Full text: St. Ingberter Anzeiger

Seite des Bettes in unmittelbarer Nähe der rechten 
Hand befand sich ein entladener Revolber. Die 
Lage der Waffe ließ keinen Zweifel darüber, daß 
die Tödtung mit eigener Hand erfolgt. 
Bei dem Umstand, daß die Dienerschaft in den 
Nebenhäusern vertheilt, die Leibdiener mit Aufträgen 
zur Jagdbestellung fortgeschick waren, konnte die 
erfolgte Erschütterung von niemanden gehört wer⸗ 
den. Wir können nicht verschweigen, daß manche 
Personen der nächsten Umgebung mehrfache Zeichen 
krankhafter Nervenaufregung am Kronprinzen wahr⸗ 
aahmen, sodaß man die Ansicht festhalten muß, 
dieses schreckliche Ereigniß sei Ausfluß momentaner 
Sinnesverwirrung gewesen. Außerdem kLlagte Kron⸗ 
prinz Rudolph seit einiger Zeit häufig über Kopf- 
schmeirz, den er selbst auf einen Sturz im letzten 
Herbst zurücführte. Dieser Unfall wurde aber 
seinerzeit auf ausdrücklichen Befehl des Kronprinzen 
geheim gehalten. 
Der Kaiser gestattete erst heute Mitternacht die 
Bekanntgabe des Selbsimordes. Nachdem die Ob- 
duktion unabweislich diese Thatsache ergeben, wil⸗ 
ligte der Kaiser schweren Herzens in die Anträge 
Kalnoky's, Tisza's und Taaffe's den Sachverhalt 
ungeschminkt veroͤffentlichen zu lassen. Laut bekannt 
gjewordenem Protokoll öffnete der Kronprinz Mitt- 
wvoch um halb 7 Uhr die Thüc seines Schlafge⸗ 
machs, beauftragte den Kammerdiener, Wagen zu 
destellen, zweifellos, um allein zu bleiben. Der 
Kronprinz entkleidete sich hierauf, versperrte die 
Thüre, legte sich ins Bett und schoß sich bei Ker- 
jenlicht eine Kugel in die rechte Schläfe. Die Kugel 
drang aus der Mitte der Kopfdecke hinaus; diese 
Angaben wurden später durch Dr. Widerhofer be— 
ttätigt. Als der Kammerdiener zurückkam, wartete 
er bis zur Frühstückszeit, wohl wissend, daß der 
Kronprinz in der Regel schnell und fest einschlief. 
Wien, 1. Febr. Aus guter Quelle verlautet, 
Kaiser Franz Joseph habe die Betheiligung der 
fremden Höfe an dem Leichenbegängnis abgelehnt. 
— Der verstorbene Kronprinz Rudolph schrieb, 
nach der „Budapester Correspondenz“, an den 
Sectionschef Szoegyenyi vor kurzem einen Brief, 
in welchem er bedauerte, ihn wegen Erkrankung 
eines Kindes desselben nicht sprechen zu können, 
und ihn daran erinnert, daß er ihn schon früher 
für den Fall seines Todes mit der Ordnung seiner 
zahlreichen Schriften betraut habe. 
Wien, 1. Febr. Der Kronprinz hinterließ 
mehrere Briefe an Mitglieder des Kaiserhauses und 
in den Sectionschef im Auswärtigen Amte, Szoeg⸗ 
hoeni, den er bat, Schriften zu ordnen. Der 
Kronprinz verfaßte, von Todesahnungen erfüllt, be⸗ 
reits vor zwei Jahren sein Testament. 
Die Leiche wurde zweimal photographiert. Der 
Maler Angeli wollte heute Skizze für ein Bildniß 
aufnehmen, mußte aber, von. Schmerz übermannt, 
abbrechen. 
— — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Febr. Die Mitglieder 
des Obstbauvereins und Freunde des Obstbaues 
seien hiermit erinnert an den auf morgen Nach⸗ 
mittag 3 Uhr bei Herrn Joh. Weirich angekün⸗ 
digten Vortrag des Herrn Wanderlehrers Fischer 
aus Zweibrücken über „Zwergobst“. 
* Auf dem heutigen Wochenmarkte mußte unsere 
Polizei wieder mehrere Pfund Butter wegen zu 
geringen Gewichts der einzelnen Stücke beschlag⸗ 
nahmen. Mögen sich dies die Verkäufer zur War⸗ 
aung dienen lassen. 
*— Telegraphenverkehr. Der Bestimm- 
ung in 817, Abs. IV, Satz 2 der Telegraphen⸗ 
ordnung vom 4. Juli 1886 wird folgende ander- 
weitige Fassung gegeben: „Es kann jedoch auch 
der Aufgeber die Kosten für die Zustellung von 
Telegrammen an Empfänger außerhalb des 
Ortsbestellbezirkes der Bestimmungs⸗Telegraphenan⸗ 
stalt mittesst besonderer Boten durch Ent- 
richtung einer festen Gebühr von 60 Pfg. für 
jsedes Telegreum borausbezahlen“ Vor—⸗ 
tehende Abänderung tritt sofort in Kraft. 
*— Der Landesstiftungsrath der Wittels⸗ 
bachstiftung tritt wie alljährlich gegen Ende 
Marz zusammen, um über den betreffenden Renten ⸗ 
antheil zu verfügen. Etwaige Gesuche um Zuwend⸗ 
uingen aus der Stiftung wären also baldigst ein- 
zureichen. Zu bemerken ist hiebei, daß der Landes⸗ 
stiftungsrath nur zur Errichtung und Erhaltung 
von Handwerker⸗Fachschulen, zur Veranstaltung von 
Sachausstellungen und zu sonstigen für das Hand- 
Zerkl im Allgemeinen ersprießlichen Unternehmungen 
Beiträge gibt. Anträge auf Prämiirung oder Unter⸗ 
dützung von Meißftern, Gehilfen und Lehrlingen 
verden durch die Kreisstiftungsräthe beschieden. 
*— Wichtig für die Arbeiter ist folgendes Ur- 
theil des Reichsversicherunggamts: Jeder Gang, 
welchen ein Ardeiter im Auftrage seines Arbeitgebers 
oder dessen Stellbertreter als Arbeiter unternimmt 
ist als dienstlicher, d. h. als ein aus einem Dienst⸗ 
»der Arbeits⸗Verhältniß entspringender Gang an⸗ 
usehen, mag die Veranlassung zu demselben aus 
dem Betriebe selbst oder von außen her sich ergeben 
saden. Dieser Entscheidung liegt folgender That- 
sestand zu Grunde: Auf Befehl der Direktion 
ines Werkes begleitet ein Aufseher einen Polizei⸗ 
eamten zweds Vornahme einer Haussuchung, wo⸗ 
zei der Begleitende in einen Kellerraum stürzte. 
Der auf Entschädigung gestellte Antrag des Ver⸗ 
etzten wurde abgewiesen, da sich der Unfall nicht 
m Betriebe ereignet habe. Gegen diesen Beschluß 
egte der Aufseher Beschwerde bei dem Reichs⸗Ver⸗ 
icherungsamte ein, welche Beschwerde als begründet 
merkannt wurde, da sich aus der Beweis⸗Aufnahme 
rgab, daß der Kläger lediglich den Befehl seines 
Arbeitgebers als Arbeiter befolgt habe; ob die 
beranlassung zu dem Befehle aus dem Betriebe 
elbst oder aus einem außerhalb desselben liegenden 
Brunde herrühre, kommt dabei nicht in Betracht. 
— Großsteinhausfsen. (uUnglücksfall oder 
Berbrechen 7) Letzten Dienstag besuchte ein junger, 
jon Kleinsteinhausen nach Riedelberg verheirateter 
Mann eine Holzversteigerung in Kleinsteinhausen 
ind kehrte auf dem Rückweg noch in der Ewig'schen 
Wirthschaft in Großsteinhausen ein, welche er 
jsegen 7 Uhr in völlig nüchternem Zustande verließ. 
Rächsten Morgen wurde derselbe an der Böschung 
„er sogen. Emericher⸗Klamm todt aufgefunden. 
OAb hier ein Unfall odeer ein Verbrehen vorliegt, 
vird sich durch die Untersuchung herausstellen. 
— Das Anwesen des Oekonomen Adam 
Both III. in Oberarnbach, Wohnhaus, Scheuer 
und Stallung brannte vorgestern Morgen gänzlich 
nieder, trotzdem die Ortsfeuerwehr der Gemeinde 
asch zur Stelle war, aber nichts vermochte dem 
erheerenden Elemente Einhalt zu bieten, da es 
iemlich Nahrung in der Scheuer und dem Stalle 
and. Mobilien und sämmtliches Vieh wurden ge—⸗ 
ettet. Entstehungsursache des Feuers unbekannt. 
Both hat versichert. 
— Landau, 1. Febr. „Unsere Zigeuner“ 
satten heute eine böse Nacht zu überstehen. Das 
jasse und stürmische Wetter mag ihnen, nachdem 
ie eine feste Wohnung — und wäre es auch nur 
in Schuppen — nicht beziehen wollen, bös zuge- 
etzt haben. Sie befinden sich indessen, wie das 
. T. hört, ganz munter und heiterer Laune. Der 
zewohnerschaft Landau's macht übrigens das Völk⸗ 
hen wenig oder gar keine Unbequemlichkeit; die 
iesbezüglichen Befürchtungen waren, Dank der Für⸗ 
orge unserer Sicherheitspolizei, unbegründet. Ja, die 
raunen Gäste bringen in Anbetracht ihrer immerhin vor⸗ 
jandenen Bedürfnisse manchem Geschäftsinhaber noch 
inen Verdienst, und das wirkt sehr versöhnend mit 
er befürchteten Plage. Desto mehr Arbeit und 
zast hat aber Gendarmerie und Schutzmannschaft. 
die Gesellschaft wird streng bewacht und den in 
er Stadt Einkäufe besorgenden Weibern ꝛc. folgt 
em Schatten gleich in einiger Entfernung stets ein 
-„chutzmann — eine besonders von den Ladenbe—- 
itzern voll gewürdigte dankenswerthe Anordnung. 
die Bande ist nun genau eine Woche hier — wie 
ange sie noch hier weilen wird, läßt sich wohl 
—XDDD 
deimathsrecht?! — — 
— Neustadt, 1. Febr. Gegenwärtig be⸗ 
indet sich in Hambach eine sehr interessante 
Hersönlichkeit; es ist dies de Quellenfinder 
ziswanger aus Franken. Derselbe hat am 
ziesigen Platze wiederholt und mit größter Sicher⸗ 
seit Wasseradern bezeichnet, die, als man nach 
einen Angaben nachgrub, Wasser in Fülle zu Tage 
örderten. Biswanger verweilt nur noch wenige 
Tage hier, was wir hiermit bemerken wollen für 
en Fall, daß es Leute gibt, welche Interesse da⸗ 
an haben, aus der Thätigkeit dieses Mannes Vor— 
heil zu ziehen. 
— Weisenheim a. S., 31. Jan. Der 
ziesige Jagdbesitzer Herr Georg Andreas Krauß hat 
ereits drei Weihe (Falken) geschossen und Herr 
Itto Schick hat sogar zwei Exemplare lebend in 
iinem Netz gefangen, wovon der eine 1,20 m und 
der andere 4,28 mevon einer Flügelspitze bis zur 
indern mißt. Diese Raubvboögel richten großzen Schaden 
unter den Hasen, Rebhünern, sowie den Wildem 
in. Es waäre nur zu wünschen, daß man * 
wärts diesem Raubzeug, wie dahier zu Leib gin 
Die Falken ßind zwar sehr klug und vorsicht 
doch weiß ein geschickter Jäger diesen Raubb 
heizukommen. 
— Ludwigshafen, 1. Febr. Die Kaiser⸗ 
auterer Zeitung“, deren Nichtmehrerschein 
yom 1. Febr. ab beschlossene Sache wur, gibt ihrn 
desern bekannt, daß infolge freundschaftlichen Uebe 
inkommens Verlag und Dreuck der Zeitung doö 
jenannten Tag an auf die Buchdruckerei des di 
Ph. Rohr dortselbst übergeht und daß das Bla 
bisheriger Weise erscheinen wird. (Pf. g) 
— Ludwigshafen, L1. Febr. Gesien 
Abend fand im „Löwengarten“ die Generalversam— 
ung des „Vereins für Geflügelzucht“ ft 
Infolge des gunstigen Resuliats der im Nobemd 
). J. stattgehabten Geflligels und Vogel. Ausfellun 
chließt die Rechnung des Vereins mit einem Uehn 
duß von 571 M. 53 Pfg. ad. Mit der 6C2 
ichtung einer Brieftaubenstation si 
nächstens ein Versuch gemacht werden. — Ein 
getreue Nachbildung der weltberühmten Uhr de 
AI 
einem schlichten Adersmann Namens Joseh 
Bfister in Niederschäffelsheim, ist von heute Nah 
nittag ab auf einige Tage im Saale des ‚Lowen— 
jarten“ gegen ein kleines Entree öffentlich ausqe 
tellt. Wie wir aus mehreren uns vorgelegin 
Attesten ersehen, verlohnt es sich schor der Muhe 
dieses Kunstwerk zu besichtigen. (G. A) 
— Frantkenthal, 31. Jan. Das Mezzqa 
Bernhard Bauer'sche Haus nebst Scheuer und 
harten in der Ludwigsstraße dahier ging durh 
dauf um Mark 19 000 in Besitz des Metztzqen 
Andreas Georgens aus Ellerstadt über. Der Kau 
vurde durch Herrn Goldarbeiter Karl Weil vo 
nittelt. (Irt. T.) 
— Frankenthal, 31. Jan. Herr Ren—— 
ier Herkelrath brachte gestern einen prächtigen so 
enen weißen S„Sjährigen Rehbock hierher, we 
her von Herrn Friedrich Vulpes im Jagdrebi 
»es Adjunkten Gantner vom Ungelhof, Gemarhkun 
Itterstadt, geschossen wurde. Das Prachtexemplu 
nit sehr schönem Geweih, wiegt 32 Pfund. 
— In Gerols heim hat sich ein Militi 
nerein gebildet und traten demselben sofort säm 
iche einstige Militärs bei. Der Geburtstag de 
Hereins war der 27. Januar und soll für dauernd 
Zeiten auch Kaisers Geburtstag als Gründungsto 
jefeiert merden. 
— Aus dem unteren Münsterthale 
Vor einiger Zeit curfirte die Nachricht, daß di 
ängst geplante Project einer Münsterthalbahn m 
Anschluß der Bahn Sprendlingen — Wollstein f 
zuten Händen sei und Herr Michel⸗Weidemüh 
zei Neuenbamberg sich erboötig gemacht hab 
100,000 M. gegen 1 pCt. zum Bau vorzustreden 
Mit Vergnügen sah man der Zukunft entgeger 
Wie es aber jetzt verlautet, hat sich ein Comit 
n Rheinhessen gebildet, das ein neues Projechi 
Aussicht stellt und einen Anschluß der Bahn Sprend 
ingen — Wöllstein mit Flonheim und der Alsen, 
hahn will. So wäre das schon so oft aufgetaucht 
Broject einer Münsterthal⸗Eisenbahn wieder p 
aichte und müssen unsere Producte immer no 
per Achse nach den nächsten Stotionen der Alsen 
ahn gebracht werden. (Ndof. B 
Vermischtes. 
F In der Schloßstraße zu Saarbrückt 
zerübte vorgestern Abend 6 Uhr ein ver wegen⸗ 
Dieb zum Nachtheil eines dort wohnenden Fuh 
internehmers einen Diebstahl mittelst Einsteigen 
Jus einem Zimmer, dessen offenstehendes Fenst 
r vom Galleriedach erreichte, entnahm er der 
vahrscheinlich mittelst Nachschlüssels geöffneten Se 
retär, drei Hundertmarkscheine und ein Sädche 
nit Silber. Der Dieb war eben im Begriff, si 
nit seinem Raub zu entfernen, als die Tochter de 
Zesitzers eintrat; ihr verabreichte er einen kräftig 
Zzackenstreich und verließ dann den Schauplatz seit 
erbrecherischen That. Glücklicherweise verlor er de 
bei den größten Theil des geraubten Gutes, den 
nuf das Hülfegeschrei des Mäadchens herbeigeeil 
zeute fanden im Zimmer, auf dem Dache, unde 
er Hausthüre 2 Hundertmarkscheine und einzelu 
Zilbergeld. Der Verlust, welcher den Fuhrugt 
jehmer betroffen, betragt aber der „S. Z.“ zufol 
mmerhin 115 — 116 Mark. Der freche Diebst!