Full text: St. Ingberter Anzeiger

pruch namens des Senats und der Bürgerschaft 
ausbrachte, sprach: „Seine Majestät haben geruht, 
zu uns zu kommen, nachdem er die begeisterten 
huldigungen der mächtigsten Völker entgegenge; 
nommen. Um so tiefer, Majestät, ist unser Dank; 
wir bringen Ihnen in dieser alten guten deutschen 
Reichsstadt, der zu allen Zeiten opferwillig ergebe— 
nen Hansestadt, unsern Dank aus vollem Herzen 
entgegen. Der niedersächische Stamm mit seinem 
resten und beharrlichen Sinn bringt Eurer Majestät 
ein treues Herz entgegen. Als vor einer Reihe 
bon Jahren Eure Majestät unfere Stadt durch 
Ihre Gegenwart beehrten, verfolgten unsere frohesten 
Hoffnungen den jugendlichen Hohenzollernsproß. 
Heule begrüßen wir den deutschen Kaiser, der mit 
mächtiger Hand und unermüdlicher Kraft die Re⸗ 
gierungszügel hat. Wir empfingen den Kaiser mit 
allgemeinem festen Vertrauen und allgemeiner hin⸗ 
gebender Liebe. Der 29. Oktober wird den Jahr⸗ 
hüchern unserer Stadt mit unverlöschlichen Lettern 
eingegraben sein. Wir fassen unsere Wünsche in 
den heißen Wunsch zusammen, daß es Seiner 
Majestat vergönnt sei, noch viele Jahre gesegneter 
Regierung ein Hort des Vaterlandes zu sein und 
sich zu erfreuen der hingebendsten Liebe des deutschen 
Volkes. Seine Majestät der Kaiser 
ebe Hoch, Hoch, Hoch! Alle Anwesenden 
dimmten begeistert ein und die Musik spielte „Heil 
dit im Siegerkranz“. Der Kaiser erwiderte 
hierauf etwa folgendes: Indem ich Ihnen danke 
sfür die Art und Weise Ihrer Aufnahme, kann ich 
aur sagen: Ich bin überwältigt und finde keine 
Worte, meinem Danke Ausdruck zu geben. Nicht 
zum ersten Male verweile ich hier. Hamburg if 
mir keine unbekannte Stadt. Zweimal gedenke ich 
mit besonderem Vergnügen zurück, an den Besuch 
inmal, als meine Eltern meinen Bruder nach Kiel 
hegleiteten, zum zweiten Mal, als ich im Gefolge 
meines Großvaters hier war. 
Ausland. 
Paris, 29. Okt. Der Präsident der Depu⸗ 
tiertenkammer wird morgen mit den Mitgliedern 
des Bureaus die von der Quästur gegen die Jour- 
nalisten ergriffenen Maßregeln be— 
rathen. Goblet empfing den deutschen Botschaf⸗ 
ter Grafen Münster, welcher sich nach Han⸗ 
nobver zur Theilnahme an den Berathungen des 
Provinzial⸗Landtages begibt. 
Paris, 30. Okt. In der Kammeer sprach 
der Marineminister sein Bedauern über 
der Bericht der Comission betreffend das 
Marinebudget aus und erklärte seinen sofortigen 
Rücktritt, wenn er das Vertrauen der Kammer 
nicht mehr besitze. Auf die Frage Deschanel's, ob 
das Material der Marine allen Anforderungen ent⸗ 
präche, erwiderte der Marineminister, die Marine 
jabe nicht genug Torpedofahrzeuge. Bei den im 
Budget bewilligten geringen Mitteln seien jetzt nur 
1 Torpedoboote in Bau gegeben, 6 würden noch 
bestellt; ebenso sei die Kreuzerzahl nicht ausreichend, 
rinige derselben seien im Bau und vier Kanonen⸗ 
hboote seien demnächst vollendet. Die franzö⸗ 
jische Flotte sei den andern Flotten 
pöllig gewachsen, die Mannschaften seien 
vortrefflich, aber zum Kriege gehöre auch das noͤtige 
Material. Auf die einschlägigen finanziellen Fragen 
werde er erst in einigen Tagen antworten. 
Paris, 30. Okt. Zur Trauung der 
Tochter General Boulangers waren alle 
bonapartistischen Senatoren und Deputirten, einige 
Royalisten und viele Damen der Aristokralie, darunter 
die Herzogin von Uyest, von Laguerre geführt und 
etwa sechszig Reserve⸗ Offiziere in Uniform in der 
Kirche St.⸗«Pierre⸗de-Chaillott erschienen. Um 2 
Uhr war die Tranung beendei. Vor der Kirche 
hatte sich eine große Menschenmenge angesammelt 
die General Boulanger bei seiner Ruͤckfahrt wiederum 
mit Hochrufen begrüßte. 
Wien, 29. Olt. Der „Pol. Corr.“ zusolge 
reichte der diesseitige Gesandte in Lifssabon, von 
Webenau, aus Gesundheitsrücksichten seine Ent⸗ 
lassung ein. 
Nom, 80. Olt. Der Senat ist zum 8. 
Novomber ein berufen zum Zwede der Beratung 
des Strafgefsetzzbuches. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
L. St. Ingbert, 30. Okt. Die im Ober⸗ 
hauser'schen Saale veranstaltete Obstausstel⸗ 
lung ist über Erwarten reich und bietet dem Ein⸗ 
retenden einen Anblick von überraschender Schön⸗ 
jeit. Sie ist von folgenden Ausstellern beschickt: 
h. Ostar Krämer, H. Heinrich Krämer 
O. Bürgermeister Adt⸗Ensheim, H. J. B 
Martin, H. Heinrich Martin, H. Pfarrer 
Ferckel, H. Dr. Bartholomä, H. Bahn—⸗ 
meiste Knerr, H. J. J Weyland, H 
Warth, H. Apotheker Weigand, H. Anton 
Betz, H. Fr. Fries, H. Bäcker Hager, H 
herm. Fischer, H. Rösler, H. Braun, H 
ßärtner Klahm, H. Karl Best, H. Kaminfeger 
Adt, H. Ad. Beer, H. Gasmeister Hek, H 
O. Weigand, H. P. Uhl, H. Müller Rei« 
diger, H. Graffion und H. Obereinfahrer 
Attenkofer von Schnappach; von Rohrbach 
d. Helmstätter, H. Lehrer Michel, H 
Lehrer Schindler, H. Rischky, H. Stolz 
d. Hauck, und von Rentrisch H. Leinhäuser 
Von Geschäftsfirmen sind die Herren Warth 
1. Wagner mit Schlackenmehl, Herr 
Adolf Beer mit Vasen in Steinmasse vertreten 
Die Ausstellung ist Donnerstag 
nachmittags von 2524Uhr dem Publi— 
kum geöffnet. Möge fie für viele ein Sporn 
werden und den Eifer für den Obstbau neu beleben! 
P St. Ingbert, 30. Okt. Am Sonntag 
verschied in Speyer, wohin er vor einigen Monaten 
nit seiner Familie übergesiedelt war, nach längerer 
Zrankheit der in den Ruhestand getretene Realien- 
iehrer P. Schlick, welcher vom Jahre 1870 bis 
April dieses Jahres an hiesiger Lateinschule thätig 
var. Er war ein lauterer, biederer Charakter, be⸗ 
geistert für alles Edle und Große, und stets bereit 
nit seiner ganzen Kraft für gemeinnützige Bestreb⸗ 
ingen einzutreten. Leider verstand er es nicht 
mmer, die ihm eigene optimistische Auffassung der 
Dinge mit der Wirklichkeit in Uebereinstimmung zu 
hringen. Doch wurde sein guter Wille allgemein 
anerkannt. Möge ecr in Frieden ruhen! 
* St. Ingbert, 31. Okt. Den Mili— 
täranwärtern, welche Vormerkung in den Be⸗ 
verbesverzeignissen der Behörden gefunden haben, 
möge hiermit in Erinnerung gebracht sein, daß die 
Hesuchc um Anstellung zum 1. Dezember d. J. zu 
erneuern find, da sonst diese Vormerkung Giltigkeit 
Herliert. — Wie für Militäranwärter, so werden 
uunmehr auch für die aus dem militärischen Dienste 
mit Aussicht auf Anstellung im Civildienste au s 
scheiden den Offiziere Nachrichten über 
offene Stellen zur Ausgabe gelangen. Diese Nach—⸗ 
richten sind beim Truppenteil jedem ausscheidenden 
Offizier zur Kenntniß vorzulegen, während die Be⸗ 
irkskommando's ausgeschiedenen Offizieren auf 
Wunsch jederzeit Einsicht der Nachrichten gestatten 
ollen. 
— Speyer, 27. Okt. Der „Pfälzische 
Sängerbund“ hat soeben seinen 27. Jahresbericht 
zeröffentlicht. Dem Verbande gehören an 118 
Vereine mit zusammen etwa 3260 Sängern. Dit 
diesjährige Hauptversammlung findet Sonntag den 
11. November Vormittags 11 Uhr in der Bauer'“ 
chen Wirtschaft auf der Haardt statt. An Stelle 
»es kgl. Regierungsdirektors Herrn Wand hat Herr 
Buchdruckereibesitzer H. Gilardone die Vorstandschaft 
»er Speyerer Liedertafel und das Pfälz. Sänger⸗ 
bundes übernommen und Herr Adolf Goͤrard ist in 
den Ausschuß eingetreten. 
— Vom Rhein. Der Hauptausschuß des 
zayerischen Volksschullehrervereins 
jat beschlossen, es sei im Namen des bayerischen 
dehrerstandes an die kgl. Staatsregierung die Bitte 
zu richten, dieselbe möge bestimmen, daß alle im 
dande vorhandenen, das Züchtigungsrecht 
des Lehrers betreffenden besonderen Disziplinar⸗ 
porschriften aufgehoben werden und daß eventuels 
dem nächsten Landtage eine Vorlage zugehe, welche 
die Abschaffung der Verordnung vom 20. Mai 
1815 und aller ähnlichen vor 1818 noch vorhan⸗ 
denen Verorduungen zum Zwecke habe. 
— Aus der Pfalz. Für die protest. 
Beistlichkeit der Pfalz ist mit allerhöchster 
Benehmigung die veraliete Amtstracht der 
elben bei Funktionen, mit welchen keine liturgischen 
VBerrichtungen verbunden sind, im Laufe des Som⸗ 
merz vereinfacht worden. Durch Enischließung des 
kgl. Konfistoriums vom 12. ds. ist nun angeordnet 
worden, daß sämmtliche Geistliche diese Amtstrach 
äich alsbald beschaffen und in derselben bei dienst 
ichen Veranlassungen erscheinen, insbesondere: 
1) bei Vorstellung und Aufwartungen vor aller⸗ 
zöchsten und höchsten Personen; 2) bei der Be⸗ 
erdigung von Geistlichen (statt des Chorrocks); 8) 
zei den Didzesan- und Generalshnoden; 4) bei 
dirchenvisitationen. Außerdem ist diese Amtstrach 
zu benützen, wenn der Geistliche in einem Parochial⸗ 
ort, wo der Chorrock nicht vorhanden ist, ei 
uturgische Amtshandlung vornehmnen hn . ein 
ÆF —— — 
Vermischtes. 
7Saarbrücken, 30. Okt. Die heutige 
männer⸗Wahl ging in allen —SE Do 
Städte mit der größten Ordnung vdon —8 
Gewählt wurden durchweg die von den de 
na tionalen Parteien vorgeschlagenn he 
didaten. 83 
F Ottweiler, 30. Okt. Sammtliche Wehl 
männer · Kandidaten der reich sstreuen v 
sind nach der S. Z. gewählt. i 
fF Aus Elsaß⸗Lothringen, 28. Oit 
Zum Grenzverkehr. In letzter Zeit kommen tagig 
Berichte über Aenderungen im Eisenbahnderkehrag 
der deutschefranzöfischen Grenze. Die meisten dadon 
sind ungenau und besonders die der französischen 
Zeitungen voll gehässiger Mißdeutungen der That· 
jachen. Vor einigen Tagen het das Zugpersonnl 
der französischen Ostbahngesellschaft, welches seither 
nach Ankunft des letzten Zuges aus Frankreich in 
dem deutschen Amanweiler übernachtete, um am 
nächsten Morgen mit dem ersten Zuge als Diensn 
hersonal wieder zurückzukehren, die Weisung erhalten 
seine Uebernachtung für die Folge in dem fran— 
zösischen Grenzorte Batilly zu bewerkstelligen. Dies⸗ 
am 21. d. M. in Wirksamkeit getretene Maßregen 
ist von einigen Blättern irrthümlicher Weise au 
Anregungen der deutschen Vecwaltung zurückgeführ! 
worden, während sie aus der Initiative der Ost— 
bahngesellschaft hervorgegangen ist und die veram 
lassenden Beweggründe selbst dem betheiligten Per— 
sonale unbekannt sind. Die deutsche Verwaltung 
steht der getroffenen Maßnahme umsomehr fremd 
zegenüber, als auch heute noch auf denjenigen 
Strecken, auf welchen die Zugbegleitung dem dies 
seitigen Personale bis zur französischen Grenzstatior 
ohliegt, die Uebernachtung der deutschen Beamten 
anstandslos an dem letzteren Orte siatifindet, so 
B. auf der Strecke Metz⸗-Nanch in Pagny. — 
Die in Nancy erscheinende „Esperance“ meldet, 
daß die franzoͤsische Ostbahngesellschaft vom Novem⸗ 
ber ab wegen des durch die Paßmaßregeln erfolgten 
ungemein verringerten Personenverkehrs auf der 
Strecke Nancy⸗Avricourt zwei Züge ganz ausfallen 
assen werde, während zwei weitere Schnellzüge zr 
gewöhnlichen Personenzügen degradiert würden 
Diese Meldung ist jedoch übertrieben. Die Ostbahr 
wird nur einen zwischen Nanch und Abvricourt der 
kehrenden Personenzug, der in Abricourt keinen 
Anschluß hatte, eingehen lassen, dagegen aber einen 
don Paris nach Deutsch-Avricourt abgehenden 
Schnellzug an den Stationen Vitryele⸗Frangois 
Nançois, Lerouville und Commerch halten lassen 
Alle diese Aenderungen betreffen nur den Localber⸗ 
rehr und erfordern keineswegs eine Umänderung der 
Fahrpläne der anschließenden Bahnen. 
FSobernheim (Kreis Kreuznach). Eine 
Taglöhnersfrau aus dem Dorfe Daubach ging in 
den Wald, um Futter zu suchen. Während fie 
hinter einem Strauche mit Futterschneiden beschaftig 
war, krachte plößlich ein Schuß, die Frau schrie 
saut' auf und' brach dann lodt duf ihrem Futtersad 
zusammen, Ein Jaäger, der etwa hundert Sdhrit 
enifernt auf dem Anstand stand, hatte die Frau 
in der Dunkelheit — der Abend war bereits herein 
Jebrochen — sur ein Reh gehalten und ihr das 
södtliche Blei gesandt. Der unvorsichtige Jaget hat 
fich selbst der Behoöͤrde gestellt. 
7 In Köoln starb dieser Tage die Frau Wittw 
Paui Sdendahl, geb. Margaretha Böhm, im Alter 
von nahezu 108 Jahren. Man behauptet, Frau 
Ddendahl sei die Allesie der jetzt lebenden Kölnerinnen 
gewesen. Sie war bis vora Jahren vollstandig 
wohl und hat vor einem Jahr auf ihren Ausgäangen 
noch ihre Verwandten besucht. 
4Hänfeld, 29. Oti. Das Brandur⸗ 
glucd n furchtbat. Die ganze Stadt ist en 
Flammenmeer. 200 Gebaͤude sind einge 
äschert, 1500 Personen obdaglon 
Alles ist verbrannt, auch viel Vieh. Die Noih ist 
entsetzlich, Hülfe dringend nothwendig. 
RKareberm (dei Ansbach.) 26. Olt— J 
der Nähe von Monheim waren gestern zwei 
linge des Zuchthauses Kaisheim mit Sandgan 
beschaftigt. Auf Verabredung warfen sie put 
dem sie bewachenden Soldaten Sand in die Auge! 
und benützten diese Gelegenheit, um die Ii 
ergreifen. Einem gelang dies, während der Anne 
von dem Soldaten da er auf Anruf nicht bi 
odtgeschossen wurde.