Full text: St. Ingberter Anzeiger

Berlin, 28. Marz. Zur zweiten Lesung der 
nsa und Invaliditaus-Vorlage 
ind eine Menge Anträge eingebracht worden. Die 
Naldemokroten wollen die Versicherungspflicht auf 
nndandige Handwerker und sonstige Unternehmer 
hnen, deren Einkommen 2000 Mark nicht 
nfrigt; ferner die Altersgrenze auf Beginn des 
bebensjahres festsietzen, den Anspruch auf In- 
Nidenrente schon dann gewähren, wenn der Vecr⸗ 
dente nicht mehr im Stande ist, die Hälfte seines 
hizarbeitsverdienstes zu erwerben, die Wartezeit 
uͤt die Allersrente von 80 auf 20 Jahre und das 
inragsjahr von 47 auf 40 Wochen herabsetzen. 
ie Conserbativen wollen die Einheitsrente der 
agierungsvorlage wieder herstellen und zu Traͤgern 
Verfcherung der landwirtjchaftlichen Arbeiter 
ie landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften 
aachen. Deuisch⸗Freisinnige beantragen, die Al⸗ 
Antenzefur die Altersrente auf den Beginn 
66. Lebensjahres festzustellen und die vbom 
zundesrathe vorgeschlagene Billigkeitsrente wieder⸗ 
eerzustellen. 
Haag, 29. März. Der Ministerrath berief 
ne Feneralstaaten für den 2. April zu einer 
smeinsamen Sitzung ein, um ihr übec die Unfähig⸗ 
i des Königs, die Regierung zu führen, Bericht 
u erstatten. 
Paris, 29. März. Die Deputierten— 
ammer nahm gestern eine Gesetzvorlage an, wo— 
zurch der Roggenzoll verdoppelt und Roggenmehl 
ut einem Zoll von 5 Franks pro Centner belegt 
id. Die Kammer nahm ferner eine Vorlage be— 
nreffend den Kredit, welcher für die Errichtung eines 
dentmals zut Erinnerung an die französische Re⸗ 
vlution gefordert wird, mit dem Zusatz an, wonach 
die Kosten des Denkmals den Betrag von 2 Mil⸗ 
jonen nicht übersteigen sollen. (S. 3.) 
Protestan? scher Gottes dienst. 
Sonntag den 31. März 10 Uhr vorm. Text: 
hebr. 12, I-8 Lied A61. 
Rachm. 2 Uhr Christeunlehre. 
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AIn veranwortlich F. X Demeb 
Allgemeine Unfallverhütungs⸗ 
vorschriften der land und forstwirth⸗ 
schafllichen Berufsgenossensaaft 
zur den Regierungsbezirk der Pfalz. 
1. Jeder Lastwagen muß in bergigen Gegenden 
mit einer wirksamen, jederzeit gebrauchsfähigen 
drems- bezw. Hemmvorrichtung versehen sein. 
2. Sobald der Unternehmer oder dessen beauf⸗ 
wragter Betriebsleiter erführt oder sieht, daß der 
denkter des Fuhrwerks, resp. der Begleitmann be— 
irunken ist, hat er demselben die Leitung bezw. 
Begleitung des Fuhrwerks sofort abzunehmen. 
3. Es darf nicht geduldet werden, daß der 
denler eines Fuhrwerks, während dasselbe in Be— 
wegung ist, schläft, auf der Wagenstange (Waage) 
Deichsel, oder auf einem anderen an der Außen- 
seite des Wagens zwischen Vorder⸗ und Hinterrad 
angebrachten Sitze sitzt. Ebensowenig ist es dem 
denker, oder anderen VPersonen zu gestatten, auf 
einem hoch geladenen, mit dem Heubaume gebun⸗ 
denen Fuhrwerke während der Fahrt zu sitzen. 
4. Der Lenker ist dazu anzuhalten, daß er beim 
Baden und Schwemmen der Pferde an Stellen, 
wo die Thiere schwimmen müssen, in keinem Falle 
auf dem Pferde sitzt, sondern ein jedes Pferd allein 
und an einer losen Leine in's Wasser bringt. 
s. Bezüglich des Ausweichens der Reiter, Fuhr⸗ 
werle und Viehherden auf öffentlichen Straßen, 
Wegen und Plätzen sind die in der Note abgedruc-⸗ 
ten Vorschriften des 8 5 der höchsten Ministerial⸗ 
bekanntmachung vom 28. Juni 1862 — Kreis⸗ 
amtsblatt Seite 9683 — zu beachten. Nach den 
hleichen Grundsätzen ist auf Felde und Waldwegen 
und auf Grundstücken auszuweichen. 
Die Unternehmer haben ihr Personal mit diesen 
hestimmungen vertraut zu machen und es zu deren 
Beachtung anzuhalten. 
ö. Es darf nicht geduldet werden, daß der 
Lenler eines mit Pferden bespannten Fuhrwerks 
die Leitzugel um Theile seines Körpers schlingt; 
ieselben sind frei in den Händen zu halten. 
7. Bissige Pferde müssen beim Gebrauche mit 
anem vollständig sicheren Maulkorbe versehen sein. 
8. Bosartige Bullen müssen mit einem Nasen⸗ 
ange oder mit einer Nasenzange versehen an der 
nange geführt werden. 
9. Die nach den Boden führenden Treppen 
müssen mit einem festen Handgeländer sowie min“ 
iesten Stufen versehen sein. 
53 Wo statt der Treppen Leitern benutzt werden, 
nüssen dieselben derart gestellt oder befestigt sein, 
daß ein Ruischen der Leiter unmöglich ist. Die 
ziebei zur Verwendung kammenden Leitern müssen 
n gutem Stande gehalten werden. 
10. Die über den Scheunentennen oder Schup⸗ 
den (Remisen, „Schoppen“) befiadlichen Balken- 
lagen müssen, wenn als Lagerraum benutzt, mit 
inem in gutem Zuftande befindlichen, das Durch · 
sallen verhindernden Breiter- oder Stangenbelag 
dersehen sein. 
Ueber der Tenne, den Stallungen u. s. w. be⸗ 
findliche Bodenlucken sind mit einem nicht über 
1,5 m. hohen Sicherheitstische d. h. einer auf vier 
bis zu 193 m. hohen Füßen ruhendeu Bretterdecke) 
zu überdecken oder auf andere Weise sicher zu ver⸗ 
vahren. 
LIL. Transmissions- und sonstige freiliegende be⸗ 
vegte Maschinentheile sind, soweit Menschen durch 
dieselben ergriffen werden können, mit zweckent⸗ 
prechenden Schutzvorrichtungen zu versehen. 
An den Maschinen sind Räder, Riemen, Messer 
u. s. w., durch welche Menschen bei der Arbeit 
»der beim Vorübergehen verletzt werden können, 
oweit es der Betrieb gestatter, zu bedecken oder 
onst zweckentsprechend zu verwahren. 
12. Die durch Kraftbetrieb bewegten Maschinen 
Futterschneide · und dergl. Maschinen) sind außer⸗ 
dem mit Abstellvorrichtungen zu versehen, welche 
„om Standpunkte des Arbeiters aus leicht zu 
hdandhaben sind. 
13. Für die Kellerei als landwirthschaftlicher 
Nebenbetrieb werden nachstehende Unfallverhütungs- 
horschriften erlassen: 
a. Vertiefungen, Senklöcher, Brunnen in den 
Kellern sind mit Deckeln oder Gittern zu ver⸗ 
schließen. Geöffnete Schächte müssen wenig⸗ 
stens 1 m. hoch eingefciedigt werden. 
Die in den Kellern zu verwendenden Leitern 
sind am Fußende mit eisernen Stollen 
(Stacheln) zu versehen. 
Bei der Gährung der jungen Weine soll in 
dem Keller Licht brennen, oder jedenfalls der 
Feller nur mit Licht betreten werden; sobald 
das Licht erlischt, ist der Keller sofort zu 
verlassen. 
Wenn ein Keller, in welchem sich sog 
Dunst auch nur in geringen Mengen befindet 
betreien werden soll, muß eine zweite Person 
in der Nähe sein, um im Falle von Gefahr, 
jofort Hilfe bringen zu können. 
Die gute Beschaffenheit der Keller⸗ und Kel- 
terseile, Kelterstanden, Haspel und Schwingen 
ist ganz besonders zu überwachen. 
Soweit Haspel und Seil zur Verwendung 
kommt, ist es untersagt, bei feststehender 
Kelter an der Stange selber zu drücken. 
14. Es ist darüber zu wachen, daß die Wald⸗ 
arbeiter nur wirklich brauchbares Arbeitszeug bei 
zer Arbeit benützen, daß namentlich Art und Beil 
zut verkeilt find und die Helme keine schadhaften 
Stellen zeigen. 
15. Der Betriebsunternehmer hat seine Leute 
anzuhalten, daß bei Fallungen, dritte Perfonen, 
wie Holz⸗, Streu⸗, und Zapfensammler, von der 
Arbeusstelle ferne gehalten werden. 
16. Der Betriebsunternehmer hat darauf zu 
halten, daß folgende Vorschriften befolgt werden. 
a. Beim Fällen und Ausgraben von Bäumen 
dürfen die einzelnen Holzhauertotten niemals 
so dicht beisammen stehen, daß ein stürzender 
Baum die zu einer benachbarten Rotte ge⸗ 
hörigen Arbeiter erreichen lann. 
In Kahlhieben mit Baumrodung ist jeder 
einzelne Baum vollständig zu Fall zu bringen 
und bleibt es verboten, gleichzeitig mehrere 
Bäume anzuroden. 
Schwerhörige Personen sind von dem eigent⸗ 
lichen Fällungsgeschäfte auszuschließen. 
Wenn ein Siamm auf einem anderen Baume 
zängen bleibt, so ist es nicht gestattet durch 
Aufklettern und Loshauen der haltenden Aeste 
den Stamm zum Falle zu bringen. 
Das Spalten dbei starkem Froste ist untersagt. 
Ausgegrabene und nicht vollständig aufliegende 
oder sonst hohl gelagerte Baume müssen vor 
dem Zerschneiden in ihren hohlliegenden 
Theilen sorgfältig unterstützt werden; insbe— 
sondere soll bei gespannt liegenden die Arbeit 
mit der Säge nur bis zur halben Stärke 
J 
des Stammes geschehen und alle übrige Ar⸗ 
veit nur von der hohlen Seite des Bogens 
tatifinden. e, 777—*— 
Ferner sind heim Aufarbeiten mit der Wur⸗ 
zel uͤmgerissener Stämme, sogenannter Wind ⸗ 
sälle, micht blos die hohlliegenden Theile des 
Stammeg sondern auch die aufgestellten Stoöͤcke 
und Wurgein sorgfältig zu unierstützen. 
Das Rücken des Holzes an Berghaängen bei 
gefrorenem oder dereiftem Boden und bei 
Blatteis ist untersagt. 
Zum Rücken des Brennholzes an Berghängen 
nittelst Schlitien sind nur erwachsene, kräftige 
und gewandte Arbeiter zu verwenden und 
müssen Schleifbündel mit starken Ketten an 
die Schlitten befestigt werden. * 
Das Stürzen, Rollen und Bocken von gan⸗ 
zen Stämmen, Stangen, Abschnitten, unge— 
gespaltenen Trummen und Scheitern ist nur 
Zusnahmsweise zulässig, wenn jede Gefahr 
füt tiefer stehende Arbeiter pollständig aus⸗ 
geschlossen erscheint. 
Das Besteigen von stehenden Stämmen mit⸗ 
telst Steigeisen behufs Entästung oder Ge⸗ 
winnung von Samenzapfen ist nur bei frost⸗ 
freiem Wetter besonders gewandten und kräfe 
tigen, freiwillig sich andietenden Arbeitern 
zu gestatten. 
17. Es ist strenge darüber zu wachen, daß bei 
Sprengarbeiten, welche in lande und forstwirth- 
schaftlichen Beirieben und Nebenbelrieben, z. B. 
beim Aufarbeiten von Stockholz, Brechen von Stei⸗ 
nen u. s. w. vorgenommen werden, die üblichen 
Vorsichtsmaßregeln angewendet werden. 
18. Zechgelage während der Arbeitszeit dürfen 
nicht geduldet werden. betrunkenen Arbeitern darf 
das Arbeiten nicht gestattet werden. 
19. Sämmtliche Unfallverhütungsvorschriften, 
einschließlich der Genehmigungsurkunde des Landes⸗ 
vdersicherungsamtes, sind in Plakatform den Ge⸗— 
meindebehorden zur geeigneten Veröffentlichung zu 
übergeben. 
20. Für die in Gemäßheit vorstehender Be— 
dimmungen zu treffenden Aenderungen wird den 
Betriebsünternehmern eine Frist von 6 Monaten 
„om Tage der Bekanntmachung der genehmigten 
Vorschriften im Beiblatte zum Kreisamisblatte ge⸗ 
vührt. 
21. Betriebsunternehmer, welche diesen Vor— 
chriften zuwiderhandeln, koöͤnnen von dem Genossen⸗ 
chaftsvorstande mit Zuschlägen bis zum doppelten 
Betrage ihrer Beiträge herangezogen, oder soferne 
eine Einschätzung in Gefahrenklassen stattgefunden 
hat und der Betrieb sich nicht schon in der höchsten 
Zefahrenklasse befindet, in eine höhere Gefahrenklasse 
ingeschätzt werden. (Vergl. 8 87 des landwirth- 
chaftlichen Unfallversicherungsgesetzez vom 5. Mai 
1886. 
Aus Wien. Die Wiener Damen verstehen 
Toilette zu machen; felbst die Pariserinnen kleiden 
ich kaum so vortheilhaft, wenn man damit die 
unst meint, schönen Körperformen durch das Ge⸗ 
vpaund' Geltung zu verleihen. „Wie angegossen“, 
sagt man von den Wiener Taillen. Die Manner 
neinen, dies sei ein Verdienst der schönen Wienerinnen; 
die Frauen wollen wissen, es liege am „Schnitt“. 
Fs muß der Wiener Schnitt wohl viel dabei thun; 
derdankt doch die treffliche Zeitschrift, Wiener Mode“ 
hren durchschlagenden Erfolg zum Theil dem Um⸗ 
fande, daß sie Jedermann, trotz des billigen Abon- 
ementspreises von fl. I.80-- Mt. 2.50 vierteljährig, 
Schnitte nach Maß gratis liefert. Eine kleine Ar⸗ 
nee von Zuschneidern besorgt die Herstellung dieser 
Schnitte, welche in alle Lande, bis über den Ocean 
vberschickt werden. Selbst die Ungeübteste wird durch 
ziesen kostenlosen Behelf in den Stand gesetzt, ihre 
dleider im Hause fertigen zu lassen; und die 
Wiener Mode“, welche mit ihtem mustergiltigen 
dreizehnten Heft (welches zur Ansicht in der Buch⸗ 
handlung Demetz, St. Ingbvert aufliegt) eben 
in neues Quartal beginnt, löst das vielleicht pa— 
radox klingende Vroblem: sie lehrt sich modisch 
kleiden und — sparen. 
Die Aerzte empfehlen sie. Heidelberg. 
Ich destätige mit Vergnügen, daß die Apotheker Richard 
Zrandischen Schweizerpillen — auf Anrathen eines Arztes 
— schon seit ca. 5 Jahren in meiner Familie im Gebrauch 
ind. Die Wirkung der Pillen ist eine so vorzügliche, daß 
Sieselben uns unenibehrlich geworden sind. Aug. Matthis, 
dunstmaler. (Unterschrift beglaubigt) — Man sei stets 
orfichtig, auch die ächten Apotheker Richard Brandt's 
Schweigerpillen und keine Nachahmung zu empfangen