Full text: St. Ingberter Anzeiger

.Oruai,. GFedrt. Ver Papfsi, das dipiomd- 
ische Corps und zahlreiche Fremde wohnten dem 
Traueramte bei, welches anläßlich des Jahres— 
ages des Todes Pius LX. in der Sirxtinischen 
stapelle stattfand. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— St. Ingbert 9. Febr. Zu dem morgen 
stattfindenden Familienabend des evang. 
Zirchenchors wird noch bemerkt, daß beson⸗ 
dere Einladungen nicht ergehen, daß abec jeder- 
mann herzlich willkommen isit. Wie bei früheren 
Aufführungen so kann es auch bei dieser Veran⸗ 
lassung dem Kirchenchor nur angenehm sein, auch 
Angehörigen anderer Confessionen einen genußreichen 
Abend bieten zu lͤnnen. 
* Die heute Mittag faällige Post vom Rhein 
ist ausgeblieben. Da die Züge hier pünktlich ein⸗ 
trafen, muß die Betriebsstörung auf weiterer Strecke 
sich ereignet haben. Wir erhielten private Mit⸗ 
seilung von Betriebsstörungen auf nachfolgenden 
Strecken der Pfälzischen Bahnen, welche.durch hohen 
Schnee verursacht wurden: Bibermühle — Pirmasens, 
Landstuhl — Kusel, Kaiserslautern — Lauterecken, 
Kirchheimbolanden — Alzey und Albisheim — Herx⸗ 
heim-Zell. — Auffallender Weise ist auch die 
Post aus der Richtung von Saarbrücken nicht ein 
getroffen. 
*Der Winter herrscht wieder in voller Macht. 
Seit drei Tagen schneite es fast ohne Unterbrechung 
und oft war das Schneegestöber von Sturm be⸗ 
gleitet, der namentlich verwichene Racht eine große 
Heftigkeit erreichte. 
*Die offizielle Gewinnliste der Baisweiler 
Nirchenlotterie ist uns zugegangen und liegt in der 
Expedition dss. Blattes zur Einsichtnahme offen. 
— Die Bevölkerung von Kaiserslautern 
hat im Monat Januar wieder um 141 Personen 
zugenommen und beträgt jetzt 36,844. 
— GGojahriger Polizeidiener) Am 
27. Dezember vorigen Jahres waren es 50 Jahre, 
daß der Polizeidiener Christian Klein J. von der 
Bemeinde Hinzweiler mit dieser Stelle betraut wurde. 
Genannter Klein, welcher seinem Amte die langen 
Jahre mit seltener Pflichttreue oblag, ist jetzt ein 
Greis von 89 Jahren und kann nur noch mit 
groͤßter Anstrengung seinem Berufe nachkommen. 
Er erzählt gerne von seinem Soldatenleben und 
bdon den vielen in seinem Berufe erlebten Aben- 
teuern. Er war seiner Gemeinde ein treuer Diener 
und wäre ihm ein kleiner Ruhegehalt wohl zu 
gönnen. — Die dortigen Musiker haben, wie 
der „Pf. A.“ berichtet, ihre Heimath bereits ver⸗ 
lassen, um in England und Amerika ihrem Ver⸗ 
dienste nachzugehen. 
— Maikammer. Ein Mannheimer Fuhr⸗ 
werksbesitzer schickte dieser Tage seinen Knecht hier⸗ 
her, um Wein zu holen. Der Knecht that hier 
aind auf der Heimfahrt aber des Guten etwas zu 
piel und machte allerlei dummes Zeug, sogar einen 
Selbstmordversuch, indem er sich unter die Räder 
des Wagens legte und den Pferden sein „Hioh“ 
zurief. Glücklicherweise kamen Leute dazu, und 
»erhinderten das Schlimmste. Als dieselben den 
Zustand des Rosselenkers gewahr wurden, brachten 
sie ihn unter Dach und Fach; dem Fuhrwerksbe⸗ 
sitzer wurde das Fuhrweek mit der Nachricht von 
dem Verbleib des Knechtes nach Mannheim ge 
bracht. 
— Ludwigshafen, 8. Febr. Nicht ge⸗ 
rade romanhaft klingt folgende Begebenheit, die 
gestern, wie der „G. A.“ meldet, einen unerwartet 
fragischen Abschluß gefunden. Ein lediger Hand- 
werker aus Mannheim, dessen Vater ihm zur Grün⸗ 
dung eines eigenen Hausstandes 200 Mark auf die 
hand gegeben, entbrannte in Liebe zu der nicht 
gerade mehr jugendlich zu ne menden Köchin eines 
hiesigen Restaurateurs und fand auch heiße Gegen⸗ 
liebe. Der junge Brauterich, dessen einzige schwache 
Seite darin besteht, daß er gerne zecht bis das 
„Gerstchen“ alle ist, verwendete die väterliche Mit— 
zift indessen zur Bekämpfung seines immensen 
Durstes und die Folge davon war, daß das Geld 
zur Neige ging, bevor die auf der Sommerseite 
negende Leber eine merkliche Kühlung erfahren 
hatte. Die fürsorgliche Braut versuchte nun der 
Trunkenboldenhaftigkeit ihres Brauterichs dadurch 
zu steuern, daß fie ihm den Rest seiner Baarmittel, 
hestehend in einem Goldfuchse, auf listige Weise 
entzog, kam aber damit schlecht an. In der Auf⸗ 
wvallung hierüber gab der Wüterich seinem Gegen- 
tande der Liebe mit der Hand und mittelst eines 
pPudrapiule jouh jviagende Beweist ver Qutlieil, 
daß sich die Schutzmannschaft veranlaßt sah, um 
Vluwergießen zu derhindern, den in Wuth Ent- 
vrannten einzuspinnen. Die beabsichtigte standes— 
amtliche Verdindung ist durch diesen Zwischenfall 
vorläufig vertagt worden. 
— Das gesammte Gemeindevermögen 
der Stadt Ludwigshafen beträgt 1,555,1835 
M. Die Gemeindeschul den belaufen sich da⸗ 
gzegen auf 1,774,689 M. 32. Pf. 
— Oggersheim, 7. Febr. Gestern war 
der kgl. Untersuchungsrichter von Frankenthal hier 
um in der Angelegenheit der wegen Kindesmord- 
berdachts inhaftirten Witiwe von Jakob Neuschwen⸗ 
der III. eine Untersuchung im Wohnhaus derselben 
norzunehmen, bei dieser Gelegenheit soll auch der 
dellerboden aufgegraben und der beim Haus ge⸗ 
egene Garten umgegraben worden sein. Ein wei- 
gerer Beweis für die That soll sich durch diese 
Untersuchuug nicht ergeben haben. 
— Frankenthal, 8. Febc. Unsetm Mit⸗ 
hürger Herrn Schuhmachermeister Raab, der 
gestern das Fest der goldenen Hochzeit beging, 
vurden vielfache Beweise der Freude und Liebe— 
estehend in Blumen und anderen Geschenken dar⸗ 
Jebracht. Das schönste und originellste ist jedenfallẽ 
der Mandelberg, den ein hiesiger Bürger und hoher 
Beamte dem alten Raab verehrte. Der Mandelberg 
st geziert mit einem Rabennest, auf dem zwei 
saben fitzen und versinnbildlicht so das innige Zu⸗ 
ammenleben, das den Jubilar mit seiner braven, 
reuen Frau auszeichnet. 
— Die „Pf. Pr.“ berichtet folgendes Curio— 
um aus einer Gemeinde des Bezirksamts Fran⸗ 
kenthal: Ein böser Unbekannter war so vermessen, 
mläßlich der Feier des Geburtstages Sr. M. des 
aisers Wilhelm U. die naseweise Frage aufzu⸗ 
verfen, ob es gestattet sei, Fahnen, die auf Kosten 
iner politischen, konfessionell gemischten Gemeinde 
angeschafft wurden, nur zu den kirchlichen Zwecken 
einer Partei zu verwenden — wie dies bisher in 
W. so üblich war — und weiter, ob die Primiz— 
feier eines kathol. Geistlichen — die doch nur e e 
Privatfeier ist — höher anzuschlagen ist, als der 
Beburtstag des deutschen Kaisers u. s. w. Da⸗ 
raufhin sah man eines Abends in dem standes 
mntlichen Kasten der Gemeinde W., einem Möbel, 
zas doch für gewöhnlich nur friedlichen Zwecken, 
wie der amtlichen Publikation von Eheversprechen 
u. s. w. dient, folgende geharnischte Erklärung für 
den naseweisen Bösewicht von W. prangen, behufs 
deren gefl. Einsicht der Herr Gemeindeschreiber die 
Imwohnenden aufmerksamst bat, sich mit Leuchten 
u bewaffnen. Erklärung: „Dem Herrn Einsender 
des W.Artikels in Nr. 34 der „Pf. Presse“ diene 
zur Kenntniß, daß ich seinen feigen Angriff, der 
nur den religiösen Frieden in hiesiger Gemeindt 
u stoͤren sucht, keiner weiteren Antwort würdige, 
ils daß ich hierneben besagten Ausschnitt zur 
denntniß und Würdigung der Gesammtgemeinde 
ür acht Tage anheften lasse. W., den 4. Febr. 
1889. Der Bürgermeister F.“ — Die Benüßung 
des standesamtlichen Aushängekastens zu derartigen 
zrivaten Herzenserleichterungen ist zwar originell 
zjenug, aber es wird sich doch fragen, ob —3* 
zesetzte Behörde ganz damit einverstanden seinr 
vird. 
— Grünstadt, 7. Febr. In einer gestern 
tattgehabten Versammlung erfolgte die Wahl eines 
neuen Hauptlehrers für hiesige Töchterschule. Man 
entschied sich für den Candidaten des höheren Lehr⸗ 
amts Herrn Ernst Fricke aus Döntern bei Goslar, 
„. Z. Lehrer an der Dr. Ahn'schen Lehranstalt in 
Lauterberg a. H. 
ermischtes. 
Saarbrücken, 8. Febr. Die Tonhalle 
Besellschaft hat dieses Etablissement an die Dort 
nunder Löwenbräu⸗Aktien⸗Gesellschaft für die Dauer 
on drei Jahren für eine jährliche Summe von 
200 Mark verpachtet: außerdem zahlt die Mie— 
herin einen kleinen Betrag für die Benutzung des 
stestaurations Inveniars. — Herr Phoetograph 
Wilhelm Reischig in St. Johann hat sein an 
»er Ecke der Viktocia- und Reichsstraße. (am „Vil— 
oriaplatz“) gelegenes Wohnhaus mit der angrenzenden 
Baufläche dem Handschuhfabrikanten Hercn Seckler 
in Frankfurt a. Main für die Summe von 30,000 
Mark verkauft. (St. J.S. A.) 
F Deutsch-Avricourt, 1. Febr. Seit 
gestern Abend haben uns sämtliche französische 
Beamte mit den Repräsentanten hier ver— 
assen, das von ihnen hier benutzte Bureau ist ge— 
Luilie ullb vice Gerätschaften hno 
verbracht worden. Einer dieser Beamten ist 
nirt, die anderen sind nach verschiedenen —8 
versetzt. Das Einvernehmen zwischen diesen 9 
amten und den deutschen war ein recht gutes d 
nie hat es Verarlassung zu irgend welchen uͤ 
zuträglichkeiten gegeben. Ebenso sind die Beam 
bder Eisenbahnen in ElsaßLothringen, welche 
Igney ftationirt waren, gestern don ihren dortige 
Geschaften entbunden worden. Auch das Butn 
ist geraumt und das Inventar nach hier verbrah 
FaHoͤllingen b. Rohrbach Cothringen) 
Febr. Ünser Dörfchen wurde heute Abend durch 6 
fluchwürdiges Attentat auf Herrn Lehrer Sp eh 
ͤer in nicht geringe Aufregung versetzt. Genanm, 
Lehrer saß eben im Kreise seiner Familie bei 
Abendessen, als kurz aufeinanderfolgend zwei Schus⸗ 
von einem dicht am Hause stehenden Zweishe 
haume aus, in das im zweiten Stock gelegen 
Wohnzimmer gefeuert wurden. Ein Wunder i 
es zu nennen, daß die Kugeln, die ganz nahe qu 
sopfe des Lehrers in die Wand einschlugen, iß 
Ziel verfehlten und so der schwarze Anschlag mi 
Nnückte. Der Schrecken und die Aufregung de 
dausbewohner läßt sich kaum schildern. Was di 
Motide zu diesen, jedenfalls in frevlerischer Abich 
abgefeuerten Schüssen gewesen, ist unerfindlich, un 
so mehr, als der Betroffene, ein äußerst pflichttreus 
Lehrer, aller Orten die höchste Achtung genießt 
Den Thatern ist die Gendarmerie bereits auf de 
Fährte. 
F Wurzburg, 7. Febr. Der Eisenbahn 
usammenstoß auf der Station Kitzingen am 19 
November dv. J. Morgens fand heute vor de 
Strafkammer des k. Landgerichts dahier seine sirqh⸗ 
rechtliche Erledigung. Infolge falscher Weichen⸗ 
tellung wurde der um 5 Uhr früh von Würzburg 
kommende Postzug Nr. 722 in das Geleise geleite 
auf welchem bereits der Güterzug Nr. 729 stand 
wodurch ersterer auf letzteren auffuhr, die Maschin— 
und einige Wagen des Postzuzs erhebliche Bescho— 
digungen erlitien, ein Schaden an Material in 
Gesamm werthe von 4000 Mk. verursacht wurd 
und megrere Bedienstete der beiden Züge und eir 
Passagier von Zug Nr. 722 zum Glück nicht er 
hebliche Verletzungen davontrugen. Angeschuldig 
der falschen Weichenstellung infolge Unachtsamkel 
ist der 35 Jahre alte verheirathete Wechselwärte 
Johann Rübsam von Kitzingen. Der Angeklagte 
ein bisher unbescholtener Mensch, dem auch dienßs 
lich das beste Zeugaiß zu Teil wurde (er ist sei 
1865 im Eisendahndienst verwendet und stand an 
der Tour zur Beförderung als ständiger Wechsel 
wurter) erhielt 14 Tage Gefängniß. 
F Nürnberg, 7. Febr. (ermanische 
Nationalmuseum.) Der Prinzregent hat dem Ger 
manischen Nationalmuseum auf die Dauer von I 
Jahren neben dem bisher aus der kgl. Hofkass 
Jewährten Jahresbeitrag von 1260 Mke. alljährli 
aus derselben weitere 1000 Mk. zur Begründun 
einer Wittelsbacher Stiftung bewilligt, um Denb— 
male, welche sich auf das Haus Wittelsbach be 
ziehen, in Original und Nachblildung für die 
Sammlungen des Museums zu erwerben. 
F Münster. Mit großer Dreistigkeit und 
einer beispiellosen Reclame wird neuerdings vor 
ftöln aus ein Kunstkaffee empfohlen, welcher lau 
dem hiesfigen Anz. alle Kaffeehändler in Aufregun 
persetzt. Die Kunstkaffeebohnen werden in gebrann 
em Zustande vertrieben und besitzen genau di 
Form des echten Kaffees. Außer der Form haben 
—— 
einen braunen Exiract liefern. Nach der auf de 
hiesigen landwirthschaftlichen Versuchsstation vorge 
nommenen Untersuchung ist der Kunstkaffee nicht 
anderes, als ein unter Zusatz eines Bindemittel 
Syrup, Dextrin u. dergl) geformter und gerösteter 
Weizenmehlteig. Da die Bohnen von echten Kaffee— 
bohnen mit bloßem Auge kaum zu unterscheider 
sind, so ist beim Einkauf die größte Vorsicht geboten 
fDie Berber⸗Hengste, welche die marok 
kanische Gesandtschaft dem Kaiser als Geschen! 
überbrachte, sind noch unzugerittene Thiete, eir 
Falbe, zwei Braune, die übrigen Schimmel. Di 
Thiere waren bei dem Dufzuge mit kostbare 
Brocat⸗Decken, in Orange, Olivgrün ⁊c. beded 
zwei Damen⸗Pferde gesaltelt. Die Führer, Arade 
und Mulatten, schritten in gelben Maroquir 
Pantoffeln durch den Schnee. Die ganze Gesand' 
schaft trug ebenfalls gelbe Pantoffeln; die Vornehmst- 
waren in weiße, die übrigen in bunte Gewäͤnd' 
gehüllt. — Kaiser Wilhelm wird dem Sultan vor