht seit einigen Tagen 
große Auf regung infolge der Wiederausgrab⸗ 
ung eines vor 14 Tagen verstorbenen Mannes. Die 
zerichtlich angeordnete Sektion hat, wie man sich 
erzühlt, die gewaltsame Zertrümmerung des Schädel⸗ 
daches ergeben, infolge dessen jedenfalls der Tod 
herbeigeführt wurde. 
FSaarbrücken, 21. Okt. In der gestrigen 
—AD— 
geselle Joh. Ph. Hill aus Göllheim auf der 
Anklagebank unter der schweren Beschuldigung, am 
80. Juli d. J. in der Mittagsstunde zu Dudweiler 
ein dem Gastwirt und Bäcker Valentin Wunn 
(wo er vom Monal April d. J. ab in Arbeit ge⸗ 
ttanden) gehöriges, zur Wohnung von Menschen 
Renendes Gebäude vorsätzlich in Brand gesetzt zu 
haben. Nach Vernehmung don 19 Belastungszeugen 
erklärten die Geschworenen den Angeklagten dieses 
Verbrechens nicht schuldig, worauf der hohe Schwur⸗ 
gerichtshof auf grund dieses Wahrspruchs denfelben 
freisprach und dessen Infreiheitsfetzung anordnete, 
die Kosten der Staatskasse überlassend. 
f.saargemünd. In der letzten Sitzung 
des hiesigen Landgerichts kam unter Änderem ein 
Fall zur Verhandlung, welcher zeigt, welche Gesinn⸗ 
ung ein großer Theil der eingesessenen Bevölkerung 
Elsaße Lothringens gegenüber den eingewanderten 
Beamten hegt. Ein Kaufmann Weber aus St. 
Avold ließ sich beigehen, in einer Wirthschaft da⸗ 
selbst zu außern, alle Deutsche seien nur nach dem 
Reichsland gekommen, um sich dicke Bäuche anzu ˖ 
fressen. Zur Anzeige gebracht, wucde Weber des⸗ 
hals vom Schöffennericht zu St. Avold zu 2 Tagen 
Gefängniß verurtheilt. Kurz nach Verbüßung dieser 
Strafe sagte Weber im Gasthause: „Und wenn 
fie mich wieder einsperren, ich sage es noch einmal, 
die Deutschen find herübergekommen u. s. w.e, 
was ihm eine S8tägige Gefängnißstrafe eintrug. 
Damit nicht zufrieden, gab er, nachdem er die 
weite Strafe „abgesessen“, eine dritte Auflage 
seiner rohen Aeußerung und wurde nun durch das 
hiesige Landgericht mit 2 Monaten Gefängniß be— 
straft. — Ob ihn diese Strafe wohl zur Besinn⸗ 
ung bringt? 
F Metz. Im Reichsland sind vielfach Feuer⸗ 
zeuge mit dem Bilde des Prinzen Alexander Bat⸗ 
tenberg verbreitet, auf denen derselbe bald Koͤnig, 
bald Großherzog von Elsaß⸗VLoihringen genannt 
wird. Die Sachen sollen aus Luxemburg stammen. 
f Der aus Baden-Bad en flüchtig gegangene 
und wegen Unterschlagung verfolgie fruhere Stadt⸗ 
dassen⸗Buchhalter Stöckel von dort ist von der 
holländis hen Regierung an die deutsche Behörde 
in Emmerich ausgeliefert worden. 
F. Wiesbaden. Die hiefige Handelskammer 
hat eine dringende Eingabe an den Reichskanzler 
beschlossen, worin aufgrund der dies jährigen schlechten 
Weinernte und der Thatsache, daß der Wein vor— 
ausfichtlich einen so hohen Prozentsatz von Säute 
uufweisen wird, daß der „sogenannte Naturwein“ 
zum größten Theil unbrauchbar und ungenießbar 
sein wird, um Gestattung der Weinverbesserung 
durch Zusatz von chemisch reinem Zucker und Wasser 
dor der Gährung gebeten wird. Da dieser Ver— 
besserung die Bestimmungen des Nahrungsmittelge— 
setzes vom 14. Mai 1879 entgegenstehen, müßten 
uufgrund des Art. 5 des gedachten Gesetzes vor ⸗ 
läufige Bestimmungen erlassen werden, dahin gehend, 
daß der diesjährige Wein gallisirt und als Wein 
verkauft werden darf. Die Eingabe weißt sodann 
ioch auß die in gleicher Richtung von Weinguts- 
zesitzern in der Rheinpfalz unternommenen Schritte 
sin, ferner auf die Thatsache, daß wir seit dem 
Jahre 1868, also 20 volle Jahre, kein volles Wein⸗ 
ahr mehr gehabt haben. 
Koln, 20. Okt. Der Agent Karl Spitz 
yon hier machte Anfangs der achtziger Jahre für 
einen Leutnant verschiedene Geldgeschäfte. Für 
1600 Mt. zahlte der Offizier 2200 Mtk. zurück, 
nußerdem auch noch Provision. Einige Jahre später, 
rachdem der Leutnant mit dem Agenten sich schon 
ange auseinandergesetzt hatte, trat Letzterer mit 
inem Schreiben hervor, in welchem er der vorge⸗ 
jetzten Behörde des Offiziers von Briefen Kennt⸗ 
niß geben wollte, welche derselbe während ihres 
Verkehrs an ihn geschrieben. Diese Briefe ent⸗ 
zielten verschiedene, nicht für dritte Personen be— 
timmte Mitteilungen. Um die Absendung des 
Schreibens und der Briefe zu verhindern, wollte 
der Leutnant ein Geldopfer bringen; er ließ durch 
inen Dritten dem Agenten einige hundert Mark 
mbieten; dieser forderte Anfangs 10000 Mk. 
Durch die Drohung, die Briefe abzusenden, ließ 
ich der Offizier schließlich bestimmen, dem Agenten 
3000 Mk. für Rückgabe der Briefe zu zahlen. 
zpitz lieferte die Briefe ab, jedoch behielt er Ko— 
„ieen derselben zurück. In diesem Jahre sandte 
r ein anonymes Schreiben an das General⸗Kom⸗ 
nando ab, in welchem er auf den Sachverhalt 
zjinwies. Die eingeleitete Untersuchung hatte die 
Inklage gegen Spitz zur Folge. — Die Straf—- 
ammer erkannte gegen den niederträchtigen Wucherer 
uuf 1 Jahr Gefängniß und sofortige Verhaftung. 
7 Der „FIrkf. Ztg.“ wird von bestunterrichteter 
Seite bestätigt, daß der Landgraf Friedrich 
Wilhelm von Hessen auf der Fahrt über 
Batavia nach Singapore in einem Anfall von 
Seistesstörung über Bord gestürzt ist. 
ẽs wird vermuthet, daß das Unglück zur Nacht 
Zasfirt ist und nicht sofort, jedenfalls aber zu spät, 
»emerkt wurde. In Schloß Philipsruh war der 
Geburtstag des Verunglückten, während die Trauer⸗ 
kunde unterwegs war, festlich begangen worden. 
F Düfseldorf, 20. Okt. Heute Mittag 
ttürzte ein im Rohbau fertiges Haus auf der Her— 
zogstraße in sich zusammen. Von sechs verschüt⸗ 
teten Arbeitern wurden drei gerettet. 
FEssen, 20. Okt. Das Essener Schwur⸗ 
gericht hat im Wiederaufnahmeverfahren nach drei⸗ 
ägiger Verhandlung den polnischen Bergmann 
Lischewski freigesprochen. Derselbe war seinerzeit 
vegen eines angeblichen, unter abscheulichen Ver— 
tummelungen vollzogenen Totschlages mit mehreren 
Benossen verurteilt worden und hat bereits drei 
Jahre seiner Strafzeit verbüßt. 
Bei Ertheilung des größten Nordostseekanal 
dooses hat Ingenienr Sager in München, 
»en Sieg davongetragen. Es handelt sich um das 
2oos Nr. VI., dessen Territorium auf der Wasser- 
cheide zwischen Nord ˖ und Ostsee liegt. Der ganze 
danal ist in 12 Vosose getheilt, das Loos Nr. VI. 
st etwa der vierte Theil der Gesammtaushebungs⸗ 
arbeiten, während die übrigen 11 Loose zusammen 
die übrigen drei Viertel ergeben. Bei dem großen 
Umfange dieses Looses stand mit Sager nur noch 
ein Haus, die größte Berliner Firma, die einen 
Weltruf genießt, in Konkucrenz. Ihr Angebot 
iberstieg das Angebot Sagers um etwa 831ij⸗ Mil⸗ 
ionen. Diese 313 Millionen werden dem Deut- 
chen Reiche durch Sagers Betheiligung- in der 
donkurrenz erspart werden. Sager hat in Oester⸗ 
reich bereits viel Bahnen gebaut. Die erste größere 
Bahn war die Linie Braunau⸗Linz, dann die Puster⸗ 
halbahn, ferner böhmische, ungarische, bosnische 
Zahnen und Bahnstrecken, die letzte Zeit fand ihn 
als gleichsam monopolisirten Bahnbauer der öster⸗ 
reichischen Staatsbahngesellschaft. 
FLeipzig. Wegen Biermanscherei wurde der 
Züffetier eines der ersten hiesigen Restaurants zu 
wei Monaten Gefängniß und 200 Mt. Geldstrafe 
exurtheilt. Er hatte Löwenbräu mit heimischem 
Lagerbier vermischt. Zwei Kell 
dehitfe j v0 Ml. Gelbtecttüner erhictn 
fF Leipzig. Es hat sich jekin 
gebildet, welches die — e Komu 
an die Voͤlkerschlacht bei Leipzig aue Denlm 
7 Woillstein, 19. Ott Auf di 
mium Ruchocice bei Rakwitz arbeinnenn do— 
Woche acht Mädchen bei einem stat g born 
den ganzen Tag über beim —RVV egeng 
nuf dem Felde, wobei sie bis auf die nn 
nätßt wurden. Die Mädchen kamen d du⸗ 
durchfroren und vor Näfse zitternd nach 
meinsamen Quartier auf dem Dommatnen 
wurde der dort vorhandene Kochherd, der 9 
platten und Ringen versehen ist, stacka 
nit Steinkohlen geheizt. Als Tags da 
gewohnten Zeit keines der acht Mädchen 9* 
kam, wurde die Thür der Schlafstell mit G 
geöffnet, und es bot sich hier den Eintreteme 
zrausiger Anblick dar. Saämmtliche acht 33 
agen bewußtlos da; ihre durchnäßten Kleider 
heils auf dem Herde, theils hingen sie an 
elben. Dem aus Grätz herbeigerufenen Ain 
ang es, vier Mädchen ins Bewußtsein zuß 
rufen; die vier anderen gaben ihren — 
stach einigen Tagen starben jedoch von den 
ins Bewußtsein zurückgerufenen Mädchen noch 
und nur das achte Mädchen dürfte nach dem 
pruch der Aerzte am Leben erhalten bleiben. 
ieben Leichen wurden am vergangenen Somg— 
von der Unglücksstelle aus unter sehr gehlne 
Betheiligung auf dem katholischen Kirchhofe in 
Grab gebettet. 
F Berlin. Gefährliche Spielmar 
nd jetzt im Handel. Dieselben tragen aus 
Seite das Bildniß Kaiser Friedrichs HI, sind 
dergoldet und unmerklich von der Groͤße 
Zehenmarkstückes abweichend. Auf der 
deren Seite steht allerdings in einem Lorbeethe 
„Spielmarke“; die Nachahmnng ist so tausqh 
daß die Marke ohne genaue Prüfung leicht fi 
Goldstück in Zahlung genommen werden kann. 
F Die Kosten der Reise unseres 
sers nach Wien und Rom sollen, wie ein! 
doner Blatt meldet — welches Verbindungen 
Persönlichkeiten unterhält, die dem hiesigen 9 
nahestehen — etwa 40,000 Pfd. Sterl. (8000 
Mark) betragen. Die Geldsummen, welche an 
Dienerschaft der besuchten Souveräne bertheiltwn 
den sind, erreichen eine bedeutende Höhe, und u 
die sonstigen Geschenke repräsentiren einen auß 
ordentlich hohen Werth. Der Kaiser nahm 
Berlin mit: 80 Diamantringe, 150 silberne d 
»en, 50 Busennadeln, 30 mit Diamanten bein 
dalsbänder, 6 herrliche Ehrensäbel, 3 große Pe 
ographen von sich und seiner Familie in 6r 
rahmen, 30 goldene Uhren mit Ketten, 100 
jarrendosen und 20 mit Diamanten besetzte ro 
and schwarze Adlerorden. 
FAus Kaiser Friedrich's Erdentag 
erzühlt das „Berliner Tageblatlt“: Auf eirn 
großen Balle, an dem auch der damalige Kronbir 
heilnahm, trat der Adjutant desselben zu e 
'ungen Dame und sagte: „Königliche Hoheit 
fehlen zum nächsten Tanz.“ Zum Emisetzen 
Umgebung, welche schon mit derzeihlichem Po 
diese Auszeichnung einer ihrer sogenannten diun 
zinnen beobachtet hatte, entgegneie das junge gr 
lein in sehr ruhigem, aber entschiedenem Zun 
„Ich lasse mir von keinem Herrn befehlen; u 
onigliche Hoheit mit mir tanzen wollen, w 
jie mich schon zu finden wissen.“ Mit leich 
dächeln trat der Adjutant zuruück, und ein Sn 
von: „Wie konntest Du nur — wie mags 
es — lennst Du denn nicht den Brauch? * 
ergoß sich uber die junge Dame, welche abet 
ruhig und unberührt von dem allgemeinen nnh 
lacheind dasaß. Im selben Augenblick benn 
man, wie der Kronprinz auf den Bericht 
Adjutanten in ein herzliches Lachen ausbrach— 
aber fich rasch dem jungen Mädchen mhenne 
in gewinnend liebenswürdiger, herzlichet 3 
nit einer Verbeugung zu demselben sagte: ⸗ 
Fräulein, an Ihrer Sielle ließe ich mit m 
vefehlen; da ich aber so gern mit Itun 
nöchte, bitte ich Sie um den nachsten pnn 
Blücklich und stolz flog das junge ee— 
seinem koöͤniglichen Tänzer durch den 3 
zewahrt noch jetzt in dankbarem Herzen ze * 
welche ihr Tänzer an sie richtete: „Es hau— 
häßlicherr höfischer Brauch, mein liebes 
lein, dem Sie beute so muihig und im