Full text: St. Ingberter Anzeiger

es nicht zu leugnen sei, daß gegenüber seiner Klien⸗ 
tin jegliche Sympathie fehle. Jedoch bei Beurtheil- 
ung der That habe man sich ruhig zu fragen, in⸗ 
pieweit sind die Angeklagten schuldig vor dem 
Besetz und dem Buchstaben des Gesetzes. 
Was zunäachst die Person des Biewer anbelange, 
o sei dieser ein scheinheiliger Lügner, sein ganzes 
Zeständnis sei ein wohlberechnetes und ein Aus⸗⸗ 
luß seiner Heuchelei, von welcher der Mensch von 
Anfang an beherrscht gewesen sei. Wenn man nur 
zen einen Zug ins Auge fasse, daß dieser Mensch 
mit seinem Opfer wenige Augenblick⸗ vor der That 
zor einem Hause, in dem Kindtaufe gewesen und 
nan gesungen, noch die Wiise des Liedes mitge⸗— 
ungen habe, so müsse man zum mindesten sagen, 
zieser Mann und dieses Weib find zwei gleichge— 
innte Seelen, zwei gleich schlechte Menschen. Was 
aun die beiderseitigen Geständnisse anlange, so könne 
nan dem des Biewer keinen Glauben beimessen, da 
s dem obj⸗ktiven Befund und dem Sachverständigen⸗ 
Butachten widerspräche, während dasjenige der 
khefrau mit diesem in Einklang stehe. Dem Biewer 
jei die Thäterschaft nachgewiesen, da wenigstens 
fesist he, daß er einen Hieb auf den Kopf des 
Schmitt geführt habe, die Frau stelle aber ihre 
Theilnahme in Abrede und nirgends sei ein Bweis 
zafür, daß sie sich wirklich beteiligt habe, außer 
dem Geständnisse des Biewer, dem jedoch keine Be 
deutung zuzum ssen sei. Wenn feststehe, daß die 
Frau bei dem Verbrechen nicht anders beteiligk ge⸗ 
vesen sei, als daß sie sich vorher mit dem Biewer 
vesprochen habe, bei der That zugegen gewesen sei, 
iber nicht mitgehandelt hade, so sei der Begriff der 
Mitthäterschaft nicht gegeben. Wenn die Frau das 
Beil nach St. Ingberf geschleppt, au den Ort der 
That verbracht und dort dem Angeklagten Biewer 
usgehändigt habe, so seien dies Handlungen, welche 
nicht zur That selbst gehörten, sondern teils nur 
us Vorbereitungs⸗, teils als Beihilfshandlungen zu 
harakterisiren seien. Se sei nicht Mitthäterin ge⸗ 
vesen, da sie keine Hand an das Opfer gelegt 
jabe, aber sie habe dazu geholfen, daß das Ver—⸗ 
rechen ermöglicht wurde und sie sei deshalb nur 
jer Beihilfe schuldig. 
Die Geschworenen bejahten nach kurzer Beratung 
inter ihrem Obmanne, Herrn Grohe, wie bereits 
nitgeteilt, die beiden ersten auf gemeinschaftlich aus˖ 
zeführten Mord gestellten Fragen, worauf der Ge⸗ 
richtshof aufgrund dieses Wahrspruchs die beiden 
Angeklaglen zum Tode verurtheilte, ihnen 
zie bürgerlichen Ehrenrichte aberkannte und die 
Finziehung des zu Gerichtshänden gelangten Beiles 
erfügte. 
Ende gegen 12 Uhr mittags. 
Vermischtes. 
Dudweiler, 16. Dez. Hier ist heute 
NRorgen die Belegschaft zur Frühschicht nicht an— 
sefahren; die Leute kehrten ruhig und siill nach 
Zause zurück. Aus Sulzbach wird das Gleiche 
derichtet. In Jägersfreude sollen 50 —60 Berg⸗ 
eute angefahren sein. — Soeben — morgens 
du/z Uhr — marschirt eine Kompaqnie des 70. 
stegiments hier durch. 
Nicht angefahren sind gestern Morgen 
ne Belegschaften Altenwald, v. d. Heydt, Sulz 
»ach, Kampausen, Dudweiler, Jäzersfreude uud 
zouisenthal mit Gerhardt; aach Bekanntgebung 
er Zugeständnisse haben sich zur Fristgebung bis 
Mitswoch Abend bereit erklärt: die Belegschaften 
Reden⸗König, Kreuzgräben, Kohlwald, Schwal⸗ 
zach, Heinitz- Dechen, Maydach-Friedrichüthal und 
Ftzeuplitz. (S. J.S. A.) 
Folgende „süße Erinnerungen“ an den 
Vormser Kaisertag bringt die „W. Zig.“ 
m Anzeigeteil ihres Blattes: „Heirat. Ein 
tattl. Herr, 32 J., ebang. Leiter eines gr. Unter— 
iehmens, sehr respektadle Stellung, wurde bei An— 
orsenheit des Kaisers überrascht durch den reizenden 
Ddamenflot in Worms. Sollte eine Dame geneigt 
ein, mit demselben eine Korrespondenz beh. ev. 
päterer Heirat anzuknüpfen, so wolle dieselbe ver— 
rauensvoll Mitteil., am liebsten mit Photogr. und 
cicht anonhym, unter „Festspiel“ Adr. d. Bl. ge— 
angen lassen. Diskretion auf Ehrenwort. Retoura. 
ves Briefes ⁊c. erfolgt bei Nichtkonpeuienz sofort.“ 
„Kaiserfeier. Falls die dunkle Dame, 
Mitwirkende beim Chor, welche von einem sehr 
tahedei sitzenden großen Herrn mit Pincenez öfter 
ingeschaut wurde, geneigt ist, mit demselben eine 
Zekanntschaft hrhufs ev. Heirat einzuleiten, wird um 
reundt. Mittheilung sub „R. E., Kaiserfeier“ an 
zie Exp. d. Bl. gebeten. ODikretion Ehrensache.“ 
fFIm Ulanen-Regiment in Bambere 
st die „Influenza“ ausgebrochen. 
fF Augsburg, 14. Dez. Die Familie des 
g'asermeistercs Dahlinger, aus 5 Personen bestehend, 
ourde, wie man den „Münch. Neuesten Nachrichten“ 
erichtet, heute früh unter Vergiftungsetscheinungen 
urch Ausströmung von Kohlengas voll⸗ 
tändig bewußtlos aufgefunden. 
F München. Die Erkrankung des 
eitenden bayerischen Staatsmannes Dr. Frehrn. v. 
du tz erregt die vielseitigste Tilnahme. Der Cha⸗ 
akter der Krankheit (Grippe) ist jedoch, wie die 
„Münch. Neuesten Nachr.“ feststellen, völlig unbe⸗ 
jenklich und die behandelnden Aerzte — Geheimrat 
). Ziemssen und Dr. Stieler — geben der Hoffnung 
nuf baldige Wiederherstellung Raum. Der an der- 
elben Krankheit erkrankt gew sene Kammerpcäsident 
Frhr. v. Ow hat sein Amt in der Kammer wieder 
ibernommen. 
Mäünchen, 15. Dez. Die Polizeidirektion 
deröffentlicht eben den ersten Bericht über den Stand 
der Influenza-Erkrankungen. Darnach 
»eträgt im Garnisonlazareth der Zugang 7, zu— 
ammen 46, in den Krankenhäusern keiner. Das 
zefinden d's Herrn v. Lutz ist besser. — Der 
laiverfitäts-Professor Gehe mrath v. Giesebrecht ist 
chwir erktankt. 
F Die Tournüre, welche die Neugier der 
Brenzwächter schon so oft gereizt, hat den Zoll⸗ 
innehmer der bahrisch böhmischen Grenzstation 
‚Luft“ bei Rittsteig derartig mißtrauisch gemacht, 
»aß er drei junge Damen, welche in jüungster Zeit 
ehr häufig die Grenze passierten, im Zollbureau 
iner Untersuchung unterziehen ließ, bei welcher die 
zrei Tournüren sich als — Uhrgehäuse entpuppten. 
De Schmugglerinnen hatten 18 Stück Taschen⸗ 
ihren bei sich. 
fFReiche Vermächtnisse, welche der 
nn Leipzig verstorbene Buchbindermeister J. R. 
Derzog seinen frühecen Arbeitern und Arbeiter- 
nnen ausgesetzt hat, sind dieser Tage zur Aus— 
ahlung gelangt. Dieselben belaufen sich insge— 
ammt auf 114,500 Mark. Die 100 Arbeiter, 
velche dem Geschäfte länger als ein Jahr ange— 
sört haben, erhielten je nach der Dauer ihrer 
Nitarbeiterschaft Beträge, die zwischen 62 Mk. 
ind 850 Mk. schwanken. Der 1. Faktor erhielt 
0,000 Mk., der 2. und 3. je 3000 Mk., der 
daus⸗ und Feuermann 500 Mk. 
F Ihlenau bei Achern, 14. Dez. Musik— 
direktor C. Isenmann ist heute in der An⸗ 
tatt Illenau gestor ben. Di—e Beerdigung findet 
Montag 2 Uhr statt. (Das Dahinscheiden des be⸗ 
liebten Mannheimer Liederkomponisten wir auch in 
»er Pfalz sehr bedauert werden.) 
Das Armenwesen in Berlin hat im 
ergangenen Jahre einen Zuschuß aus der Stadt⸗ 
kasse im Betrage von 4,. 257,191 Mark erfordert. 
7,619 Almosen-Empfänger, worunter 10,759 
PVittwen, und 6982 Pfligekinder mußten dauernd 
interstütt werden. In 222 Armenkommissionen 
ersahen 2258 Personen das Ehrenamt von 
Armenpflegern. 
F Wurstautomat.“ Die Erfindung eines 
lutomaten, die sicherlich viele Annehmlichkeiten 
nit fich bringen wird, ist jüngst von einem Ameri— 
aner gemacht worden. Bei Einwurf eines 10— 
zfennigstückes wird nämlich ein elektrischer Funke 
aze ugt, der mehrere Feuerschwämm entzündet. 
gleichzeitig fällt hei kinwurf des Geldstückes eine 
»er im Apparate befindliche Würste in einen über 
en entzündeten Schwämmen aufgestellten und mit 
Basser angefüllten Kessel. Drückt man nun nach 
ünf Minuten langem Warten auf seinen an dem 
Apparate befindlichen Knopf, so öffaet sich eine 
leine Thür und vor dem Käufer steht auf einem 
leinen Pappteller die mittelst eines Hebels aus 
»em Kessel genommene frisch gekochte Warst. Auf 
er aunderen Seite des Automaten erhält man so⸗ 
aun bei Einwurf eines 5-Prennigstückes das da— 
u gehörige Bröschen; — den Senf aber muß sich 
eider ein jeder selbst mitbringen. — (Wers nicht 
laudt, zahlt einen Thaler.) 
FEas Lachen.) Ein Beodachier will über 
as Lachen folgende Erfahrung'n gemacht haben: 
Die Personen, die in A lachen, siad offen, loyal, 
ieben Gesellschaft und Bewegung und siad zuweilen 
vaukelmütigen und veränd riichen Charakters; 
»as Lachen in EBsist den Phlegmatikern und Me— 
'ancholikern eigen; in Jlachen Kinder, naive, 
gzienstfettige, furchtsame und un'ntschlosssne Per«— 
onen; das Lachen in O deutet auf Edelmut und 
dühnheit. Die Lacher in U sind Manschenfeinde. 
Gemeinnuͤtziges 7 
Bei Wahrnehmung von Gasgeruch in ge—⸗ 
chlossenen Räumen sollle man nie unterlassen, 
unächst Thüren und Fenster zu öffnen, alles Licht 
zus dem Raume zu entfernen und, wenn irgend 
nusführbar, den Haupthahn zu schließen. Zu ver⸗ 
neiden ist unter allen Umständen das Ableuchten 
»on Gasleitungen zu dem Zwecke, um auf diese 
Weise dem Gasaustritte auf die Spur zu kommen. 
das ausgetretene Gas vermischt sich vermöge seines 
jeringen spezifischen Gewichtes mit den oberen Luft⸗ 
chichten eines Raumes, und da die Gasleitungen 
neist an den Decken hinlaufen, so ist bei Hiuzu⸗ 
ommen von Licht eine Entzündung unvermeidlich. 
rine häufig gemachte Wahrnehmung geht dahin, 
daß die mit der Bedienung der Flur⸗ und Treppen⸗ 
zeleuchtun z8anlungen betrauten Personen des Nachts 
ediglich den Haupthahn schließen, die Brenmerhzähne 
iber offen lassen. Ist der Haupthahn nicht voll⸗ 
tändig geschsossen, oder wird derselbe aus irgend 
einem Anlasse, bezw. mutwillig wieder geöffnet, so 
dtömt das Gas aus den offenen Brennerhähnen 
aus, was natürlich vermieden wird, wenn dieselben 
nach dem Verlöschen sorgfältig geschlossen werden. 
nilitennachrichten. 
Gestorbden: In Saarbrücken Heinrich 
Hofmann, 56 J. a.; ebendaselbst Friedrich Moser, 
14 J. a.; in Landau Maria Christina Fischer, 
jeb. Hamann, 61 J. a.; in Offenbach am Glan 
Wwe. Simon Roos, 79 J. a. 
Neueste Nachrichten. 
Saarbrücken, 17. Dez. Aus dem Streik⸗ 
zebiete erfahren wir folgendes: In Dudweiler 
und Kamphausen find etwas meht Leute angefahren 
ils gestern, Reden und Itzenplitz arbeitet vollstandig 
und ruhig, in Maybach dagegen sind heute nur 
inige hundert Mann angefahren, die anderen 
treiken. (S. 3.) 
München, 16. Dez. Der Finanzaus⸗ 
schutz der Aogeordnetenkammer hat den Gesetzent⸗ 
vurf, betreffend die Uebernahme der pfälzischen 
Bestütsanstalt auf den Staat, mit der Ab- 
inderung, daß auch der Preisvertheilungsfonds auf 
den Staat übergeht, einhellig angenommen. 
Berlin, 16. Dez. Die ,Norddẽ Allg. Zig.“ 
zezeichnet den Bericht der Dortmunder „Tremonia“ 
iber die Freitagskonferenz unter dem 
Vorsitz des Oberpräsidenten Studt als den Vor—⸗ 
zjängen nicht entsprechend. Der Oberpräsident 
zerhieß thatsächlich nur sorgfältige Prüfung des 
Besuchs um Erwirkung der Begnadigung 
»er anläßlich des letzten Streiks ver« 
irtelten Bergarbeiter, sowie Rückzahlung der ver— 
virkten Anteile an Knappschaftsgeldern, machte da⸗ 
gegen keine außerhalb seiner Kompetenz liegenden 
Zersprechungen, namentlich ist die Angabe unxichtig. 
zer Oderpräsident habe die Begründung des Am— 
restiegesuchs den Delegierten zur Unterzeichnung 
orgelegt. 
Der „Reichsanzeiger“ meldet: Der Kaiser 
zerlieh Emin Pascha in Bagamayo den 
Zronenorden zweiter Klasse mit Stern. 
Paris, 16. Dez. Der von Paris nach Köln 
nerk hrende Personenzugestieß gestern Abend 
10 Uhr 30 Min. bei Creil mit einem Güterzuge 
zusammen. Die Maschine und drei Wagen des 
Zersonenzuges entgleisten. Deei Militärpersonen und 
wei andere Reisende sind ziemlich erheblich verletzt. 
Begenwärtig ist der regelmäkige Betrieb wiederber- 
gestellt. 
Sansibar, 16 Dez. Das Reuter'sche Bureau 
neldet: Als das Boot des englichen Postdampfers 
die Post in Lindi ausschiffte, griffen Eingeborene 
das Boot an. Tas Boot zog sich unter Feuern 
urück. Macken zie ist hier am 15. Dez mber 
ingekommen und vom Sultan aufs freundlichste 
mpfangen worden. Mackenzie hat alle Hafen der 
englich-Ostafrikanischen Kompagnie besucht und fand 
iberall Zeichen weit größerer Ruhe und arößeren 
Vedeihen; als kurz vorher. 
dir di⸗ Rdafmnas oc 6 * XDemet. 
Farbige Seidenstosse von 95 PNige. 
dis 12.55 p. Met. — glatt, gestreist, karrirt 
ind gemustert (ca. 2500 verschied. Farben und 
Dessinz) — versegcet roben- und fslückweise, 
vorlo- und zollfrei das Fahrik Dpot G. Heune— 
jerg (K. u. K. Hoflief.) Zürich. Muster um⸗ 
gehend. Beiefe kosten 20 Pig. Porto.