Full text: St. Ingberter Anzeiger

Beschälstationen. Für das Fahrgeld der Pferdebe⸗ 
zleiter find die allgemeinen Bestimmuagen maßgebend. 
— Grünstadt, 9. Jan. Der durch ein 
unglückliches Verhängniß an dem Schuster L. Witt 
von Obrigheim wider Willen zum Moͤrder gewor⸗ 
dene Jakob Bohn aus Kindenheim wurde nach der 
gestern Nachmittag statigehabten gerichtlichen Ob- 
duktion der Leiche des Erschossenen bereits noch 
gestern Abend, wie übrigens zu erwarten stand. 
aus der Untersuchungshaft entlassen. (Gr. 3.) 
— Oberhausen. Vor einigen Tagen 
berstarb dahier das 5jährige Mädchen des Schneiders 
Joh. Rapp von hier. Wie es heißt, spielte das 
stind mit der Hauskatze, welche es am Arm kratzte, 
worauf Blutvergiftung eintrat, die den Tod ver⸗ 
ursachte. 
— Die „M. N. N.“ erhalten aus der Pfalz 
folgende Zuschrift: Wenn Männer der Schule sich 
in ihren Mußestunden mit Schriftstellerei befassen, 
so wird gewiß Niemand etwas dagegen einwenden, 
so aber, wie es jetzt bei uns in der Pfalz geschah, 
drei Kreis⸗Schulinspektoren und zwei Lehrer sich 
verbünden, um ein Rechenbuch, ein ganz einfaches 
Rechenbuch für Volksschulen zu verfassen, kann 
man sich doch wohl eines gelinden Staunens und 
Tadels kaum enthalten. Denn was werden die 
nothwendigen Folgen dieses Elaborates sein? Sehr 
einfach die, daß auf die Schullehrer eine, wenn 
auch nicht direkte, so doch indirekte Pression aus⸗ 
geübt wird, in ihren Klassen die von ihren Vor⸗ 
gesetzten „verfaßten“ Bücher einzuführen. Damit 
wird aber zugleich den Autoren und älteren und 
gewiß nicht schlechteren Rechenbüchern eine bedenk- 
liche Konkurrenz gemacht, welche selbstverstündlich 
auch die Buchhändler empfinden müssen, gar nicht 
zu reden von den Eltern, denen jedes neue Buch 
eine neue Ausgabe schafft. Ob die Regierung wohl 
ganz mit der Thätigkeit unserer Kreis⸗Schulinspel- 
toren einverstanden ist?! 
Vermischtes. 
fF Grube Heinitz, 7. Jan. Heute Nach- 
mittag verunglückte in der Anlage Geisheck der Berg⸗ 
mann Schirrer von Elversberg auf schreckliche Weise. 
Derselbe fiel in den Kesselräumen in einen mit sieden⸗ 
dem Wasser gefüllten Bassin bis an den Hals hinein. 
Noch am selben Abend ist er seinen schrecklichen 
Leiden erlegen. Der Bedauernswerthe hinterläßt 
Frau und ein Kind. 
F Die Sitte der gedruckten Reujahrsglüd— 
wünsche zeitigt sonderbare Blüten. So sandte 
eine arme Wittwe in Merzig ihcen Wohlthätern, 
welche sie während des Jahres regelmäßig um ein 
Almosen anspricht, ihre fein gedruckte Glückwunsch⸗ 
tarte. 
F Die König Ludwig-Kaserne in Metz 
soll mit erheblichem Kostenaufwande (man spricht 
von 700,000 M.) einer gründlichen Erneuerung 
und Verbesserung namentlich der gesundheitlichen 
Verhältnisse unterzogen werden. 
F Straßburg, 8. Jan. Die konkursreiche, 
die schrecklicheZeit wirft auch ihre beängstigenden Schat⸗ 
ten über Straßburg. Neben verschiedenen kleineren 
Konkursen hat sich auch ein größerer des Handels- 
hauses J. Hagenauer u. Wolff in der Se⸗ 
bastopolstraße eingestellt. Die beiden Inhaber der 
Firma haben in Deutschland große Ankäufe gemacht, 
die sie größtentheils in Frankreich vertrieben haben. 
Dadurch, daß sie vor Kurzem ein Angebot von 
40 pCt. machten, wurden die Glaͤubiger stutzig 
und verlangten die Verhafiung der Inhaber und 
die Konkurserklärung der Firma, was auch geschah. 
Es handelt sich um einen Umschlag von 6— 700,000 
Mark. Die „pPassiva“ betragen 200,000 Mark. 
Einzelne altdeutsche Häuser haben 35 — 60,000 M. 
zugute. Das Haus war bisher als „gut“ bekannt. 
F Mainz, 8. Jan. Wie weit die Reklame 
heutzutage getrieben wird, läßt fich aus der That- 
jache ermessen, daß ein hiesiges Abzahlungsgeschäft 
in verflossener Nacht in vielen Straßen der Stadt, 
namentlich wo Konkurrenten wohnen, die Firma 
mittelst einer großen Schablone auf die Trottoirs 
malen ließen. Die Konkurrenzfirmen sind über 
dieses neueste Mittel zum Kundenfang nicht wenig 
aufgebracht und haben die Polizei zur Intervention 
angerufen. 
F Dem diesjährigen großen Karnevals⸗ 
Maskenzug in Köln soll die Idee unterlegt 
werden: „Die Kuünste huldigen dem Prinzen Karne⸗ 
dal“, ein Gedanke, welcher zur Entfaltung von 
Pracht und Humor gleich viel Gelegenheit bietet. 
Die Stadtverordneten haben den beiden vereinigten 
zroßen Karnevalsgesellschaften sowohl den Gürzenich⸗ 
aal für meyrere Tage, wie auch den Neumarkt 
am Faschingsmontag zu unenigeltlicher Verfüqgung 
Jestellt, für Montag und Dienstag jedoch 83000 
M. als Gürzenichpacht verlangt. Zu dem Masken— 
zuge gibt die Stadt einen Zaschuß von 1300 M. 
F Bei der 1888e2r Wein⸗-Ernte im Rhein— 
Jau ist in keiner der 21 weinbautreibenden Ge— 
neinden ein voller Herbst zu verzeichnen, im Durch- 
chnitt wird nur ein guter halber Herbst angenom⸗ 
nen; Ausnahmen bilden Eltville und Neudorf mit 
and Rüdesheim mit gut * Herbst. Die Be⸗ 
chaffung der weißen Weine ist gut mittel in 83— 
nittel in 7 und gering in 10 Gemarkungen. 
fFUeber die Lebensweise des über 
02 Jahre alten Chemikers Chevreusl 
vird folgendes mitgetheilt: Chevreul pflegt um 5 
Ihr morgens aufzuwachen, ißt gleich darauf eine 
parme Suppe, liest später die Zeitungen und em- 
fängt einige Besuche, nimmt um 11 Uhr.ein 
weitens Fruͤhstück, Suppe, Fleisch, Milchkaffee mit 
Butterbrot zu sich und ist um 2 Uhr zur Ausfahrt 
jereit. Sein treuer Kutscher Joseph fährt ihn 
manchmal nach dem Park Monceau und, wenn das 
Wetter es erlaubt, bis nach dem Marsfeld spazieren, 
wo der alte Herr an dem „achten Weltwunder“, 
dem Eiffelthurm, seine Freude hat. Um 5 Uhr 
ist er wieder zu Hause, trinkt eine Tasse Milch, 
jucht sein Bett auf, diniert um 7 Uhr mit gesun⸗ 
der Eßlust, trinkt aber immer nur Wasser und 
verfällt dann in einen tiefen Schlaf. Wenn ihn des 
Morgens sein Gehilfe im Museum, Arnaud, fragt, 
»b er eine gute Nacht gehabt habe, erwidert 
Thevreul regelmäßig, er habe niemals schlecht ge⸗ 
chlafen. 
F Der älteste Mann in Deutschland 
st der Rentier Markus Jordan in Bielefeld 
velcher am 6. Okt. 1888 seinen 109. Geburtstag 
feierte. Aus diesem Anlaß erhielt er vom Kaiser 
Wilhelm V. eine goldene Medaille mit dem Bild⸗ 
aiß Kaiser Wilhelm J., welche ihm von dem Ober- 
ürgermeister in Bielefeld überreicht wurde. Das 
khrengeschenk war von folgendem Schreiben begleitet: 
„Minden, 7. Dezember 1888. Des Kaisers und 
Zönigs Majestät haben von dem Ihnen zu Theil 
jewordenen seltenen Glücke, im Oktober dieses 
Jahres Ihr 109. Lebensjahc in körperlicher und 
eistiger Frische vollendet zu haben, mit lebhaftem 
Intecesse Kenntniß erhalten und die Gnade gehabte 
zhnen zum Andenken an diesen Tag die kleinst 
joldene Ptedaille mit dem Bildnisse Allerhöchs 
Ihres Herrn Großvaters, des hochseligen Kaiser- 
uind Königs Wilhelm Majestät zu verleihen. Ine 
)»em ich Ihnen die Allerhöchst verliehene Medaill, 
zier anschließe, spreche ich gleichzeitig meinen herz⸗ 
ichsten Glückwunsch zu dieser Auszeichnung aus, 
nit dem Wunsche, daß Ihnen Gottes Güte auch 
'ernerhin die gewohnte Rüstigkeit und Frische des 
doͤrpers und Geistes erhalten möge. Der Regierungs— 
Zräsident (gez) von Pilgrim.“ 
Aus Rheinland-Westfalen. Auf 
inem Gute bei Iserlohn wurde der Brennmeister 
uus Rache von zwei Strolchen im Beite umgebracht. 
— In Kalk erstach ein Taglöhner seine Frau aus 
Fifersucht. 
FBayreuth. Als der Gesangverein Kirch— 
eus einen Ball hielt, fungirte Oekonom Ruppert 
als Tanzordner. Die Wurde des Amtes decumen⸗ 
iirte eine Kuhglocke, mit welcher er das Zeichen 
um Aussetzen gab. Als nun einmal ein Tänzer 
diesem Signal nicht gehorchte, schlug ihm der 
chneidige Ballcommissär die Kuhglocke derart an 
jen Kopf, daß sofort das Blut aus einer klaffen⸗ 
ven Wunde spritzte. Für diese energische Wahrung 
der Tanzordnung erhielt Ruppert 21 Tage Ge— 
angniß. 
F Nürnberg. Ein Zechpreller, der 
rinem „Berufe“ doch noch mit ein bischen Humor 
zachgeht, wurde dieser Tage dingfest gemacht. Heller 
Fubel herrschte am Neujahrstage in einer bekannten 
siesigen Wirthschaft. Dort war ein Gast eingekehrt, 
er sich für einen Tapezierer aus Berchtesgaden 
uusgab und im Besitz eines Vermögens von 39,000 
HNark sein wollte. Die Köchin des Wirthes gefiel 
sun dem Gaste so gut, daß er dem Wirthe 100 
Mark versprach, wenn er bei derselben seinen Braut⸗ 
verber mache. Der Wirth brachte auch wirklich in 
ürzesier Zeit die Verlobung zustande! Ein Fäß— 
hen Bier wurde aufgelegt und Freude und Jubel 
errschte bei Bräutigam, Braut, Wirth und Gästen. 
Als das Bier zur Neige ging, vwar plötzlich der 
zZräutigam verschwunden. Das Bezahlen hatte er 
— vergessen. Man merkte nun, daß man es mit 
inem Gauner zu thun gehabt hatte. Die Polizei wurde 
benachrichtigt und schließlich fand man den Herrn 
Bräutigam in einer anderen Wirthschafl, wo er 
wacker weiterzechte. Der Mann wurde in Haft 
zenommen; von seinen 80,000 Mk. Vermögen 
fand man bei ihm nur — 27 Pfg. 
. Regensburg, 8. Jan. Se. K. H. der 
Prinz⸗Regent hat der Wittwe des durch 
Moͤrderhand um's Leben gekommenen Gendarmerie⸗ 
stations · Commandanten Stich von Kürn 
aus seiner Cabinetskasse 300 Mark anweisen 
lassen. An Pension erhält die Wittwe 73 Mark 
pro Monat. 
Munchen, 10. Jan, Das Stad tvle r⸗ 
o»rdnetencolleg genehmigte mit 31 liberalen 
ind conservativen gegen 29 clericale Stimmen den 
»om Magistrate abgelehnten Zuschuß von 10000 
M.ur den Bau einer altkatholischen Kirche und 
zierauf niit 52 gegen 8 Stimmen die übrigen 
dirchenbauzuschüsse. Der erstere Beschluß bedarf 
nun noch der Zustimmung des Magistrats. 
4 Gaisweiler kathol. Kirchenbau— 
Zotte rie.) Trotzdem nur noch eine kleine An⸗ 
ahl Baisweiler Loose unverkauft ist, muß die 
Ziehung nochmals verschoben werden, da die Ge— 
neinde⸗ und kathol. Kirchenverwaltung erst dann 
um gänzlichen Wiederaufbaue ihrer im Jahre 1886 
zurch Thurmeinsturz zerstörten Kirche schreiten kann, 
venn sämmtliche Loose abgesetzt sfind. Um nun 
nicht indie unangenehme Lage versetzt zu werden, den 
Ziehungstag spater nochmals verlegen zu müssen, 
etzen wir vorläufig keinen bestimmten Termin fest, 
ondern erklären, daß sofort zur Ziehung geschritten 
vird, sobald der kleine Rest Loose verkauft ist, 
zarantiren aber jetzt schon für das 
hestimmte Stattfinden der Ziehung 
roch im Laufe des Monates Januar. 
Wir hoffen jedoch, daß uns das spielende Publikum 
zurch freundliche Abnahme der noch unverkauften 
doose ermöglicht, die Ziehung schon in den nächsten 
Tagen vornehmen lassen zu können und danken 
zei dieser Gelegenheit allen Käufern von Baisweiler 
Loosen für die unserer Kirche zugewandte Unter⸗ 
tützung herzlichst. Hochachtungsvollst! Die Ge⸗ 
neinde⸗ und kath. Kirchenverwaltung Baisweil: 
deel, Bürgermeister. Leopold, kath. Pfarrer. 
F Berlhin. Wie das „Berl. Fremdenblatt“ 
jört, ist eine Kommission eingesetzt, welche sich mit 
»er Angelegenheit des Institutes der Einjährig⸗ 
Freiwilligen zu beschäftigen hat. Soweit das Blatt 
interrichtet ist, liegt es der Militärbehörde vor⸗ 
rehmlich daran, die Einjährig⸗-Freiwilligen zu tüch⸗ 
igen Offizieren der Reserve heranzubilden. Zu 
dem Zwecke werden in erster Linie die wissenschaft⸗ 
ichen Anforderungen an dieselben erhöht werden 
und soll in Zukunft nicht mehr das Reifezeugniß 
jür Sekunda genügen, sondern dasjenige für Pri—⸗ 
ma erforderlich sein. Erweist sich der Einjährig⸗ 
Freiwillige innerhalb der ersten sechs Monate als 
geeignet für den verantwortungsvollen Posten eines 
steserve-Offiziers, so soll ihm durch Zutheilung 
zines militärischen Instruktors und durch Besuch 
»iner Schule ähnlich der Kriegsschule eine weitere 
nilitärische Ausbildung zu Theil werden. Quali⸗ 
izirt sich der EinjährigFreiwillige nicht, so soll er 
eine Berechtigung zum Einjährig⸗Freiwilligendienst 
zerlieren und zwei Jahre dienen müssen. Diese 
weijährig⸗freiwillige Dienstzeit soll außerdem ein⸗ 
zeführt werden für diejenigen jungen Leute, welche 
mit der Bildung ausgestattet sind, wie sie heute 
die neueingerichteten sechsklassigen höheren Bürger- 
ichulen bieten. Somit würde einmal ein tüchtiges 
Reserve⸗Offizierkorps herangebildet werden; sodann 
vürden diejenigen Elemente, welche die höheren 
dehranstalten nur besuchen, um das „Einjährige 
Zeugniß“ zu erreichen, von denselben ferngehalten, 
ine Ueberproduktion geistiger Kräfte bvermieden und 
)em praktischen Wirken des Bürger- und Hand⸗ 
verkerstandes neues Leben geschenkt werden. 
Der Bundesrat hat beschlossen, daß ein wei⸗ 
erer Betrag von Zehnpfennigstücken in Höhe von 
twa 4 Millionen Mark und von Fünfpfennigstücken 
u Höhe von etwa 2 Millionen Mark ausgeprägt 
vird. Die Verteilung dieser Prägungen auf die 
inzelnen Münzstätten soll in der Weise erfolgen, 
»aß davon 54,19 Prozent auf Berlin, 1406 
Prozent auf München, 10,3 Prozent auf Stuttgart, 
8,10 Prozent auf Karlsruhe und 8,17 auf Ham⸗ 
purg entfallen. 
FNeujahr iu Friedrichsruh. Fürst 
Zismarck ist, wie dem Hamburger „Riform“ aus 
Friedrichssruh berichtet wird, am Neujahrstage vom