Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒt. Jugherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
der St⸗ Jugberter Anzeiger erscheint täglich mit Ausnahme der Somn- und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungs · Vlatt und wiumoc and —8*— wn 
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dungsgebühr sar die 4gespaltene Garriondeie vder deren Faum vbeteagt der Insercien aus der Pfalz 10 4, bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Expedition 
Austunfi extbeill, I5, Neklamen 830 4. Bei a4maliger Einrackunag wird nur preimaliae berechnet. 
— 
J Samstag, 1. Juni 1889. 
D 24. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
* In der nächsten Plenarsitzung des Bun⸗ 
des raths wird üder das Alters- und 
noaliditäts · Versicherungs - Gesetz Beschluß ge⸗ 
aßt werden. Die Annahme steht außer Zweifel. 
dir Einführungstermin ist Kaiserlicher Verordnung 
stbehalten; man nimmt an, es werde der 1. 
sanuar 1891 dafür bestimmt werden. Die Vor⸗ 
reitungen zur Einführung des Gesetzes, die natür⸗ 
ich sehr umfassender Art sein werden, sollen alsbald 
nit größter Energie betrieben werden. 
* Die Mittheilung, daß der Oberpräsi⸗ 
»ent Westfalens, Herr v. Hagemeister, 
ine Entlassung nachgesucht hat und daß der Unter⸗ 
naatssekrelär im Ministerium für Elsaß Lothringen, 
ztudit, auf den Posten des Herrn v. Hagemeister 
zetufen worden ist, ist jetzt amtlich bestätigt. Ueber 
zie Gründe dieses plötzlichen Wechsels verlautet, 
Haß an sehr hoher Stelle die Meinung vertreten 
vird, über die Vorbereitungen des Streiks der 
Hrubenarbeiter in Rheinland⸗-Westfalen sei wan 
im der kompetenten Stelle verhältnißmäßig recht 
pät unterrichtet gewesen. „Ein Heer von 100000 
PRann sei doch wohl nicht heimlich zu ralliiren“ 
-diese Aeußerung soll von sehr hoher Seite ge— 
jallen sein, und mit dieser für die Verwaltung der 
Hrobinz allerdings nicht besonders schmeichel- 
jaften Kritik bringt man den Wunsch des Herrn 
von Hagemeister, sich zurückzuziehen, in Verbin— 
nnuq. 
Das erneute Emporlodern der Ausstands⸗ 
sewegung in den wesitfälischen Kohlenbezirken 
zat auch diejenigen stutzig gemacht, welche sich von 
Anfang an durchaus auf die Seite der Bergleute 
jellten und deren Forderungen für gerecht hielten. 
Hat sich doch die an die Spitze des Aufrufes des 
Ausstandsausschusses gestellte Behauptung: „Gegen 
illes Erwarten erklärt sich eine größere Anzahl von 
Zechen an die Beschlüsse des Vorßandes des Ver- 
ins für die bergbaulichen Interessen im Oberberg⸗ 
imtsbezirk Dortmund nicht gebunden“, nach Dr. 
dammachers Feststellung nicht bestätigt, da die Ar- 
neitervertreter nicht eine einzige derartige Zeche 
jamhaft zu machen gewußt hätten. Das ist um 
o bedauerlicher, als die überwiegende Mehrzahl der 
Arbeiter offenbar gern zu geregelter Arbeit zurück⸗ 
ehtie und nur durch einzelne Führer in einen er⸗ 
geuten Ausstand hat hetzen lassen. In dieser Rich— 
ung ist der Schluß der Hammacher'schen Erklärung 
vichtig; es heißt dort;: „Welchen Verlauf die 
ansteste aller Arbeiterbewegungen, welche bis jetzi 
iber Deutschland hereinbrach, nehmen wird, kann 
iiemand voraussagen. Nach meinen Beobachtungen 
st das Bedürfniß, zu lohnender, regelmäßiger 
Thätigkeit unter gerechter und humaner Behand⸗ 
ung zurückkehren zu können, bei den meisten Ar⸗ 
eitern so starkr, daß der Streike sich thatsächlich 
ald brechen wird. Die 48 zum Frieden geneigten 
Stimmen der Bochumer Delegirtenversammlung 
aben den größten Theil der Bergarbeiter hinter 
ich, und es kommt nur darauf an, daß dieselben 
zen moralischen Mut gewinnen, sich von den lei— 
zenschaftlich erregten oder den Frieden überhaupt 
uicht wollenden Ägitatoren mit Entschlossenheit los— 
usagen. Erst die Erfahrungen der nächsten Tage 
verden zeigen, ob die hierauf gestützten Hoffnungen 
n Erfüllung gehen.“ 
2 Zum Empfang des deutschen Kai—⸗ 
sers in England wird aus London berichtet: 
Das Kriegsministerium trifft Vorbereitungen für 
ine großartige Freiwilligen⸗Revue, welche außer 
jer Flottenschau bei Spithead und der Heerschau 
m Lager von Aldershot Ende Juli zu Ehren der 
Anwesenheit des deutschen Kaisers stattfinden soll.“ 
Deutsches Reich. 
Bochum, 29. Mal. Die verhafteten 
Mitglieder des Ausstandsausschusses sind gestern 
Ubend aus der Haft entlassen worden. 
Dortmund, 29. Mai. Die Ausstands⸗ 
zewegung im Ruhr⸗Kohlenbezirk eilt ihrem 
Ende entgegen; täglich fahren mehr Bergleute 
in und es ist anzunehmen, daß mit Ablauf der 
„om Bergbaulichen Verein empfohlenen Frist zur 
Wiederaufnahme der Arbeit die Bergleute allenthalben 
vieder die gewohnte Thätigkeit aufgenommen haben 
werden. 
Dortmund, 31. Mai. Der Ausstand 
der Bergleute darf nun als beendet angesehen 
verden. Der auf den 2. Juni nach Dorstfeld ein⸗ 
verufene Abgeordnetentag der deutschen Bergleute 
st verschoben worden. 
Mürnster in Westfalen, 31. Mai. Heute 
Vormittag hat die Einführung des neuen 
Oberpräsidenten Studt durch den Minister Herr⸗ 
furtb stattgefunden. 
Ausland. 
London, 51. Mai. Das Oberhaus 
nahm in dritter Lesung den Gesetzentwurf betreffend 
die Vermehrung der FJlotte an. 
Unterhaus. Unierstaatssecretär Fergusson 
erklärte auf eine Anfrage, es finde mit Belgien, 
velches die Initiative zur Einladung zu der Con⸗ 
serenz über den Sklavenhandel ergreifen solle, ein 
Meinungsaustausch statt. In nicht formeller Weise 
sei auch mit den Vertretern der übrigen an dieser 
Frage interessirten Regierungen verhandelt worden. 
ẽs sei kaum zweifelhaft, daß die Conferenz noch 
in diesem Jahre zusammentreten werde. 
Bruͤssel, 30. Mai. Die Kammer nahm 
jestern mit 78 gegen 32 Stimmen die von Jacobs 
eantragte Tagesordnung an, welche Vertrauen 
u dem jetzigen Kabinet ausspricht und die Amis⸗ 
ntsetzung der Chefs der öffentlichen Sicherheit 
ordert. 
Paris, 81. Mai. Prasident Carnot 
eiste heute Vormittag 11 Uhr nach Calais ab; 
r wurde von dem zahlreich auf dem Bahnhofe 
inwesenden Publicum lebhaft begrüßt. Durch Ver⸗ 
nittlung des Deputirten Frédéric Passy ist dem 
Bräsidenten Carnot die Adresse der englischen 
Unterhausmitglieder zugegangen. Sie 
autet: „Die unterzeichneten Mitglieder des Hauses 
»er Gemeinen haben mit Bedauern vernommen, 
aß der britische Botschafter im Augenblick der Er⸗ 
ffnung der Ausstellung von Paris abwesend war, 
ind haben diese Gelegenheit ergreifen zu sollen ge— 
laubt, um dem französischen Volke und der fran- 
osischen Regierung ihre herzlichen Glückwünsche zu 
zem großen und wohlthätigen Fortschritt zu senden, 
er sich in diesem Lande während eines Jahrhun⸗ 
erts vollzogen hat.“ Der Adresse ist das folgende 
Begleitschreiben beigefügt: 
Herr Präsident! Ich habe die Ehre, Ihnen 
zurch Vermittlung unseres verehrten Freundes Passy 
die beifolgende, von 204 englischen Abgeordneten 
interzeichnete Adresse zuzustellen. Im Namen der 
Anterzeichner bin ich u. s. w. Randal. 
Paris, 31. Mai. Aus Portauprince 
vird vom 830. Mai gemeldet: Die Truppen des 
henerals Hyppolyte sind gestern hier eingerückt. 
Beneral Legitime ist geflohen. Hippolote ist 
zum vorlädufigen Präsidenten der Republik Haiti 
ernannt worden. 
Bern, 31. Mai. Der Bundes rath ge⸗ 
nehmigte 3,850,508 Franken Credit für Anschaff⸗ 
ung von Kriegsmaterial für das Jahr 1890. 
Nom, 31. Mai. Die in diesen Tagen ver⸗ 
hreiteten Gerüchte über den erschütterten Gesund⸗ 
eitszustand des Papstes sind uarichtig. In 
Hegenwart des Papstes wurden gestern die Erlasse 
verlesen, wonach die Vorarbeiten zur Seligsprech⸗ 
ung des Bischofs Aneina von Saluzzo und der 
rranzosischen Missionare Perboyre und Chanel, die 
m fernen Oriente den Märtyrertod gefunden, ge- 
dattet werden. Am Morgen celebrirte der Papft 
eine Messe, wobei er vorwiegend Fremde die Com⸗ 
nunion spendete. 
Wien, 31. Mai. Die ungarische Regierungs⸗ 
zartei beabsichtigt, zu Ehren Tissza's am 3. Juni 
ein großes Bankett zu veranstalten. 
Belgrad, 80. Mai. Anläßlich neuerlicher 
AUusschreitungen sind auf Grund der Ergebnisse der 
Antersuchung gegen 100 Leute, darunter der Führer 
der Forischrittspartei, Garaschanin, selbst, in 
Untersu ungshaft genommen worden. 
Torkale und psfalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 1. Juni. Gegen Sttiche 
pon Mücken usw. verwendet man am besten, 
im etwaigen üblen Folgen — Entzündung, Blut⸗ 
ergiftung — vorzubeugen, 3ptozentige Karbol- 
äurelösung, mit welcher man nicht nur die 
chmerzende Stelle betupft, sondern auch ein Stück⸗ 
hen Watte benetzt, um dieses auf der anschwellen⸗ 
den Stelle festzuhalten oder festzubinden. 
* NUeber die Zeitpunkte der diesjährigen Re— 
truten-EinstelTung wurde bestimmt, daß zu 
dem Dienste einzurücken haben: die Oekonomie— 
Handwerker aller Heeresabtheilungen am 1. Okto⸗ 
Jer; zum Dienst mit der Waffe: die Rekruten der 
7daballerie am 5. Okltsber, die Rekruten der In— 
fanterie, Jäger, Artillerie, Pioniere und des Trains 
zu dreijähriger Dienstzeit am 9. November, die zu 
halbjährigem alktiven Dienste des Frühjahrstermines 
am 1. Mai 1890. Die zur 1. Uebung bestimmten 
Ersatzreservisten, Schullehrer und Schulamtskandi⸗ 
daten der Infanterie, Jäger und Pioniere sind am 
28. August, die Ersatzreservisten der Fußartillerie 
am 1. September nach dem Lechfelde und des 
Trains am 1. Juli, die zu einer 2. Gwöchigen 
Uebung bestimmten Ersatzreservisten ꝛ2c. am 20. 
September einzuziehen. 
Bierdach. Dieser Tage war der Ackerer 
Zarl Moserr von Bierbach mit Eggen auf dem 
Felde beschäftigt und hatte sein „Pommerchen“ bei 
sich. Dasselbe fing eine sogen. Stoß— oder Wühl⸗ 
maus, faßte sie am Kopfe, schob sie in den Rachen 
und hiß sie, daß sie nach mehreren Minuten unter 
Zuckungen verendete. Ader auch die Maus hatte 
mit ihren scharfen, breiten (72) Zähnen dem Hunde 
im Maule einen so scharfen Biß beigebracht, daß 
Blut herausfloß. Der Hund fing an zu zittern, 
tam nicht mehr vom JIlede und verendete fast 
gleichzeitig mii der Maus. So unglaublich die 
Gischichte klingt, so bürgt doch Moser für die volle 
Wahrheit und meint nicht anders, als die Maus 
habe dem Hunde im Rachen am Oberkiefer eine Ader 
durchgebissen. (Pf. M.) 
Wie berichtet, hat fich in Ormesheim 
in Viehversicherungs«Verein gegründet. 
Derselbe hat, nach der Zw. Z., in seinen Satzungen 
folgende Bestimmung aufgenommen: „Wenn ein 
Mqsalied in öffentlichen Wirthschaften in unberech-