Full text: St. Ingberter Anzeiger

diese Stiücke in den Handel gebracht werden, dürfte 
auf einen ausgedehnten Absatz gerechnet werden, da 
dieses Brsnzerelief auf dunklem Grund in Medail— 
lonrahmen gefaßt oder in sonstiger Weise dekorativ 
derwendet einen schönen Zimmerschmuck zu dauern- 
der Erinnerung an den edlen Kaiser bildet. Wie 
die „Pf. Vztg.“ hört, sind diese jetzt hergestellten 
Reliefrilder aus Material von eroberten französischen 
Beschützen gegossen, was ihnen noch einen ganz 
hbesonderen Werth verleiht. 
— Pirmasens, 12. März. (Unfug) 
Am Sonntag Mittag befand sich eine kleine Pir⸗ 
masenser Gesellschaft in Gersbach auf Besuch und 
vollte sich am Abend mit einem dortigen Fubr- 
werk nach Hause fahren lassen. Während' der be⸗ 
spannte Wagen vor dem Wirthshause hielt, lam 
eine Anzahl bezechter Burschen, besetzte ihn und 
uhr in wildem Galopp nach Winzeln, wo sie zu 
Hause sind. Da angekommen, überließen sie Pferd 
und Wagen sich selbst, bis die Geceshacher ihr 
Figenthum abholten. An sich, schreibt die „P. 
Ztg.“, verdient die brutale Handlungsweise schon 
zine gehörige Strafe, welche aber wohl noch be— 
dentend verschärft werden wird. wenn es sich als 
erwiesen herausstellt, daß die rohen Menschen, wie 
jetzt schon vielfach angenommen wird, das arme 
Pferd gestochen haben. Dasselbe zeigt nämlich 
mehrere nicht unbedeutende Verletzungen. 
— Die Ziege eines Ackerers in Obersülzen 
warf ein Junges, das vier Augen hat. Die zwei 
äberflüssigen Gucker stehen da, wo die Hörner aus⸗ 
wachsen und sind stillstehend. Das Thierchen lebt 
und ist so munter wie ein junges Geisböcklein sein 
tann. 
— Land au, 11. Marz. Herr Oberst Waagen 
ist zum Generalmajor befoördert worden. So herzlich 
man hier dem Herrn Obeist zu diesem Abancement 
gratuliren wird, so sehr wird gewiß auch bedauert 
werden, daß der nunmehrige Herr General Waagen 
nun doch Landau verläßt. Gerüchtweisem Vernehmen 
nach ist zu seinem Nachfolger im Kommando des 
18. Infanterie Regiments Herr Oberstlieutenant 
Schraudenbach, zur Zeit beim 12. Infanterie⸗ 
Regiment in Ulm, bestimmt. Herr Oberstlieutenant 
Schraudenbach ist ein gebor ner Landauer und stand 
vor mehreren Jahren auch bereits hier als Major 
im 18. Infanterie⸗Regiment in Garnisfon. (Tgb.) 
— Aus Venningen schreibt man der „Ggw.“: 
Der beliebte Frühlingsbote „Meister Langbein“ ist 
bis jetzt noch nicht bei uns angekommen; dagegen 
sah man heute Nachmittag bei eiwa 8 Grad Reau⸗ 
mur, herrlichem Frühlingswetter, im sogenannten 
„Seegraben“, d. i. der Grenzgraben zwischen Eden⸗ 
oben und Venningen, 8 Sommer⸗ resp. Schwimm⸗ 
vögel in Gestalt von Edenkobener Buben, deren 
Namen uns bekannt sind — baden. Unser Ge⸗ 
waährsmann erzählt, er habe die heißblütigen Baden⸗ 
den ermahnt, doch jetzt noch aus dem Wasser zu 
bleiben, so nackt und bloß: da könne man sich sehr 
leicht erkälten, worauf einer dieser jungen Sparianer, 
Namens A. erwiderte: „Das macht nix; meine 
Mutter badet noch kleinere Kinder und denen thut's 
auch nix.“ — So geschehen am 9. März 1889, 
wo die Gipfel der umliegenden Berge noch mit 
Schnee bedeckt sind und die Bäche noch Spuren 
don Eis zeigen. Da soll man noch einmal etwas 
sagen von einer verzaͤrtelten und verweichlichten 
Jugenderziehung! 
— Germersheim, 11. Marz. Sicherem 
Vernehmen nach soll Herr J. Schreiner sein 
Hotel zum „Salmen“ um 70000 Mtper— 
kauft haben. 
— In Neustadt findet, wie schon erwähnt, 
Sonntag den 17. März, Morgens 11 Uhr, im 
Gesellschaftshause der 3. Berbandsta g pfälz⸗ 
ischer landwirthschaftlicher Consum—- 
pereine stati, welchem eine gemeinsame Sitzung 
des Verbandsausschufses und der sämmtlichen Ein— 
laufs-⸗Commissionen Morgens 1310 Uhr voran ⸗ 
zeht und ein gemeinsames Mitlagessen folgt. Die 
Tagesordnung des Verbandstages lautfet: 1) 
Jahresbericht des Verbandspräsidenten. 2) Berichte 
des Vorsitzenden der EinkaufsCommissionen. 3) 
Mittheilungen aus einzelnen Vereinen, Anträge 
und Wünsche. 9) Eingabe an die kgl. Regierung 
tesp. den Landrath der Pfalz, betreffend die Ver— 
uchsstation in Speyer. 5) Die Concentration der 
Beschäftsführung des Verbandes. 
— Vom unteren Gebirge schreibt 
„Weinbau und Weinhandel“: Die mit der drit 
ien Woche dieses Monates an der Haardt begin—⸗ 
ienden Wein-Auctionen lenken die Aufmerksamkeit 
unächst mehr diesen als dem freihändigen Geschäfte 
zu. Zunächst die Wein-Versteigerungen im Bezirke 
steustadt anlangend, so dürften jene das hauptsäch 
ichste Interesse in Anspruch nehmen, wo es sich um 
zut behandelte, nicht zu hochpreisige ältere 
Zachen möglichst orgiginaler Natur handelt. 
Flaschenreife oder doch nahezu fertige Sachen 
»ürften unter erwähnten Voraussetzungen in dieser 
Richtung am Begehrtesten sein. Besonderes Jate⸗ 
cesse dürfte vornehmlich auch die für den 30. April 
noch Neustadt anberaumte Rothwein⸗Versteigerung 
der Herren Gutsbesitzer Gebruder Wack zu Diedes- 
zeld beanspruchen. Es gelangen hierbei circa 
100,000 Liter 1887er Rother aus besseren Lagen 
des mittleren und unteren Haardtgebirges zum Aus⸗ 
jebot. Probetage: 3., 15. und 30. April. Dieser 
Auction dürfte im Hinblick auf die ausländische 
Rothwein-Concurrenz eine besondere Bedentung für 
den Rothweinbau an der Haardt beizumessen sein. 
— Ludwigshafen, 11. März. In einer 
Wirthschaft am Ludwigsplatz schlug gestern Abend 
in roher Mensch einer Kellnerin aus geringfügiger 
Arsache seinen Bleistock auf den Kopf, daß diese 
ängere Zeit bewußtlos war. Der Thäter wurde 
ofort verhaftet, da man glaubte, die Kellnerin sei 
ebensgefährlich verletzt, wurde aber heute Nachmit- 
ag wieder aus der Haft entlassen, da sich die Ver⸗ 
etzungen zum Glück als nicht gefahrbringend er ˖ 
viesen und die Kellnerin wohl schon in den näch⸗ 
ten Tagen ihrem Berufe wieder obliegen kann. 
— Ludwigshafen, 11. März. Gßfälz. 
zank.) In der heute Nachmittag stattgefundenen 
lufsichtsrathssitzung wurde laut „G.⸗A.“ mit Be⸗ 
riedigung konstatirt, daß der Bruttogewinn pro 
888 fich bei einem Gesammtumsatz von 435 
Nillionen auf Ml. 888,000 beziffere. Der Netto 
jewinn von Mk. 303,000 läßt nach Verwendung 
»on Mik. 20,000 zum Reservefond, weiteren Mt. 
20,000 für Abschreibungen auf Immobilien ꝛc. 
ind bei Mk. 10,000 Vortrag auf neue Rechnung 
ine Ausschüttung von 8 pCt. Dividende (gegen 
vOCt. im Vorjahre) zu. 
Vermischtes. 
pFür Geschäftsleute. In einem Rechis— 
'alle gelangte vor Kurzem ein Kopirbuch zur Vor— 
age bei Gericht, weil es um die Feststellung eines 
datums sich handelte. An Stelle der Jahreszahl 
var aber auf allen Kopien des Buches nichts weiter 
ils die einzige Ziffer „8* zu entdecken. Die drei 
orhergehenden Ziffern der Jahreszahl waren eben, 
vie dies ja zumeist vorzukommen pflegt, auf Brief⸗ 
papier und Fakturen der betreffenden Firma vorge⸗ 
ruckt, und es wurde deßhalb stets nur die letzte 
Ziffer hinzugeschrieben, welche sich dann allein im 
stopirbuch abdruckte. Der Beweis der Jahreszahl, 
um den es sich handelte, wurde vom Richter als 
aicht erbracht angesehen, und für jene beweis— 
ührende Firma ergaben sich bedeutende Unannebm⸗ 
ichkeiten. 
F Dudweiler. Dem Vernehmen nach wird 
derr August Sproß von hier am nächsten 
Samstag abends 8 Uhr im Saale des Herrn Zix 
inter gefälliger Mitwirkung seiner Lehrer und 
einiger geschätzter Dilettanten ein Konzert geden. 
F St. Johann. In einer hiesigen Augen⸗ 
klinik hatte ein Knabe aus einem Dorfe bei Saͤar⸗ 
louis Aufnahme gefunden, der durch einen Stein 
wurf von einem Knaben am Auge vorsätzlich ver⸗ 
lsetzt worden war. Infolge sorgfältiger ärztlicher 
Behandlung blieb das Auge bei heschwächter Seh- 
lraft erhalten. Der Vatst des verletzten Kindes, 
in blinder Orgelspieler, verklagte den Vater des 
dnaben, der den Stein geworfen hatte, zur Er—⸗ 
angung einer Entschädigungssumme. Die Civil⸗ 
ammer des Königl. Landgerichts in Saarbrücken 
»erurtheilte den Beklagten zur Zahlung von 1000 
Mk., sowie in die Kosten des Prozesses. 
F Saarbrücen, 12. März. Das 7. 
Dragoner⸗Regiment wurde heute Vormitiag gegen 
) Uhr alarmirt; in fünf Minuten standen die 
ünf Schwadronen auf dem Ludwigsplatze. Das 
segiment marschirte sofort nach dem großen Exer ⸗ 
irplatz, sodann nach Arnual hin; der Rückmarsch 
rfolgte durch die Arnualerfiraße, über die alt⸗ 
Brücke, durch die St. Johanner Bahnhofstraße über 
zie neue Brücke nach Saarbrücken zum Ludwigsplatz. 
Die vierte Schwadron war mit Lanzen bewaffnet. 
der Marsch durch die Stadte erfolgte unter klingen⸗ 
em Sviel des Trompeterkorps 
. Saargemünd, 9. März. Folgende— 
Vorfall gibt Zeugniß von dem „hohen“ Kullurzu— 
tand vieler lothringischen Gemeinden und der dir— 
rrefflichen Verwaltung derselben. In Lemberg 
»inem Dorfe von 2000 Einwohnern, starb dieß 
Woche ein armer Mann. Die Frau desselben ba 
zei dem Bürgermeister um Unterstützung zur Be— 
erdigung, welche jedoch verweigert wurde. Nachbarn 
aagelten nun vier Bretter zusammen und die Be. 
erdigung ging von Statten. Auf dem Wege zum 
Friedhofe barst jedoch der Sarg und Kopf und 
Beine des Todten kamen zum Vorschein, da über 
die Bahre auch nicht einmal ein Bahrtuch gebreitel 
war. Der begleitende Priester und einige Schul— 
kinder wucden unwohl. 
Aus Erstein Elsaß) wird geschrieben 
Fin auf eigenthümliche Weise ermöglichtes Wieder 
jehen! Dieser Woche kam der Polizeidiener N. 
aus Haßloch hierher, um einen jungen Menschen 
zon dort, welcher aus der Befferungsanstalt zu 
Speyer entwichen und hier ausfindig gemacht 
worden war, wieder in genaunte Anstalt zurüchu— 
ühren. Hier angekommen, erfuhr er nun durch 
einen jungen Menschen, der ihn nach dem Bürger: 
meisteramte begleitete, daß hier ein Bruder don 
ihm wohne, von welchem er seit 25 Jahren keiner⸗ 
lei Nachrichten mehr echalten hatte. Schließlich 
stellte sich auch noch heraus, daß der Begleiter 
Niemand anders als sein Neffe sei, der ihn nun 
zu seinem Bruder führte. Die Freude des 
Wiedersehens der beiden Brüder läßt sich kauw 
schildern. 
F Mannheim, 11. März. Ueber einen 
unheimlichen Fund berichtet das „Tgbl.“ 
Bestern Nachmittag fand der Einwohner Peter 
Hornig von Neckarau während des Fischens in 
Rhein in dem zur Neckarauer Gemarkung Hagen⸗ 
bau gehörenden Stromgebiete ein menschliches Bein 
in seiner ganzen Lange vom Hüfte-Oberschenkel mi 
dem Fuße, an welchem sich noch Fleischtheile be 
fanden. Hornig erstattete sofort Anzeige beim Bür— 
germeisteramte Neckarau; bei der vorgenommenen 
Augenscheinsnahme kam man zu der Annahme, daß 
der gefundene Strunk das linke Bein vermuthlich 
eines Frauenzimmers ist. Der unheimliche Fund 
wurde in die Leichenhalle des Friedhofes zu Ne— 
ckarau verbracht. Man darf in der That gespann' 
auf die Lösung dieses dunklen Räthsels sein. 
F Aus Heidelberg wird geschrieben: „Et 
vird die Leser gewiß interessiren, zu vernehmen 
daß ein Abglanz der unvergeßlichen Heidelberger 
Jubilaumstage vom Jahre 1886 auf die September⸗ 
cage d. J. fallen wird. Es wird nämlich zu Ehren 
derhier versammelten Naturforscher und Aerzte nich 
blos an einem Abend eine bengalische Beleuchtung 
der Außenseite des Schlosses und der alten Neckar⸗ 
bdrücke statifinden, sondern an einem zweiten Abend 
ruch das Innere der Ruine, der Schloßhof, durch 
Tausende von Flammen beleuchtet werden und 
Wwar ganz in derselben Weise, wie dies in den 
Augusttagen des Jahres 1886 geschehen. In Ver⸗ 
bdindung damit wird ein „Schloßfest“ zu Ehrer 
der Gaäste veranstaltet werden. 
F Köln. Der Kolner Männergesangveren 
rritt seine Konzertreise nach Italien am 18. Apri 
an und schließt dieselbe am 11. Mai nach dew 
Besuche der Städte Mailand, Venedig, Bologna 
Fxlorenz, Rom, Neapel, Genua und Turin. Frl 
Donita dom hiesigen Stadttheater und der Pianif 
stott aus Dresden werden die Fahrt mitmachen. 
F An einem Eisenbahngebäude auf dem Güter 
bahnhof in Lützel⸗Koblenz befindet fich folgender 
Anschlag: „Das Konigreich Japan sucht deutsche 
Lokomotivführer. Dasselbe gewährt den 
Beamten 5742 Mk. jährlich als Gehalt und 
jreie Wohnung auf der Insel Kinschin.“ 
F Kassel, 8. Mäarz. Ein Großfeuer 
wie es seit langen Jahren hier nicht stattgefunden 
Jat, versetzte heute nachmittag gegen 2 Uhr gan 
Kassel in leicht erklärliche Erregung. Der Feuer— 
vächter von dem St. Martins⸗Kirchthurm bliet 
IAötzlich Feuer, und wie elektrischer Funken gint 
es von Mund zu Mund: „Die Zuchthäuslen 
haben das Zuchthaͤus angesteckt und haben durch— 
hbrennen wollen.“ Zum Dache und aus aller 
Lucken und Fenstern des Oberstockes schlugen 
prasselnd und zischend in mächtiger Höhe die 
Flammen empor, die schweren Eisengitter vor der 
Fenstern zerschmolzen wie Wachs, und nach kaum 
riner Viertelstunde stand das Oberstockwerk des Ge 
bhäudes in Flammen. Schließlich nach mehrstündige 
Arbeit gelang es der Feuerwehr, das Feuer au