Full text: St. Ingberter Anzeiger

von der ihm übertragenen Funktion eines Amts⸗ 
anwaltes für die Amtsgerichte St. Ingbert und 
Blieskastel enthoben worden. Wie wir hören, be⸗ 
absichtigt Herr Dr. Schäffer, sich demnüchst in Lan⸗ 
dau als Rechtsanwalt niederzulassen. 
6— St. Ingbert, 2. April. Es besteht 
die Absicht, im Laufe des Monats Mai nächsthin 
eine Prüfung fürHufschmiede abzuhalten, 
weshalb hiermit alle jene Hufschmiede, welche sich 
dieser Prüfung unterziehen wollen, aufgefordert 
werden, ihre bezüglichen Gesuche mit Zeugnifsen 
bis längstens 1. Mai 1889 bei der kal. Regierung 
in Speyer einzureichen. 
*—Der Verwaltungsrath der Wittels⸗ 
bacher Landesstiftung hat in seiner 
letzten Versammluug über die vorliegenden Unter⸗ 
stuͤtzungsgesuche entschieden. Verfügbar waren 7632 
Mẽ 98 Pf, wovon die Gewerbevereine Speyer 
und Frankenthal je 100 M, die Webschule in 
dambrecht 300 M. und das pfälzische Gewerbe⸗ 
museum in Kaiserslautern 400 M. erhielten. 
* Ein Theatre variété (Direktor L. Praiß), 
welches sich in Pirmasens befindet, gibt heute dorten 
Abschiedsvorstellung und soll dann nach St. Ingbert 
übersiedeln. 
I Schnappach, 1. April. Heute früh um 
7 Uhr wollte ein Arbeiter an einer verbotenen 
Stelle den Bahnkorper überschreiten. Kaum hatte 
er das Geleise betreten, so wurde er von der Loko⸗ 
motive des von Saarbrücken heranbrausenden Kurier⸗ 
Zuges erfaßt. Der Kopf und ein Arm wurden von 
dem Rumpfe getrennt. Der Verunglückte war 
Witwer und hinterläßt mehrere unerzogene Kinder. 
Der Unfall findet seine weitere Erklärung darin, 
daß der betreffende Arbeiter schwerhörig war und 
daß das Geleise kurz vor der Unglüchsstelle eine 
urve beichreibt. 
— Zweibrücken, 1. April. Das Rittersche 
Haus in der Alexandersstraße ging bei der heutigen 
Zersteigerung um den Preis von 3010 Mk. an 
Frl. Käthchen Weber dahier über. (31tg.) 
— Zweibrücken, 1. April. In der gest⸗ 
rigen Versammlung des Kampfgenossenvereins zu 
Ixhe im wurde laut „Zw. Z3.“ auf Anregung 
des Vorstandes eine freiwillige Sammlung für den 
Tambour von Chambord vorgenommen, 
dieselbe ergab den schöͤnen Betrag von 7 M., 
welcher an den bedürftigen Kampfgenossen abge— 
liefert wird. 
— Die von dem verstorbenen Rentner Chr. 
Dick mit einem Capitale von 10,000 M. letzt⸗ 
willig begründete Stiftung, dann auch die von dem⸗ 
selben in Kusel zur Unterstützung von Hausarmen 
ind zur Aufnahme und Verpflegung armer kranker 
protest. Personen im Spitale mit einem Capitale 
bon 5000 M. letztwillig begründete Stifung wurde 
landesherrlich bestätigt. 
- Pirmasens, 1. April. Die Schuh- 
macher⸗Versammlung, welche die hiesige 
Zahlstelle des Vereins Deutscher Schuhmachec auf 
jestern Mittag im Kochschen Saale anberaumt 
Jatte, mußte in Folge eines Verbotes des kgl. 
Bezirksamles unterbleiben. Dieses Verbot 
st ergangen gemäß 8 9, Absatz 2, des Gesetzes 
gegen die gemeingefährlichen Bestrehungen der So— 
zialdemokralie, und zwar mit der Begründung, daß 
der auf die Tagesordnung gesetzte Vortrag über 
Arbeiter⸗Organisationen u. s. w. unzweifelhaft zu 
Verlautbarungen benutzti werde, welche zur Förderung 
ozialdemokratischer Bestrebungen bestimmt und ge— 
eignet seien, den öffentlichen Frieden und die Ein⸗ 
—XED— 
dies bei der ersten Versammlung (am 24. Fbr.) 
geschehen sei, bei welcher der Vorstand der Zentral⸗ 
sielle des Vereins, Sieberi, „nachgewiesener Maßen 
seit Jahren ein hervorragendes, agitatorisch sehr 
hätiges Mitglied der Sozialdemokratie“, als Redner 
aufgetreten. Siebert war auch gestern hier und be—⸗ 
nützie die Gelegenheit, mit einigen Berufs- und 
Gesinnungsgenossen einen Ausflug nach Niederfimten 
und Erlenbrunn zu unternehmen, wo neue Zahl⸗ 
stellen gegründet wurden, wie auch in Fehrbach. 
Im Uebrigen verlief dersgestrige Tag, wie die „P. Z.“ 
berichtet, in Stadt und Bezirk ohne bemerkenswerthe 
Vorfälle. Der Verein soll gegen das Verbot bei 
der kgl. Regierung Beschwerde eingereicht habeu. 
— Annweiler, 31. März. Die einige 
Jahre den Botendienst von hier nach Landau ver—⸗ 
sehende Wittwe Köhler hat sich im Laufe der 
Zeit verschiedene Unterschlagungen, Betrug und Ur⸗ 
sundenfälschung zu Schulden kommen lassen und 
entfernte sich heimlich, nachdem man ihren Thaten 
auf die Spur kam, mit Zurücklassung von drei 
ganz kleinen unversorgten Kindern. In Neustad! 
a. H. in Diensten stehend, wurde dieselbe verhaftet 
uind in's Untersuchungsgefängniß nach Landau über⸗ 
ührt. Untersuchungen sind nach dem „L. T.“, im 
Bange. 
— Landau, 1. April. Die Unterstützungs⸗ 
assen für Buchdrucker der Pfalz hielten gestern in 
der Restauration Herrmann ihre ordentliche General⸗ 
»ersammlung ab. Die Einnahmen betrugen nach 
»em „Eilb.“ im abgelaufenen Jahre einschließlich 
zes Aktid⸗Kapitals vom Jahre zuvor 4224 M. 
14 Pf, die Ausgaben (Kranken⸗ und Begräbnißgeld) 
331'. 22 Pf, demnach Altivcest 3368 M. 22 
gf. Der Kassenbestand der Wittwen⸗ und Waisen⸗ 
asse beträgt gegenwärtig 9493 M. 77. Pf. Die 
orgelegte Rechnung wurde gutgeheißen und als 
Irt der nächsten Generalbersammlung Ludwigs- 
jafen bestimmt. Der seitherige Vorstand wurde 
viedergewählt. — Die 8. Batterie des 2. Feld⸗ 
Artillerie Regiments ist gestern Nachmittag nach ihrem 
ieuen Garnisonsort Würzburg abgegangen. Am 
gahnhofe hatte sich das O fizierskorps der hiesigen 
garnison zur Verabschiedung eingefunden. Unter 
den Klängen eines von der Musik des 18. Regiments 
jespielten Marsches verließ der Zug den Bahnhof. 
die Verlegung der Batterie hatte die weitere Folge 
aß über ein Dutzend Küchenfeen sich nach Würz« 
urg versetzen ließen. Die Treue, sie ist doch kein 
eerer Wahn! 
— In 3ggelheim starb in der Nacht 
um Sonntag nach laängerem Leiden der pensio⸗ 
nirte Lehrer Peter Gärtner im Alter von 77 
yahren. Am 5. März 1887 war es ihm 
vergönnt, sein 50jähriges Dienstjubiläum zu 
eiern. Längere Zeit Vorstand des pfälz. 
Lehrervereins, wirkte er in dem Lehrerstande 
ind für denselben, wie es wenigen glückte. Am 
1. Dezember 1887 trat er in den Ruhestand. Nicht 
ange konnte er die Früchte seiner wohlverdienten 
Pension genießen. Möge ihm die Erde dafür leicht 
ein! 
— Neustadt. Zum Zweck eines besseren 
ind leichteren Verkehrs für das Publikum von hier 
aach Dürlheim beabsichtigen die Pfälzischen Eisen⸗ 
hdahnen ein deittes Perron an der Südseite des 
diesigen Bahnhofes zu errichten, was allseitig bei 
en reisenden Passagieren Anklang finden wird. — 
Das neue Stationsgebäude soll am Böbig, zur 
Stadtgemeinde Neustadt gehörig, errichtet werden. 
— Das seitherige Amisgericht erwies sich als zu 
lein, daher bedarf es einer bedeutenden Vergrößer⸗ 
ung. Da nun dieses geschieht, werden sämmtlich 
Berichtsverhandlungen im Casimireaneum stattfinden. 
— Speyer, 1. April. Herr Konsistorial- 
rath Dr. Leyser ist zum protestantischen Distrikts- 
chulinspektor an Stelle des nach Landan ernannten 
Herrn Dekanes Ney ernannt worden. 
— Die Gesammtzahl der Katholiken in 
der Diözese Speyer beträgt nach der amt- 
ichen Ausgabe des Schematismus für das Bistum 
nach dem Stand des Jahres 1889 8315,847, der 
Pfarreien 221, der Kaplaneien 61, Domkapitulare 
ind Vikare 15, Pfarrer 211, Pfarrverweser 9, 
dapläne 65, Seminar⸗Vorstände und Professoren 
), Gefängnis-Curaten 2, Commoranten 8, Ordens« 
eistliche 5, dieses Jahr zu weihende Alumnen 18. 
da die Gesammtzahl der Diözesan-Priester 315 
zeträgt, so treffen auf 1 Priester im Durchschnit! 
1000 Seelen; nach Abzug von 39 Herren Dom— 
apitularen und Vikaren, Sem. Vorstehern, Profes⸗ 
oren, Commoranten, Ordensgeistlichen jedoch ergeben 
ich auf 1 Seelsorgpriester im Durchschaitt 1116 
Zeelen. In sehr vielen Pfarreien kommt in Wirk 
ichkeit eine noch größere Seelenzahl auf 1 Priester 
'o in Kaiserslautern 2460, Ludwigshafen 3000 
5t. Ingbert 2636, Pirmasens 2531, Schiffer- 
dadt 2260, Roxheim 2662. 
— Ludwigshafen, 31. März. Ein 
hiesiger Einwohner erlaubte sich vor einigen Mo— 
naten, unter dem Vorwande, seine Schwester aus 
»er Sonntagsschule holen zu wollen, den Schul—⸗ 
aal zu betreten und den Lehrer zu beleidigen. 
Deswegen vor Gericht gestellt, hat ihm das hiesige 
—-chöffengericht in seiner Sitzung vom 26. März 
eiine Gefängnißstrafe von 1Monats 
Tage zuerkannt und die Gerichtskosten auferlegt 
(G. A.) 
— Frankenthal, 1. April. Der Schuh 
machermeister Herr Wilhelm Raab, der am 7. 
Februar d. J. seine goldene Hochzeit in seltener 
küstigkeit feiert, ist vorgestern Nachmittag, ruhige 
und sanft einschlafend, von hinnen geschieden. De— 
Verlebte war hier allgemein beliebt. 
Nach dem Rechnungsabschlunß der Unter— 
stützungs⸗ und Lebensversicherungs 
Kassen für die Angestellten bei den Pfälz. Eisen. 
bahnen, abgeschlossen am 31. Dezember 1888, war 
der Bestand des Penfionsfoteds am J. Januar 18810 
Mk. 2,990,240. 08. Die Einnahmen pro 18860 
betrugen Mk. 573,180.23. Die Gesammteinnahm 
ist somit Mk. 8,8683, 420.831.. Die Summe de 
Nusgaben bto 1888 ist 16766.41. verbleibt so 
mit Attivrest Mk. 8,016,688.90. Die Lebensber 
ficherungskasse verzeichnete am 31. Dezember 1888 
inen Siand von Mt. 667,833. 55. 
— dDas elfte Verbandsschießen de— 
Badischen Landesschützenvereins, des Pfälzischen und 
Milielcheinischen Schützenbundes wird vom 7. bie 
14. Juli in Wiesbaden abgehalten. 
J Vermischtes. — 
pHerr Pfarrer Zickwolfefein Saarbrüscken, 
der noch immer in einer für sein hohes Alter be 
wpunderuswerten körperlichen Rüstigkeit und unge— 
schwächter Geisteskraft als treuer Hirt seine Seel— 
orgerpflichten erfüllt, feierte vorgeltern seinen 82 
Geburtstag. Auf Anregung mehcerer Bürger tra 
am Samstag Abend ein aus Mitgliedern det 
Kirchenchors und des Gesangsvereins Germani 
gebildeter stattlicher Männerchor unter der Direktion 
des Herrn Lehrer Weil zusammen, um dem Hertr 
Pfarrer als Zoll der Achtung und Liebe ein Ständ 
chen darzubringen. (S. 3) 
pVeruntreuung, Ein junger Mann au 
Saarbrücken, der bei einer königl. Verwaltungs 
behörde in St. Johann im Büreaudienst beschäf- 
tigt war, hat das auf ihn gesetzte Vertrauen miß 
braucht. Einem Beamten fiel es auf, daß aus der 
Tageskasse wiederholt kleine Geldbeträge fehlten, 
als“er wieder einen Fehlbetrag von 68 Mark be⸗ 
merkte, lenkte sich der Verdacht auf den betr. junger 
Mann, der dann auch auf eindringliche Vorhal⸗ 
tungen eingestand, diese Summe entwendei zu 
haben. Der Ungetreue ging nach Hause, um „das 
Geld wiederzubringen“ und — hat sich unsichtbar 
gemacht. 
Unter höchst eigenthümlichen Verhältnissen 
hat in Kreuznach ein Vollziehungsbeamter a 
D. seine eigene Frau wegen Majestätsbeleidigung 
denunzirt. Das erste Zeugenberhör in dieser Sach 
hat bereits stattgefunden. 
Stuttgart, 1. April. Die gestrige Ent 
hüllungsfeier der Büsten Bismarc? 
uind Moltkes verlief vortrefflich. Professor Egeb⸗ 
haafs Rede vor dem Konigsbau machte einen 
zündenden Eindruc. Der Prinz von Weimar ver⸗ 
ias ein Dankschreiben des Königs aus Nizza, so⸗ 
wie ein solches von Bismarck und Meltke. Au 
dem Festplahe hielt der Prinz eine erhebende An— 
sprache an die große Menschenmenge. Vom Balkon 
des Wilhelmspalasies schauten der Tronfolger und 
seine Geinahlin nebst dem Hofstaat zu. Die ent 
hüllten Denkmäler wurden mit Jubel begrüßt. 
IIbends fand ein Festmahl im überfüllten großen 
Saale der „Liederhalle“ statt, welches der Prin 
don Weimar eröffnete. Karl Elben sprach eir 
Ddoch auf den Kaiser, Professor Klaiber hielt die 
Festrede auf Bismarck und Moltke in hinreißend 
hoöner Sprache. Professor Heinzeler sprach eit 
doch auf das Heer. Der commandirende Genera 
g. Albensleben dankte mit einem Hoch auf dat 
heldenhafte Volk. 
FRürnberg, 81. März. Irmitten du 
Stadt herrscht Hochwasser. Soeben verkündet der 
Magistrat durch Polizeischelle ein zu erwartendet 
weiteres Steigen des Wassers. — Aus der sog 
fränk. Schweiz wird eine durch Regengüsse ent— 
standene Erdsenkung gemeldet, wodurch die Absperr⸗ 
ung einer Landstraße erforderlich wurde. 
Muünchen, 80. März. Eifersuchtsdrama 
Heute Adend gegen 8 Uhr hat in einer Studenten 
wohnung an der Dienersiraße die Blumenmacherin 
Maria A. auf die dort wohnende Mietherin einen 
Rebolderschuß in die linke Wange abgefeuert und 
rachte sich dann selbst einen Sqhhuß in die recht 
Schlafe bei. Die Angegriffene ist leicht verlen 
waͤhrend die Rebolberheidin felbst in hoffnungslosen 
Zustande mittelst Sesseliruger in das Kranlkenhau— 
derbracht wurde. 
Die Stellung der Kulrurstaaten na— 
hrem Bildungsstandpunkte, soweit sich derselbe au⸗ 
der Statistik uͤber die Verbreitung von Lesen un 
Schreiben bemessen laßn ist nach den neuesten Er 
h ebungen eine interefsante, indem sie den groößte