Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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27. 24. Jahrg. 
Freitag, 1. Tehrnar 32089. 
Deutsches Reich. 
Karlsruhe, 81. Jan. Prinzessin 
Parie, Tochter des Prinzen Wilhelm von Baden, 
at sich heute mit dem Erbprinzen Friedrich 
on Anhalt verlobt. 
Dresden, 31. Jan. Der koͤnigliche Hof 
mm anläßlich des Todes des Kronprinzen Rudolph 
zu Oesterreich Trauer bis zum 183. Februar 
agelegt. 
——— 30. Jan. Die Aufregung über den 
o0o des Kronprinzen Rudoldph ist in allen 
eisen der Bevölkerung um so größer, als der 
relegraph sich sehr schweigsam verhält. So kommt 
3, daß Gerüchte über ein Attentat, die von der 
zoͤrse aus verbreitet waren, hier auftauchen und 
ogar geglaubt werden, obschon kein Anhalt dafür 
orhanden ist und von Wien aus bereits Dementis 
otliegen. Soweit die hiesigen Blätter bereits im 
ziande waren. an die Meldung vom Ableben des 
sronprinzen einige Worte zu knüpfen, geben die— 
lben anläßlich dieses traurigen, ein uns befreun- 
etes Herrscherhaus und Volk schwer treffenden Un⸗ 
lücds der tiefempfundenen Theilnahme Ausdruck. 
Das Direktorium des Centralverbandes 
eutschet Ind ustrieller beschloß gestern, nach 
er exften Lesung der Alters- und Invalidenversicher⸗ 
ng in der Reichstagskommisfion eine Delegiertenver- 
immlung zusammenzuberufen, um Stellung gegen⸗ 
her den Beschlüssen der Commission zu nehmen. 
Berlin, 31. Jan. Reichstag.) Der 
casident gedachte in tief bewegten Worten des 
odes des Kronprinzen Rudolph von Oester⸗ 
eich, des Jugendfreundes des Kaisers Wilhelm, 
es Sohnes des naheverbüundeten österreichischen 
errschers. Der Präsident sprach bereits die Theil⸗ 
ahme des Hauses dem österreichischen Botschafter 
us. Abgeordneter Lieber begründet den Antrag 
etteffend die Sonntagsarbeit. Bundes— 
ommissar Geh. Ober⸗Regierungsrath Lohmann er— 
lart, die angestellten Erhebungen hätten keinen 
Unlaß zu der Annahme gegeben, daß die Sonn— 
aigsarbeit im Steigen begriffen sei. Der Bundes⸗ 
ath habe bereits beschlossfen, dem vom Reichstage 
agenommenen gleichen Antrag keine Folge zu geben. 
dach wenig erheblicher Debatlte, woran die Abge⸗ 
tdneten Kalle, v. Kleist Retzow. Harm, Nobbe, 
-midt (Elberfeld) und Windthorst sich betheiligen, 
nerden die Erörterungen über den Antrag geschios⸗ 
mn. Abgeordneter Bebel begründet den Antrag 
uf Aufhebung der Koraüzolle.Abgeorde— 
eter b. Kardoff bekämpft denselben und schildert 
e ungünstige Lage der Landwirthschaft. Das 
Naus vertagt fich darauf auf Morgen 1 Uhr; 
agesordnung: Etat und kleinere Vorlagen. 
Berlin, 81. Jan. Der Kaisecr hat gestern 
Staatssecrerar des Reichsjustizamts, Dr. v. 
»delling, zum preußischen Staate- und Ju⸗ 
zwinist er ernannt. 
Berlin, 81. Janm. Die erste Nachricht, welche 
oet den Tod des Kronprinzen Rudolph 
der hiesigen Residenz einging, war an den 
wr Wilhelm gerichten; derselbe war bis ins 
meiste erschüttert und schickte in tiefster Kührung 
und Erregung ein Beileidstelegramm an Kaiser 
n Joseph. Alsdann befahl er sofort einen 
nree Wagen, bestieg denselben mit dem 
men Flügeladjutanten und fuhr in schnell⸗ 
aif angart nach dem Palais der österreichischen 
de am Pariser Platz Nr. 2. Der Boschafter 
. Szechenyi war voͤllig ununterrichtet und war, 
em er die Kunde empfangen. derart Überwäl— 
igt, daß er kaum fähig war, sich aufrecht zu halten. 
der Besuch des Kaisers, während dessen auch der 
Iberceremonienmeister Graf Eulenburg in der Bot⸗ 
haft eingetroffen war, um sich nach den näheren 
finzelheiten zu erkundigen, hatte über eine 
salbe Stunde in Anspruch genommen. Nach dem 
daiser fuhren die Großherzoͤd?e von Baden und 
„achsen⸗Weimar, fast sämmtliche Botschafter und 
Nissionschefs, ein großer Theil der Heofgesellschaft 
14. s. w. bei der Botschaft vor. Die Kaiserin⸗ 
Wittwe Augusta sandte ihren Oberhof- und Haus⸗ 
narschall Grafen Perponcher. 
Ausland. 
Brüssel, 31. Jan. Die Nachricht bom Tode 
des Keonprinzen Rudolf von Oesterreich hat hier 
illgemeine Bestürzung hervorgerufen. Der König 
ind die Königin werden sich nach Wien be— 
eben. 
Paris, 31. Jan. Alle Blätter widmen dem 
yerstorbenen Kronprinzen Rudolph von Oesterreich 
zeileidsartikel und feiern ihn als den liheralen 
rürsten und Freund Frankreichs. Die „Justice“ 
cheut sich nicht, aus der Trauernachricht politische 
Nünze zu schlagen, indem sie behauptet, Kronprinz 
studolph habe sich nur widerwillig den Huldigungen 
zei dem Besuche des deutschen Kaisers in Wien 
interzogen und fügt hinzu: Während die traurige 
Jerbindung der Cäsarianer unser Vaterland in 
Zerwirrung stürzt, fällt ein geheimnißvoller Tod 
die Freunde Frankreichs. Das Geschick beugt uns; 
inser auswärtiger Feind verfolgt uns und siegt. 
der Tod des Kronprinzen Rudolph ist zweifellos 
in großes Unglück für Frankreich und wird in 
zjanz Europa Widerhall erwecken. 
Wien, 31. Jan. Ein nach Meherling ge— 
andter Berichterstatter des „ Fremdenblattes“ meldet: 
kronprinz Rudolf hatie sich am Montag Mittag 
nittelst Hofequipage von Wien nach Breitenfurth 
»egeben, wo wieder ein Fiaker denselben erwartete; 
der Kronprinz benutzte jedoch den Wagen nicht, 
ondern legte die kurze Wegesstrecke nach Meyerling 
zu Fuß zurück, vergnügtest mit den Jagdgästen 
»laudernd. Nach der Rückkehr von der Jagd am 
dienstag klagte der Kronprinz über Kopfweh. 
zurückgezogen in seine Gemächer ließ er seine 
Theilnahme an das für den Abend anberaumte 
ramiliendiner absagen. Am Abend desselben Tages 
rbeitete der Kronprinz einige Zeit im Schlaf- 
immer und schrieb mehrere Briefe. Am Mittwoch 
Morgen erwachte der Kronprinz vor sieben Uhr 
dutete dem langjährigen Kammerdiener Loschek und 
ind befahl das Frühstück. Als der Leibkammer⸗ 
iener diesen Befehl ausführend, kurz vor halb 8 
es Kronprinzen Schlafzimmer betrat, fand er den⸗ 
elben todt im Bette. Prinz Philipp von Koburg 
ind Graf Hoyos befanden sich im Schloßhofe, als 
er Leibkawmmerdiener leichenblaß mit der Entsetzens⸗ 
unde herausstürzte. Sofort eilten dieselben in des 
kronprinzen Schlafgemach und erkannten, daß 
nenschliche Hilfe vergebens war. Prinz Philipp 
erblieb am Sterbebette seines Schwagers, während 
)oyos nach Wien fuhr, um der kaiserlichen Familie 
ie schreckliche Botschaft zu überbringen. 
Wien, 31. Jan. Die deutsche Botschaft er- 
jielt um 1 Uhr die Schreckensnachricht. Prinz 
Keuß eilte in das Auswärtige Amt. Um 6 Uhr 
raf ein Telegramm ein, unterzeichnet Herbert 
zismarck; dasselbe gab der tiefen Erschütterung 
lusdruck, welche die Nachricht in Berlin hervorge— 
rracht habe, und besagte, daß sie bei der innigen 
ireundschaft der beiden Herrscherfamilien aleich 
ichmerzliche Gefühle wecke, als wenn der unerbittliche 
Tod ein Mitglied des Hauses Hohenzollern hinge- 
rafft hätte. 
Wien, 31. Jan. Prinz Leopold von 
Bayern und seine Gemahlin Prinzessin Gisela 
ind heute 8 Uhr von München hier eingetroffen. 
daiser Franz Joseph, der am Bahnhofe zum Em⸗ 
»fang war, sah bleich aus; man sah, daß er die 
Nacht durchwacht hatte. Er konnte die Thränen 
aicht zurückhalten. Prinzessin Gisela weinte unauf⸗ 
sörlich, als sie den Vater umarmte und küßte. 
Auch die Erzherzöge Ferdinand von Oesterreich⸗ 
Este und Otto, sowie die Erzherzogin Maria 
Theresia und Prinz Philipp von Württemberg sind 
ingekommen. 
Heute Abend 10 Uhr wird die Leiche des 
dronprinzen Rudolph in die Hofburgkapelle gebracht, 
vo die öffentliche Aufbahrung stattfindet. Das 
deichenbegängniß findet Montag Mittag um 2 Uhr 
tatt. Der Prinz von Wales ist ange meldet. 
Hon Berlin ist noch nichts Bestimmtes b.kannt. 
Zeute früh um 7 Uhr sah die Kronprinzessi neWitwe 
uerst die Leiche ihres verstorbenen Gemahls. Die 
Zofkreise schildern einen erschütternden Auftritt. 
Wien, 31. Jan. Es ist unmöglich gewesen, 
isher irgendwelche Verfügung, auch betreffs der 
Ibduktion zu treffen, da der Kaiset dermaßen ge— 
xochen ist, daß er Niemanden sprechen will. Auch 
der Obersthofmeister konnte bisher keine Vorschläge 
interbreiten. Von sämmilichen europäischen und 
iherseeischen Staaten, auch von dem Prasidenten 
)er amerikanischen Republik, dem Schah von Persien 
uind dem Kaiser von China trafen Beileidsbezeug⸗ 
ingen ein. Ueberströmend von Schmerz und tief⸗ 
rgreifend soll die Depesche Kaiser Wilhelms sein. 
AUuch der Zar sandte eine von tiefer Bewegung 
eugende Beileidskundgebung. Sämmitliche Hof— 
imter arbeiteten die ganze Nacht an der Ausar⸗ 
heitung des Leichenceremoniells, der Ordnung des 
stachlasses ꝛc. 
Petersburg, 31. Jan. Der Tod des 
kronprinzen von Oesterreich hat hier aufs schmerz⸗ 
ichste überrascht und findet überall das herzlichste 
Zedauern und Mitgefühl. 
Petersburg, 81. Jan. Die Wahl Bou⸗ 
angers in Paris hat hier kein sehr bedeutendes 
lufsehen gemacht; nur die unbesonnensten Pan⸗ 
lavisten jubeln auf. Diese Thatsache ist ein wei— 
eres Anzeichen dafür, daß die ersten leichten An- 
atze für eine deutschfreundliche Wandlung der 
jffentlichen Meinung in Rußland vorhanden sind. 
Auckland, 31. Jan. Ein Telegramm des 
deuterschen Bureaus meldet: Nachrichten aus 
3amona zufolge ist gegen Mataafa von deut- 
cher Seite der Krieg erklärt worden. 
Eokale und pPfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 1. Februar. Die end⸗ 
iltige Bestimmung der Chargen im Aus— 
chusse des Landwehrvereins erfolgte gestern 
Ubend in der angekündigten Versammlung. 
Bewählt wurden die H.H. Neymann als J. Vor- 
tand, Mch. Schmelzer als U. Vorstand, Grewenig 
is Kassier, Gg. Schmelzer als Schriftführer und 
Betz als Adjutant. Die. übrigen Mitglieder des 
lusschusses fungieren als Beisitzende. 
*— Nach den Bestimmungen der Prüfungs⸗ 
»rdnungfür das Lehramt an humanistischen 
ind technischen Unterrichtsanstalten vom 26. Mai 
1873 haben diejenigen Kandidaten des Lehr— 
imtes, welche eine der Hauptprüfungen bereits be— 
tanden haben und im gegenwärtigen Jahre der