serkommen kann, lieferte die letzte Sitzung des hie⸗
sigen Schoͤffengerichtes. Ein früher als preußischer
Artillerie-Lieutenant in Diensten stehender, immer
noch hübscher Mann, stand vor den Schranken des
Gerichts, um sich wegen Landstreicherei und ver-
—IX
GBebrauch selbst (aus Schiefer) angefertigter Siegel
zu verantworten. Derselbe hat in obiger Eigen⸗
jchaft den Feldzug 1870771 mitgemacht und dabei
eine Schußwunde durch die Brust erhalten. Nach
Beendigung des Feldzuges ließ er sich verschiedene
dienstliche Unregelmäßigkeiten zu Schulden kommen,
die zur Folge hatten, daß er aus dem deutschen
Militär· Verbande ausgestoßen wurde. Von dieser
Zeit an ging es von Stufe zu Stufe mit ihm ab⸗
wärts. Er gibt an, jetzt Uhrmacher und Mechaniker
zu sein. Sein Strafbogen, der aus allen Gegen-
den Deutschlands, auch aus dem Auslande stammt,
ist sehr lang. Hier wurde er nun zu drei Mo—
naten Haft verurtheilt. (P. 3)
— In Clausen wurde ein Obstbauverein
gegründet. Vorstand ist Herr Bürgermeister Becer.
Als Rechner wurde gewählt Herr kgl. Forstwart
Weber und als Sekretäͤr Herr Lehrer Wagner.
— In Walsheim wollten zwei Knechte des
Herrn Val. Fischer aus Neustadt Wein holen.
Sie stellten ihre Pferde in den Stall des Pflug⸗
wirthes. Das eine derselben kam los — vielleicht
war es auch nur leichtsinnig angebunden worden —
und schlug dem andern ein Bein entzwei, so daß
es dem Abdecker übergeben werden muß. Der eine
der Knechte und zwar derjenige, der das verunglückte
Pferd zu versorgen hatte, machte sich sofort nach
dem Vorfall aus dem Staube und ist bis jetzt noch
nicht hierher zurückgekehrt.
— Bellheim, 8. Febr. Ein seltener
Fall. Die Befsitzer der hiesigen Jagd, welche
selbe vorigen Jahres theuer erpachteten, ließen dieser
Tage an hiesige Gemeinde ein Gesuch um Ver⸗
gütung von zirka 500 Mk. abgehen, begründet
darauf, daß ihnen die Jagd eine zeitlang nicht zu-
gänglich gewesen sei. Der Gemeinderath beschloß,
daß das Gesuch keine Berückfichtigung finden könne
und das Anliegen verworfen werden müsse, da die
Jagd durch öffentliches Ausgebot den jetzigen Be⸗
sitzern zufiel. Ob durch eine gerichtliche Klage, die
wie man hört, die Pächter der Jagd anstrengen
wollen, denselben eine Entschädigung zugesprochen
werden wird, wird eben noch bezweifelt.
— Auf Sonntag, den 17. d. Mis., Nachmittagẽ
Z Uhr, hat die Vorstandschaft der „Pfäl z. Kreis—
fechtschule“ in die Postmühle in Neustadt a. d.
D. eine Generalversammlung behufs Berathung und
Beschlußfassung über den Antrag des Neust. Ver—
handes, ob nicht angesichts der immer mehr ab⸗
nehmenden Beiträge die Kreisfechtschule aufzulösen
sei, einberufen.
— Die Sammlung in Iggelheim für die
Erbauung der Retscherkirche in Speyer ergab die
Summe von 72 Mk. 65 Pfg.
— Speyer, 9. Febr. Der Rechenschaftsbe⸗
richt des Sterbekassa⸗Vereins für die
bayer. Polizeimannschaft vom Jahr 1888
zibt bekannt, daß auch in diesem Jahre wieder
dem Verein 138 Mitglieder neu beigetreten und
19 Mitglieder verstorben sind. An die Relikten
dieser verstorbenen Mitglieder, welche letztere alle
Familienväter gewesen, wurden 22,861 Mk. aus⸗
bezahlt. Schenkungen find dem Vereine zwei zu⸗
gekommen im Betrage von 9 und 25 Mk. Der
Verein zählte am Jahresschlusse 1232 Mitglieder,
die sich wie folgt auf die einzelnen Regierungsbe⸗
zirke verteilen: Oberbayern 61, Niederbayern 80
Pfalz 244, Oberpfalz 90. Oberfranken 134,
Mittelfranken 256, Unterfranken 1366 und Schwa⸗
ben 210. Von den 19 verstorbenen Mitglieder
tiommen auf die Pfalz 5. Mögen doch
alle diesem Vereine noch ferne stehenden
Polizeibediensteten. die den Satzungen gemäß
noch beitreten könnten, sich solchem wohlthätigen
Vereine anschließen, um auf so leichte Weise ihren
Familienangehörigen ein so schönes Kapital hinter⸗
assen zu können und auch schon um deswillen,
daß sie den Hinterbliebenen verstorbener Staudes-
genossen so hilfreich mit zur Seite gestanden
sind.
— Speyer, 11. Febr. Die tgl. Regier⸗
ung erläßt soeben die in Aussicht gestellte
Bekanntmachung: Gemäß 8 3 Ziff. 2 der aller⸗
höchsten Verordnung vom 283. August 1847 wird
im Laufe des Monats Juni ds. Is. eine Prüfung
juür den Sieuer- und Gemeinde-Einnehmerdienst
am Sitz der kgl. Regierung abgehalten. Die Ge—
suche um Zulassung zur Prüfung sind längstens
bis zum 1. Mai l. J. bei dem einschlägigen gl.
Bezitksamt einzureichen und mit den Zeugnissen
a uͤber wenigstens zweijahrige Praxis bei einem
—AV
Steuer⸗ und Gemeinde-Einnehmerei und b über
zisheriges sittliches Verhalten zu belegen. In den
Hesuchen müssen auch Ort und Zeit der Gebart,
»ann Heimatsort, Konfession und dermalige Funktion
des Kandidaten angegeben werden.
— Wie in andern Gemeinden, so wurde auch
n Mutterstadt ein „Retscherberein“ ge⸗
zründet. Die bei den Mitgliedern des Vereins er—
jobenen Beiträge zum Besien der Erbauung einer
Bedächtnißkirche in Speyer ergaben die Summ⸗
don 213 Mk. und stehen noch weitere Beitritte und
Gaben in Aussicht.
— Ludwigshafen a. Rh. Schon vor
einiger Zeit nahmen wir an dieser Stelle Gelegen⸗
jeit, darauf hinzuweisen, daß, nachdem die Reihen
her geprüften Einnehmerei-Kandidaten seit der letzten
Prüfung sich bedeutend gelichtet haben, es ein sehn-
lichsser Wunsch vieler ist, es möge in Bälde eine
Prüfung für den Steuer- und Gemeinde⸗Einnehme-
reidienst abgehalten werden. Einer großen Anzahl
von Kandidaten, welche sich dem Einnehmereidienf
vidmen wollen, war es bis heute nicht möglich,
sich einer solchen Prüfung zu unterziehen. Diesen
bielfachen Wünschen soll demnächst Rechnung ge⸗
zragen werden. Sicherem Vernehmen nach wird
am Sitz der kgl. Kreisregierung diese Pꝛufung in
den nächsten Tagen bevorstehen. (Pf. K.)
— Ludwigshafen, 11. Febr. Als Nach
spiel zu einer auf dem Hemshof gefeierten Hochzeit
hatten sich gestern Abend in einem Privathause die
dochzeitsgüste mit dem Messer bearbeitet. Zwei
Zersonen, darunter der Bräutigam, wurden durch
Messerstiche verletzt. Die Ursache des Streites soll
nach dem „G. A.“ Kifersucht sein.
— Ludwigshafen. Wiederholt sind neuer⸗
»ings falsche Banknoten zu 100 Mark vorgekommen,
die wahrscheinlich mit Hilfe der Photographie von
auf galvanischem Weg hergestellten Platten gedruckl
vurden. Ihre Merkmale sind die: 1. Die Buch-
taben der Strafandrohung unter dem rothen Cont-
colstempel sind etwas zusammengedrängt und größer
als auf den echten Scheinen. Die blaue Färbung
nuf der Vorder⸗ und Rückseite ist heller. 2. Die
im oberen Rand der Kehrseite eingedruckten Ziffern
ind größer als bei den echten Noten und braun⸗
'oth statt hellroth. Die Farbe der Banknote ist
ast weißlichgrau statt hellblau. Die Fälschung ist
äuschend und nur durch Nebenhaltung eines echten
Scheines erkennbar. 8. Die falschen Scheine unter⸗
cheiden sich von den echten dadurch, daß ihnen das
Wasserzeichen fehlt und ihre Farbe eine sehr blaß⸗
dlaue ist. Ferner ist auf der Vorderseite der Drud
der Strafandrohung schlecht und der des Adlers
undeutlich, die rothen Nummern auf der Ruüchseite
ind nicht aufgedruckt, sondern durch den Pinsel
aufgetuscht. Die Nummern sind nicht gleichlautend
jondern verschieden. 4. Lithographie und regel⸗
näßige und ungenauere Ausführungen der Schraf
firungen, Muster und Reliefs. Der obere Kreis-
zierstrich in dem H bei dem Worte Hundert ist in
den Falsifikaten beinahe zirkelrund, bei den echten
Noten oval. Das Riin Reichsbank ist bei den
nachgemachten Scheinen mehr hoch als breit, bei
»en echten umgekehrt mehr breit als hoch. Der
Anstrich vom v. zum Kein dem Namen v. Koenen
st auf den falschen Noten nach außen, also con
av gebogen, bei den echten nach innen. convex
Deßhalb Vorsicht!
— Badische Anilin- und Soda—
Fabrik. Wie man aus Stuttgact schreibt, wird
die Verwaltung ihre seit längerer Zeit bestehende
Absicht, das Stuttgarter Geschäft nach Sudwig s.
zafen zu verlegen und mit der dortigen Fabrik
zu vereinigen, im Frühjahr zur Ausführung bringen.
— Wie der „Pf. K.“ hört, ist die Gebruͤder
Berhard'sche Bierbrauerei in Fran kenthal, an
»in Korsortium übergegangen. Die urspünglichen
Eigenthümer werden sich an dem neuen Äktien⸗
Anternehmen beteiligen.
— Kirchheimbolanden, 9. Febr. Der
gestrige Abendzug von Kaiserslautern kam mit ver⸗
zältnißmäßig geringer Verspätung nach halb 7 Uhr
hier an, und gelangte noch durch den Einschnit
in der Morschheimer Straßenbrücke, doch blieb der⸗
elbe dann am Einschnitt oberhalb der Eisenbahn⸗
zrücke stecken und konnte erst gegen 1 Uhr Nachts
hierher zur ickkehren, wo die Passagiere im —X
der Herrn Giuliani di- Nacht zubrachten. Heun
früh wurde ein neuer Versuch gemacht, den J
weiter zu bringen, doch kam derselbe nur eine w
Strecke fort und mußte wieder zurückkehren. *
der Frühzug von Marnheim blieb in der Näh⸗ g
Marnheimer Viaducts stecken. Die Maschin⸗ —9
Schneepflugs, welcher in der Nacht hier eintraf,
auf dem Bahnhofe entgleist. Sowohl der Zu
welcher um 7** wie derjenige, welcher um 9ei *
eintreffen soll, ist ausgeblieben. Heute früh wu
den hier und in Marnheim Leute zum Schneednt
werfen engagirt gegen Zahlung von 80 Pfgapa
Stunde. Auf der Strecke von hier nach Morsq
heim liegt der Schnee zum Theil 2 Meter hog
so daß es viel Mühe kosten wird, um die Fah⸗
bahn frei zu machen. (N. V.)
— Ehrenzeichen für 25jahrige
Feuerwehrdienst wurden mit höchster oͤn
schließung des k. Staatsministeriums des Innen
pom 22. Januar an folgende Feuerwehrmaänner au
der Pfalz verliehen: Bader Georg Jalo
Schreinermeister. Bar Berthold, Güterhändler, Vang
pach Heinrich, Zimmermann, Dünow Daniel, Sa
ler, Fronthauser Johann, Wagner, Gillet Heinrig
Blechschmiedmeister, Mattern Friedrich, Geschafn
agent, Meyer Philipp, Schuhmachermeister, Mon
August, Blechschmiedmeister, Müller Georg Jakot
Maurermeister (sämmtliche in Bergzabern) Klengt
Adam, Gutsbesitzer in Deidesheim.
Bermischtes.
F In der am Sonntag Nachmittag im Curhh
schen Saale zu Neunkirchen aattgehabte
Wahlerversammlung zum Zwecke der Auf
stellung eines Rei hstagskandidaten für den Wah'⸗
kreis Ottweiler⸗St. Wendel ⸗Meisenheim wurde alt
solcher Herr Geh. Kommerzienraih Freiherr don
Stumm pioklamirt.
FSt. Johann, 10. Febr. Wie wir au
dem Bericht der letzten Versammlung der hiesiger
Stadtverordneten ersehen, bewilligte dieselbe heut
der St. Johanner Carnevals⸗Gesellschaft auf der
Gesuch die Summe von 100 Mark zur Veran
staltung eines Maskenzuges am Fastnachts-Dienstah
Das Gsuch war unter anderen von Herrn Bürger
meister Dr. Neff befürwortet worden und wurd
wie ein Redner ausführte, genehmigt, um eine
Anstandepflicht zu genügen; da gerade in de
rheinländischen Städten wahres karnevaliftische
Leben blühe, das man unterftützen müsse.
FSaarbrücken, 11. Febr. Das der
Herrn Baumeister Dihm gehörige Haus, Gerichts
straße 1, ist dem Vernehmen nach um die Summ
von 48,000 Mk. in dem Besitz des Herrn Augen⸗
arzt Dr. Höderath übergegangen.
FSaarunion, 9. Febr. Zwischen hiet
und dem etwa 20 Minuten entfernten Forsthaust
Saarunion ereignete sich folgender Unglücksfal
Der hiesige Gemeindeförster, der am Freitag hie
der Holzversteigerung beigewohnt, hielt sich bih
Abends 7 Uhr auf, ging dann heim, erreichte aber
in der stürmischen Nacht seine Wohnung nicht meht
Seine Angehörigen beruhigten sich mit dem Ge
danken, daß er hier wohl übernachtet, aher diesen
Morgen fanden ihn seine Kinder auf ihrem Schul⸗
wege erstarrt im Schnee liegend, jedoch, wie man
sagt, noch Lebenszeichen von sich gebend. Er wurd
nach Hause geholt, wo ihn aber der herbeigerufen
Arzt als Leiche vorfand; er war erfroren! Du
Fall ist um so schmerzlicher, da der Verstorbene
eine Wittwe mit 9 Kindern hinterläßt.
F Wie bereits gemeldet, herrscht in Pont
Mousson gegenwärtig große Erregung weger
einer Reihe gräßlicher Morde. Nachdem vor sech—
Wochen die Eheleute Sulzer ermordet worden, er
eignete sich am letzten Dienstag ein dritter Mord
Das Opfer war die Frau eines Holzhändlers Ferrh
welcher an jenem Tage auswärts weilte; wahr⸗
scheinlich war dieser Umstand dem Verbrecher be
kannt. Als nachmittags 4 Uhr der Sjährige Sohn
des Ferry aus der Schule kam, fand er das Hauf
derschlossen. Er eilte deshalb zu seinem Schwager
welcher die Polizei aufbot. Diese erbrach die Thüt
und man fand Frau Ferry mit einer klaffender
Schädelwunde und durchschnittenem Halse in der
Nähe des Kamins liegen. Die früheren Er
mordeten hatten dieselben Wunden getragen, wes
halb man bei allen Fällen denselben Thäter ver
muthet. Die Polizei ließ alle Herbergen durdh
uchen, mußte aber die verhafteten Handwerksbursche
bald wieder freilassen. Um 244 Uhr war Fra
F. von einem Einkauf nach Hause zurückgekehr