Full text: St. Ingberter Anzeiger

Rodalben und Bachenheimer⸗Zweibrücken haben die 
Referate übernemmen. 
— Landau, 13. Dez. Wie dem ‚„Eilb.“ 
mitgetheilt wird, sollen auch hier einige Faälle von 
Influenza vorgekommen sein. Eine Bürgschaft 
für die Richtigkeit dieser Angabe vermögen wir 
allerdings nicht zu übernehmen. Als Vorbeugungs⸗ 
mittel für diese Krankheit wird empfohlen, eine 
4prozentige Boraxlösung durch die Nase zu ziehen 
und damit zu gurgeln. J 
— Herr Schneidermeister Ph. Zimpel— 
mann sin Edenkoben waurde für die Pfalz 
in den Vorstand des Bahyerischen Handwerker- 
hundes gewählt. 
— Maikammer, 1I1. Dez. Seit Menschen⸗ 
gedenken wurden für Güterstücke im hiesigen Bann 
nie solch hohe Preise erzielt wie zur Zeit und ist 
es für denjenigen, der seine Wingerte durch fremde 
Arbeiter bebauen lassen muß, im Hinblick auf die 
enocmen Güterpreise und die Höhe der Taglöhne 
geradezu unmöglich, sein Grundstockvermögen zu 
vergrößern. So wurden z. B. in jüngster Zeit 
dem Bäcker Langhäuser von hier auf einen Wingert 
von 8010 Aren am Kreuz gegen Diedesfeld 6000 
Mk. und der Wittwe Müller, ebenfalls von hier, 
auf ein Grundstück, das bisher kaum ein nennens⸗ 
werthes Erträgniß lieferte, 240 Pik. per Dezimale 
geboten. Auch in St. Martin werden, der „Ggt.“ 
zufolge fuür Wingerte ganz enorme Preise — bis 
zu 8000 Mk. für den Morgen — bezahlt. 
— Speyer. Gemäß Ministerial⸗Entschließung 
ist auf Anregen des kgl. Seminar⸗Inspektors Herrn 
Dr. M. Geistbeck der Stenographie-Unster—⸗ 
richtt, der bisher schon in den meisten übrigen 
Lehrerbildungsanstalten der jenseitigen Kreise er— 
theilt wurde, auch im hiesigen Lehrerseminar 
als fakultativer Unterrichtsgegenstand eingeführt 
Als Fachlehrer fungitrt Herr Seminarhilfslehrer J. 
Joachimbauer. 
— Dürkheim, 12. Dez. Unter der Leit⸗ 
ung des Herrn kal. Steuereinnehmers Melsheimer 
dahier wurden heute als Bürgermeister Herr 
J. Tartter und als Adjunkten die Herren 
Daniel Baab und Karl Ludwig Maver wieder 
gewählt. 
— Dürkheim, 13. Dez. Gewerbe— 
BVerein.) Die gestrige Versammlung besprach die 
Tagesordnung für den nächsten Sonntag zu Zwei— 
brücken stattfindenden Verbandstag des Pfälzischen 
Gewerbervereins⸗Verbandes. Zu Delegirten wur⸗ 
den nach dem „Anz.“ die Herren C. Grauer, L. 
Strauß und E. Stumpf gewählt. Die Versamm⸗ 
lung befürwortete die Einführung einer staatlichen 
Bauordnung für die Pfalz; ebenso ist dieselbe füc 
Bestrebungen, betreffend Beaufsichtigung des Lehr⸗ 
lingswesens, wenn auch in letzterer Beziehung nicht 
allzu viel sich erreichen lassen dürfte. Auch ist 
man fur Lehrlingsarbeiten⸗Ausstellungen und Lehr⸗ 
lings⸗Prüfurgen, zu welchem Zwecke seitens des 
Gewerbe⸗Virbandes ein Statut aufgestellt werden 
möge, das sich an das vom Gewerbe⸗Museum 
Nürnberg ausgearbeitete anschließt. Die Herren 
Delegirten wurden instruirt, in diesem Sinne auf 
der Verbands⸗-Versammlung zu wirken. 
— Ludwigshafen, 13. Dez. Im 
Gartensaale des Gesellschaftshauses fand gestern 
Abend eine außerordentliche Generalvbersammlung 
des Konsumvereins statt, die ziemlich gut 
besucht war. Zur Tagesordnung stand der Antrag 
der Vereinsleitung, von der durch das neue 
Reichsgesetz gebotenen Freiheit Gebrauch zu 
machen und eine Einschränkung der Haft— 
pflicht der Vereinsmitglieder eintreten zu lassen. 
Aus den Ausführungen des Verwaliungsrathes 
und des Vorstandes ist zu entnehmen, daß die 
Solidarhaft der Konsumvereine nicht blos lästig, 
sondern auch durchaus überflüssig und deshalb je 
eher desto besser zu beseitigen sei. — Sowohl di—⸗ 
Geschäftsantheile der Mitglieder von 16,000 Mk 
wie der bis jetzt eingesammelte Reservefond von 
27,000 Mk. reiche zum rationellen Betrieb des 
Konsumvereins derzeit völlig aus. Unter diesen 
Umständen erscheint es erklärlich, daß die Anträge 
1) auf Annahme der beschränkten Haftpflicht, 2) 
auf Festsetzung des Geschäftsantheiles auf 20 Mk 
und der Haftsumme auf 80 Mk, keinen Wider⸗ 
spruch in der Generalversammlung fanden. Durch 
diese Beschränkung wird erreicht, daß ein einzelnes 
Vereinsmitglied schlimmsten Falles nur zur Nach—⸗ 
zahlung einer Summe von höchstens 80 Mark in 
Anspruch genommen werden lkönnte, ein Fall, der 
nach dem jetzigen blühenden Stand des Konsum— 
pereins überhaupt in absehbarer Zeit nichl zu be— 
fürchten steht. Schließlich sei noch bemerkt, daß 
gesetzlicher Bestimmung gemäß diese Einschränkung 
der Haftung erst in einem Jahr, mithin für den 
tonsumverein erst am 1. Januar 1891, in 
Beltung gesetzt werden kann. — Vor wenigen 
Wochen lief von den beiden für Rechnung der 
Mannheim ⸗ Ludwigshafener Lo kal⸗Dampf— 
schifffahrt (Karl Arnheiter Erben) erbauten 
neuen Passagierbooten das erste vom 
Stapel und wird dasselbe dem Vernehmen nach 
im Lauf des morgigen Tages hier eintreffen, um 
dem Verkehr übergeben zu werden. Das Boot 
soll quf das komfortabelste eingerichtet und, was 
die maschinelle Ausstattung anlangt, mit allen 
Verbesserungen der Neuzeit versehen sein. 
(Pf. K.) 
— Kirchheimbolanden. Eine Stroh— 
preßmaschine ist am Bahnhofe im Auftrag 
einer Speyerer Strobpapier⸗Fabrik aufgestellt, welche 
dahier bedeutende Mengen Stroh (bis jetzt ca. 
2000 Zentner zu 1.40 Mk.) angekauft hat. Das 
Uniernehmen soll sich gut rentieren. Die übrigen 
Strohpreise zurzeit werden wie folgt angegeben: 
Berstenstroh 1.10 Mi., Haferstroh 1.15 Mk., frei 
an die Bahn geliefert. 
Pfälzisches Schwurgericht. 
IV. Quartal. 
Zweibrücken, 18. Dez. (3.3.) Heute früh 81 
Uhr begann unter großem Zudrang von Publikum 
die Verhandlung gegen: 1. Nikolaus Biewer, 
geb. 27. Oktober 1861 zu Michelbach, ledig, zu⸗ 
letzt Bergmann in Dudweiler, Kreis Saarbrücken, 
wohnhaft, 2. Margaretha Jung, geb. 27. 
Februar 1858, aus Dudweiler gebürtig, Wittwe 
des daselbst wohnhaft gewesenen Bergmannes 
Nikolaus Schmitt, angeklagt wegen Mords, ge— 
meinschaftlich ausgeführt am 27. Oltober 1889. 
Der Gerichtshof besteht aus den Herren: kgl. 
Oberlandesgerichtsrat Stichter als Vorsitzendem, 
kgl. Landgerichtsräten Bauer und Bruch als bei⸗ 
fitzenden Richtern, kal. Landgerichtssekretär Löwen⸗ 
berg als Gerichtsschreiber. Die Anklage vertritt 
Herr kgl. J. Staalsanwalt Tillmann, die Vertei⸗ 
diqung führt ad 1) Herr Rechtsanwalt Schuler. 
ad 2) Herr Rechtsanwalt Trier. 
Die Geschworenenbank ist aus folgenden Herren 
gebildet: Grohe, Wagner, Meyer, Brenzel, Dahm, 
Appel, Weber, Schellhorn Wallbillig, Schwarz 
Tatoir, Neumeyer, Braun und Rech als Ergänz 
ungs⸗Geschworener. Im Ganzeu waren 36 Zeugen 
und ein Sachverständiger erschienen. 
Der Thatbestand ist nach der bis jetzt ge⸗ 
ührten Beweisaufnahme in Zusammenhalt mit 
den von den Angeklagten gemachten Angaben 
folgender: Die Mitangeklagte Margaretha Jung 
»erheiratete sich mit dem nunmehr verstorbenen 
Bergmanne Schmitt im Jahre 1879; derselbe 
arbeitete viele Johre als Bergmann auf den Kohler—⸗ 
gruben zu Dudweiler, wohate daselbst und 
ward als ein sehr fleißiger, braver Arbeiter ge— 
childert. Seine Ehe konnte als eine glücklich 
anicht bezeichnet werden, indem die Ehefrau gegen 
hren Mann lieblos war und ihm bei einzelnen 
Vorfällen eine geradezu rohe Behandlung ange— 
deihen ließ. Der Verstorbene ist keineswegs alet 
haupt der Familie angesehen worden und war 
da die Angeklagte das von ihm verdiente Geld in 
VBerwahr hatte, über Nichts Herr im Hause. Aus 
dieser Ehe stammen 5 Kinder, von denen noch 
1am Leben sind und das jüngste 18 Monat 
zählt. 
Anfangs des Jahres 1888 kam der Mitange. 
klagte Biewer als Kostgänger in die Familie Schmitt 
hatte bei derselben Kost und Wohnung, was zur 
Folge hatte, daß die Angeklagte alsbald eine un— 
verhohlen zur Schau getragene Vorliebe für den 
Kostgünger an den Tag legte und ihren Mann ver— 
nachlässigte. Eines Sonntags, etwa oanfangs Ok— 
ober, kündigte Schmitt seinem Kostgänger, welcht 
Fündigung jedoch des anderen Tages wieder zurück— 
genommen wurde; bei dieser Gelegenheit soll die 
Ehefrau Schmitt auf die Erktärung des Biewer, 
daß er gehen werde, gesagt haben: „Nein, er geh 
nicht, er hat noch Geld zugut, und wenn er geht 
sodist der Strick gerüstet.“ Seit dieser Zeit scheinl 
bei den beiden Angeklagten der Entschluß gereifl 
und die Verabredung getroffen worden zu sein, den 
Schmitt zu beseitigen. Nach dieser Verabredung 
ollte die That am 27. Oktober, an einem Sonntag 
jelegentlich eines Ganges nach St. Inabert, woselbs 
Eheftau Schmitt Geschirt einkaufen wollte, ausge— 
führt werden. 
Der Angeklagte Biewer nahm ein auf der Grube 
zefaßtes Beil ohne Stiel, das in seinem Quartier 
auf dem Ofen gelegen war, am 23. Oktober mit 
dahin, um es zu schleifen und brachte es abends 
frisch geschliffen wieder zurück. Hiervon hatte Ehe— 
frau Schmitt Kenntnis, denn sie sagte nach Angabe 
des Angeklagten Biewer zu diesem, als er damals 
fortging: „Du nimmst das Beil mit und, schleifst 
es, dann gehen wir nach St. Ingbert und hauen 
dem Maßz — Mathias — den Kopf ab.“ 
Biewer machte alsdann einen Stiel in das 
Beil. Da dasselbe in einem Körbchen mitgenommen 
werden sollte, der Stiel aber zu groß war, so ver⸗ 
kürzte Biewer zweimal immer im Einverständnisse 
mit der Angeklagten und, wie er behauptet. auf 
deren Veranlassung den Stiel, bis er in das Körbchen 
paßte. Sonntags früh ließ sie jedoch von ihrem 
sinde bei ihrer Nachdarin Ehefrau Risch ein an— 
deres Körbchen holen, steckte das Beil mit einem 
weifach abgeschnittenen Stiele hinein und deckte es 
dann mit einem Tuch zu. 
Nach Tisch um 921 Uhr machten sich die beiden 
Eheleute Schmitt und Biewer cuf den Weg nach 
St. Ingbert und zwar gingen die beiden Manns⸗ 
personen zuerst weg und einige Zeit darauf folgte 
die Frau mit dem Körbchen, in dem das Beil lag, 
nach. Sie gingen dann gemeinsam über den Neu— 
weilerhof nach St. Ingbert, wo sie gegen 8 Uhr 
ankamen, begaben sich zuerst in die Weisgerber'sche 
Wirthschaft, in der die Ehefrau Schmitt beständig 
das Körbchen mit den Armen verdeckt auf ihrem 
Schoße stehen hatte; daselbst tranken die 
beiden Männer je 2 Schoppen Bier, wäh 
rend. die Frau s Schoppen Wein zu sich 
nahm und Schmitt noch ein Schnäpächen oben⸗ 
drein. Nach s Stunde verließen sie dieselbe, kauften 
das nöthige Geschirr ein und kehrten gegen 5 Uhr 
in dieselbe Wirthschaft wieder zurück, wo die Ehe⸗ 
irau Schmitt 2 Gläschen Wein trank und die 
beiden Maͤnner neben einer kleinen Speise noch je 
3 Glas Bier zu sich nahmen. Kurz vor 6 Uhr 
zingen sie von der Weisgerber'schen Wirthschaft 
veg. auf den Weg in die „Gehnbach“, ein 
Wiesenthal, an dessen Rand der Weg hinführt; 
derselbe liegt etwa 2 Meter höher als der Thol— 
zrund und fällt in einer steilen Böschung von 4 
Metern in das Thal hinab. 
Alsbald, nachdem sie St. Ingbert verlassen 
jatten und von dem letzten Hause ungefähr 650 
Schritt entfernt, woselbst am Wege der Wald be— 
zinnt, kam dann die von beiden geplante That zur 
Ausführung, Während nun Ehefrau Schmitt he— 
jauptet, daß sie, obwohl mit der That einderstanden, 
ich doch selber thätig nicht dabei gezeigt und ihren 
Mann nicht angerührt habe, stellt Biewer auf, daß 
Schmitt in seiner Trunkenheit den Rech hinunter⸗ 
Jefallen sei, daß sie beide alsdann zurüc seien, um 
aach ihm zu sehen, und daß dann Ehefrau Schmitt 
das Beil aus dem Korb genommen und zweimal 
auf den regungslos am Fuße des Reches gelegenen 
Mann derar: eingeschlagen habe, daß er es von 
oben habe krachen hören, daß er dann gleichfalls 
auf ihre Veranlaßung hin einen Hieb demselben 
gegeben habe. Ehefrau Schmitt bestreitet auch 
dieses und gibt an, es sei zwischen ihnen abge— 
prochen gewesen, daß Biewer ihren Mann tödten 
und ihr, wenn er zur Ausführung schreiten wolle, 
ein Zeichen geben solle, damit sie vorausgehe. In 
kurzer Entfernung von dem Thatorte, als Schmitt 
zurückgewesen sei, habe dann Biewer das Beil zu 
dem abgesprochenen Zwecke von ihr verlangt und sie 
Jabe es ihm auch im vollen Einverständnisse gege⸗ 
»en und sei dann voraus gegangen. Alsbald sei 
Schmitt nachgekommen und die That sei, ohne daß 
fie eiwas davon wahrgenommen, geschehen. Sie und 
der Angeklagte Biewer seien dann in raschem Laufe 
iber den Neuweilerhof und von da auf dem Berg⸗ 
mannspfad nach Dudweiler zurückgegangen und 
schon um 7 Uhr zu Hause angekommen. Am 
Morgen des 28. Oktobet früh 6 Uhr wurde dann 
die Leiche des Erschlagenen an der geschilderten 
Stelle am Fuße der Böschung liegend aufgefunden 
und am nämlichen Morgen noch von den beiden 
Angeschuldigten, die von Dudweiler herüberge— 
ommen waren, als diejenige des Bergmanns 
Schmitt erkanni. Das Beil wurde 40 Schritte von 
der Leiche gffunden. Spuren eines Kampfes waren 
nirgends wahrnehmbar; auch wurde konstatiert, daß die 
Zleider und Kravatte des Schmitt in Ordnun