Full text: St. Ingberter Anzeiger

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arzte abgegebene Gutachten das aus dem Nonnen- 
detge kommende Trinkwasser, wovon bereits eine 
Zntität zur Untersuchung nach München gesandt 
vorden ist. Die aus dem Nonnenberge gespeisten 
„raßenbrunnen sind polizeilich geschlossen. Bis 
etzt wurde ein Todesfall konstatirt. Die Mädchen- 
chule in Ilzstadt wurde auf vorläufig 14 Tage 
zeschlossen. — 
FBerlin, 5. Jan. In dem Hause Zions- 
jrchstraße 87, Ecke der Chorinerstraße. hat der 
zchutzmann Kretschmar gestern zunächst seine beiden 
dinder, ein Mädchen von 12 und einen Knaben 
son 5 Jahren, durch Gift um's Leben gebracht 
ind fich dann selbst vergiftet. Gestern Abend um 
(1 Uhr wurde die entsetzliche That entdeckt und 
nan fand die drei Leichen auf einem Bette liegend 
jor. Reste edes Giftes, mit dem der verzweifelte 
Mann die That volldracht, befanden sich noch auf 
jnem Tische und daneben mehrere Briefe, welche 
dretschmar hinterlassen hat. Ein schnell herbeige- 
ufener Arzt vermochte nur noch festzustellen, daß 
„ Tod bei allen drei Personen schon vor mehreren 
Slunden eingetreten war. Wie es heißt, soll 
—XV 
zies, sowie den vor einigen Jahren erfolgten Tod 
einer Ehefrau so sehr zu Herzen genommen haben, 
zaß er zu dem Entschluß kam, selbst Hand an sich 
u legen. Seine Kinder glaubte er nicht hilflos 
urücklassen zu sollen und deshalb machte er auch 
hrem Dasein ein Ende. 
Ein Preisausschreiben für das best e 
deutsche Lied, welches nebst seinem dichterischen 
Werthe sich auch vorzüglich zur musikalischen Be— 
beitung für Chorgesang eigne, war im verflosse- 
nen Sommer von Seiten der „Neuen politischen 
Blätter“ zu Frankfurt am Man ergangen. Unter 
zer großen Zahl der eir gesandten Gedichte hat nun 
zas mit dem Worte „Segenswunsch“ überschriebene, 
on Dr. Ambros Mayr, k. k. Professor in Trop- 
jau, verfaßte, den esten Preis errungen. Wir 
lauben, dieses Gedicht, welches nunmehr eines 
üchtigen Komponisten harrt, im Nachstehenden mit⸗ 
heilen zu sollen: 
Segenswunsch. 
Jeldenheimat, die wir schauen — Von der Alpen steilem Rand, 
olaue Berge, grüne Auen — Und der Ströme helles Band 
Bis an jenes weitentleg'ne — Dunenfeld am Nordseestrand: 
D, daß Gott der Herr dich segne — Großes deutsches 
Vaterland! 
Treue Frauen, starke Recken — Trug von je dein tiefer Grund, 
Tausend blanke Schilder decken — Deiner Bruderstämme Bund. 
Zitternd sank sie die verweg'ne — Ländergierge Feindeshand: 
O, daß Gott der Herr dich segne — großes deutsches 
Vaterland! 
hohes Erbtheil edler Ahnen — Reine Sitte, strenges Recht, 
Leite auf des Friedens Bahnen — Unbeirrt ein frei Geschlecht; 
Ob dann Glück, ob Leid begegne, — Jedem Schicksai hältfi 
du Stand. 
D, daß Gott der Hecr dich segne — großes deuisches 
Vaterland! 
FBeträchtliches Aufsehen erregt in 
darburg eine großartige Zollhinterziehung. Ein 
dortiger Grossist empfing mehrfach große Posten 
don Roggenmehl, die als Reisgrand, der steuer⸗ 
frei ist, auf Schulen eingeführt wurden. Der letzte 
Posten, welcher beschlagnahmt wurde, betrug nicht 
veniger als 1000 Zentner. Gutem Vernehmen 
nach beträgt der hinterzogene Zollbetrag mit Srafe 
1. s. w. nicht weniger als 128 000 Mark. 
fAus der Schweiz, 6. Jan. Vor dre 
Jahren verurtheilte das Bezirksgericht in Lausanne 
den Director der „Union Vaudoise du Croͤdit“, 
Turchod, wegen betrügerischer Geschästsführung, 
welche der Bank einen Verlust von nahezu4 
Millionen Franken zuzog, zu 122 Jahren Zucht⸗ 
jaus. Dasselbe Gericht hat am 27. December 
den Controleur Moreillon freigesprochen. welchen 
ie Bank wegen mangelhafter Aufsicht für 2 226 000 
Franken belangt hatte; indes ist ihm die Hätlfte 
er Kosten auferlegt worden, weil er eingestanden, 
hvaß er um die Unredlichkeit des Directors gewußt 
jabe. 
fMadxid, 83. Jan. (GEin Stiergefecht.) 
Um zweiten Weihnachtstage wurde in Cordoba sein 
Stiergefecht abgehalten, dessen blutiger Ausgang 
jeute ganz Spanien in Athem erhält. Madrtider 
Zeitungen berichten Folgendes: Der Stier, ein 
mageres, nerviges Thier estremadurischer Rasse, 
varf sich zunächst auf den „Banderillero“ Manuel 
Martinez, genannt Manene, von der Truppe des 
Lagartijo und brachte diesem allgemein beliebten 
ind bewunderten Torero eine tiefe Wunde am Halse 
n der Gegend des Schlundes hei. Der zum Schutz 
Nanenes herdeieilende „Bandillero“ Rafael Ramos, 
jenannt Melo, wurde nicht unerheblich verlezt, und 
jer „Picador“ Joaquin Rucio stürzte derart mit 
einem, von dem Stier getödteten Pferde, daß er 
ine schwere Gehirnerschütterung davontrug und be⸗ 
innungslos nach Hause gibracht werden mußte. 
die Panik, welche in Folge dieser Unglücksfälle 
enistand, war eine unbeschreibliche. Die Arena 
lieb eine Weile leer von Stierkaämpfern, da alle 
zach dem Krankenzimmer geeilt waren, um den 
derwundeten Beistand zu leisten. Um die Unruhe 
»es Publikums zu beschwichtigen, stieg der ‚Espada“ 
huertita, welcher sich unter den Zuschauern befand, 
n den Zirkus hinab und dersetzte unter nicht en⸗ 
endem Applaus dem Thier den Todesstoß. Die 
herwundung Manenes zeigte sich vom ersten Mo⸗ 
nent ab als eine sehr gefährliche und trotz sofor⸗ 
iger arztlicher Hilfe starb der jugendliche Bande⸗ 
illero“ noch in derselben Nacht. Alle spanischen 
Zeitlungen widmen dem Todten lange Nachrufe. 
fxMRom, 5. Jan. In Süditalien herrscht so 
tarker Schneefall, daß der Eisenbahnverkehr auf 
)er Linie Termoli⸗Campobasso geftört ist. IJ 
F. Tiflis, 4. Jan. Ueber eine enisetzliche 
datastrophe wird Folgendes gemeldet: Ein Per— 
enzug, welchet die Station Sabuntschi am 27. 
Hezember verließ, wurde durch Schnee, drei Werst 
on der Station entfernt, festgehalten. Der Sta⸗ 
onsmeister von Sabuntschi wollte mit einer An⸗ 
ahl Arbeiter zum Beistand eilen, kam aber mit all' 
einen Leuten im Schnee um. Erst am Neujahrs⸗ 
ag konnte der Zug frei gemacht werden. Es waren 
Passagiere erfroren und weitere 20 durch die 
dalte derart zugerichtet, daß an ihrem Aufkommen 
zezweifelt wird. 
FCharkow, 7. Jan. Der Schlitten der 
Zrinzeß Lieben wurde bei der Station Kraß⸗ 
iopawlowka, als er das Geleise überfuhr, von einem 
Bahnzug zertrüummert. Der Kutscher blieb todt, 
die Prinzessin fiel bewußtlos zwischen die Schienen 
und blieb unberletzt, obwohl der Zug über sie 
hdinwegging. 
F Die Buürgermeister von New⸗York und London 
jaben mittels des Edison'schen Phonographs 
unläßlich des neuen Jahres Glückwunsch-Botschaften 
usgetauscht. J 
f.Ein lenkbares, elektrisches Luft- 
schiff. Aus Newyork wird geschrieben: Auf 
»der besser über Coney Island in der Bay von 
NeAyork wurden vor einigen Tagen höchst bemer— 
erthe und, was mehr ist, gut gelungene Ver⸗ 
uche mit einem lenkbaren Luftballon unternommen, 
vohrscheinlich dem ersten, welcher die an einen 
olchen gestellten Forderungen zum groͤßten Theil 
exzallte. Der Erfinder ist Peter C. Campbell, ein 
Brookliner Juwelier und geschickter Mechaniker, 
velcher seit zehn Jahren an diefer seiner Idee ar. 
heitete. Zum ersten Versuche mit dem auf sein 
igenes Risiko erbauten Maschinenwerk hatte der 
krfinder IAde den bekannten amerikanischen Luft⸗ 
hiffer James K. Allen aus Providence, N. J., 
jerangezogen, welcher den Aufstieg leitete. Den 
Letzteren zu beobachten, hatte sich eine erhebliche 
MNenschenmenge anf Coney Island eingefunden. 
Im 3 Uhr Nachmiitags stieg der Ballon auf, er⸗ 
job sich langsam biß zu einer Höhe von 200 Fuß, 
sielt hier eine Minute und sank alsdann ebenso 
angsam wieder zu Boden, um ohne fremde Hilfe 
jenau an dem Platze der Abfahrt zu landen. Dann 
rhoben die Luftschiffer sich bis zu 500 Fuß, mando 
irten hier eine halbe Stunde lang mit großer 
vicherheit und Pünltlichkeit, schwebten nach allen 
„immelsrichtungen, wendeten blitzschnell um und 
ehrten zuruck, hoben und senkten den Apparat, 
iahmen schiefe und gerade Lagen an, um zum 
Schlusse gen Norden zu entschweben, und zwar nach 
em Dorfe Sheepheard Bay, wo man eine gewisse 
dirche als Platz der Landung vorgeschrieben hatie. 
In der That ließ die Maschine sich genau an dem 
ezeichneten Platz herab und landen ohne fremde 
dilfe; gleich einem Riesenvogel,weicher seine 
Schwingen ausbreitet und von den Luften getragen, 
aiederschwebt, so sank das große Schiff und legte 
ich gehersam zu Boden. Das Aeußere des Appa⸗ 
'ates erinnert lebhaft an jene Phantafiebilder, mit 
welchen franzoͤsische Maler die Romane ihres genia⸗ 
en Landmannes Jules Verne auszustatten pflegen, 
der Ballon hat die Form einer riesenhaften, an 
eiden Seiten zugespißten Cigarre, er ist 60 Fuß 
ang, hat in der Mitie einen Durchmesser von 42 
Fuß und repräsentirt gewissermaßen eine glückliche 
Fombination von Lufischiff und Fluamaschiae Da 
zasgefüllte Ballon ist hier nichts weiter, als das, 
das der Lokomotive der Dampf ist, also bie Kraft; 
illes Andere, die eigentliche Seele, vereinigl die 
lektrische Flugmaschine in sich. Die Letztere, ein 
iußerst complicirter Apparat, ist von dem Ballon 
zucch eine didke, eiserne Stange oder Walze ge⸗ 
rennt, welche der Lärge nach unterhals des Bal⸗ 
ons im Nitzwerke hüngt. In der Mitte der Ma⸗ 
chine befindet sich die Gondel, die „car“, der 
Heittelpuntt des Ganzen; hier befindet sich der 
Sitz, der Erzeugungspunkt vet Elektricität, vermit⸗ 
elst welcher alle Bewegungen unternommen werden. 
Dder ganze Apparat hat, sobald er sich in freier 
Lduft befindet, ein unbeschreiblich abenteuetliches 
Aussehen. Die eiserne Stange, mit verschiebbaren, 
zewichtigen Kugeln und Kurbeln versehen, dreht 
und schiebt sich, um dem Apparat die gewünschte 
jorizontale oder schräge Lage zu geben, an der 
car“ befinden sich zwei gigantische Flügel, deren 
Stellung derjenigen der gleichen Apparate am Kör⸗ 
der eines Vogels gleichkommt, dieselben sind beim 
Laviren gegen ungünstigen Wind sowie beim schrägen 
Abstieg hedienstet. Außerdem hängt gleich dem 
Netze einer Riesenspinne ein scheinbar leichtes Ge⸗ 
vebe rings um die Gondel, welches sich jedoch beim 
Niederlassen des Luftschiffes blaht und, ohne die 
Bewegungen der Maschine zu hemmen, einen wert⸗ 
yollen Fallschirm bildet. Man bemerkt verschiedene 
pindmũhlenartige Apparate, welche, in Bewegung 
gesetzt, die Maschine mit rapider Geschwindigkeit 
um fich selbst drehen, ein Steuer bon enormet 
Broͤße und in der Form demjenigen eines Schiffes 
ntsprechend, zwei Anker, einen Kiel, sowie wehrere 
Luftkästen unter dem Boden der Gondel und schließ- 
iich zwei weit hinausragende Ruder, nebst Enter- 
jaken und großen Sandkissen, um einen etwaigen 
Anprall abzuschwächen. Der Erfinder sowohl, als 
die nächsten Interessenten setzen große Hoffnungen 
auf die Erfindung, sie versprechen dieselbe binnen 
tturzem auf's höchste zu vervollkommnen und da⸗ 
mit einen jener Traͤume, welche die Menschheit seit 
Jahrtausenden geträumt hat, zu realisiren. Doch 
nicht in die Wolken soll der Flug gehen, sondern 
hübsch in der Nähe der Mutter Erde seinen Fort⸗ 
zang nehmen; der Erfinder verlangt von seiner 
Maschine — die ein „lenkbares, zum praktischen 
Bebrauch bestimmtes Luftschiff“ dacstellen soll — 
aur die Fähigkeit, sich in einer durchschnittlichen 
döhe von 500 Fuß bewegen zu können. Das 
Probexemplar übertrifft jedoch diese Erwartungen 
noch — wenn man den Angaben der leitenden 
dersonen hierüber Glauben schenken darf. 
Perefte Nachrichten. 
Speyer, 7. Jan. (Anerkennung einer 
dlen That.) Der Fuhrmann Johann Michael 
Zerfel aus Königsbach hat am 9. Dezember 1888 
zie neunjährige Tochter des Schlossers Johannes 
yncker in Neidenfels, welche bei der Hemmerschen 
Naschinenfabrik an der Sttaße von Lambrecht nach 
daiserslautetn in den vollangestauten Mühlkanal 
zefallen war, mit eigener Lebensgefahr vor dem 
icheren Tod des Ertrinkens gerettet. Für diese 
nutvolle Handlung wird dem Genannten durch die 
gl. Regierung die lobende Anerkennung öffentlich 
zusgesprochen. 
Berlin, 7. Jan. Der Botschafter am eng- 
ischen Hofe, Graf Hatzfeldt, ist heute Vormittag 
aus Friedrichsruh hier wieder eingetroffen. 
Neapel. 8. Jan. Aus dem Besuv steigen 
eit gestern außergewöhnlich großen Rauchsäulen 
unuf; in weißglühenden Massen, bemerkbar bis zum 
Fuße des südöstlichen Kuppels ergiekt sich ein 
davastrom. 
Newyork, 7. Jan. Der „Newy. Her.“ 
rhält aus Auckland eine Milteilung über das Ge⸗ 
echt auf Samoa, welche besagt, die Olga habe 
120 Mann gelandet, um die Anhänger Tamases 
zegen Mataafa zu unterstützen. 
Washington, 7. Jan. Der Senat nahm 
in geheimer Sitzung mit 49 gegen 83 Stimmen 
den Antrag an, besagend, die Unionsregierung würde 
lede Verbindung seitens icgend einer europäischen 
Macht mit dem Bau oder der Kontrolle irgend⸗ 
welchen Schiffkanals über den Darischen Isthmus 
»der Central ˖Amerika als den gerechten Interessen 
zer Union nachteilig und als eine Bedrohung ihr3 
Wohls betrachten. Der Präsident wird gebeten, 
ziesen Antrag den europäischen Regierungen mit- 
eilen zu wollen. 
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Zür die Redaktisn derantwortlich F. X. Demetz—.