Full text: St. Ingberter Anzeiger

gabe des Gewerbevereins Neustadt an den Athleten⸗ 
club Neustadt a. H.“ 
— In Dürkheim ist vom Bürgermeisteramt 
das Peitschenknallen der Fuhrleute verboten. Trotz- 
dem wird solcher Unfug ohne alle Noth fortgesetzt. 
Manche Fuhrleute finden ein Vergnügen daran, 
die ganze Stadt hindurch zu knallen, anstatt ihr 
Pferd zu führen. Man warnt nun öͤffentlich die 
Fuͤhrlrute vor solchem Unfug, andernfalls müßten 
sie gewärtig sein, von den Ocganen der Polizei 
und Burgern, welche diese unterstützen, zur Anzeige 
gebracht zu werden! 
— Ludwigshafen, 28. März. Die 
Ldehrlingsarbeiten-Ausstellung findet 
bestimmt am 28. und 29. April d. J. im Gesell⸗ 
schaftshause dahier statt. Die Anmeldungen hierzu 
find bereits ziemlich zahlreich eingelaufen. — Gestern 
Vormittag wurde in der Eisenbahnwerkstätte der 
29 Jahre alte Arbeiter Joh. Schlossser von 
Schifferstadt, während er sich an einer Transmission 
zu schaffen machte, von dem Riemen erfaßt und 
herumgeschleudert. Die Verletzungen, die Schlosser 
dadurch erlitt, sind sehr schwere, doch hofft man 
daß derselbe keinen dauernden Nachtheil davon trägt, 
— Vom Hemshof, 28. März. Heute, 
Donnerstag, trifft ein Extrazug in Ludwigshafen 
ein, der nicht weniger als 84 Beamte der Badischen 
Anilin- und Sodafabrik von Stuttgart mit Fami— 
lien und Hausrath nach hier überflhrt. Nachdew 
einmal die Haupifabrikationsthätigkeit der Firma 
nach Ludwigshafen verlegt worden war, auch der 
letzte Rest von Fabrikalion in Stuttgart verlassen 
war, ist die Festhaltung des kaufmännischen Be⸗ 
triebs in jener Stadt doch auf die Dauer als eine 
nutzlose raͤumliche Trennung erkannt worden. Es 
versammeln sich nun nach dem „Pf. A.“ in Lud⸗ 
wigshafen, das noch vor kaum mehr als 50 Jah⸗ 
ren die „Rheinschanze“ hieß nnd durch eine 
bayerische Schildwache und ein Wirthshaus be⸗ 
zeichnet war, insbesondere in der genannten Fabrik 
im Hemshof, zu den dort bereits vorhandenen über 
100 Beamten (darunter etwa 60 Chemiker) noch 
obige 84 Stuttgarter. Eine artige Zahl mit noch 
mehr als 3000 Arbeitern. 
— Mäühlheim, 27. März. Heute Mittag 
zwischen 12 und 1 Uhr holte der Knecht des 
Maurermeisters Wilhelm Wießner in der Scheuer 
von Wilhelm Keck einen Wagen voll Heu. Während 
der Fuhrmann zum Thor hinaus wollte, geriet er 
mit feinem Wagen mehr nach der rechten wie nach 
der linken Seite. Gleichzeitig wollte der Knecht von 
Gebrüder Stein, namens Wagner, mit seinen 2 
Kindern von 5 bezw. 7 Jahren einen Pflugskarren 
behufs Reparatur zu Schmied Freudenberger bringen. 
Zur selben Zeit riß das Wießner'sche Fuhrwerk den 
dorderen Teu der Keck'schen Mauer ein, infolge⸗ 
dessen die genannten Kinder beschädigt wurden. 
Eines dabon ist bereits gestorben, das andere wird 
schwerlich davon kommen. 
— Bischheim, 28. März. Fine unange- 
nehme Ueberraschung wurde gestern früh der Ehe— 
frau des Herrn Georg Rembe zu Theil. Als fie 
ein mit den Fenstern nach der Ortsstraße gelegenes 
Zimmer öffnete, gewahrte sie in demselben einen 
sremden Menschen, der sich's im Bett bequem ge—⸗ 
macht hatte. Derselbe hatte seinen Weg in das 
Zimmer durch das Fenster genommen und die 
herbeigerufene Polizei nahm ihn in Empfang und 
brachte ihn nach Kirchheimbolanden. Es soll sich 
herausgestellt haben, daß die Person ein Geiftes- 
gestörter von Gauersheim ist, der fich der Aufsicht 
keiner Angebörigen zu entzieben wußte. 
Vermischtes. 
Das seitherige Gasthaus zum „Saarbrücker 
Hof“ in Saarbrüden ist von Herrn Julius Schellen⸗ 
berger über nommen worden und ward unter der 
Benennung „Hotel Luxhof“ gestern Donnerstag wieder⸗ 
eroͤffnet. 
FIn Saargemuünd wurden in letzter Zeit 
hei einem Notar verschiedene Diebstähle (im ganzen 
1500 Mk.) ausgeführt. Der Dieb, ein früherer 
Schreiber des Notars, namens Albert Hartmann, 
ging flüchtig, wurde jedoch in Diedenhofen verhaftet 
und sollte am Dienstag von dem Civiltransporteur 
Holter aus Saargemünd nach hier verbracht wer⸗ 
den. Zwischen Hargarten und Kreuzwald sprang 
Harimann, eine robuste Gestalt, plötzlich auf und 
schlug seinem Transporteur mit einem ungefähr 20 
eim. langen, 2 cem. dicken Eisenstück über den Kopf, 
so daß das Blut an die Decke spritzte. Der augen · 
hᷣlicklich besinnunaslose Transporteur erbielt nun 
noch mehr solcher Streiche über Kopf und Gesicht. 
türzte sich aber auf seinen Angreifer und ein ver—⸗ 
weifeltes Ringen auf Leben und Tod begann. 
Bald lag der Eine, bald der Andere zu unterst in 
»em von den beiden allein benutzten Eisenbahnkoupe. 
dartmann suchte aus den Taschen seines Führers 
in (des Harimanns) Portemonnaie, welches noch 
in 150 Mt. enthielt, sowie seine Papiere und seine 
Uhr zu bekommen, was aber nicht gelang. Dem 
doͤlter schoß das Blut derart über das Gesicht und 
varen die Augen so zerschlagen, daß er nicht mehr 
ah und daher von seinem Revolver keinen Gebrauch 
nachen konnte. Der starken Handschellen hatte sich 
darimann auf unbegreifliche Weise mit einem Rucke 
entledigt. Nach langem Ringen sprang Hartmann 
auf, riß die Koupethüre auf und sprang aus dem 
nn voller Fahrt befindlichen Zuge. Hölter hatte 
hm während des Ringens das Eisen entwunden 
und mehrere Denkzettel beigebracht. Auf der Sta⸗ 
ion Kreuzwald fand man, wie der „Zw. Z3.“ be⸗ 
richlet wird, Hölter wie todt im Wagen liegen, 
zas Koupe war eine Blutlache, erst auf der näch— 
den Station — Karlingen — brachte ihn ein tele- 
zraphisch herbeigeholter Arzt wieder zum Bewußtsein 
ind legie ihm den Nothverband an. Sein Gesicht 
var zur Unkenntlichkeit zerschlagen, sein Halz ganz 
laugewürgt, der Kopf wie ein Stück rohes Fleisch. 
hoͤlter ist ein ungefähr 50 Jahre alter, wegen 
einer Milde sehr beliebter Mann. Hartmann ist 
ereits wieder ergriffen worden und in das Bezirks⸗ 
Jefüngniß zu Saargemünd eingeliefert worden. 
F Offenburg, 28. März. Heute hegannen 
dor dem Schwurgericht die Verhandlungen wider 
Richard Ada von Aach, den Mörder des 
Ddekans Förderer in Lahr. Vorsitzender des Gerichts⸗ 
jofes ist Landgerichtsrat Goll, die Anklage vertritt 
Siaatsanwalt Kraus; als Vertheidiger fungirt 
stechtsanwalt Leonhard. Es sind 36 Zeugen ge—⸗ 
aden. Der Angeklagte gibt seine That zu und 
nacht seinen Vater für dieselbe verantwortlich, 
da ihn dieser dazu „beauftragt“, wie Angeklagter 
in verworrener Weise ausführt. In der Unter— 
uchung hatte Ada angegeben, eine geheime Ge— 
ellichaft in Winterthur habe ihn zur That veran- 
laßt. Eine größere Anzahl Zeugen constatiert, daß 
der Angeklagie sich als Socialdemokrat bezeichnet 
jat. Angeklagter sagte, Christus sei auch Social⸗ 
emokrat gewesen. Aus den Aussagen des Ober 
misrichters Eichrodt geht herbor, daß Ada das 
Wort Foͤrderer's, „nationalmiserable,“ als eine 
Beleidigung der deutschen Nation aufgefaßt habe, 
die Zeugenaussagen ergaben ferner, daß Ada es 
nicht gerade auf Förderer abgesehen, sondern über—⸗ 
Jaupt etwas Entsetzliches begehen wollte, so daß 
‚on einem politischen Märtyrertum Förderer's keine 
Rede sein kann. Seine Drohungen mit Ermordung 
jalten ebensowohl erangelischen Geistlichen wie 
einem eigenen Vater. Ada hat an den Erzbischof 
soos in Freiburg einen Brief und sodann eine 
darte geschrieben, in welchen Schreiben er denselben 
einen General der Antichristen nannte und noch 
indere grobe Beleidigungen gegen denselben aus— 
tieß. Nach seiner Aussage wollte er durch diese 
Schreiben seine Verhaftung herbeiführen. (Die Ver— 
zandlung dauert fort.) 
F Wäürzburg, 26. März. Die unterfränkische 
Kreisregierung hat die Abhaltung sämmilicher Vieh 
märkte wegen der wiederholt vorgekommenen Maul⸗ 
und Klauenseuche in mehreren Gemeinden des Bezirks 
bis auf Weiteres untersagt. 
Würzburg, 26. März. (Militär-Bezirksge⸗ 
richt. Jakob Bayer, lediger 22 Jahre alter 
Wagner aus Oppau, z. Z. Fahrkanonier der in 
Landau stehenden 8. Batterie des k. 2. Feldartillerie⸗ 
Regimenis, gerieth am 13. Januar d. J. Abende 
auf der Straße bei der Sona'schen Wirthschaft mil 
dem Tambourgemeinen Jakob Becker des koͤnigl. 
18. Infanterie ⸗Regiments in einen Wortwechsel 
und versetzte demselben im Verlaufe desselben mil 
hlankgezogenem Säbel einen Hieb auf die linke 
Zopfseite, so daß Becker eine bis auf den Knochen 
Jehende Verletzung mit fünftägiger Krankheit und 
Dienstunfähigkeit erlitt. Bayer wurde zu 2 Monaten 
Gefangniß verurtheilt. — Der Unteroffizier des 
kgl. 17. Infanterie ⸗Regiments in Germersheiw 
August Kleinmann, lediger 22 Jahre alter 
Ackerer aus Rox heim, welcher aus Kameradschaft- 
lichkeit mehrere Unteroffiziere, welche über die Zei 
aus der Kaserne geblichen waren, als Wachkom— 
mandant als richtig einpassirt auf den Rapport 
ebt hatte, wurde mit drei Tagen Mittelarref 
vestraft. 
München. Gegenüber der Meldung der 
„Neuesten Nachrichten“, daß die Frau Herzogin 
i 'ax in Tegernsee erkrankt sei, wird von andere 
Seile mitgeteilt, daß die Frau Herzogin weder i 
Tegernsee, sondern sich hier befindet, auch nich 
erkrankt ist, sondern sich wohl fühlt. 
Berlin. Ueher das vom Fürsten 
Bismarck am letzten Dienstag gegeben— 
parlamentarische Mahl wird berichtet: „Dasselb— 
unterschied sich von den früheren dadurch, das 
Tafelmusik abgedalten wurde. Der Kaiser tran 
freundlich einzelnen Abgeordneten zu; Toaste wurder 
nicht ausgedracht. Nach Tisch gruppirte sich in der 
Nebensälen bei Bier, Wein und Cigarren die Ge— 
sellschaft. Mit den Worten: Bismarck, jetzt nehmer 
Sie Ihre Pfeife, sonst gehe Ich!“ veranlaßte des 
Kaiser den Reichskanzler, in gewohnter Weise mi 
seiner langen Pfeife an dem bekannten Kneipiisc 
Platz zu nehmmen. Der Kaiser selbst rauchte ein 
Cigarre. Unter Anderem soll der Kaiser gesag 
haben: „Eine neue Zeit beginnt. Ich bleibe der 
König, aber ich verkehre persönlich mit der Volks 
vertretung. Mein Großvater stand dem noch fernet 
Ich bin ein Kind der neuen Zeit.“ Der Kaise 
blieb bis gegen 10 Uhr und hielt ununterbrochen 
Cercle ab; er unterhielt sich sehr liebenswürdit 
mit fast sämmtlichen Anwesenden, namentlich mi 
Levetzow, Franckenstein, Huene, Bennigsen, Mique 
und Dr. A. Buhl. Herra v. Huene überreicht 
er mit den Worten: „Ihnen habe ich etwas mit— 
gebracht, den rothen Adlerorden 2. Kl. 
F Ein stammiger Landmann. anscheinend ir 
der Mitte der vierziger Jahre stehend, erschien bor 
einiger Zeit in einer Klinik der Universität Kie 
und bot dim Professor N. sein — Skelett zun 
Verkaufe an. „Aber, mein Bester“, meinte dieser, 
und musterte den Mann, der — ein Bild strotzen— 
der Gesundheit — vor ihm stand, „da würden wi 
doch am Ende lange warten müssen, bis wir un— 
seren Befitz antreten könnten. Was wollten Si 
denn mit dem Gelde anfangen?“ — „Herr Pro— 
fessor“, antwortete der Gefragte, „ich wollte dami— 
nach Australien auswandern!“ 
Posen, 28. März. Die Ueberschwemmung 
inneihalb der Stadt gewinnt an Ausdehnung. Das 
Wasser stand gestern Abend 3,64 Mir., gegenwärti 
bereits 434 Meter hoch. Aus Pogorzelice wurd 
gestern Nachmittag ein Wasserstand von 5,80 Mir 
gemeldet. In Folge eines Dammbruches be 
Gonzorowo fiel die Warthe auf 4,70 Mtr., dod 
wird jetzt ein erneutes Steigen des Flusses vor 
Pogorzelic? gemeldet. 
iliennachrichten. 
Gestorben: In Neustadt Heinrich Lorch 61 
a.; in Mußbach Heinrich Schaefer 54 J. a.; 
Ludwigshafen Gertrud Hebbig 69 J. a.; 
Telegraphischer Schiffsbericht 
der „Red Star Linie“ Antwerpen. 
Der Postdampfer „Nederland,“ der „R.d Sta 
Linie,“ in Antwerpen, ist laut Telegramm am 
27. Maärz wohlbehalten in Philadelphia an 
gekommen. — 
Mar beoricht. 
Zweibrücken, 28. März. (Fruchtmittelpreizs und Vi 
tualienmarkt.) Weizen O M, — Pi, Korn M — Pa 
Gerste zweiteihige d M — Pl, vierreihige d M. —Pf. 
Spelz o m —pf, Spelzkern — M— Pf., Dinbe 
— wi — pPf, Mischfrucht d M. — Pf., Hafer 0 M 
— Pf. Erbsen O R— Pf, Wickenn 0 M— Pf 
Heu« M20 pf, Stroh J. Qual 8 M. 20 Pf., II. Qual 
g M. 00 Pf., Kartoffelns M. 80 Pf., Weißbrod 124 stil 
54 Pf., Kornbrod 3 Kilo 66 Pf. Gemischtbrod 8 Kil 
80 Ppf., paar Weck 100 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qua— 
ʒo ᷣf U Qual. 4 pfy Kalbfleisch 80 Pf. dammel 
fleisch 80 Pf., Schweinefleisch 80 Pf. Wein 1 Liter 80 Vi 
Bier 1 Liter 24 Pf., Butier /2 Aildoar. 1M. 10 81. 
Neueste Nachrichten. 
Muͤnchen, 28. Marz. Der heutigen Fest 
sitzung der Akademie der Wissenschaften wohnt 
der Cultusminister bei. Dollinger gedachte de— 
verstorbenen Mitgliedes, des Herzogs Max, sodan 
hielt Professor Lommel die Fesirede über Ohm' 
wissenschaftiiche Leistungen, Professor Christ hiel 
eine Gedächtnißrede auf Prantl. — Der Prinz 
regent besuchte gestern den Minister v. Luk n 
dessen Wohnung. 
Berlin, 28. März. Zu der Nachricht, dat 
das Kaiserpaar heute bei dem englichen Botschaften 
speist, bemerkt die Nordd. Allg. Zig.“: Im Pub 
likum, das für alle neuen Erscheinungen Empfäng— 
lichkeit besitzt, sieht man diese lebhafie Berührun— 
imn den außerhals des Schlosses uegenden Gefjel— 
schaftskreisen mit sehr gaünstigen Augen an. 
rr