Full text: St. Ingberter Anzeiger

Truppacherhof, eine Haupiversammlung ab. Der⸗ 
selbe machte die erfreuliche Mittheilung, daß der 
Bundesrat an den Reichstag das Ersuchen gestelll 
habe, daß 84 des Branntweinsteuergesetzes für 
Kleinbrenner keine Anwendung finden moöͤchte. 
Dieser Paragraph handelt nämlich von dem 
Reinigungszwang, wonach aller aus Kartoffeln 
hergestellte Branntwein entfuselt werden müßte. 
Diese Reinigungsvornahme würde den Beirieb der 
Kleinbrennerei sehr erschweren, und besteht die 
Hoffnung, daß diese Härte wegfalle. Weiter gab 
Herr Geimer bekannt, daß ein Verein baher. 
Spiritus- und Branntweinproduzenten gegründet 
worden und der Anschluß des pfaälzischen Brannt— 
weinbrenner⸗Vereins an diese Genossenschaft von 
großem Vorteile sei. Dieser Verein teile sich in 
dier Sektionen, deren Sitze München, Regensburg, 
Würzburg und Zweibrücken bilden. Nachdem der 
Vorsitzende das betreffende Statut verlesen und zum 
Anschlusse an genannten Verein ermuntert hatte, 
erklaͤrte nach der „Ztig.“ die Versammlung ein⸗ 
stimmig, demselben beizutreten. Hecr Kreissekretär 
Hauter⸗ Speyer hielt einen sehr interefssanten Vor⸗ 
irag über rationelles Verfabren im Brennereibe- 
triebe. 
— Einem Vortrage des Herrn Ingenieur Dorst 
aus Kaiserslautern im Gewerbe⸗Verein 
Frankenthal über „Patente und ihre Vermerthung“ 
entnehmen wir nach dem „Fr. Tgb.“ folgendes: 
Aus Vergleichungen ergibt sich, daß die Patenter⸗ 
werbung in Deutschland die fast schwierigste und 
teuerste ist. Bevor bei uns ein Patent erteilt wird, 
ist die Einsendung von Mk. 20.- nötig, gegen 
welche Entschädigung das Vorprüfungsverfahren 
stattfindet, die Patenterteilung selbst wird mit einer 
Gebühr von Mk. 80.— berechnet. Der Patent- 
schutz tritt jedoch nicht mit dem Augenblick ein, in 
dem die Patenterteilung statt hat, sondern erst nach 
deren amtlichen Veröffentlichung im Reichsanzeiger. 
Ein erteiltes Patent unterliegt jährlicher Erneuer—⸗ 
ung, welche im 2. Jahr M. 50.— und in jedem 
folgenden M. 50 Gebühr kostet, so daß sich ein 
deutsches Patent nach 185jähcigem Besitze auf 5800 
M. stellt. Das deutsche Patentamt erzielte im Jahre 
1887 einen Ueberschuß von 95 761 M., eine 
Summe, die viel zu hoch ist und die Frage der 
Gebührenverringerung entschieden in den Vorder⸗ 
grund siellt. Die heutigen hohen Gebühren machen 
es einem unbemittelten Erfinder bezw. dem eines 
kleinen Gegenslandes unmöglich, sein Geistesprodukt 
enisprechend zu verwerten und ist eine Herabsetzung 
der Sporteln dieserhalb mit Recht geboten. 
— Ein Wohlthäter. Herr Pfarrer Dr. 
St. Lederer in Rodalben hat 20,000 Mark 
gesammelt und baut damit dahier ein Schwestern⸗ 
haus und schenkt es der Gemeinde als Eigenthum 
unter der Bedingung, daß der jeweilige Pfarrer 
und Fabrikrath darüber zu wachen hat, daß es zu 
keinem andern Zweck verwendet werden darf. als 
zu einem Schulschwesternhaus. 
— Pirmasens, 14. Febr. Amerikanisch. 
Gewiß werden sich noch viele Pirmasenser des ersten 
Kochs im „Hotel Lamm“ erinnern, schreibt der 
„A.“, der in Abkürzung seines vollen Titels als 
ohef de cuisine hier gemeinhin unter dem Namen 
„Chef“ bekannt war. Derselbe hieß Herrmann 
Aman und heiratete am 20. Dezember 1878 die 
bei einem hiesigen Schuhfabrikanten als Köchin 
bedienstete Franziska Frank. Bald darnach zog er 
mit seiner Frau fort und war vorübergehend in 
Zweibrücken, Frankfurt, Nürnberg, lauch beim 
Prinzen Alexander von Hessen auf Schloß Jugen⸗ 
heim als Koch angestellt. Endlich ging er „übers 
Wasser“ und fand in Chicago lohnende Stellen. 
Seine Ehe war während dieser Zeit eine glückliche, 
und wurde auch nicht durch den Umstand beein— 
trächtigt, daß er katholischer, seine Frau jüdischer 
Religon war. Ein hierbvon unabhängiges Vor— 
kommniß sollte dagegen eine Veränderung bringen. 
Aman lernte im „Austria⸗-Haus“ in Chicago, wo 
er bedienstet war, ein als Krankenwärterin daselbst 
thätiges Mädchen, Sarah Seefeld, kennen und 
wurde derart von ihr eingenommen, daß er mit 
ihr nach San Franzisko floh, dort zum jüdischen 
Glauben übertrat und die Seefeld heiratete. Seine 
verlassene erste Frau strengt nun Klage gegen ihn 
an und hat sich zu diesem Zweck hierher gewandt, 
um eine Abschrift ihres Trauscheines zu erhalten, 
wodurch die Erinnerung an den „Chef,“ wenn 
auch nicht in erfreulicher Weise geweckt wurde. 
— In Kirrweiler fiel ein Mann des 
Namens Bayer aus Landau im Keller des Wirihes 
Fichhorn in ein dort stehendes Holzstück, das ihm 
z CEentimeter tief in den Hals drang. Der schwer 
Verletzte wurde nach Landau verbracht. 
— Vom Gebirg. Der Abstich der neuen 
Weine kann als nahezu beendet betrachtet werden 
Fs ergab fich hiebei, daß namentlich die verbesser⸗ 
ten Weine sich sehr zu ihrem Vortheile gebaut ha— 
den und steis, infolge Mangels an kleinen Weinen 
ꝛin gesuchter Artikel bleiben werden. Die unver— 
zesserten Weine haben fich allerdings schön gehellt, 
wurden auch etwas besser, aber hinsichtlich des 
Preises werden sie sicherlich einen Rückgang nehmen 
zenn fie lassen sich in der Spekulation durchaus 
nicht mit Vortheil verwenden. Die Preise bewegen 
sich am oberen Gebirg zwischen 180 bis 220 M. 
am mittleren Gebirg zwischen 240 bis 300 Mk., 
wvährend am unteren Gebirg die Preise der Quali⸗ 
sat entsprechend sich zwischen 880 bis 460 Marf 
hewegen. Im Großen und Ganzen erzielt heuer 
der Winzer aus dem 88er Säuerling weit höhert 
Preise, als für viele seiner Vorgänger, welche an 
Qualität weit geschätzter waren. (Nst. 3.) 
— Speyer, 183. Febr. Der pensionirte 
Regierungs⸗Registrator Alexander Schauppert, der 
eit Jahren in unregelmäßiger Lebensweise sein 
Dasein jristete, ist gestern in seiner Wohnung unter 
außergewöhnlichen Verhältnissen gestorben. In 
etzter Zeit wurden an demselben Spuren von 
Zauferwahnsinn bemerkt; auch war er koͤrperlich 
ehr heruntergekommen und fiel oͤflers auf der 
Slraße zu Boden. So mußte er wieder am 11. 
Mittags vom Holzmarkt aus nach Hause gebracht 
verden. Die Leiche wurde aus seiner mehr als 
irmlichen Wohnung in's Leichenhaus verbracht. 
— Speher, 13. Febr. Unser Rhein 
eiert am heutigen Tage ein seltsames Jubiläum! 
Am 183. Februar 1864, also heute vor 25 Jahren, 
var er naͤmlich, wie sich unsere Mitbürger noch gut 
ntsinnen werden, so fest zugefroren, daß er eine 
»oliständig gefahrlose Passage bildete. Dieses un— 
Jewöhnliche Ereigniß wurde natürlich auch von Alt 
ind Jung nach Kräften ausgenützt, und es en' 
vickelte sich auf der sicheren Eisdecke bald ein gar 
ustiges Leben und Treiben. Soweit uns erinner⸗ 
lich, wurden sogar förmliche Handwerksstätten dort 
aufgeschlagen und u. A. stellte der Küfer Mangold 
in mächtiges Weinfaß her, während der in Amerika 
ebende Schuhmacher Rettig ein paar Eisstiefel an— 
ertigte. Man mag sih denken, wie lustig es dabei 
zerging. Nun ist heute der Rhein zwar nicht zu⸗ 
zefroren, aber kalt genug ist der 13. Februar 1889 
doch, um die Erinnerung an seinen 258jährigen 
Vorqünger wachzurufen. 
— Gerolsheim, 13. Febr. Auf der 
Straße von hier nach Heßheim wurde heute früh 
ine schändliche Rohheit entdeckt. Ungefähr 20 
Bäumchen waren teils umgerissen, teils so sehr be— 
chädigt, daß nicht anzunehmen ist, dieselben wer⸗ 
den weiter wachsen. 
— Dürkheim, 14. Febr. Gesitzwech— 
Fel.) Das in der Burgstraße gelegene Wohnhaus 
der Erben B. Kaufmann ging um den Preis vor 
M21,500 an Herrn J. Jonas (Weisenheim a 
Bg.) über. (A.) 
— Mundenheim, 13. Febr. (In höchster 
Befahr.) Gestern Abend brach in der Wohnung 
des Tagners Dominikus Schmieg dahier Feuer aus 
»as dadurch entstand, das ein am Ofen zum 
Trocknen hängender Rock sich entzundete. In der 
Wohnung befanden sich allein zwei Kinder, eines 
m Alter von etwa 3 bis 4 Jahren und eines von 
5 bis 6 Monaten. Die Mutiter hatte einen kleinen 
lusgang. Eine in demselben Haus wohnende 
xrau hörte um 7 Uhr ein jämmerliches Geschrei 
ind wollte sich nach der Ursache erkundigen: sie 
'and das Zimmer voll Rauch und Flammen, rif 
zen brennenden Rock herab, ohne jedoch die kleinen 
dinder retten zu können. Sie eilte deshalb auf die 
Straße und schrie: „Feuer, die Kinder ver— 
brennen!“ Heimkehrende Arbeiter konnten noch 
zur rechten Zeit die nötige Hilfe leisten, denn 5 
Minuten noch, und die Kinder wären sicher im 
stauch und in den Flammen umgekommen. Auch 
das Feuer wurde, ohne größeren Schaden ange⸗ 
richtet zu haben, rasch geloscht. Es ist dies wieder 
eine Mahnung an alle Eltern, kleine Kinder nicht 
allein zu Haus zu lassen. (Pf. K.) 
— Ludwigshafen, 14. Februar. Eine 
remde „Dame“, welche einige Tage aus Mitleid 
hvei einer hiesigen achtbaren Familie Unterkunft ge— 
funden, ist geftern unter Mitnahme einer goldenen 
Uhr nebst goldener Kette sowie einigem Baargeld 
verduftet. Die Schwindlerin ist bis jetzt noch mch 
ermittelt. Von anderer Seite erfährt der „G. An 
daß die betr. „Dame“, die übrigens zur Siuitze der 
dausfrau bei der bestohlenen Familie auf — 
Tage Unterkunft gefunden haben soll, gesiern g 
Ztuttgart verhafiet wurde. — Der Rhein geht sei 
Jestern mit Eis. — Infolge des erneuten Schnet. 
salles haben die Eisenbahnzüge wieder erheblich 
VBerspatung. Schnellzug Nr. 88 Gerlin⸗ Strabburg 
raf beispielsweise heute Vormittag mit nahezu dra 
biertelftündiger Verspätung ein. 
— Pramiirung von Obstbauvereinen 
und Baumwärtern. Der J. Vorstand de 
andwirthschaftlichen Vereins der Pfalz Se— 
xxcellenz, der k. Regierungspräsident und Staats— 
ath, Herr von Braun hat aus den im Budget pro 
1888 verfügbar gebliebenen und ihm vom Kreiskomite 
zur Verwendung überlassenen Mitteln zur Hebung 
des Obstbaues folgende Prämien an Obstbauverein 
und Baumwärier zur Vertheilung gebracht: 1 
Je 50 Mk. an die Obstbauvereine: Oppau 
Steinwenden, Waldmohr, Homburg, Krickenbach 
St. Julian (Obstbauverein für das untere Glan— 
hal), Dürkheim, Pirmasens und Irheim, zusammen 
9 Prämien à 50 Mk..... 450 Mark 
2. Je 25 Ml. an folgende Baumwärter: An die 
Distriktsstraßenwärter J. Meyer in Sondernheim 
Ph. Pfirrmann in Wörth a. Rh., Jakob Schuh 
mann in Hatzenbühl, Jakob Kircher in Obermiesau 
Valentin Traub in Bann, Ph. Rothhaar in Rosen⸗ 
kopf, Schwein in Berzweiler, C. Ebinger in 
Böchingen, Johann Roth in Offenbach, M. Gillen 
in Ranschbach, M. Ebler in Herxheim (Bez. Lan⸗ 
dau), Valentin Koͤhler in Göcklingen, Wilh. Freqh 
in Altdorf, Friedrich Knerr in Vinningen, Jalob 
düther in Kleinsteinhausen, Andreas Wahrheit in 
Ofberwürzbach; an Friedrich Poß, Tagner in Kan— 
del; an den Baumwaärter Friedrich Sulz in Kriege— 
feld und an die Bezirksbaumwärter Pagé in Kai' 
serslautern und Betsch in Zweibrücken, zusammer 
20 Prämien à 28s Mk.... 500 Mar 
Die ganze zur Vertheilung gekommene Summe b 
irägt demnach 950 Mk. 
Bermischtes. 
F Die für den gestrigen Abend festgesetzte Auf 
führung im Tonhallen-Theater in Saarbrüde 
'onnte wegen Heiserkeit des Frl. Sophie König nich 
taitfinden. 
FSaarlouis, 12. Febr. Bei der gestern 
durch das hiesige Amtsgericht vorgenommenen Ver⸗ 
siegelung des Nachlasses eines vorgestern zu Roden 
verstorbenen 63jährigen Pensionärs fand daffselbt 
im Kleiderschtanke, unter der Wäsche 28 1000 
Markscheine, einige 500,0 und 100-Markscheine 
sowie 20-Markstücke im Gesamtbetrage von ca 
38700 Mark verfieckt. Der Verstorbene, welche 
in einem Hause wohnte, worin die Wanderherberg 
sich befindet, soll seit etwa8 Jahren seine Wohnung 
nicht mehr verlassen und sich nur das Notwendigste 
gegönnt haben. Von einew Barvermögen in dieser 
döhe soll, nach dem „Saarl. J.,“ niemand ein—⸗ 
Ahnung gehabt haben. 
Infolge des Schneefalls hat sich auf der 
Eisenbahn beim Alferdinger Hof, in der Nähe von 
Rohrbach Cothringen), ein gräßliches Un 
glhück zugetragen. Von genanntem Hofe waren 
die drei Söhne des Hofpächters Kirch im Altet 
von 30, 25 und 27 Jahren mit Schneeschaufeln 
auf dem Bahnkoͤrper beschäftigt, als der um 10!5 
Uhr von Bitsch kommende Personenzug dieselben 
erfaßte und die beiden jüngeren Brüder derart ver 
letzte, daß der ältere davon sofort auf der Stell 
und der jüngere nach Verlauf weniger Stunder 
den Geist aufgab. Der älteste konnte sich nur dar 
durch retten, daß er sich noch rechtzeitig in der 
neben dem Geleise aufgesiauten Schnee. fallen ließ 
Die Verzweiflung des alten zur Stelle gerufener 
Raters war grenzenlos. 
F Kreuznach. Nicht geringes Aufsehen ha 
hier die jüngst erfolgte Beschlagnahme sämmilch 
Beschaftsbuͤcher des Rentiers S. herborgerufen. S 
steht im Verdacht, seit Jahren Wuchereien getrieber 
zu haben. Ein gewisser B. von hier, der vor dre 
Jahren sein ganzes Vermögen durch S 
verlor, darauf irrsinnig wurde und lange Zeit ir 
iner Heilanstalt verblieb, ist jetzt als geheilt ir 
einem hiesigen Armenstift untergebracht worden und 
hat die Beschlagnahme der S.'schen Bücher verar 
laßt. S. treibt seit Jahren die ausgedehntester