Full text: St. Ingberter Anzeiger

nun an das k. Landgericht Zweibrücken und hier 
wurde er freigesprochen und Neumond die Kosten 
des ganzen Verfahrens überbürdet, weil das Gerich 
entschied, daß die Einhaltung der obenerwähnten 
Frist für die Zustellung nicht nothwendig sei. 
— Juin Garten des Schneidermeisters Adam 
Wilhelm in Heltersberg fanden sich beim 
Ausgraben von Gelbrüben einige sehenswerthe Rettige, 
worunter solche von 5 und 6 Pfund, einer sogar 
bon 7 Piund Schwere. 
— Kaiserslautern, 12. Dez. GKon- 
sum⸗Verein.) In der am Dienstag Abend 
unter dem Vorsitz des Herrn Kommerzienrath Euler 
stattgehabten Generalversammlung wurde die Ein— 
führung der beschränkten Haftpflicht beschlossen und 
zwar mit der Maßgabe, daß fernerhin die Vereins⸗ 
mitglieder, welche seither mit ihrem ganzen Ver⸗ 
mögen solidarisch für die Verpflichtungen des 
Vereins den Gläubigern gegenüber hafteten, zu 
denselben im Fall der Ueberschuldung oder des 
Konkurses nur mit einem Hafthetrage von 10 Mk. 
herangezogen werden können. Die Geschäftsantheile, 
seither 20 Mk., wurden auf 10 Mk. festgesetzt 
und kann jedes Mitglied zwei Antheile erwerben. 
Hierbei ift 1 Mk. anzuzahlen und kann der Resi 
—XI—— 
den. Im Weiteren wurde in Gemäßheit des 8 
49 des Genossenschaftsgesetzes die Höhe der Anlagen 
beim Verein auf je 2500 M. festgesetzt. (Vztg.) 
— Landau, 11. Dez. Die auf gestern an⸗ 
gesetzte Versteigerung des Hauses und Gartens des 
verstorbenen Notars Keller verlief resultatlos. Auf 
das Haus hatte einer der Miterben das letzte Ge⸗ 
bot mit 49,000 Mk. und auf den Garten war 
Herr Rentner Ph. Stöpel Letztbietender mit 
9000 Mk., um welche Summe der Zuschlag nicht 
erfolgte. (Eilb.) 
— Landau. An der Kasse der hiesigen Volks⸗ 
bank präsentirte letzten Dienstag Abend ein gut 
gekleideter fremder Herr“ einen Wech sel im Be— 
trage von 1876 Mark. Der Kassenbeamte zweifelte 
jedoch sofoct an der Aechtheit des Wechsels, und 
es stellte sich bei näherer Untersuchung denn auch 
heraus, daß derselbe gefälscht war. Die hierauf be⸗ 
nachrichtigte kgl. Gendarmerie hat den Industrie 
ritter, nachdem derselbe anfangs leugnen wollte, 
später aber seine schlechte That eingestand, in's 
Untersuchungsgefängnis verbracht. Der Gauner, 
welcher Joh. Klein heißen und aus Albersweiler 
sein will, was beides jedoch nicht wahrscheinlich, 
soll früher schon ähnliche Geschäfte probirt haben, 
welche ihm auch gelungen seien. 
— Neustadt, 12. Dez. Gestern Abend 
erschoß sich hier der 56 Jahre alte Tagner 
Christoffel von Hambach vermittelst eines 
Terzerols. Der Schuß, welcher in den Mund drang, 
fühcte den sofortigen Tod herbei. Christoffel war 
obdachlos und ohne Arbeit. 
— Speyer. Se.rbkgl. Hoheil Prinzre« 
gent Luitpold von Bayern haben, wie der 
„Pf. K.“ meldet, der Witiwe des bei einer am3. 
Dezember in der Rähe von Hochspeyer abgehaltenen 
Treibjagd durch einen Schuß verunglückten Treibers 
und Waldarbeiters Friedrich Fritsch von Frankenstein 
aus der allerhöchsten Privatkasse eine Unter— 
stützunsg von hundert Mark Allergnädigst zu be— 
willigen geruht. 
— In Fußgönheeim wurden der Wittwe 
Fr. J. Weiler aus dem Stalle 9 theilweise ge— 
mästete Gänse gestohlen, vermuthlich, um solche 
irgendwo auf dem Markte als Weihnachtsbraten zu 
verkaufen. Die Thiere wurden von dem noch un— 
bekannten Diebe nicht weit von der Behausung der 
Wittwe Weiler geschlachtet. 
— Frankenthal, 11. Dez. Ein hier be— 
schäftigte junger Mann, der wegen des 
Kaiserbesuches verflossenen Sonntag nach Worms 
reiste, kam infolge des Gedränges von seinen 
Freunden weg und ist bis jetzt noch nicht hierher 
zurückgekehrt. Die Eltern des jungen Mannes sind 
von dessen Verschwinden benachrichtigt. 
— Kirchheimboladen, 12. Dez. Bis 
heute sind unsere Industriellen und Kohlenbändler 
noch vollständig im ungewissen, welches Quan—⸗ 
tum Kohlen die kgl. Bergwerksdirektion Saar— 
brücken für die erste Hälfte des kommenden Jahres 
ihnen abgeben wird. Die Bestellungen wurden 
schon ausgangs November eingereicht, wobei ein 
jeder dafür sorgte, daß er für die nächsten 6 
Monate nicht zu kurz kommt; wie viel aber 
an diesen Bestellungen noch gestrichen wird, dafür 
werden die großen Unterböndler schon sorgen. 
FJeder größere Kohlenkonsument lebt daher im 
ingewissen, ob sein Bedarf fuür die erste Hälfte 
1890 gedeckt werden wird. Die hiefige Gas 
anstalt z. B. hat einen Versuch mit eng 
lischen Gasflammkohlen gemacht und einen 
johen Preis dafür bezahlt. Wie der Versuch aus 
'allen wird, kann bis jetzt noch nicht genau fest 
gestellt werden. (A.) 
— Von einem Bürger in Mannweiler 
sollen in der Landauer Lotterie 2500 Marl ge— 
wonnen worden sein. 
— Nur deutsch! Die Direktion der Pfälzer 
Bahnen gibt bekannt, daß für die Folge bei öffent⸗ 
lichen Bekanntmachungen und im dienstlichen Ver⸗ 
kehre an Stelle der nachgenannten Framdwörter 
die beigefügten Bezeichnungen in Anwendung 
zu bringen sind: 1) Der erste Beamte eines Bahn⸗ 
hofes oder Station ist als „Stations-Vorstand“ 
zu bezeichnen. 2) Statt Perron „Bahnsteig“. 
3) Statt Billetexpedition „Fahrkarten⸗Ausgabe.“ 
9) Statt Gepäckexpedition „Gepäckabfertigungs⸗ 
ausgabe“. 5) Statt Güter-Expedinon „Güter⸗ 
Verwaltung“. 6) Statt Vestibule „Vorhalle“ 
7) Statt Korridor „Gang“. 8) Statt Garderobe, 
Toilette 2ꝛc. „Handgepäcktaum“, „Waschzimmer⸗ 
Raum“. 9) Statt Damentoiletle „Waschzimmer 
für Frauen“. 10) Statt Herrentoilette „Wasch— 
zjimmer für Männer“. 11) Statt Bahnhofs⸗ 
Restauration „Bahnhofs-Wirthschaft'. 12) Stat 
Bahnhofs⸗Restaurateur „Bahnhofs-Wirih“. 13) 
Statt Bahnhofs-Restauration „ErfrischungenRaum“, 
.Speisezimmer-Raum“. 14) Statt Buffet Schänk— 
tisch“. 
— Jüngst kam ein Arbeiter, auf einem Bahn⸗ 
sofe der Pfalz beschäftigt, und verlangte bei 
inem pfälzischen Bürgermeister-Amte ein Leu⸗ 
nundszeugniß. Nach Erhebungen auf dem 
Polizeibureau war der Biedermann, wie die „Pf— 
Bzt.“ berichtet, schon 18 Male gerichtlich be— 
traft und wurde davon im Leumundszeugniß Mit—⸗ 
heilung gemacht. Als der Petent dieses las, er— 
tärte er mit spanischem Stolze: Dieses Zeug⸗ 
niß kann ich nicht annehmen, das läßt mein 
Tharakter nicht zu! Und der charakterstolze Mann 
zing ebenso stolz von dannen. 
Pfälzisches Schwurgericht. 
IV. Quartal. 
Zweibrücken, 11. Dez. (3zw. 8) Nach— 
nittags⸗Verhandlung gegen Apollonia Stephan, 
23 J. a., Dienstmaad von Mörsbach, wegen 
Kindsmord. 
Der Gerichshof besteht aus den HH.: kgl. 
Oberlandesgerichtsrat Stichter als Vorsitzenden, den 
kgl. Landgerichtsräten Gugel und Bauer als bei— 
itzenden Richtern, dem Hrnu. Rechtspraktikanten 
Fitting als Gerichtsschreiber. Die Anklage vertritt 
Hr. kgl. II. Staatsanwalt Wildt; die Verteidigung 
führt Hr. Richtsanwalt Schuler. 
Die Geschworenenbank ist aus folgenden HH. 
gebildet.; Grohe, Mang, Catoir, Buschmann, Neu⸗ 
meyer, Striebinger, Wagner, Beck, Rieger, Bumiller, 
Fath II., Jotier. 
Im Ganzen waren 8 Zeugen und ein Sach— 
yerständiger geladen. 
Die Beweisaufnahme ergab, daß die Angeklagte, 
als sie sich bei ihrer verheiratheten Schwester in 
Mörsebach befand, am 22. Sepiember l. J 
plötzlich von der Geburt eines Mädchens überrascht 
purde, welchem sie auf der Speichetkammer ihrer 
Schwester das Leben schenkte, das sie ihm allerdings 
urze Zeit darauf auf gewaltsame Art wieder zu 
nehmen beschloß und auch ausführte, indem sie das 
kleine Wesen in einen Rock wickelte, neben sich 
niederlegte und es dann so lange mit der Hand 
an dem Hälschen drückte, bis es kein Lebenszeichen 
mehr von sich gab. Gegen Abend, nachdem alles 
ruhig war, nahm sie dann dasselbe samt dem Rocke 
und vergrub es in decr Furche eines in der Nähe 
liegenden Erdäpfelackers ihres Schwagers, wo das- 
selbe erst beinahe 3 Wochen später aufgrund einer 
anonymen Anzeige von der Gendarmerie zu Hom— 
burg entdeckt wurde und so die That ans Sonnen⸗ 
liicht kam. Die Angeklagte gesteht den ganzen Sach— 
verhalt reumütig zu mit der Angabe, daß sie vor—⸗ 
her nicht beabsichtigt habe das Kind zu tödten, indem 
sie schon für ihre beporgestandene Niederkunft die 
nötige Forsorge getroffen habe, sondern daß sie 
erst zu diesem Entschlusse gekommen sei kurz nach 
ihrer Niederkunft. 
Die Angeklagte wird unter Annahme von 
Milderungsgründen des ihr zur Last gelegten Ver— 
hrechens als schuldig befunden und vom Schwur— 
gerichtshof zu drei Jahren Gefaängnie 
verurtheilt. 
Zweibrücken, 12. Dez. Heute Vormittag 
81 Uhr begann die Verhandlung in der Straf. 
sache gegen Karl Warschko, 21 Jahre alt, XC 
von Oppau, wegen Brandstiftung. vdem 
Angeklagten liegt zur Last, in der Nacht vom 5 
auf den 6. Okt. abhin in der Gemarkung von 
Oppau Vorräte von landwirtschaftlichen Erzeugnifsen, 
welche dem Ackerer Christoph Herbel, dem Malklet 
Michael König, dem Ackerer Adam Furcn und 
einem gewissen Friedrich Steiner zu Oppau gehörten 
und im Ganzen einen Wert von über 500 Mke. 
repräsentirten, vorsätzlich, rein aus Mutwillen, in 
Brand gesetzt zu haben und zwar in Ausfuhrung 
ein und desselden verbrecherischen Entschlusses. An— 
zeklagter wurde unter Annahme mildernder Um— 
tände zu 3 Jahren Gefängniß verurteilt. 
Sermischtes. — 
Dudweiler, 11. Dez. Heute Nach- 
mittag fand dahier im Loeven'schen Saale eine 
Bergarbeiter-Versammlung statt. Herr 
Vertrauensmann Hellbrück eröffnete die Versamm⸗ 
lung mit einem dreimaligen Hoch auf den 
Obersten Bergherrn, Se. Majestät den Kaiser, 
und ermahnte seine Kameraden, sich ruhig zu ver— 
halten. Dann ergriff der Bergmann Kraber aus 
Sulzbach das Wort, ausführend, daß das, was 
in der Versammlung verhandelt werden sollte, 
weder eine politische, noch eine Religionsfrage, 
sondern eine reine Brodfrage sei. Er gab dann 
seine eigenen Erfahrungen zum Besten, betonend, 
daß der Lohn nicht hinreichend sei, eine Familie 
von fieben Köpfen durchzubringen. Die 30 Pfg. 
Zulage vom Mai ab aäüren auch nicht genügend, 
da noch zu viele Schulden aus früherer Noth zu 
dezahlen wären. Die Zahl der abgelegten Berg— 
leute haben am 23. Mai d. J. 40 betragen, 
jetzt betrage fie aber schon 80 oder würde es 
doch bald betragen. Er warf die Frage auf, 
vas geschehen solle, worauf er die ziemlich allge⸗ 
meine Antwort erhielt, „es solle gestreiklt werden.“ 
Dann stellte er das Ultimatum auf: Entweder 
die Erlauhniß zum Anfahren der gemaßregelten 
Bergleute, oder Montag Ausbruch des Streils, 
vas von der Versammlung accepurt wurde. — 
Hierauf las Herr Jakob Stuppi aus Herrensohr 
»inen Brief vor, welchen er den „Himmelsbrief“ 
iannte. Iy demselben war die ganz⸗ Lage ge⸗— 
schildert. Er forderte die Versammlung auf, sich 
als Brüder zu erklären und mit dem Rechts⸗ 
chutzderein zu stehen oder zu fallen, welchem 
Verlangen durch Aufheben der Arme von der 
ganzen Versammlung entsprochen wurde. — 
herr Kräber aus Sulzbach erklärte dann unter 
Zustimmung der Versammlung, daß der Schicht⸗ 
ohn 4 Mk. betragen solle, daß die gemaßregelten 
Bergleute die Erlaubniß zum Anfahren erhielten, 
und daß zur Ausführung dieser Forderungen der 
Bergwerksdirektion nur 3 Tage Zeit gelassen 
werden sollten. Erfülle die Direktion die For— 
derungen nicht, so solle der Streik ausbrechen. — 
Herr Math. Bachmann aus Bildstock that eben⸗ 
falls nach längeren Ausführungen die Frage an 
die Versammlung, ob gestreiklt werden soll, wo— 
rauf allgemeine Bejahung erfolgte; nach der 
Bejahung fragte er, ob es denn auch wirklich 
ernst sei, denn er würde den Beschluß der Ver⸗ 
sammlung, festzuhalten an den Beschlüssen der 
Vertrauensmänner auf der Bildstocker Versamm— 
lung, sofort in alle Windrichtungen telegraphiren 
und wolle später nicht als Lügner dastehen. — 
Bergmann Karl Molter sagte, sein Schichtlohn 
betrage wie bei noch anderen seiner Kameraden 
2,20 Mk. — Kräber⸗Sulzbach sprach gegen die 
anderen Vereine, welche den Rechtsschutzverein zu 
Sturz bringen wollten. — Bachmann-Sulzbach 
erklärte in längeren Ausführungen, die Versamm— 
ung wäre eine Bergarbeiter⸗ Versammlung und 
keine solche des Rechtsschutzvereins. — Jakob 
Blank II. erließ die Aufforderung an die Ver—⸗ 
ammlung, einzustehen „Einer für Alle“ und 
„Alle für Einen“. — Nachdem Bachmann⸗ 
AXVV 
ttätigen gelassen, daß er in derselben nicht in 
agitatorischem Sinne gewirkt, erfolgte der Schluß 
mit einem dreimaligen Hoch auf den Kaiser. — 
Die Versammlung, aus mehr als 1000 Berg— 
leuten bestehend, ging ruhig auseinander. 
(Dudw. 3) 
FSaarbrücen, 12. Dez. Infolge einer 
gestern zu Püttlingen stattgehabten Bergarbeiter⸗