Full text: St. Ingberter Anzeiger

in Frankenthal (am neuen Bezirksamtsgebäude) 
und Mannheim wurden am Sonntag früh 
solche Fahnen entdeckt und beseitigt. 
— Speyer, 22. Okt. Einen Heidenspaß 
hatte die liebe Straßenjugend gestern Nachmittag, 
indem ihr Gelegenheit ward, sich an dem naheren 
Anblicdde einer Tyurnüre zu erfreuen, welche von 
ejnem weiblichen Wesen auf der Marktstraße ver⸗ 
loren wurde. Das Volksgericht war schnell mit 
dem Findling fertig, der bald in viele Fetzen zer— 
rissen dalag — ein Bild der Mode! 
Sp. Ztg.) 
— Speyer, 28. Okt. Unter dem Vorsitz 
des kgl. Regierungsrathes Frhrn. v.Löffelholz⸗ 
Tolhberg begann heute Vormittag im Sitzungs 
jaal des Regierungsgebäudes die Einjährig Frei⸗— 
willigen⸗Prüfung, zu welcher acht junge Leute er⸗ 
schienen find. Als Aufsatzthema wurde gegeben: 
1) Erklärung und Begründung des Spruches: 
Bebrauch' die Zeit, sie geht so schnell von hinnen, 
doch Ordnung lehrt auch Zeit gewinnen! 2) Reich 
ist genug, wer sich begnügen läßt. 8) Gute Bücher 
sind gute Freunde. — Die Wahl stand den Prüf⸗ 
lingen frei. 
Vermischtes. 
7 Buchsweiler, 283. Olt. Mit dem Bau 
der Eisenbahnlinie Buchsweiler-Ing⸗ 
weiler soll noch vor dem 1. November beqonnen 
verden. 
F Erschossen. Während des Endschießens 
der Schützengesellschaft in Dietenhofen hat sich ein 
schweres Unglück ereignet. Der Zieler, Gütler 
GBeorg Kirchner, war an einer Scheibe beschäftigt, 
während auf dem Stande der Gastwirth Lutz sein 
Sewehr laden wollte, wobei auch Privatier Nun 
Hand anlegte. Das auf die Scheiben gerichtete 
Gewehr ging beim Drehen des Hebels plötzlich los 
und der Zieler stürzte, schwer getroffen, zu Boden. 
Die Kugel hatte ihn im Oberschenkel und Unter⸗ 
leib so gefährlich verwundet, daß infolge Verblut⸗ 
ung nach wenigen Minuten der Tod eintrat. Der 
Unglückliche war 45 Jahre alt, verheirathet und 
Vater von vier kleinen Kindern. 
Zwischen Met und Peltre verunglückten 
letzten Samstag Nachmittag, nach der „Forb. Z.“, 
Führer und Heizer des um 83,57 durchgehenden 
Zuges auf eigenthümliche Weise. Ein Maschinen⸗ 
theil hatte fich wahrscheinlich geloͤst und es ent⸗ 
strömten nun viele Dämpfe, daß die Weiterfahrt 
unmöglich wurde. Der Führer Helcher stürzte nun 
heim Verlassen der Maschine so unglücklich zur Erde, 
daß er sich den Bruch zweier Rippen zuzog, wäh—⸗ 
rend der Heizer Ginter den zum Stehen gebrachten 
Zug unversehrt verlassen konnte. Da die Kohlen⸗ 
Jdluth aber schweren Schaden an der Maschine an⸗ 
zurichten drohte, so litt es den wackeren Heizer 
nicht, er mußte wieder hinauf und riß die glühen ˖ 
den Kohlen heraus, verbrannte sich aber hierbei 
dermaßen, daß sein Zustand als sehr ernst gilt. 
Die Schwestern von Peltre konnten den beiden, 
die in Metz stationiert find, die erste Pflege ange⸗ 
deihen laßen. 
F Kreuznach, 20. Olt. Die Hoffnungen 
auf ein nur einigermaßen günstiges Ergebniß der dies⸗ 
jährigen Weinlese sind durch den Frost der ver- 
flossenen Nacht vollständig zunichte geworden. 
Rudesheim, 20. Oklt. Der Frost in 
der letzten Nacht hat im Rheingau in den weniger 
geschütten Lagen der Weinberge nicht unerheblichen 
Schaden angerichtet, so daß die ohnehin ungün⸗ 
stigen Herbsiaussichten noch geringere geworden sind. 
An der Ahr ist die Stimmung der Winzer 
eine sehr trübe, denn es steht eine Mißernte in 
Aussicht. Den Ausfall im Ahrthal veranschlagt 
man auf eiwan1l Million Mark. Gemarkungen, 
die in guien Jahren bis zu 500 Fuder Wein er⸗ 
zielen, ernten diesmal kaum 18 —20 Fuder. 
Schöneingerichtete Gefängnisse 
nüssen die Mainzer haben, denn wie das „M. 
Tgoͤl.“ berichtet, hat ein dortiger Inhaftirter in 
jeiner Zelle für zirka 0 Mark Fenster ein— 
geschlagen. 
FAus Baden. Die Weinlese dürfte in 
der vorigen Woche-faft im ganzen Lande zu Ende 
gegangen sein. Der Ertrag, etwa ein Viertelherbst, 
hlieb hinter den Erwartungen zurück, dagegen über⸗ 
rifft die Qualität die freilich nicht hochgespannten 
Erwartungen. Mostgewichte von 70 —75 Grad ge⸗ 
hören nicht zu den Seltenheiten. Im Weinhandel 
st es noch still; man hofft für die Ohm (150 
diter) 530 — 56 Mk. zu erzielen. 
F In Aschaffenburg fand am 18. 
Oktoher die vom König Ludwig J. gestiftete Armen. 
peisung statt. Nicht weniger als 208 Gedecke 
waren aufgelegt, dazu kamen noch gegen 80 Por— 
tionen, die abgeholt werden durf en; 20 Bedienstete 
und die zugereisten Handwerksburschen erhielten 
»benfalls je eine Portion. Nachdem die Tafeln be— 
ketzt waren, hielt Herr Stadipfarrer Alzheimer 
stamens des Armenpflegschaftsrathes eine längere 
Unsprache, in welcher er auf die Bedeutung des 
8. Oktobers, des Gedenktages der Leipziger Völ⸗ 
erschlacht, hinwies, zu deren dauerndem Gedächt⸗ 
niß König Ludwig J. die Stiftung eingesetzt habe. 
die in Parade-Uniform befohlene Miliärkapelle 
ntonirte hierauf die Nationalhymne und nach vor—⸗ 
usgegangenem Tischgebet begann die Tafel. Das 
Menu“ bestand in Suppe, Rindfleisch und 
—chweinefleisch mit Sauerkraut; außerdem erhielt 
eder Arme einen Schoppen Wein und ein Brod; 
Teller und Glas konnte er sich ebenfalls mitneh— 
nen. Während des Essens spielte die Militärkapelle 
ind eine große Zahl von Zuschauern wohnte dem 
Act bei. 
F Nürnberg, 22. Okt. Das Handelsgericht 
vies die geschäftliche Entschädigungsklage des Blei⸗ 
tiftfabrikanten Johann Faber auf 200,000 Mark 
zegen seinen Bruder Reichsrath Lothar v. Faber 
ab. (Fr. Zig.) 
München, 22. Okt. Gozialistische 
Ddemonstration.) Der Polizeibericht meldet: 
„In der Nacht vom Samstag auf Sonntag sollte 
der Versuch, auf der Bavaria eine rothe Fahne zu 
hissen, wiederholt werden. Es fanden sich Anzeichen 
orgenommener Sprengungsversuche an der Auf⸗ 
jangsthüre zum Bavariamonument, dann in der 
stähe derselben Spagat⸗Schnüre und Metallröhren 
hor. Nachdem sich hier Schwierigkeiten der Aus⸗ 
ührung entgegengestellt zu haben scheinen, wurde 
die rothe Fahne an einer Fahnenstange im Polinger⸗ 
keller aufgezogen. Die rothe Fahne, welche um 4 
Uhr Morgens die Gendarmerie entfernte und der 
Polizeidirektion einlieferte, trägt die in weißer Farbe 
zufgetragene Inschrift: „Zur Erinnerung an den 
21. Oklober 1878*, den Tag der Erlassung des 
Sozialistengesetzes. 
F Dresden, 19. Okt. Der Oberst a. D. 
Hraf von Holtzendorf, welcher im Mai d. J. sein 
34. Lebensjahr vollendet hat, wurde anläßlich des 
estrigen 75jährigen Gedenktages an die Völkerschlacht 
jei Leipzig seitens einer Deputation des sächsischen 
harde⸗Reiter⸗Regiments, in dessen Reihen Graf 
holtzendorf als junger Offizier in der Schlacht bei 
seipzig selbst mitgefochten hat, herzlichst beglückwünscht. 
Der noch rüstige Greis war bis zum Jahre 1854 
zommandeur des genanneen Regiments. 
F Berlhlin, 21. Okt. Mit der Ausprägung 
on neuen Gold⸗ und Silbermünzen mit dem Kopfe 
es Kaisers Wilhelm V. dürfte erst in einiger 
Zeit vorgegangen werden. Die Stempel fur die 
zraägung von 205, 10., 50 und 2⸗Mark⸗Stücken 
ind bereits fertig gestellt, sollen jedoch erst noch 
inmal dem Kaiser vorgelegt werden, sobald der— 
elbe nach Berlin zutückkehrt. Sodann wird anch 
rst die Frage erörtert werden, ob noch Silber⸗ 
nünzen mit dem Bildniß des Kaisers Friedrich zur 
lusprägung kommen sollen. Von dem aus der 
finziehung der filbernen 20 Pfennigstücke zur Ver⸗ 
ügung stehenden Silber ist noch etwa 1 Million 
MRark vorhanden und diese dürften, soweit bisher 
erlautet, voraussichtlich zur Prägung von 5- und 
3. Markstücken mit dem Bildniß des Kaisers Wil⸗ 
selm II. verwendet werden. Die neuerdings durch 
jerschiedene Zeitungen gehende Nachricht, daß 
Jereits 5 Markstücke mit dem Bildniß Kaiser Wilhelm 
J. geprägt find, ist unrichtig. Es find gegenwärtig 
Moͤdaillen mit dem Kopfe Kaiser Wilhelm DW. 
n Umlauf, welche die Größe von 5⸗Markstücken 
jaben, aber wesenitlich leichter sind und lediglich 
don privater Seite ausgeprägt wurden. 
FDer Beschluß des Reichstages, durch welchen 
die Errichtung eines National-⸗Denkmals 
ur den hochseligen Kaiser Wilhelm, den Be⸗ 
zründer des deuischen Reichs, in Anregung gebracht 
vurde, is von dem Bundesrath in üblicher Weise 
»em Reichskanzler überwiesen worden. Der Reichs⸗ 
anzler hat die Bundes-Regierungen zunuchst um 
die Bezeichnung von Vertrauensmännern gebeten, 
velche von ihm zu einer Vorberathung der allge⸗ 
neinen für das Unternehmen in Betracht kommen⸗ 
en Gesichtspunkte herangezogen werden konnten. 
Die Bundes⸗Regierungen haben diesem Ersuchen 
des Reichskanzlers entsprochen, und aus den von 
hnen bezeichneten Personen sind mi 
Benehmigung des Kaisers u. — — 
aus Bahern zu den vertraulichen edn 
geladen worden: Prof. v. Kaulbach, nn ei 
ind Prof. Thiersch, sammiich u g Mim 
Berathungen haben, wie schon kurz rnn 
17. und 18. d. M. in Berlin ann 
zu einem allseitig befriedigenden Ergebniß n 
Letzteres wird die Grundlage für die m i— 
chließungen bilden, zu welchen die — 
steichs nunmehr berufen sind. Es aunene 
leinem Zweifel, daß dem Reichstage dah 
aächsten Session eine Vorlage in der —9— 
zehen wird. Wie der „Reichs: Anzeiger“ 
ist durch die von warmen Empfindungen geit 
in allen Hauptfragen von Hleinunevn 
heiten freigebliebenen Berathungen der vag 
männer⸗Versammlung die ganze Angelegenhenn 
sam gefördert worden. 
Der Erwerb von Grundstücken für Hert 
ung des Rordostsee-Kanals ist so gasu— 
daß noch für das Etatsjahr 1888189 der Abse 
desselben erwartet wird. Erworben sind 
Dectar für 5,200,000. Mark, noch zu erhe 
bleihen etwas über 800 Hectar. Die Arbeiteh 
ür mehr als die Hälfte der Kanallinie 
doosen an die Unternehmer bereits vergeben. 6 
veitere Vergebung steht unmittelbar bevor. 
zwei Loosen haben die Arbeiten schon begm 
FEine neue Zubereitungswe 
von Kartoffeln empfiehlt die „Landw.g 
des „Hamb. Corr.“ Wie bekannt, schreibt s 
sitzen Kartoffeln, die in der Asche gebraten su 
einen weit besseren Geschmack, als solche, d 
gewöhnlicher Weise in Wasser gekocht sind. 
einen dem der erstgenannten Kartoffeln glet 
Wohlgeschmack zu erzeugen, wird folgendes Verjoh 
angewendet, das mancher unserer Leserianenen 
noch unbekannt sein dürfte: die Karloffeln wer 
geschält, sauber gewaschen und auf einen Durchst 
zum Ablaufen gegeben. Darnach vermengt 
äe gehörig mit einer Kleinigkeit Salz und sch 
ie in einen eisernen Topf. Diesen Topf bed 
nan mit einem Deckel von Eisenblech, der 
tändig eben ist und dessen Henkel man nachh 
wendig legt. Alsdann stürzt man den Top 
und schiebt ihn derartig in einen heißen Ofen 
die Kartoffeln auf den Deckel zu liegen konm 
Je nach der Hitze des Ofens bedürfen sie mind⸗ 
eine Stunde zum Gahrwerden; sie müssen 
reichlich weich sein, schmecken dann bber besset 
üchte Kastanien. 
Neueste „Ehegeschäfte o 
Zwischenhändler“. Die Heirathsgesuch 
den Zeitungen, durch welche man lange 94 
—X—— 
Wege“ zur Ehe zu schreiten suchte, wobe 
Innoncen-Annahmestellen oder die sich meldu 
Bermittler die Zwischenhändler machten, sind m 
dings übertroffen worden: unternehmende Eha 
hidaten haben angefangen sich durch Zirlu 
direkt an die projektirte Kundschast zu wenden. 
Rundschreiben dieser Art, welches jüngst, auf fei 
Papier gedruckt, in Wien zur Vertheilung giu 
und min guter Berechnung zumeist an Win 
bersendet wurde, lauteie, wie folgt: „Euet v 
geboren! Infolge einer Wette muß ich in 
Wochen schon verheirathet sein. Ich bin 86 — 
ait; wie man mir sagt, von sehr sympathi 
Aeußern, von der Nalur mit allen Vorugn 
Geistes und Körpers ausgestattet und in s 
debensstellung. Es fehlt mir also zu meinem 
wärtigen irdischen Glücke nur noch das bimm 
welches ich von einer treuen und ——— 
debensgefahrtin suche. Reflektiren Euer Wohlge 
nuf einen braben, achtbaren Mann, so bitt, 
jefalligst mit einer Antwort zu beglücen unte— 
aufiger Chisste „Eisenbahn⸗Ingenieur 56b 
agernd 1. Hauptpost Wien.“ Unter den 
duůnderten. an die der Vitisteller sich wenden. gꝛ 
ich doch ein fühlendes Herz und — eine 
Boͤrse finden, und der Liebe Muh' nicht be 
—X r 
k Paris, 22. Olt. In dem gehe 3 
rathshause zu Fon tanneblau brach h i 
nitiag eine heflige Feuersbrunst aus, die a * 
Schaden anrichtele. Das Feuer kam an —— 
ichiedenen Stellen zu gleicher Zeit zum Ann 
man vermuthet deßhald, daß —ãA— 
fBazaine. Ein jetzt in Burnnce 
ehemaliger Freund des jüngst verstorbenen