Full text: St. Ingberter Anzeiger

Rom, 28. Febr. Der Konig hat bezüglich 
der Lösung der Cabinetskrisis noch keine 
Entscheidung getroffen. Voraussichtlich dürfte die 
Umbildung des bisherigen Cabinets unter dem 
Präsidium Crispi's eintreten. Da sowohl in der 
iußeren wie in der inneren Politik die Kammer 
noch am 16. und 18. Februar dem Ministerium 
das Vertrauensvotum erteilte, so dürften nur in 
den Steuere uud Finanzfragen abweichende An—⸗ 
sichten herrschen. Im Laufe des Abends wird der 
Koͤnig mit den Präfidenten des Senates und der 
Kammer über die Lage beraten. 
Nom, 28. Febr. Gegenüber der in der 
Presse geäußerten, dem Generalstabschef Cosenz 
zugeschriebenen Ansicht, Italien könne aus Erspar⸗ 
nißgründen sich mit 10 statt 12 Armeekorps be⸗ 
gnügen, erklärt Cosenz heute, solches Urtheil sei 
ihm im Traum nicht eingefallen, er halte im 
Begentheil eine energische Rustung im Friedens- 
interesse für geboten: schon die Diskussion einer 
etwaigen Abruͤstung sei dem Ansehen des Landes 
gefährlich. — Diese Erklärung ist insofern bedeut⸗ 
sam, als Cosenz möglicher Weise in dem neuen 
abinet Kriegsminister wird. 
Wien, 1. März. Laut „Armeeverordnungs- 
batt“ betraute der Kaiser den Commandanten des 
zweiten Corps in Wien, Feldzeugmeister 
König, mit den Geschäften des General-Infanterie- 
Inspecieurs. 
Petersburg, 1. März. Im Processe gegen 
die vier Pastoren aus den russischen 
Ostseeprovinzen, welche angeklagt sind, u n⸗ 
gesetzlich Orthodoxglaubige lutherisch getraut zu 
haben, verurteilte der Senat 83 derselben zu vier⸗ 
monailicher Entfernung aus dem Amte, den vierten 
zu einjährigen Gefängniß und erklärte die 
boslzogenen Trauungen für ungiltig 
Ekrale und Palzische Nachrichten. 
x* St. Ingbert, 2. März. Ein seltenes 
Schauspiel wird hier morgen Nachmittag auf der 
Kaiserstraße zu sehen sein. Herr A. Dibbels 
aus Wien, der berühmte Schnell-und Dauer— 
läufer wird sich in der Zeit von 8 bis 4 Uhr 
produziren. Sein Weg erstreckt sich vom Cafs 
Seiter bis zur Ludwigsstraße und zurück 600 
Meter lang; diese Strecke wird Hr. Dibbels 80 
Mal umlaufen, folglich in der Stiunde 18 Kilo— 
meter zurücklegen, in der That eine bedeutende 
Leistung, zumal bei der gegenwärtigen für den 
Zweck durchaus nicht angenehmen Beschaffenheit des 
Weges. Hr. Dibbels, welcher schon in den meisten 
groͤßeren Städten Europas Vorstellungen gegeben 
hat, hält sich schon seit längerer Zeit in der Pfalz 
qauf und hat erst vor einigen Wochen in Pirmasens 
ein Pferd im Wettlauf überwunden. Am Oster— 
montag dss. Is. wird er sich auch in Homburg mit 
einigen Radfahrern in einen Weitlauf einlasser. Man 
darf auf die morgige Produktion sehr gespannt sein. 
* Das kgl. Staatsministerium des Innern, 
Abtheilung für Landwirthschaft, Gewerbe und 
Handel, hat zur Erweiterung des Vereinsorgans 
des pfälzischen Bienenzucht-Vereins „Pfälzer Bienen⸗ 
zucht“ einen Zuschuß aus Centralfonds von 200 
Mark dem Pfälzer Bienenzucht-Verein 
überwiesen. 
— Zweibrücken, 1. März. Zu Ehren 
Geburstsfestes Sr. Kgl. Hoheit des Prinz⸗ 
regenten Luitpold von Bayern wird am 
Montag den 11. dieses (als am Vorabend) durch 
die hiesigen Militärvereine in Gemeinschaft mit den 
Gesangveceinen im Fruchthallsaale von Abends 9 
Uhr an ein allgemeines Fest-Bankett abgehalten, 
wobei die hiesige Militärkapelle konzertieren wird. 
— Dem Vernehmen nach wird vor dem Bankett 
der Zapfenstreich stattfinden. 
— Zweibrücken, 1. März. In der Zeit 
vom 1. Jan. bis heute, also in den ersten zwei 
Monaten des neuen Jahres, sind hier 51 Personen 
gestorben, also beinahe an jedem Tag eine Person. 
Geboren wurden 55. (Gw. Ztig.) 
— Homburg, 28. Febr. Gestern Abend 
fand im Vereinslokale dei Herrn Bürgermeister 
Weber die Hauptversammlung des Turn⸗Vereins 
statt. Dieselbe war schwach besucht. Bei der 
Reuwahl des Turnrathes wurden gewählt die 
Herren: Ludwig Frey, 1. Vorstand, August 
Schmelzle, 2. Vorstand, Gustav Feickert, Kassirer. 
Jatob Schäfer, Turnwart, Johannes Magold, 
Schriftführer, Louis Bieber, 1. Zeugwart, Karl 
Roihhaar, 2. Zeugwart. Joseph Bullacher und 
Joseph Olt, Beisitzende. Aus dem Sitzungsproto⸗ 
folle geht hervor, daß das abgelaufene Jahr das 
ingünstigste seit Bestehen des Vereins war. Vor 
O Jahren wurde der „Turnverein Homburg“ ge 
Jründet. Sofort traten in der ersten Versammlung 
iber 50 hiesige Bürger dem Verein bei. Der 
Mitgliederstand war bis weit über 100 gestiegen, 
his das Jahr 1888 dem Verein einen starken Stoß 
versetzte. Im Ganzen war im abgelaufenen Jahre 
ꝛin Verlust von 40 Mitgliedern zu verzeichnen, 
velcher in Folge Wegzugs, Einberufung zum 
Militär u. s. w., entstanden ist. Nach dem regen 
Leben, welches unter den Turnern herrscht, scheint 
die Krise“ doch glucklich überstanden zu sein und 
wird das Turnen bald wieder regelmäßig betrieben 
werden können. Der Verein zaͤhlt zuzüglich der 
Neuoufnahmen: 83 Ehrenmitglieder, 23 Turner, 
und 39 passive Mitglieder, in Summa 65 Mit—⸗ 
zlieder. Die finanzielle Lage des Vereins ist bis 
setzt noch eine gute zu nennen. (Pf. Vzt.) 
— Aus der Wespfalz schreibt man der 
„Zw. Z.“ über Alterthümer. Die mit Steinen 
ind Felsen belegten Wege über hohe Gebirgskämme 
und Berghügel, z. B. von Glanmünchweiler über 
die Börsborn⸗Steinbacher Höhe nach Beücken, sowie 
die Hünengräber verrathen noch deutliche Spuren 
grauer Vorzeit. Der in hiesiger Gegend bekannte 
lterihumssammler und thätige Forscher Herr Sa⸗ 
omon Jean in Herrschberg ist seit ewwa 10 
Jahren fleißig bemüht, sich eine Sammlung alter⸗ 
hümlicher Gegenstände anzulegen. Dieselbe weist 
Jeute schon einen schönen bohen Bestand auf. Un⸗ 
Jefähr 75 Stück sind prähistorisch und der Bronze⸗ 
seit angehörig, worunter gut exhaltene Stirn⸗, Arm⸗ 
und Fußringe und Bänder, ein Spiegel, eine gol⸗ 
dene Münze u. s. w.; 50 Stück Steinwerkzeuge, 
dämmer, Meisel, sogen. Donnerkeile, ferner ein 
Zriginalbild des heil. Petrus mit den Schlüsseln, 
Waffen, Armbrust, Hellebarden u. dgl. Sämtliche 
Zachen sind wohl erhalten und einzelne sehr selten, 
zielleicht die einzigen nicht nur der ganzen Pfalz, 
ondern des ganzen Rheinlandes. Die Sammlung 
)es Privaten Jean ist sehr werthvoll und interessant. 
Im kommenden Jahr dürfte mancher Alterthums⸗ 
freund von Thaleischweiler aus über die Sickinger 
döhe seine Schritte nach Her schberg lenken, um 
die Gegenstände in Augenschein zu nehmen. Der 
Befitzer ist zu jeder Zeit gern bereit, Einsicht zu 
zewaͤhren und nahere Auskunft zu eriheilen. Von 
dem Herschberg nahe liegenden Wallhalben ist so— 
dann mit der Post leicht nach Landstuhl oder Zwei⸗ 
drücken zu kommen. Gewiß wird den Alterthums⸗ 
freund und Fachmann ein solcher Schritt nie ge⸗ 
reuen. Wie mancher kostbare Schatz mag noch so 
m Vecborgenen ruhen, von dem die Welt und die 
Deffentlichkeit nichts weiß! 
--In Kaiserslautern veranstalten am 
9. März die militärischen Vereine Morgens 11 
Uhr im Fruchthallsaale zu Ehren des 70jährigen 
Dienstjubilaums des Generalfeldmarschalls Molt ke 
einen Festact, der jedoch nicht rein militärischen 
Tharakiers sein soll, sondern zu dem Jedermann 
Zuͤtritt hai. Die Gallerie ist für Damen geöffnet. 
Die Feier findet bereits am 9. Maärz siatt, weil 
am 10. März der Todestag Kaiser Wilhelm J. 
Am 10. März, Abend 8 Uhr, wird der Geburts⸗ 
tag Sr. kgl. Hoheit des Prinzregenten ebenfalls 
im Fruchthallsaale durch ein Festbankett festlich be— 
zangen.. 
— Auf einen Gluckwunsch zu seinem vor 
inigen Tagen gefeierten 70. Geburtstag seitens 
ines Freundes in Kaiserslautern hat der Nibe— 
ungensänger Wil helim Jord an von Frankfurt 
u. M. aus, wie die „Pf. Vzt.“ meldet, mit folgen⸗ 
den Versen gedankt: 
Daß ich am Abend meiner Tage 
Als Dichtec noch zu schaffen wage, 
Berlangt im Glückwunsch Jeder, Jeder. 
Doch dankt' ich mit der eig'nen Feder 
Für alle Grüße, alle Spenden, — 
Ich würd' ein Jahr dazu verwenden, 
Und muß ich nicht bei siebzig Jahren 
Mit Tagen, Stunden geizig sparen? 
Berzeiht es gütig drum dem Greise, 
Daß er euch dankt auf diese Weise. 
Wilhelm Jordan. 
— Pirmasens, 1. Marz. Wie aus ameri⸗ 
anischen Zeitungen zu ersehen, wird ein engerer 
Landsmann, Herr Georg Schneider, zur Zeit 
Präsident der National-Bank von Illinois in 
Thicago, allgemein als der Finanzminister der 
Vereinigten Staaten von Amerika unter dem neuen 
ßräfidenten Harrison bezeichnet. Herr Schneider 
st ein geborener Pirmasenser. (Bta.) 
— Speyer, 27. Febr. Der Verlauf dez 
jeutigen Tages des pfälzischen Frühjahrs-Saat. 
zutmarktes war ein sehr lebhafter. Es wur— 
hen 95 Ceniner Saatwaaren aller Art zum Preise 
hon etwa 900 M. verkauft. Morgen Abend Schluß 
des Morkles. Nst. 3) 
— Ludwigshafen, 28. Febr. In der 
Mittwochssnummer berichtete der General Anzeiger⸗ 
yon einem Schwindler, der hier und in Mannheim 
inige Geschäftsleute mit großen Aufträgen be— 
ehrte“, hinterher aber ein Darlehen von denseiben 
»erlangte und in einem Falle auch erhielt. Der 
aubere Patron wurde heute Nachmittag von der 
ziesigen Schutzmannschaft erwischt und vorlaufig 
inschädlich gemacht. Der Verhaftete gibt an Heinrich 
sackles zu heißen und in Odernheim bei Alzey 
heheimathet zu sein. 
— Frankenthal, 1. Maärz. Die vereinigie 
Zolzindustrie⸗Fabrik Frankenthal (vormals Friedt. 
eraus u. Ce.) kaufte um 28, 000 Mk. von Herrn 
dackfabrikanten Karl Gläßgen hier dessen Wohn— 
jaus mit Fabrikräumlichkeiten und einen angren⸗ 
jenden Acker. (Tgbli.) 
— Auf der nächsten General⸗Versammlung der 
„Frankenthaler Volksbank“ (ceingetr. 
Benossenschaft)soll dieumwandlung der Genossenschaft 
in eine Aktiengesellschaft angeregt bezw. 
heschlossen werden. 
— Der Stadtrath von Grünstadt hat ein⸗ 
timmig die Einführung eine Wasserleitung 
veschlossen. Zur Einleitung der nörhigen Vorarbeiten 
vewilligte der Stadtrath 2000 Mark. Nach der 
Stimmung in der Bürgerschaft zu schließen, hat 
zies in allen Kreisen der Bevölkerung gute Auf— 
nahme gefunden, so daß an der Bewilligung der 
⸗rforderlichen Mittel durch die Gemeindeversammlung 
riicht zu zweifeln ist. 
— Kirchheimbolanden, 1. März. Die 
chon seit Jahren schwer kranke Wittwe Werner 
nachte gestern Nacht einen Versuch sich durch in 
daffee aufgelöste Schwefelholzköpfchen das Lebe nzu 
nehmen. Die hierdurch hervorgerufenen Schmerzen 
vurden durch ärztliche Hilfe gemildert und befindet 
ich die Frau noch am Leben. Von einer Ueber- 
ührung ins Spital wurde, nach der „Ndpf. B.“, 
iur auf Wunsch der Angehörigen Umgang genommen. 
— Wie sehr sich die Dorfmädchen nach den 
Bebräuchen der Städter richten, davon gibt folgen⸗ 
des Vorkommniß ein Beispiel, das sich in einer 
größeren Ortschaft an der Kaiserstraße unweit Kirch⸗ 
seimbolanden zugetragen hat: Als letzthin ein 
unger Mann bei einem Mädchen um ihre Hand 
insprach, bekam er zur Antwort, „daß sie Nieman⸗ 
zen nehme, der eine Pfeife raucht, da sein Mund 
ibel rieche, sondern, wenn sie Einen sich wähle, 
nüßte derselbe mit der Cigarre zu ihr kommen.“ 
— Von der süßen Hoffnung getäuscht, mußte leider 
der junge Freier wieder seinen Plan aufgeben. 
— Vom 18. März an bis zum 18. April 
vird an der Obst- und Weinbauschule Kirch⸗ 
deimbolanden ein Unterrichtskurs füur 
Baum⸗ und Straßenwärter abgehalten. Neben be—⸗ 
ehrenden Vorträgen finden auch praktische Uebungen 
n allen in das Gebiet des Obstdaues einschlagen⸗ 
»en Zweigen statt. Wenn der Cursus zunächst nur 
ur Heranbildung von Baumwärtern bestimmt ist, 
o können doch auch Landwirthe, Lehrer u. s. w. 
in demselben theilnehmen. Letztere, sowie die 
Baum⸗ und Straßenwärter aus dem Bezirk Kirch⸗ 
jeimbolanden sind nach 8 12 der Satzungen vom 
Lehrhonorar befreit. Anmeldungen zur Theilnahme 
heliebe man an Herrn Hauptlehrer Rapp zu senden. 
Vermischtes. 
fSt. Johann, 1. März. Gestern wurden 
ehn beladene Schiffe durch die Güdinger Schleuse 
tromaufwärts befördert, sie ankern bei Groß⸗ 
zlittersdorf, die Weiterfahrt der Schiffe wird in⸗ 
'olge des zugefrorenen elsaß⸗lothringischen Kanals 
gehindert. Von heute ab weiden bis auf Weiteres 
Schiffe durch die Güdinger Schleuse stromaufwärts 
aicht durchgebracht; ein beladenes Schiff ankert aus 
diesem Grunde vor der genannten Schleuse 
(S. J.S. A.) 
F Die Thome'sche Holzhandlung in St. 
Bendel hat ihre Zahlungen eingestellt und ihr 
Beschäft geschlossen. 
F Mulheim a. Rh., 28. Febr. „An die 
Foa, die morgen heiraten thut“, so lautete 
Idresse eines am Montag hier eingelaufenen Briefes. 
Ddie immer artige Post nahm die Hülfe des Melde⸗ 
iintes in Anspruch, sodann wandte sie sich an das 
ztandesamt, um die richtige Eva zu ermitteln,