Full text: St. Ingberter Anzeiger

zeugen u. a. die jetzt täglich fich aus dem Süden 
einsiellenden Zugvögel. So wird uns aus Hassel 
berichtet, daß man dort gestern Nachmittag einigt 
stetten Schneegänse, auf ca. 200 Stück geschätzt, aul 
ihrem Fluge nach Norden beobachtete. 
*Eine, die Gastwirte interessierende Ent⸗ 
scheidung ist vom Oberverwaltungsgericht zu Berlin 
gefällt worden. Einen Hundertmarkschein zuvie 
erhielt ein Gastwirt zu Berlin, als er auf einew 
Postamt durch. seinen Hausknecht einen Tausend- 
markschein wechseln ließ. Er teilte die hundert 
Mark mit letzterem, erstattete aber später den ge— 
sammten Betrag zurück, als der Postfiskus die Poli- 
zeibehörde mit Recherchen nach dem Verbleib des 
Geldes betraute. Der Mann wurde darauf wegen 
Unterschlagung vom Schöffengericht zu 50 Mk. bezw. 
6 Tage Gefängnis verurteilt. Auf Grund des 
Erkenntnisses strengte der Polzei⸗Präsident gegen den 
Wirt die Klage auf Zurücknahme der Erlaubnis 
zum Schankbetriebe an. Die Reichs-Gewerbeord⸗ 
nung lasse die Entziehung der Konzession dann zu, 
wenn Thatsachen vorlägen, welche die Annahme 
rechtfertigten, der Schankwirt werde das Gewerbe 
zur Förderung der Völlerei, Unsittlichkeit, des ver⸗ 
botenen Spiels oder der Hehlerei mißbrauchen. 
Letzteres sei zu besorgen, wenn der betr. Mann im 
Besitze der Schankerlaubnis belassen würde. Der 
Bezirksausschuß erkannte nach dem Klageantrag, 
worauf Beklagter die Berufung ergriff. Der II. 
Senat des Oberverwaltungsgerichts verwarf die⸗ 
selbe. 
Q Wolfersheim, 19. März. Von 
schwerem Leid wurde heute Nacht die Familie des 
braben und fleißigen Bergmannes Schuber 
heimgesucht. Von seinen acht Kindern, welche 
gestern Abend noch frisch und gesund zu Bette 
gingen, fingen gegen Mitternacht sechs aufs Hef⸗ 
ügste sich zu erbrechen an und diesen Morgen um 
7 Uhr war eins derselben, ein Mädchen von 9 
Jahren eine Leiche. Die fünf anderen liegen schwer 
krank darnieder. Ob die Kinder etwas Tödliches 
genossen haben oder Diphteritis oder Croup die 
Ursache ist, darüber wird erst die ärztliche Unter⸗ 
suchung Aufklärung geben. Allgemein ist die Teil⸗ 
nahme an der Trauer, in welche die Familie aus 
so plötzliche Weise versetzt ist. 
? Zweibrücken, 19. März. Schwur— 
zgericht beimk. Landgericht Zweibrücken. 
f. Quartal. Vormittags 813 Uhr. III. Fall: 
Hanauer Heinrich, Schuster von Münch— 
weiler wegen Sittlichkeitsbverbrechens. 
Gerichtshof: HH. k. Landgerichtsdirektor 
Herfeld als Vorsitzender, k. Landgerichtsräthe Bauer 
und Platz. Staatsbehörde: k. III. St.A 
Meyer. Vertheidigung: Rechisprakt. Knobloch 
Geschworne: Crusius, Heusser, Daether, 
Göpfert, Lilier, Grogro, Ritter, Neuschäfer, Eidt, 
Waibel, Naegele, Blinn. 
Der Angeklagte, der am 26. Februar 1866 
geboren ist, arbeitete zuletzt mit Unterbrechungen in 
Ludwigshafen und logirte daselbst in der Herberge 
von W. J. Daselbst beging er denn auch am 19. 
September 1888 die That, welche heute Gegenstand 
der Verhandlung ist. Wenn auch die O ffentlichkeit 
der Verhandlung nicht ausgeschlossen wurde, so ent⸗ 
ziehen sich die Details doch der Veröffentlichung auf 
diesem Wege. Der Angeklagte erscheint als ein 
don Haus aus vernachlässigter Bursche, der allen 
Anspruch hat auf die Zugehörigkeit der Classe der 
Stromer. Er gesteht mit einigen Entschuldigungen 
seine That vollständig zu. 
Nachdem die Geschwornen die Schule frage unter 
Annahme mildernder Umstände bejaht hatten, ver- 
urtheilte der Gerichtshof den Hanauer zu einer Ge⸗ 
füngnißstrafe von einem Jahre. 
Schluß der Verhandlung 1124 Uhr. 
2 3weibrücken, 19. März, Vormittags 
1113 Uhr. 1V. Fall: Nieder Johann, 
Metzger von Mittelbexbach, wegen Sittlichkeitsver⸗ 
brechens. 
Gerichtshof: HH. k. Oberlandesgerichtsrath 
Erbelding als Vorsitzender, Bauer und Platz 
k. Landgerichtsräthe. Staatsbehörde: k. III. 
St.A. Meyer. Vertheidigung: Rechtsanwalt 
Hessert. 
Geschworne: S. Becker, Reitz, Eidt, Jung, 
Klingel, Waibel, Schmitt, Neuschäfer, Fischer, 
Bartz, V. Becker, Blinn. 
Dem Angeklagten liegt ein Verbrechen gem. 8 
176 3. 2 St.G.B. zur Last, begangen am 27. 
Dezember zu Mittelbexbach. Die Einzelheiten der 
Verhandlung entziehen sich der Veröffentlichung. — 
Der Angeklagte der bis jetzt die That stets in Ab 
cede stellite, gesteht dieselbe heute zu. Nieder war 
seither gut beleumundet. 
Nachdem die Geschwornen die Schuldfrage und 
ebenso die Frage nach mildernden Umständen bejaht 
hatten, verurtheilte der Gerichtshof den Angeklagten 
zu einer Gefängnißstrafe von 18 Monaten. 
— Im Laufe dieser Woche trifft in Zwei⸗ 
brücken der Zirkus Bügler mit 80 Personen, 
50 Pferden u. s. w. ein, um einige Vorstell- 
ungen zu geben. 
— Landstuhl, 20. März. Die Bauplatz 
frage für das Justizgebäude in Landstuhl scheint 
nunmehr endgiltig entschieden zu sein. Wie die 
„Ztg.“ aus sicherster Quelle erfährt, hat die kgl. 
Staatsregierung vorbehaltlich der Genehmigung der 
hohen Abgeordnetenkammer das an der Pariser⸗ 
straße gegenüber dem Hospital gelegene Anwesen 
der Frau Karl Benzino Witwe um die Kaufsumme 
von 20,000 Mt. erworben. Nach dem neuesten 
Plan soll die Absicht bestehen, die jetzigen Gebäu— 
iichkeiten abzubrechen und dann auf dem geräumigen 
Blatze die erforderlichen Gebäude für das kgl. Rent⸗ 
imt uud für das kgl. Forstamt neu aufzuführen. 
— Von der Lauter meldet der „Pf. A.“ 
Der verödete Steinbruch zu Obersulzbach, dem 
Ackerer Heinrich Jung daselbst gehörend, sowie die 
daran stoßenden Grundstücke gingen durch Kauf 
dro Dezimale um 10 Mark in den Besitz der 
Firma Holtznann u. Cie. in Frankfurt a. M. über. 
die Käufer beabsichtigen ein größeres Steinmetzge- 
chäft darin zu betreiben, wodurch den Arbeitern 
der Umgegend Gelegenheit geboten werden dürfte, 
ich in der Nähe einen respektablen Verdienst zu 
rwerben. 
— Heimkirchen. Der auf dem Amoshofe 
zerheirathete circa. 88 Jahre alte Franz Walther 
Jjatte vor ca. 14 Tagen das Unglück, mit einem 
etwa 100 Pfund wiegenden Schweinstrog, welchen 
er in den Armen trug, hinterrücks umzufallen, so 
daß ihm derselbe, quer über den LTeib fallend, die 
Fingeweide so zerquetschte, daß an seinem Auf— 
ommen gezweifelt wurde. Auffallender Weise be—⸗ 
ändet sich der Verleßste heute aber wieder besser. 
— Von 78 Schulern der hiesigen Volksschule be⸗ 
suchen nur noch 15 dieselbe, da die andern wegen 
Röthelkrankheit zu Hause bleiben müssen. 
— Der Maurer Peter Presser in Odenbach 
sst im Bisitze eines Ochsenkalbes, welches 5 Füße 
hat, und zwar befinden sich am rechten Hinterbein 
2 Füße. 
— Pirmasens, 19. März. Heute war 
der Herr Untersuchungsrichter aus Zweibrücken hier, 
um ein Verhör mit dem durch einen Messerstich 
verletzten Lelle vorzunehmen. Wie der „A.“ hört, 
hat sich das Befinden des letzteren durch Platzen 
einer Ader derart verschlimmert, daß eine Vernehm⸗ 
ung nicht moͤglich war. 
Vom Gebirg. Zu dem Erödölfieber in 
slingenmünster, wo man eine leibhaftige Petro— 
leum quelle gefunden zu haben glaubt, die 
dem Orte amerikanische Oelbarone geben würde, 
zemerkt man zur Ablühlung der Gemüther ein 
ihnliches Vorkommniß in der Gemeinde H. bei 
Edenkoben. Ein Bürger fand im Keller eine starke 
Erdölquelle, die Tag und Nacht ihr edles Naf 
pendet. Man hute alle Behaͤlter, die Nachbarn 
trömten zusamméet — wirkliches Oel, das in den 
Lampen brannte! Eine armdicke Quelle sprndelte, 
Sand aufwerfend, aus der Erde, bis dieselbe, nach 
und nach schwächer werdend, glänzlich ausbliet. 
Was war dies? Ein in der Nähe wohnender 
staufmann, durch das allgemeine Gerede aufmerk⸗ 
sam gemacht, untersuchte seinen Oelvorrath und 
fjand einen bedeutenden Abgang, der von einem 
deck herrührte, durch welches das Oel seinen Aus— 
veg fand und in den Boden sickerte. Rasche Hilfe 
)erschloß das Leck und mit ihm versiegte die Erd⸗ 
olquelle, die schon ihre Neider hatte. 
— In Gleisweiler soll in der letzten 
Woche das Weingeschäft ganz bedeutend gewesen 
sein. Die Preise für den 1888er „Boulanger“ 
stellen sich für 1000 Liter auf 200 - 240 Mark. 
— Auch in Weyer kommt wieder etwas Leben in 
den Weinhandel. Bezahlt werden hier 230 —268 
Mark pro 1000 Liter. 
— Speyer, 18. Mäaärz. Die Ernennung 
des Hrn. Domkapitulars Dauscher zum Dompropfi 
durch Se. Heiligkeit den Papst hat die staatliche 
Anerkennung gefunden und ist die Besiätigung heute 
hdier eingetroffen. Am nächsten Sonntag vor dem 
hdochamte findet die Installation durch den hoch— 
würdigsten Herrn Bischof statt. Bemerlenswerth 
ist, daß der nächste Sonntag (24. Marz) der 40 
Jahrestag der Priesterweihe des neuen Hrn. Dom— 
propstes ist. 
Durch Herrn Reichsrath Dr. A. Buhl 
wurden dem Vorstande des Tabakbauvbereins Haß. 
loch zwei Sorten einheimischen Tabaksamens aus 
borzüglichen badischen Tabaksorten zur Vertheilung 
an Mitglieder des genaumen Vereins übermitlel 
—Neustadt, 19. März. Das Café 
„Deines“ wurde auf die Dauer von 5 Jahren 
an die Brauerei Schwarz um 6000 Mark jahrlich 
verpachtet. Parterre wird „Bierwirthschaft,“ im 
ersten Stoch „Café“ betrieben. 
— Haardt, 19. Marz. Den Reigen der 
diesjährigen Frühjahrs-Weinversteigerungen eröff- 
nete Herr Gutsbesitzer Friedrich Fischer 
dahier. Die Auktion war sehr gut besucht, doch 
m Verlauf etwas schleppend. Die 187er Weim 
gingen rasch und zu schönen, theilweise die Taxe 
aͤbersteigenden Preisen ab; 1887 er Mußbacher M.570, 
daardter 550, 575, 585, 690, Gimmeldinger 
335, 875. dito Straße 695, Haardter Dürrfeld 
685, Königsbacher 675, 685, Haardter Kirchen⸗ 
stück 710, Burgergarten 7458. Haardter Herzog 
und Winzinger Weg 720, Ruppertsberger 730, 
780, 785; die 1886er fanden anfänglich keine 
Liebhaber, wurden jedoch nach der Verßeigerung 
derkauft. 
— Deidesheim, 19. März. Das unlängß 
hier verstorbene Frl. v. Szent⸗Jvanhi hat u 
A. noch testamentarisch bestimmt, daß die Hausbe- 
diensteten je nach Dienstzeit und Verhalten M. 200, 
500, 4000 und 6000 zugetheilt erhielten. An 
Unstalten wurden vergeben: 1000 Mtk. den hiesigen 
Niederbronner barmherzigen Schwestern welch' letztere 
dehufs allgemeiner Krankenpflege an hiesigem Orte 
jaut Schäffler'sche Stiftuyg schon Jahrelang segens 
reich wirken, 100 Gulden dem Zweigverein der 
Niederbronner barmherzigen Schwestern, in Mann 
heim, 100 Gulden dem Spital in Mannheim, 6000 
Mk. der hier bestehenden, vom 4 Herrn Andreas 
Jordan errichteten Kleinkinder-Bewahranstalt im 
Spitalgebäude. Durch diesen letzteren Act wohl⸗ 
hätigster Gesinnung hat sich die edle Todte den 
Dank der ganzen Gemeinde Deidesheim erworben. 
Es erhielten ferner noch: protestantisches Spital 
Mannheim 100 fl., katholisches Spital ebenda 100 
fl., protestantisches Rettungshaus ebenda 100 fl., 
katholisches Rettungshaus ebenda 100 fl., Marien⸗ 
stift ebenda 100 fl., Pestalozzihaus Käferthal 100 
fl., Speyerer Ansialt 53000 Mk., kotholische Kirche 
Deidesheim 1000 Mk. und ferner 300 Mk. zur 
Anschaffung eines neuen Meßgewandes. — Gewiß 
ist, daß der Name der edlen Geberin wie im Leben, 
so auch noch fernerhin überall, wohin ihre Seg⸗ 
nungen flossen, mit Hochachtung genannt werden wird. 
(D. A.) 
— Wachenheim, 18. März. Heute Abend 
hätte dahier leicht unabsehbares Unglück Lentstehen 
können. Seit längerer Zeit läßt nämlich die Wein⸗ 
handlung von G. Böhm dahier durch eine größere 
Anzahl Arbeiter, bezw. einen Unternehmer, in der 
Nähe des hiesigen Bahnhofes Fundamente zu einem 
daselbst zu errichtenden größeren Gebäude graben. 
Begen 5 Uhr heute Abend, als beregte Arbeiter 
zlücklicherweise gerade in der Nähe der Baustelle 
mit den 4 Uhressen beschäftigt waren, stürzte nun 
plötzlich der dicht nebenangelegene Theil des 2stöckigen 
Wohnhauses von Jakob Weber Il., Kohlenhändler 
dahier, unter furchtbarem Getöse zusammen, und 
auch der stehen gebliebene Theil desselben erhielt 
derartige Sprünge und Risse, daß derselbe sehr 
wahrscheinlich wird niedergelegt werden amüssen. 
Menschenleben sind erfreulicherweise keine zu be— 
llagen. 
— Frankenthal. Herr Karl Karcher er⸗ 
deigerte die Gerhard'sche Bierbrauerei um 230,000 
Mt. für ein Consortium. 
— Marnheim, 19. März. Seit einiget 
Zeit trugen mehrere wackere Männer sich mit dem 
Zedanken, der edlen Turnsache auch hier eine 
Stätte zu bereiten. Nachdem die in Umlauf gesetzte 
Zinzeichnungsliste ein überaus günstiges Resultat 
zu Tag gefördert (es haben sich bis jetzt 90 Mit⸗ 
zlieder eingezeichnet), fand gestern Äbend in der 
Zahn'schen Wirthschaft behufs Wahl des provisori⸗ 
chen Ausschusses die erste Versammlung statt, wo⸗ 
zu sich auch die Mitglieder des Turnvereins Kirch⸗ 
heimbolanden eingefunden hatten. Aus der Wahl 
singen nach der „Ndpf. Bztg.“ folgende Herten 
ervor: Lehrer Müller, Armknecht. Rudershausen