Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Der neu ernannte Domprost Dausfscher in 
Speyer, wurde geboren am 13. Januar 1828 
zu Kirchheimbolanden als Sohn schlichter braver 
Bürgersleute, wurde am 24. Marz 1849 vom 
Bischof Nikolaus v. Weis zum Priester geweiht 
und am 26. Maärz bereits zum Kaplan in Neustadt 
ernannt, allwo ihm die Freischaaren eine Kngel 
durch das Fenster im Pfarrhause über seine Haupt 
hinschossen. Vom Jahre 1852 bis 1. März 1858 
war derselbe Pfarrer in Weilerbach und Inspeltor, 
ebenso vom 1. Marz 1858 bis August 1871 Stadi⸗ 
ofarrer, Inspektor und Dekan in Frankenthal. Zur 
Erleichterung seiner Arbeiten meldete derselbe sich 
aach Offenbach b. L. 1871, woselbst er segensreich, 
wie überall, wirkte bis zu seiner Beförderung 
zum Domkapitular in Speyer 12. Mai 1879. 
— Neustadt, 18. Febr. (Pfälzische Kreis⸗ 
fechtschule,) Die gestrige Hauptversammlung der 
Pfälzischen Kreisfechtschule war wegen zu geringer 
Betheiligung beschlußunfäͤhig. Der nächsten einzu⸗ 
berufenden Haupiversammlung wird nun der An⸗ 
trag unterbreitet werden, die Fechtschule aufzulösen 
und das etwa 6000 M. betragende Baarvermögen, 
sowie das Inventar des Vereins der kigl. Kreit- 
regierung zur Verfügung zu stellen, welche dasselbe 
m Interesse von Waisenkindern verwenden soll. 
— Interessante Mittheilungen über den Stand 
der Retschersache machte am Sonntag auf einer 
in Neustadt a. H. zur Betreibung derselben ab⸗ 
gehaltenen Versammlung Hr. Professor Gümbel⸗ 
Speyer. Redner berichtete eingehend über das Re⸗ 
ultat der Sammlungen bis heute und gedachte des 
jochherzigen Schenkers, des verstorbenen Commer- 
cienrathes Hetzel, welcher 200,000 Mt. stiftete. 
In seinem Berichte theilte er ferner mit, daß Kai- 
serslautern eine Gabe von 6000 Mk. angemeldet 
habe und daß Virmasens nach den in dieser Woche 
gemachten Erfahrungen den jährlichen Beitrag von 
8000 bis 7000 Mt. leisten wird. Aus den Land⸗ 
gemeinden liefen ebenfalls sehr beträchtliche Beiträge 
ein, bis jetzt aus 20 Pfarreien 2590 Mk. 47 Pf., 
ein Ergebniß, das auf einen jährlichen Beitrag von 
20,000 Mt. pro Jahr, als Opfer der protestanti⸗ 
schen Landbevölkerung schließen lasse. Das übrige 
protestantische Deutschland bleibe auch nicht zurück, 
so daß die Hoffnungen immer bestimmter sich er⸗ 
süllen und die Aussicht begründeter werde, daß die 
brüderliche Liebe es ermögliche, baldigst das große 
Werk anzufangen und ohne Säumen zu vollenden. 
200,000 Mk. seien in Speyer gesammelt worden, 
200,000 Mk. in der übrigen Welt, Ihre Majestät 
die Kaiserin stehe der Angelegenheit sehr sympathisch 
gegenüber und mit ihr die ersten Vertreter des 
Tulturlebens unserer Zeit. Professor Gumbel sprach 
noch des Weiteren über die Art der Sammlung 
und die Arbeit des Ausschusses, welcher sein Netz 
über die ganze evangelische Welt ausgespannt habe. 
Dann schilderte er die Art des vorzunehmenden 
Baues und sagte, daß als Platz das Terrain am 
Eberhardtsgraben in Speyer auserwählt worden 
sei. Das Fundament der Kirche solle erhöht wer⸗ 
den, der Thurm eine Höhe von 100 — 120 Meter 
erhalten. Nach den Plänen der Architekten Flick 
und Nordmann, welche unter einer Concurrenz von 
45 ausgewahlt worden seien, dürfe man sich der 
Gewißheit hingeben, daß die Kirche der Protestation 
nicht nur eine Zierde für unser engeres Vaterland, 
sondern für ganz Deutschland werden würde. Das in 
Reustadt bestehende Ortskomite, von dem der Aufruf 
ergangen war, wurde zum definitiven Comite er⸗ 
nannt. welches die Sammlungen voruehmen soll. 
— Vom Speyerbach, 19. Febr. Vor 
einigen Tagen fand der elfjährige Knabe des 
Maurers Biller aus Winzingen eine Düte, in 
welcher sich Pulver befand. Er wollte sich ein 
VBergnügen dadurch bereiten, daß er die Düte auf 
eine Mauer legte und anzündete. Da jedoch das 
Papier wie auch der Inhalt, wahrscheinlich etwas 
jeucht war, so entzündete sich die Masse nicht so⸗ 
aleich und wollte der Knabe nach der Ursache sehen, 
aber in dem Moment, als er wieder mit dem Ge— 
sicht nahe an die Düte kam, ging das Pulber los 
und verbrannte ihm Gesicht und Brust jämmerlich. 
Auf das Geschrei hinzueilende Personen verbrachten 
den Unglücklichen in seine Behausung, wo alsbald 
ärztliche Hilfe zur Stelle war. Man fürchtete, 
schreibt man der „Pf. Vzt.“, daß er beide Augen 
zerlieren würde, doch glücklicherweise nach 5 Tagen 
onnte der Junge das eine Auge wieder öffnen 
ind sieht hiermit auch wieder ein wenig, doch das 
Indere Auge wird als verlustia erachtet. 
— Deidesheim, 18. Febr. Gestern Nach⸗ 
nittag wurde dem Feuerwehrmann Herrn Adam 
Alenger hier das ihm verliehene Ehrenzeichen 
rür 25jährige Dienstleistungen bei der hiesigen 
Feuerwehr durch den Bezirkskommandanten Herrn 
ẽ6. Wolf in Wachenheim in feierlicher Weise 
iberreicht. 
— Wachenheim, 18. Febr. Heute fand 
»ahier die Verpachtung des protestantischen Schul⸗ 
jutes auf 20jährigen Bestand statt. Dieselbe nahm 
»inen flauen Verlauf, so daß die meisten Plan- 
stummern des in 8358,9 Decimalen Wingert, 
253,5 Decimalen Ackerfeld und 82 Decimalen 
Dedung bestehenden Pachtobjectes mitunter recht be⸗ 
ʒeutend hinter dem seitherigen Pachtpreis zurück 
olieben und nur wenige einen etwas hoͤheren Preis 
errangen. Der Gesammt⸗Erlös betrug nur M. 
586. 50, während derselbe seit 1870 fich auf M 
371.43 M. belief. (D. A.) 
— Am Sonntag Nachmittag sollte in Leistadt. 
in der neuerbauten Kirche dver übliche Goties— 
dienst abgehalten werden. Als nun die Gläubigen 
daselbst eintraten, fand es sich, daß die Kirche 
theils mit Wasser gefüllt und allenthalben durchnäßt 
war. Die Orgel versagte ihre Töne und die 
stotenbücher waren durchnäßt und unbrauchbar; der 
Bottesdienst mußte daher ohne Orgelbegleitung ab- 
zehalten werden. Die Ursache dieser Erscheinung 
vurde veranlaßt durch eine große Schneemasse, 
velche sich auf dem Dachboden angehäuft, infolge 
des Thauwetters erweichte und durch die Decke und 
in den Wänden herabsickerte, wodurch die Kirche 
nicht unerheblichen Schaden erlitten hat. 
— Die Stadt Ludwigshafen ist ge— 
wungen, eine neue Gasfabrik zu errichten, da die 
ilte in sehr schlechtem baulichen Zustande sich be— 
indet. Für den Bauplatz zur neuen Fabrilk find 
einstweilen 25000 Mark vorgesehen. 
— Die Militärveereine von Kirchheim— 
‚olanden und Gauersheim haben sich der Aufmerk⸗ 
amkeit eines ungenannt sein wollenden freundlichen 
Bönners zu erfreuen, indem ihnen nach der Nopf. 
Bztg. größere Beiträge zur Anschaffung von Fahnen 
zuflossen. 
— Auch das Jahr 1889 läßt sich für die 
pfälzischen Eisenbahnen vielbersprechend 
in. Der Januar⸗Ausweis beziffert nämlich die 
erzielte Gesammteinnahme auf M. 1304,776 
1888 M. 1,219,318); mithin eirgiebt sich ein 
Aus von M. 75457 
— 
Vermischtes. 
Elversberg, 19. Febr. Glück und Un— 
zlück zugleich hatte am letzten Samstag Abend nach 
) Uhr ein pensionirter Bergmann hierselbst, der 
»on seinem Fenster aus einen sicheren Schuß auf 
inen vielleicht am leckeren Winterkohl sich labenden 
etten Rammler abgab. Es gelang ihm, dem nichts 
ihnenden Freund Lampe das Lebenslicht auszu⸗ 
zlasen, und schon glaubte er sich im Besitze eines 
zuftenden Hasenbratens für den Sonntag — „doch 
nit den Geschickes Mächten ist kein ew'ger Bund 
u flechten.“ Es war das feine Ohr des hiesigen 
Forstaufsehers Br., welchem ein so später Schuß 
vährend der Schonzeit so ungewöhnlich vorkam, 
aß er fich sofort die Gegend genau ansah. Die 
ags darauf vorgenommene Haussuchung führte 
denn auch zu der Entdeckung des nächtlichen Schützen 
zer seinen Hasen nicht nur herausgeben mußte, 
ondern jetzt auch noch obendrein Buße zu bezahlen 
jat. Da das Jagdgebiet, in welchem sich der 
Vorfall abspielte, augenblicklich nicht verpachtet isl, 
so wird der Hase öffentlich zu Armenzwecken ver— 
teigert werden. 
Dem Bergwerlsdirektor Fabian zu Dud— 
veiler ist der Charakter als Bergrath und dem 
Zaus und Maschinen- Inspektor Braun zu 
Z3aarbrücken der Charakter als Baurath ver⸗ 
iehen worden. 
F St. Johann, 18. Febr. Gestern Nach⸗ 
nittag gegen halb vier Ubr ereignete sich hier ein 
olgenschwerer Unfall. In dem Hofraum des 
Z'schen Hauses an der Fürstenstraße wollte ein 
dnecht zwei Pferde von einem Wagen an den 
indern spannen; in diesem Augenblick scheuten die 
Thiere und liefen, Silscheid mit Wage nachschlep⸗ 
dend. zum Thore hinaus. Der Knecht suchte die 
Pferde zum Stehen zu bringen, was ihm jedoch 
rotz großer Anstrengung nicht gelang; sie rannten 
in die Bahnhofstraße und auf das Trottoir vor 
dem Güth'schen Eckhause an der Gerberstraße; fie 
türzten und rissen drei Männer um: von diesen 
kamen zwei unter die Thiere zu liegen. Die Pferd 
prangen auf, rannten quer über die Straße au 
»as Trottoir vor dem Mohr'schen Hause, wo ei 
Pferd wieder stürzle. Jeßzt erst gelang es, die Pfen 
festzuhalten. Ein Mann, auf den ein Pferd q 
jallen war, erlitt schwere innere Verletzungen, 
wurde in eine Stube des Güth'schen Hauͤses g 
bracht und abends nach Saarbrücken in das stän 
sche Krankenhaus befördert; die zwei andea 
Manner kamen nach dem St. J.“S. A. mit den 
Schrecken davon. 
F Herr Generalmajor von Moeller in Sp 
Johann ist zum Kommandanten der Festang 
Magdeburg ernannt worden. Seine bisherige Stel. 
uing wird der Kommandeur des Jafanterie⸗Regi 
nents v. Göben (2. Rheinisches) Nr. 28 uübn 
nehmen. 
F Die früher angekündigte und wieder het— 
schobene Theateraufführung in der Thonhalle zu 
Saarbrücken soll nunmehr morgen, Donnerstu 
tattfinden. 
F Bliesen, 17. Febr. Unser Nachbatot 
Wintferbach ist seit dem 15. von uns vollstandig 
abgeschlossen, trotzdem die Entfernung von dem 
einen zu dem andern Orte nur 3 Kilometer be 
rägt. Das ganze Wiesenthal bildet nämlich einen 
See infolge des abgehenden Schnees und der in 
dem Fahrwege errichtete Steg über den Wiesenbach 
st von keiner Seite erreichbar, wenn man nich 
»urch das Schneewasser waten will. Abhilfe schein, 
an dieser Stelle geboten, entweder durch Errichtung 
einer massiven Brücke für Fußgänger und Fuhr⸗ 
vesen, oder durch beiderseitiges Anschütten eines 
Dammes bis zum Anschlusse an den Steg, damu 
wenigstens eine Personen⸗Kommunikation hergestell 
zleibt. (M.Bl. 3) 
F Mainz, 18. Febr. Echifffahrt.) Nachdem 
das Eis von den Nebenflüssen des Rheines abge⸗ 
aufen, wurde die Schifffahrt gestern wieder aufpge— 
nommln. Heute beginnen auch die Köln⸗Düssel- 
dorfer und Niederländer Boote mit din regelmäßigen 
Fahrten. Der Betrieb der Schifffahrt wird, zumal 
sich auch die Wasserstandsverhältnisse bereits merklich 
zebessert haben, in den nächsten Wochen ein äußerst 
lebhafter sein, da sowohl in den Ruhrhäfen, wie 
am Mittelrhein Schiffe in Masse liegen, welche nach 
dem Oberrhein und Main bestimmt find und 
durch den plötzlichen Eisgang aufgehalten wurden 
FWiesbaden, 18. Febr. (Mordbersuch) 
Der seit längerer Zeit hier wohnhafte, aus Main; 
gebürtige Localberichterstatter Ferd Müller wurd 
unter dem dringenden Verdacht, einen kranken Eng⸗ 
länder, in dessen Familie er viel verkehrte, mi 
Strychnin zu vergiften versucht zu haben, verhaftet. 
Der Mordversuch wurde jedoch glücklicherweise ver⸗ 
ꝛitelt. Müller hatte dem Vernehmen nach bereit 
jeute ein Verhoör zu bestehen und wurde nach Schluß 
desselben unter scharfer Bewachung wieder in di⸗ 
Untersuchungshaft zurückgeführt. 
Ems, 18. Febr. (Fur das Kaiser⸗Wilb 
Jelm-⸗Denkmal) sind bei dem Vorsitzenden des 
Ausschusses, dem kgl. Badecommissar Herrn Kammer 
jerrn v. Rathenow, abermals 347. M. eingegangen 
uind zwar 321 M. vom kaiserlichen Consulat ir 
downo als Ertrag einer Sammlung unter der 
hortigen Deutschen, 16 resp. 10 M. Beiträge von 
)en kaiserlichen Consuln Rocholt in Bilbao und 
Westmann in Jöngköping. Der Fonds hat jetz 
die Höhe von nahezu 22000 M. erreicht. 
F Amberg, 15. Febr. Heute erstickten in 
folge Ausströmens von Kohlenoxydgas zwei Mäd— 
hen, Barbara Fellner, 23 Jahre, Anna Fellner. 
27 Jahre alt. Beide wurden todt auf den Stühler 
itzend und vollständig bekleidet aufgefunden. Anne 
Fellner wollte sich naͤchsteu Dienstag verheirathen. 
F Geschenk. Die Münchener Firme 
Babriel Sedlmahr, Bierbrauerei zum Spa— 
sen, hat dem Commandanten der Feuerwehr, Herrn 
Oberbaurath Zenetti in Anerkennung des Maͤthes— 
der Entschlossenheit, der aufopfernden und erfolg⸗ 
reichen Thatigkeit der freiwilligen wie städtischen 
Feuerwehr bei dem Brande in der Branerei am 
30. v. Mts. ein Geschenk von 5000 Mk. zur 
Verwendung an dieselben nach Ermessen des Herrn 
Oberbaurathes übermacht. Ferner haben die Herren 
Bebrüder Sedlmayr dem Königl. Polizei⸗Präsidenten 
rür die Gensdarmerie ⸗Stadt ˖ Compagnie in Aner⸗ 
ennung der bei dem Brande geleisteten Sicher⸗ 
heitsdienste den Betrag von 500 Htk. übergeben. 
FBerlin, 18. Febr. Die morokkanische Ge- 
jandtschaft ist heute morgen von hier zur Befichtig⸗ 
ung der Krupp'schen Werke nach Essen abagereist