Full text: St. Ingberter Anzeiger

abrige Inhalt umhergestreut. Ein im gleichen 
Zimmer sflehender größerer Schrank zeigt Spuren 
don Gewalt, doch ist es dem Mörder nicht gelungen. 
denselben zu öffnen. Ortsvorstand und Polizei 
waren alsbald zur Stelle und sofort wurden die 
umfafsendsten Maßregeln zur Ermittlung des Mör- 
ders getroffen, ohne daß man desselben bis jetzt 
habhaft geworden wäre. 
Bei einer kürzlich vom Prinzen Biron von 
Curland bei Groß ⸗Wartenberg veranftalteten 
Herren Jagd ereignete es sich, daß ein vor kurzer 
dZeit gekaufter zahmer Hirsch fast alle Treiben mit 
der Treiberkette mitmachte, indem er hinter den 
Treibern here und mit ihnen an der Schußlinie 
quslief; es beunrubigte ihn durchaus nicht, wenn 
rechts und links von ihm Schüsse fielen. Ein 
Forster legte ihm, um ihn scheuer zu machen, das 
Fewehr auf das Geweih und schoß es los; der 
Hirsch zucte nicht einmal zusammen, sondern schüt⸗ 
selte nur den Kopf. (So! Sol) 
f Die sehr4 empfehlenswerthe Wochenschrift 
Das Echo“ hatte, wie s. Z. mitgetheilt, folgende 
hreis⸗Scherzfrage gestellt: „Weshalb macht man 
gewoͤhnlich, wenn man sich zärtlich küß, die Augen 
zu?“ Es gingen über 3000 Loösungen ein, von 
denen nachstehende preisgektönt wurde: 
In der Bibel steht geschrieben: 
Du sollst deinen Nächsten lieben, 
Drück' bei seinen Schwächen du 
Gütig auch ein Auge zu! 
Küssen aber zwei sich — ach — 
Fühlen sie, daß beide schwach: 
Eins für dich und eins für mich — 
Beide Augen schließen sich! — 
x— Eine Gesellschaft von amerikanischen Rad⸗ 
fahrern wird sich vom Mai bis Sepitember 
Furopa per Fahrrad besehen. Sie wollen England, 
Frankreich, die Schweiz und Deutschland besuchen. 
Vielleicht erleben wir es noch, daß sich tüchtige 
Radfahrer als Fremdenführer durch Europa oder 
einzelne Länder unseres Erdtheiles ausbilden. 
F Die Pickelhauben-Frage in Frank— 
reich. Unter den vielen ueuen Spielwerken und 
„Fragen,“ welche diesmal in den kleinen Weih- 
nachtsbuden auf den großen Boulevards von Paris 
von ihren Erfindern mit gewaltigem Wortschwall 
angepriesen wurde, erregte die Question du 
casquo“ (die Pickelhauben⸗Frage) die allgemeiue 
Aufmerksamkeit. Es ist ein Geduldspiel, welches 
als solches weniger interessant ist als wegen des 
damit verknüpften RevancheGedankens und wegen 
des Strebens, ein unbedingtes Vertrauen in das 
Lebelgewehr bei den Massen zu serwecken. Die 
Popularisirung des neuen Gewehres wird seit 
einiger Zeit in der Tagespresse, im Romane, in 
den volksthümlichen militärischen Schriften mit 
einer gewissen Methode betrieben, die fast auf die 
Vermuthung kommen läßt, als komme die Anregung 
dazu aus den leitenden, politisch⸗emilitärischen Krei- 
sen. Das Gewehr wird so zu einer Art Fetisch 
Frankceichs werden, was seine guten, aber auch 
seine bosen, gefährlichen Seiten hat. Das vor- 
liegende Spielwerk besteht aus einem Pergament- 
herz, an welchem, ebenfalls aus Pergament, ein 
Helm und ein Gewehr befestigt ist. Es gilt den 
Helm zu entfernen. Das Herz trägt die Inschrift 
in rother Farbe. 
Der Helm bedroht zwar Frankreich schwer 
Doch Frankreichs Heil ist sein Gewehr. 
Jedem Käufer des Spielwerks wird ein Zeitel 
in die Hand gesteckt, aus welchem man entnehmen 
ann, wie der Helm zu entfernen ist, und daß 
der Erfinder ein Herr Gosset ist. Außerdem findet 
äch auf dem Zettel folgender Verr;:: 
„Dich intriguirt die hier gestellte Frage, 
Spottlustiger Franzose, 
Und Du verlangst, daß ich Dir sage, 
Wozu der Helm, 
Wozu die Flinte, dort das Herz? 
Das Herz ist Deins! 
Verwundet stöhnts vor Schmerz. 
Und das Gewehr? 
Ein Hoffnungsstrahl ist unsern Lande. 
Und dort der Helm? 
Du weißt es wohl — der Helm ist Frankreichs 
Schande.“ 
Wie heißt doch der Hochgesang zur Weihnachts- 
zeil? „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede 
auf Erden.“ Hiezu bietet das Geduldspiel eine 
vortceffliche Illustration. 
fWer ist Prado? D heimniß über 
die Adkunft des hingerichteten „ariser Moͤrders 
Prado soll nun gelüftet sein. Ein brafilianischer 
UArzt hat die Aufllärung dahin abgegeben, daß der 
Verbrecher ein Sohn des — Praäsidenten der 
deruanischen Republik sei, welcher dort 1876 an's 
Ruder gelangte. Im Gothaer Almanach ist dieser 
General Prado in der That verzeichnet. Sein 
natürlicher Sohn soll in der peruanischen Revolution 
als Pirat eine schlimme Rolle gespielt haben. Mit 
einer Schaar verwegener Burschen — so berichtet 
ener brasilianische Arzt — schiffte er sich von 
Valparaiso auf einem Dampfer ein, um, als man 
nuf hoher See war, die Mannschaft ploötzlich zu 
iberfallen und das Schiff zu kapern. Der Kapitän 
tam dabei um's Leben. Prado landete mit den 
Jassagieren und Mannschaften in Haiti. Seitdem 
ebte er als Korsar und verschaffte sich als solcher 
zald einen gefürchteten Namen. Später kam er 
nach Madrid und dann nach Paris, wo er nun 
ron Henkershand die wohlverdiente Strafe erhalten 
hat. Die Angaben des brasilianischen Arztes wer⸗ 
den von Pariser Blättern als durchaus glaubwürdig 
bezeichnet. 
FPerpignan, 7. Jan. Ein furchtbarer 
Regensturm wüthete seit gestern im ganzen Depar- 
ement Oft⸗Pyrenäen und traten viele Flüsse aus 
hren Ufern. Unsere Stadt und Umgegend ist 
äberfluthet und alle Verbindungen find unterbrochen. 
Der angerichtete Schaden ist ein ganz enormer und 
8 herrscht große Noth unter der Bevölkerung. 
7 Ein junges Paar erschien dieser Tage in 
inem eleganten Cafs in Paris und nahm an 
inem Tische Platz. Der Herr bestellte einen Ab⸗ 
ynth, die Dame trank ein Gläschen Maraschino. 
zurze Zeit nachher erschien ein hochgewachsener 
unger Mann, welcher hastig durch das Zimmer 
türzte, einen Revolver herauszog und auf das eben 
erwähnte Paar schoß. Die erste Kugel schlug in 
einen Spiegel, die zweite durchbohrte den Cyh- 
inderhut eines unbetheiligten Gastes, die dritte 
drang durch die Schläfe des Herrn, welcher mit 
der Dame gekommen war. Der Getroffene sank 
mit einem Schrei todt zusammen; die Dame ent. 
loh; die Gäste waren vor Schreck wie gelähmt 
und Niemand dachte an die Ergreifung des wü⸗— 
thenden Schützen, bis dieser einem Kellner zurief: 
„So holen Sie doch die Polizei, Sie Idiot, wie 
ange soll ich denn noch warten ?“ Auf das Kom— 
missariat geführt, erklärte der Mörder, er heiße 
Soudieux und sei Direktor einer Versicherungsge⸗ 
ellschaft; der Erschossene, Adéline, sei sein Kollege 
und Freund gewesen; die Dame sei seine Frau. 
Livorno, 8. Jan. Dynamitarden 
uuchten das hiefige Polizeigebaude in die Luft zu 
prengen. Ein Teil des Gebäudes ist zerstört, 
zie anstoßenden Häuser wurden beschädigt. 
F Der prachtvolle Hofstaat des königlichen 
stindes von Spanisen, Alfonso XIII., welcher 
vereits mit 2*/2 Jahren eine Dienerschaft hat, wie 
fie kein zweites Kind im Abendlande besitzt und 
dessen Hofstaat, wie der neueste Gothaische Kalender 
meldet, sogar bereits ein Geheimsekretär einverleibt 
ist, wurde nur von dem des Kaisers von China über⸗ 
rroffen, als dieser noch ein Kind war. Dieser große 
Potentat hatte in seiner frühesten Kindheit zu seiner 
dersönlichen Bedienung mehr als 500 Leute. Wo- 
zu mögen die alle verwendet worden sein? Nur 
ein Mitglied des chinefischen Hofes könnte Aufschluß 
iber die Funtionen all dieser Leute geben. Die 
diste sah folgendermaßen aus: 80 Waärterinnen, 25 
Füächerträger, 10 Sonnenschirmträger, 30 Aerzte 
und Wundärzte (1), 7 Köche, 23 Küchengehilfen, 
50 Diener und Boten, 50 Ankleider, welche die 
Aufgabe des Ankleidens und Aufbewahrens der 
daiserlichen Kleider hatten, 75 Astrologen, 16 Gou⸗ 
verneure und 60 Prister. — Bei 30 Köchen und 
30 Aerzten ist es vielleicht doch als Wunder zu be⸗ 
trachten, daß Kuang⸗Hoii, Kaiser von China, be—⸗ 
reits 17 Jahre alt geworden ist. 
F Newyork, 7. Jan. Ein furchtbarer 
Wirbelsturm, welcher an der atlantischen Kuste 
vüthete, hat die Abfahrt vieler transatlantischer 
Dampfer verhindert. Die „Umbria“ und „City 
of Berlin“ konnten gestern noch vor dem Sturm 
auslaufen. 
FWahnsinnige That. In Philadelphia 
vurde ein gewisser Schoops verhaftet, der, wie 
er selber gesteht, sich eines grausamen Verbrechens 
chuldig gemacht hat. Er sagt, daß er einen Mann 
samens Schilling, der sein Kostgänger war, tödtet⸗ 
und die Leiche zerstückelte und zwar aus Aerger 
varüber, daß Schilling zu viel aß. Theile der 
deiche wurden in Sacleinwand gepackt aufgefunden, 
vährend andere Körpertheile in den Wasserröhren 
leckten. 
Folgen einer Weihnachtsfeier. 
Folgende drollige Schilderung der Folgen einer 
Weihnachtsfeier finden wir in einem amerikanischen 
Blatte erzählt: Henry William hat eine Schachtel 
nit Werkzeugen dekommen, am Mittag darnach 
paren bereits drei Beine des Familienpianos rui- 
nirt. Albert James wurde mit einem Schlitten 
beschenkt, jetzt muß er mit einem erfrorenen Fuß 
das Zimmer hüten. Baby erhielt einen langen 
Stock aus gedrehtem Candis und verschmutzte bis 
zum Schlafengehen uicht nur drei Schürzen, son⸗ 
dern mußte auch mit einem Cholera-Anfall zu 
Bette gebracht werden. Großvater bekam die zehnte 
Schnupftabaksdose und Großmutter eine neue Brille 
mit silberner Einfassung, aber mit Gläsern von so 
falscher Nummer, daß sie nicht einmal das Vater⸗ 
unser damit ablesen kann. Der Vater wurde mit 
einem Schlafrock überrascht, in welchem er wie ein 
danswurst aussieht, ferner mit einem Paar Pan- 
soffeln, die zwei Nummern zu klein waren, und 
einem Siegelring, den er im ersten Augenblick für 
einen Todischläger hielt — Alles Dinge, die ihn 
umsomehr erfreuten, als er selber das Geld zu 
hrer Erwerbung hatte hergeben müssen. Welche 
Weihnachtsfreude! 
Neueste Nachrichten. 
Augsburg, 8. Jan. Durch eine Gas— 
explosion sind in einer hiesigen Restauration zwei 
Personen lebensgefährlich verbrannt. — Im be⸗ 
nachharten Orte Meitingen erstach ein 22 Jahre 
alter Bauernsohn seinen hochbetagten Vater. 
Berlin, 8. Jan. Jetzt beslätigt auch der 
Berliner Berichterstatter der „Politischen Correspon⸗ 
denz“, daß in der nächsten Zeit sicherlich noch 
Mehrforderungen für Militärzwecke, und zwar in 
einer gar nicht unbeträchtlichen Höhe werden gestellt 
werden. 
Paris, 8. Jan. Der Gesammtertrag der 
Staalssteuern pro 1888 weist eine Mehreinnahme 
bon 77 Millionen Franks gegen 1887 und eine 
Mehreinnahme von 40 Millionen gegen den Bud⸗ 
getvoranschlag auf. Floquet empfängt am Ftreitag 
zie Deputation der Vereinigung der Actionäre und 
Obligationsinhaber der Panamagesellschaft. 
Madrid, 9. Jan. Gestern wurde auf das 
önigsschloß ein Dynamit-Attentat verübt. 
Die Gebaude haben einen erheblichen Schaden er⸗ 
itten, iedoch ist glücklicherweise niemand verletzt. 
Lür ie Mehaktisn derantwortlich F. X. Demeß. 
Nr. 326 des prattischen Wochenblattes für 
alle Hausfrauen „Fürs Haus“ (vierteljährlich 
nur J Mark) enthaält: 
Wochensp.uch: 
Wenn Alles eben kaͤme. 
Wie Du gewollt es hast 
Und Gott Dir gar nichts nähme, 
Und gäb' Dir keine Laß — 
Wie wärs' denn um Dein Sierben 
Du Menschenkind bestellt? 
Du müßtest fast verderben, 
So lieb wär' Dir die Welt. 
Jahreswechsel. (Gedicht.) Die deutsche Haus- 
frau als Naturforscherin. Hygieia! Zur Geschichte 
der Kochkunst. (Schluß.) Wer schneidet den Bra⸗ 
ten ? Christkindchen kommt doch. (Erzählung. 
Schluß.) Nierenleiden. Buenos Ayres. Braut⸗ 
inzug einer Wittwe. Federmütze. Gummischuhe. 
Filzsohlen. Naturgemäßes Schuhzeug. Mein Holz⸗ 
dorb. Vorsicht mit Nußschalen. Ueberheizte Woh⸗ 
nungsräume. Behandlung des Dochtes. Schlechter 
Gerüch der Lampen. Vorsicht beim Einschrauben 
der Hängelampen. Trocene Keller. Einfacher 
Fiskeller. Fußböden zum Tanzen herzurichten. 
Hreifswald. Zitronen ⸗Auflauf. Eierkuchen mit 
peißem Käse. Bischofbrot. Braune Bohnensuppe. 
Benfer Torte. Vanille-Zwieback. Ausgezeichneter 
ind schnell zu machender Apfelkuchen. Gerichte, 
die man aus gesalzenem Schweinefleisch herstellen 
'ann. Spritzkuchen. Einfacher norddeutscher Küchen ⸗ 
ettel. Rälhsel. Auflösung der Raäthsel in Nr. 
323. Ferniprecher. Echo. Aus allen Düten. 
griefkasten der Schriftleitung. Fuͤrs kleine Volk. 
Unzeigen.