Full text: St. Ingberter Anzeiger

1 
Brande in Kohlhof mußte der dortige Gemeinde- 
brunnen ausgeschöpft werden, weil das Wasser des- 
selben dadurch ungenießbar geworden war, daß ein 
Einwohner, der beim Löschen thätig sein wollte, 
in seinem Eifer eine Jauche⸗-Pumpe einsetzte, um 
mittelst derselben schneller und bequemer Wasser be⸗ 
schaffen zu lönnen. 
f Reden, 3830. Dez. Gestern Nachmittag 
gegen 4 Uhr passirte hier ein großes Gruben— 
Un glück durch Explofion von Schlagwettern, und 
kamen teils infolge Wetterschlags, teils infolge der 
nachfolgenden bössen Schwaden vier Bergleute 
ums Leben: Johann Fuchs aus Wemmelsweiler, 
vor 2 Monaten erst verheirathet, Raber und Roß⸗ 
bert aus Merchweiler und Johann Stein aus 
Bliesen. Letzterer hinterläßt eine junge Wittwe mit 
drei Kindern von 2—6 Jahren. Es waren laut 
Bericht der S.⸗Bl. 3. 24 Mann in der betr. 
Strecke auf Arbeit, wovon einige noch, aber leicht 
verletzt sind, welche nach Neunkirchen ins Lazarett 
gedracht wurden; der größte Theil rettete sich durch 
schnelles Ausweichen in andere Gänge, wo gute 
Wetter waren. 
Dudweiler. Am nächsten Sonn—⸗ 
tag, 6. Januar, Nachmittags 83 Uhr, findet eine 
Generulversammlung des „Bienenzucht⸗ 
Vereins des Sulzbachthales“ im Lokale des 
Herrn H. Deutsch hier statt, mit folgender Tages⸗ 
ordnung: 1. Rechnungsablage. 2. Vorstandswahl. 
3. Statutenänderung. 4. Beschaffung von Bienen⸗ 
nährpflanzen. 5. Aufnahme neuer Mitglieder. 
FMalstatt-Burbach, 81. Dez. Ein 
bedauernswerther Unglücksfall ereignete sich am 
Sonnabend Nachmittag in der Schleif-Anstalt des 
Herrn Tettweiler in Burbach. Der Schleifer Kiefer 
war an einem, der durch Dampf getriebenen Steine 
mit Schleifen beschäftigt, als dieser plötzlich zer⸗ 
sprang und dem K. gegen den Kopf flog und 
diesen vollständig zertrümmerte, was den sofortigen 
Tod des K. zur Folge hatte. Kiefer war ver⸗ 
heirathet und hinterläßt zwei Kindet. 
Wiesbaden. Dr. Mezger ist mit seinem 
ersten Assistenten von Amsterdam zu bleibendem 
Aufenthalt hier eingetroffen, und wird am 1. Jan. 
nächsten Jahres die Leitung des Senatoriums über⸗ 
nehmen. 
fEin Schnellzug in Gefahr. Donner⸗ 
stag Abend drohte dem Schnellzug der Main ˖ Neckar⸗ 
Bahn kurz vor dem Walde bei Frankfurt ein 
großes Unglück, welches nur durch die Geistesgegen⸗ 
wart des Lokomotivführers verhütet wurde. Der 
Bahnwärter gab das Signal, daß der in voller 
Fahrt befindliche Zug die Strecke passiren koͤnne, 
in demselben Augenblick gab er aber auch rothes 
dicht. Nur mit der außersten Anstrengung der 
Bremsen gelang es, den Zug dicht vor einem auf 
dem Geleise befindlichen Wagen mit Schienen, der 
vor dem Eintreffen des Schnellzuges nicht recht- 
zeitig entfernt worden war, zum Stehen zu bringen. 
Die Paffagiere dankten Gott, der sie aus sicht- 
licher Ledensgefahr durch die Geistesgegenwart des 
Lokomotivführers errettet hatte. 
F.Ein neuer feuer und rauchsiche—⸗ 
er Anzug waurde bei der Frankfurter Feuer⸗ 
wehr eingeführt, welcher das Eindringen in 
grennende und mit erstickendem Rauche erfüllte 
Räume ermöoͤglicht. Derselbe besteht aus einer 
wasserdichten, genau nach dem Muster der Taucher⸗ 
rorrichtungen angefertigten, hermetisch abschließenden 
Hülle, deren Helm eine Vorrichtung besitzt ver⸗ 
mittelst welcher es möglich ist, den ganzen Anzug 
pon Wasser überströmen zu lassen. Durch einen 
Doppelwind⸗Hebel ⸗Blasebalg wird dem Traͤger des 
Anzuges vermittelst eines entsprechend langen 
Schlauches Luft zugeführt. 
FNuürnberg, 81. Dez. In einer Ortschaft 
»ei Regensburg wurde ein Gendarmecie⸗Stations- 
tommandant, als er im Wirthshause die Rädels⸗ 
führer einer großen Diebesbande verhaften wollte, 
von derselben erschossen. 
F.Bexlin, 81. Dez. Der „Hamburger 
Boͤrsenhalle“ zufolge machte der Praͤsident der 
Handelskammer der beutigen Versammlung der 
daufmannschaft die Mitteilung, daß die neuen 
hiesige Hafenanla gen wegen der starken 
Zunahme des Verkehrs sofori erweiter! 
werden müßten. Mit Erbauung zweier weiteren 
Schuppen für 16 Schiffe sei bereits begonnen, 
serner von der Packetfahrt-Gesellschaft der Bau 
on 250 Meter bedeckten Quais beantragt worden. 
Der Reichsregierung gebühre der Dank des Han⸗ 
elsstandes. 
7 Berlin. Eine niedliche Geschichte wird 
dem „Kl. J.“ von den kaiserlichen Kindern erzählt. 
Herr Hofprediger Frommel hatte beim Kaiser 
Audienz. Der Monarch befahl seinen Söhnen, 
die unter Führung des Kronprinzen im Zimmer 
Jespielt hatten, im Vorzimmer zu warten, bis die 
Audienz beendigt sein würde. Vom Kammerdiener 
var den kleinen Prinzen kurz vorher der Mechanis⸗ 
nus der sogenannten Claque⸗Hüte erklärt worden, 
und als sie nun im Vorzimmer den dort abgeleg⸗ 
ten Seidenhut des würdigen Oberhofpredigers er⸗ 
lidten, glaubten sie ein geeignetes Objekt gefunden 
uhaben, um die gewonnene Kenninis an?den Mann 
»der vielmeht an den Hut zu bringen. Die beiden 
iltesten Prinzen gaben sich die größte Mühe, um 
den Hut, der aber kein Claque ⸗Hut war, nieder⸗ 
zudrücken, aber es gelang nicht. Dem kleinen 
kronprinzen, der bekanntlich bei allen Spielen das 
dommando über seine Brüderchen hat, ging endlich 
die Geduld aus und sich an den Prinzen Eitel⸗ 
Fritz wendend, kommandirte er streng militärisch 
„Setz dich drauf!“ Eitel⸗Fritz gehorchte sofort 
»em brüderlichen Befehl und ein hörbater Knack 
ewies, daß das Werk gelungen sei. Die prinz⸗ 
ichen Brüder brachen darauf in lauten Jubel und 
Zurrahgeschrei aus, welches den Kaiser veranlaßte, 
ins Vorzimmer sich zu begeben, um nachzusehen, 
vas geschehen sei. Auf seine diesbezügliche Frage 
rat der Kronprinz mit stolzem Selbstgefühl miü⸗ 
ärisch grüßend vor, und auf den niedergedrückten 
ind aus allen Fugen gegangenen Hut weisend, 
»rach er in die Worte aus: Erst wollt' der 
nicht, nun ist es aber doch gegangen.“ Der Kaiser 
ieß sofort durch eiuen Diener einen neuen Hut 
für den Herrn Hofprediger holen, der inzwischen 
jerbeigekommen war und den Unwillen des kaiser⸗ 
lichen Vaters, der schon eine Straspredigt halten 
wollte, beschwichtigte. Er bat fich vielmehr aus, 
zur Erinneruug an das drollige Geschehnis den 
zerdrückten Hut ebenfalls mitnehmen zu dürfen. 
F.Das Gemeindeblatt der Stadt Ber— 
lin bescheinigt unter den Geschenken für die Ar⸗ 
nenkasse auch den Empfang von 90 Franken, 
velche Alexander Dumas aus seinem Ein⸗ 
iahme-Antheil an der hunderisten Aufführung 
eines Stückes „Francillon“ den Armen Berlins 
ugewiesen hat. 
FPreßblüthe. Die Angriffe der Partei— 
„läiter untereinander zeitigen nur selten eine Blüte, 
an der das Auge des unbetheiligten Dritten sich 
erfreuen könnte, hie und da kommt es aber doch 
ainmal vor, wie folgender Schlußsatz einer Polemik 
in einem badischen Blatte, dessen köstlicher Witz 
elbst dem Angegriffenen ein Lächeln abzwingen 
muß, beweist. Das betreffende Blatt schließt einen 
Angriff gegen eine gegnerische Zeitung mit den 
Worten: „Sie sucht stets ängstlich nach jedem 
Splitter im Auge des Nächsten, und koöͤnnte doch 
mit den im eigenen Augeaufgespeicher— 
ten Balken einen lucrativen Holzhandel 
etabliren“. Wenn man den letzten Ausdruck 
ins Deutsche übersetzte, wäre dieser Ausspruch werth, 
als geflügeltes Wort dem Büchmann einverleibt 
zu werden. 
FAus der Statistik der größten 
Weltstadt. Das Stedtgebiet von London nimmt 
heute einen Flächenraum von 700 (engl.) Quadrat- 
Meilen ein, hat 4,769,000 Einwohner, worunter 
260,000 Fremde. Die Stadt beherbergt mehr 
Iren als Dublin, mehr Schotten als Edinburg, 
nehr Juden als ganz Palastina und mehr Römisch⸗ 
datholische als Rom. Auf 4000 (engl.) Meilen 
Straßen werden jährlich 13,000 neue Häuser ge⸗ 
naut, 40 Meilen neue Straßen entstehen. Die 
Jahl der Geburten beträgt 46,000 jährlich. Im 
Zurchschnitt befinden sich täglich 1000 Schiffe mit 
10,000 Mann Besatzung im Hafen. 38, 000 Per⸗ 
onen werden jährlich wegen Trunkenheit verhafiet, 
298 Mit ionen Briefe werden jaährlich bestellt. Die 
Imnibus:Gesellschaft besitzt mehr als 700 Wagen 
ind befördert jährlich 56 Millionen Passagiere. 
London besitzt 15,000 Polizisten, 15,000 Drosch⸗ 
tenkutscher und 15,000 Postbeamte, 400 Tage⸗ 
blätter und wöchentliche Blätter. 
Triftige Entschuldigung. Ein 
Baseler Schullehrer hat dieser Tage folgenden Ent— 
chuldigungszettel erhalten, welcher einzig in seiner 
Art dastehen dürfte. Wir geben ihn wörtlich wie⸗ 
er: „Biete mein Frits gietichs zu entscholdigen, 
as er nich nach Schule kommt. Er is gestorden. 
Wittwe H., Waschfrau.“ 
F Ein seltsamer Prozeß wurde vor 
kurzem in Wien entschieden. Der Sachverhalt ist 
folgender: Unter den Kranken des Rudolfspitals 
zefand sich in den lezten Monaten die 19jährige 
datharina Knapp. Die Kranke unterließ es oft 
aus Leichtsinn und Trotz, die Arzneien zu nehmen, 
velche ihr verschrieben wurden, sowie die sonstigen 
irztlichen Anordnungen zu befolgen. Da jedoch 
die Natur ihres Leidens es unmöglich machte, fie 
jor ihrer gründlichen Heilung zu entlassen, so ent⸗ 
chloß sich der Oberarzt Dr. Mrazek, durch eine 
Salomel. Injektion ihre Genesung herbeizuführen. 
kine solche Injektion ist überaus schmerzhaft. Als 
nun Dr. Mrazek diese Maßregel an der Patientin 
viederholen wollte, setzte dieselbe diesem Vorhaben 
ffenen Widerfland entgegen. Die Versuche des 
Arztes, sie im Vereine mit Wärterinnen festzuhal- 
nen, waren vergebens; die Kranke drohte, schlug, 
biß und beschimpfte den Arzt sowie das Warte— 
dersonal. Nunmehr wurde ihr die Zwangsjacke 
angelegt; da diese aber ein wenig locker war und 
hr noch einige Bewegung gestattete, so übte fie 
reuerdings Widerstand. Katharina Knapp war 
wegen dieses Verhaltens gegen den Arzt einer 
taatlichen Anstalt der öffentlichen Gewaltthätigkeit 
und Wachebeleidigung angeklagt. Der Verteidiger 
pestritt, daß der Widerstand gegen eine schmerz⸗ 
jafte Operation einen verbrecherischen Thatbestand 
»egründe. Der Gerichtshof aber sprach die Ange⸗ 
lagte schuldig und verurteilte sie zu vier Monaten 
kerkers. (N. Fr. Pr.) 
fF Rom, 28. Dez. Gestern explodirte in 
inem Fort bei Messina eine Granate, während 
inige Soldaten an der Bereitung solcher arbeiteten. 
zaut amtlicher Bekanntmachung sind dabei 28 Per⸗ 
onen getödtet und 2 verwundet worden. Darunter 
jefand sich ein Hauptmann mit seiner Frau. 16 
deichen sind bereits unter den Trümmern hervor⸗ 
jezogen worden. 
F Rom, 1J. Jan. Der Propaganda wird ge⸗ 
neldet, daß in der Man dschure i (Asien) verheerende 
leberschwemmungen mit großem Men— 
chenverlust statigefunden haben. — In Quilon 
ain der Küste von Malabar ist die Choler a aus⸗ 
gebrochen. Zweitausend Christen sind gestorben, 
die Pflege der Erkrankten übernahmen italienische 
Tarmeliter. 
FNewyork, 26. Dez. Eine Feuersbrunst 
zerstörte gestern den größten Theil des Geschäfts- 
piertels der Stadt Marblehead in Mossachusetts. 
Das Feuer wüthete über einen Flächenraum von 
) Morgen, und ehe man desselben Herr werden 
konnte, wurden 18 Wohnhäuser, 12 Schuhfabriken 
und 12 Geschäftshäuser zerstört. Der angerichtete 
Schaden wird auf Doll. 500, 000 geschätzi. Ueber 
1000 Menschen find durch das Brandunglück be⸗ 
chaftigungslos geworden. — Cincinnati wurde 
gestern ebenfalls von einer Feuersbrunst heimgesucht, 
und zwar in der Oertlichkeit von Budd⸗Street und 
dalsteates ⸗ Street. Einige Seilereien und Moͤbel⸗ 
abriken, sowie mehrere Wohngebäude wurden ein- 
zeäschert, und wird der angerichtete Schaden auf 
iwa Doll. 300,000 geschätzt. 
F Bei der Werbung. „Sie wollen hei⸗ 
cathen eine meiner Töchter? Die Jüngste bekommt 
10,000 Gulden, die Aeltere 15,000, die Aelteste 
20,000 Gulden.“ — „Haben Se nix eppes e 
janz Alte?“ 
Dienstesnachrichten. 
Der Studienlehrer Brand in Neustadt a. d. H. 
vurde auf Ansuchen an das Wilhelmsgymnasium in Mün—⸗ 
hen versezt und der Assistent an der Studienanstalt Speyer 
Dr. Grünewald zum Studienlehrer in Neustadt ernannt. 
Es wurden verliehen: der Verdienstorden vom heil. 
Michael 4. Klasse dem Oberlandesgerichtsrath Hessert 
n Zweibrücken, dem Postmeister Schneider in Neustadt, dem 
Strafanstaltsdicektor Alwens in Kaiserslautern, dem Kreis⸗ 
zaurath Särve in Speyer, dem Rektor an der Realschule 
ju Landau, Sutter, dem Forstmeister Albrecht auf Johan- 
neskreuz und dem Oberst des 2. Fuß-Art.⸗Regts. Kriebel; 
das Verdienstkreuz des Michaelsordens dem Zollverwalter 
Schlegel in Zweibrücken; die silberne Nedaille des 
Michaelsordens dem Postoberkondulteur Henninger in 
Speyer, dem Bahnzugfuührer Ziegler in Kaiserslautern, dem 
Bahnmeister Schuster in Hinterweidenthal und dem Hor⸗ 
nisten Galitzdörfer im 2. Pionier-Bataillon. 
Der Bergamtmann Höchstetter in Zweibrücken 
rhielt den Titel Bergrath, Notar Forthuber in Franken⸗ 
hal den eines Justizraths. 
Rechtspraktilant Gyßling in Speyer wurde zum 
Amtsanwaltsverweser für die Amtsgerichte Homburg und 
Waldmohr mit dem Sitze in Homburg vom 1. Januar 
889 ab ernannt. 
—— — — — ——— — 
Fur die Redaktion derantwortlich F. X. Demesß. 
dαα