Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Ingherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
St, Jugberter Anzeiger yqheint taglich mit Sutnahme der Sonn, und Felertage. 3 mal wochentlich mit Unterhaltungs · Blatt und Mutw und Ea mit 
—— — —— —— e * —* —— — ——— 
un zeile oder deren Raum äg eraien aus der Pfal— F erpfälzischen und solchen auf w di⸗ ditio 
vr Auskunft ertheilt, 153, Neklamen 80 3. Bei 4maliger S u nur dreimalige berechnet. u Delhe die Eebediiton 
Politische Uebersicht. 
Kaiser Wilhelm hat seiner lebhaften Ge⸗ 
ughuung üüber das Zustandekommen der sozialen 
nReformgesetzgebung dadurch noch einen 
groͤßeren Ausdruck gegeben, daß er den hohen, an 
der Herstellung der Arbeiter-Alters- und Invalidi⸗ 
satsversicherung betheiligten Reichsbeamten Ordens⸗ 
cuszeichnungen ertheilt hat. Staatssekreiär von 
Zotucher hat die Kette zum Hohenzollern'schen 
hausorden erhalten, Ministerialdirektor Bosse das 
domthurkreuz und Geh. Regierungsrath v. Woedike 
zas Ritterkreuz desselben Ordens. Dem mathe⸗ 
natischen Sachverständigen ist der Rothe Adler⸗ 
Iden verliehen worden. 
x Die Unterhandlungen, die von deutscher Seite 
aut der Schweiz aus Anlaß des Falles Wohl⸗ 
zemuth gepflogen werden, sind ihrer Erledigung 
wie bekannt wird, noch sehr wenig nahe gerrückt. 
diesseins hat man auf Grund der eingehendsten 
Untersuchung die Ueberzeugung gewonnen, daß das 
derfahren der schweizerischen Behörden ein un— 
dorrektes gewesen sei. Man stellt deutscherseits an 
den Bundesrath der Eidgenossenschaft die Forder⸗ 
ung, den Ausweisungsbefehl Wohlgemuths zurückzu⸗ 
nehmen, und drückt gleichzeitig den Wunsch aus, 
daß Maßnadmen getroffen würden, welche nur solchen 
Deutschen den Aufenthalt in der Schweiz ermög- 
lichten, die geordnete Papiere besäßen. 
* Die Meldung einiger Londoner Blätter, daß 
der deutsche Kaiser bei seinem bevorstehenden 
besuch in England nicht nach London kommen 
werde, weil die Königin Victoria diesem Besuch den 
privaten Charakter zu wahren wünsche, beruht wohl 
aur auf einem Mißverständniß. Allerdings hat auch 
zer Unterstaatsseccttär Fergusson kürzlich im Unter⸗ 
jause erklärt, daß der Besuch des deutschen Kaisers 
m Gegeusatz zu demjenigen des Schah von Persien 
u keiner Kostenforderung beim Parlament führen 
verde, da er einen privaten Charakter trage. Das 
st indessen nur so zu verstehen gewesen, daß Kaiser 
lWhilhelm als Enkel der Koͤnigin Vitoria deren 
xtsonlicher Gast sein wird, wahrend der Schah auf 
Staatskosten in England leben wird. Daß im 
lebtigen der deutsche Kaiser nicht als Enkei der 
Zönigin von England, sondern als der Herrscher 
ines befreundeten Reiches nach England kommen 
ind mit allen seiner hohen Stellung zukommenden 
ehten empfangen werden wird, ist fesistehend. Die 
Fiage, ob der Kaiser auch London besuchen werde 
nder nicht, dürfte ausschließlich nach Zwecmäßig 
eitsgründen entschieden werden. 
Deutsches Reich. 
Karlsruhe, 6. Juni. Die Trauung des 
etbprinzen von Anhalt mit der Prinzessin Marie 
en Baden findet am 2. Juli in Karlsruhe statt. 
Berlin, 6. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztig.“ 
ummt von dem Dementi der Meldung Notiz, wo— 
ach der Besuch des Kaisers Franz' Josef in 
herlin aufgeschoben sein sollte 
Nach Londoner Meldungen wollte Wiß mann 
ꝛeute Saadani angreifen. 
die Bergordnung für Südwest⸗ 
trika vom 25. März 1888 wird im Anschluß 
in die ähnlichen Gesetze in den englichen Colonien 
ind holländischen Republiken, wie Transdaal, 
dronje⸗Freistaat, umgeändert werden. Ein Ent— 
durf ist bereits aufgestellt und haben demnächst 
iber denselben zwischen den betheiligten Ressorts 
ind den betheiligten Colonialgesellschaften commissa- 
XE 
—N — 
Ausland. 
Paris, 6. Juni. (ammer.) Bei der Be—⸗ 
catung des Unterrichtsbudgets legte Ferry unter 
lebhafien Unterbrechungen der Rechten die Fort⸗ 
ichritte dar, welche die Republik im öͤffentlichen 
Unterrichtswesen gemacht habe. Er wies darauf 
zin, die Ausgaben für Schulbauten erreichten Fr 
563 Millionen, dabon kaͤmen nur 224 Millioner 
anuf den Staat. Redner betonie, er sei immer für 
die Wahrung des religissen Friedens gewesen wie 
jür die Aufrechterhaltung des Kultusbudgets. Dit 
Laienschulen übten immer mehr Toleranz, mar 
müsse das gleiche auch von der Kirche verlangen 
Unier zahlreichem Proteste der Rechten und Beifal 
der Linken wurde die Sitzung aufgehoben. 
Eissabon, 7. Juni. Die erste Kammer nahm 
instimmig einen Untrag an, wodurch die Rechts- 
insprüche Portugals auf seine Gebiete in Oste 
Zentralafrika bestätigt werden und die Regie⸗ 
ung aufgefordert wird, dieselben aufrechtzuerhalten 
Das Votum richtet fich besonders gegen England 
vo man eben im Begriffe steht, der englischen Ge⸗ 
ellschaft, welche sich vom Cap bis zu den Nil- 
quellen festsetzen will, einen königlichen Freibriel 
u ertheilen. 
Nom, 6. Juni. Der Senat beschloß, der 
Enthüllung des Giordano Bruno⸗Denkmals nicht 
heizuwohnen. 
Rom, 7. Juni. Aufsehen erregt ein Erlaß 
des Unterrichtsministers, welcher anläßlich des 
Biordano-Bruno⸗-Festes für alle Schulen 
hiertdaige Ferien anordnet. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
**æ St. Ingbert, 9. Juni. Pfingsten, 
das Freudenfest, ist wieder erschienen; die Erde hal 
hr Festkleid angelegt, unzählige Blumen duften 
die Wälder grüßen im grünen Kleid und die hohe. 
wogende Saat verkündet eine reiche Ernte. Da 
überklommt auch die Menschen ein Gefühl des Be— 
friedigiseins und der Freude am Dasein. Wenn 
auch Manchen der Kummer drückte, jetzt ist für Alle 
die schöne liebliche Zeit, da das Antlitz sich erhellt 
und die Thatkraft wächst. 
Ein lebenweckender Hauch weht durch die Wels 
ind regt die Wanderlust an bei Jung und Alt, 
hei Reich und Arm. Wem ein wohlgefälliges Ge— 
chick die Güter der Erde geschenkt, der vertraut 
ich dem schnellen Dampfroß an zur Reise in weite 
Fernen; und wem der Glücksgüter weniger zutheil 
wurden, der begnügt sich, oft mit mehr Genuß und 
zrößerer Freude, mit einem kurzen Ausflug in die 
Amgebung seines heimathlichen Ortes. Wie oft 
sfindet man da noch nicht gekannte Schönheiten 
and wie freut man sich der trautgewohnten Plätze. 
Möge Niemand versäumen, sich durch Betrach— 
sung und Beobachtung der Natur und ihres Lebens 
ene ruhige, gleichmäßige Stimmung des Gemüthes 
anzueignen, deren wir in den Widerwärtigkeiten des 
äglichen Lebens nur zu oft dedürfen. Dazu sind 
aicht gerade eine gefüllte Borse und weite Fahrten 
bdonnöthen, denn wie das Gute so liegt uns auch 
das Schöne nicht selten unbeachtet nahe. 
So wünschen wir denn Allen fröh— 
siche, genußreiche Festtage. 
* Für das Vergnügen unserer Bevölkerung 
in den Feiertagen sorgen, sodiel uns bekannt, 5 
Ronzerte, welche in den Gartenwirischaften 
»on Brauerei Becker (Unterstadt,) K. Fettig, Fr. 
Diener, Pet. Wagner und bei Vet. Schweitzer ab⸗ 
iehalten werden 
* Wir machen die Viehbefitzer auf die heutige 
bürgermeisteramtliche Bekanntmachung aufmerksam. 
St. Ingbert, 9. Juni. Der Juni scheint 
dem Mai in Bezug auf Güte nichts nachgeben zu 
wosllen. Ein günstigeres Wetter als heuer hat der 
dandmann schon lange nicht mehr gehabt. Die 
Hdeugrasernie ist hier in vollem Gange; sie liefert 
ein vorzügliches Futter. 
*— Für Spaßmach er wird die Mittheilung 
von einiger Wichtigkeit sein, daß das Reichsgericht 
ein Erkenntniß gefällt hat, nach welchem wegen 
groben Unfugs derjenige bestraft werden kann, der 
einem ihm bekannten Berichterstatter eine nachweis- 
lich falsche Nachricht unterbreitet, von weicher 
er voraussetzen kann, daß sie zur Kenntniß der 
desee einer Zeitung gebracht werde. Ist mit sol⸗ 
her Veröffentlichung noch der Schaden einer oder 
mehrerer Personen verbunden, kann der Ausstreuer 
der Nachricht außerdem noch für den entstandenen 
Schaden haftbar gemacht werden. — Wer also 
den unwiderstehlichen Kitzel in fich fühlt, einem 
Zeitungsschreiber „eins aufzubinden“, der überlege 
ach gefälligst vorher die etwaigen Folgen. 
— Zweibrückken, 7. Juni. Bei der heutigen 
Versteigerung von 10 Zweibrücker Gasaktien und8 
Anteilscheinen der hiesigen Casinogesellschaft aus dem 
Emil Zorn'schen Nachlasse wurden für erstere im 
Nominalwerthe von 100 fl. 428 bis 433 Mt., für 
letztere, zu 60 fl. gewertet, a 106 Mk. gelöst. 
Gig.) 
— Oberst Waagen im 18. Inf.Reg., Koman- 
deur der 5. Inf.Brigade. wurde zu Generalmaior 
befordert. 
— Pirmasens, 7. Juni. Erwischte 
Frevlher.) Dem Herrn Friedhof⸗Aufseher Gg. 
Faul ist es gestern Vormittag gelungen, zwei Bur⸗ 
schen dingfest zu machen, welche auf dem Fried- 
dofe die Gräber plünderten. Dieselben heißen 
Znerr und Bollenbach und stehen im Alter von 
etwa 14 Jahren. Hoffentlich schreckt ihre Strafe 
Andere vor gleicher Frevelthat ab. Am meisten 
wird übrigens beklagt, daß erwachsene Fabrik— 
mädchen tagtäglich ganze Sträuße von Blumen 
pflücken und unbeauffichtigte Kinder die schönsten 
Anlagen muthwillig zerstören, so daß wir dem 
Wunsche nach strengerer Friedhofspolizei nur zu⸗ 
stimmen koͤnnen. (31g.) 
— Landau, 7. Juni. Wie man dem Eilb. 
mittheilt, ist dem Comitéé für die Sccundärbahn 
Ldandau-Bellheim ein Projekt mit Kostenan⸗ 
ichlag zugegangen, wonach sich die Baukosten für 
die Strecke einschließlich der Kosten für die Halte—⸗ 
stelen an den von der Bahn berührten Ortschaften 
auf 500,000 M. belaufen würden. Von den 
abrigen im vorigen Jahre mit großem Aufwand 
von Tinte und Druckerschwärze verfochtenen und 
bekämpften Nebenbahnprojekten hört man nichts, 
— 
nichts weiter zu berichten, als daß die Direltion 
der pfälzischen Bahnen auf ihren Fahrplänen den 
Raum zu einer ganzen Menge von Zügea von 
und nach Rohcrbach freigelassen hat. Im Uebrigen 
sollen sich die Aussichten auf eine Verstandigung über 
die vorhandenen Streitpunkte keineswegs gebessert 
haben, so daß der Beginn des Bahnbaues nach 
wie vor in unabsehbare Ferne gerückt erscheint. 
— Landau, 7. Juni. Die diesjährige ordent⸗ 
liche Hauptversammlung des Pfälzischen Kreis⸗ 
fischerei-Vereins wird am 23. Juni, vor⸗ 
mittags 11 Uhr, hier im „Schwan“ abgehalten. 
Die Tagesordnung lautet der „Z. 3.“ zufolge