Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Insherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
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er St, Jugberter Aweig Erjqheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Pitrwochhs und Samftags mit 
ufirirten Beilagen. as Blatt koffet dierteljahrlich 1.4 60 — einschließlich kragerlohn; durch die Post bezogen 14 78 einschließzlid 20 Zuflellungsgebuhr. Die 
rnc nngsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgi dei Inseraien aus der Pfalz 10 H, bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Erbedition 
Auslunft ertheilt, I3 ⸗ Neklamen 80 2. Bei 4maliger Cinrackung wird nur dreimalige berechnet. 
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Politische Uebersicht. 
⸗Der „Reichsanzeiger“ hat das Gesetz betreffend 
je Invaliditäts und Altersversicherung 
nerossentlicht. Dasselbe ist gegeben unter dem 23. 
Jun d. J. Somit ist dasselhe jetzt vollzogen und 
ʒ erübrigt nur noch die Foctführung und Vollendung 
er vorbereitenden Arbeiten, welche dem Inkraft⸗ 
reien desselben, dessen Zeitpunkt durch kaiserliche 
herotdnung mit Zustimmung des Bundesrates be⸗ 
zimmt wird, voranzugehen haben. Hierbei werden 
ich noch manche Schwierigkeiten zeigen, wie das 
a'auch bei Einführung der Unfallversicherung der 
zall war und bei deren Ausdehnung auf die land⸗ 
pirtschaftlichen Betriebe noch jetzt der Fall ist, und 
nanches Hindernis wird überwunden werden müssen, 
de sich die beteiligten Kreise der Wirksamkeit dieses 
zesetzes zu erfreuen haben. Es kann auch nicht 
ehlen, daß besonders bei der Altersversicherung 
nehr noch als bei der Unfallversicherung vorerst die 
dasten, welche das Gesetz auferlegt, um so mehr 
mpfunden werden, als ja die Unterstützung, welche 
z gewährt, oft erst in einer ferneren Zukunft liegt. 
Henn aber erst einmal einige Jahre ins Feld ge— 
angen sein und die Folgen des Gesetzes an den 
rbeitsunfähig und altersschwach gewordenen Arbeitern, 
pelche bisher nur zu oft bitterer Not und der 
lrmenpflege verfielen, thatsächlich sich gezeigt haben 
derden, dann werden auch die Segnungen dieser 
ocialen Vorkehr zutage treten und die Arbeiter⸗ 
zassen für dieselbe gewinnen. Die Schwierigkeiten 
ind mehr nur mit der Uebergangszeit und der Ge⸗ 
„hnung verknüpft; hat erst das Gesetz seine Lebens⸗ 
thigleit bewährt, ist es erst unserem Volke gleich—⸗ 
im in Fleisch und Blut übergegangen, dann wird 
ie durch die Socialreform bewirkte staatliche Für- 
xxge für die minder bemittelten Classen auch in 
srem ganzen segensreichen Umfange erkannt und 
ewürdigt und als ein unveräußerlicher Bestandteil 
mseres Volkstums empfunden werden. 
* Durch den am 23. ds. erfolgten Tod des 
teichstagsabgeordneten Staelin in Calw (Würt- 
emberq) ist schon wieder ein Reichsstagsman⸗ 
zat erlojchen. Von den 397 Abgeordneten, 
velche bei den Februarwahlen 1887 zum Reichs⸗ 
age gewählt wurden, sind seitdem nicht weniger 
—R— 
Re nationalliberale Partei hat verloren die 
1bgg. von Bernuth, Frhr. von Degenfeld, Fal- 
enberg, Haupt, Seybold, die Reichspariei die 
lbug. Schmidt (Sagan) und Staelin, die conser- 
ative Fraktion die Abgg. Saro und v. Waldow, 
as Centrum die Abgg. v. Aretin, Gielen, Pfaffe⸗ 
ut, Trimborn. Außerdem starben der Social⸗ 
emokrat Kräcker, der Pole Magdzinski und der 
ilsaser Kabls. Wegen Beförderung im Reichs— 
det Staatsdienste mußten ihr Mandat niederlegen 
uud wurden nicht wiedergewählt die Abgg. Baur— 
qwidt (Nationallib.), Vormann (Reiqhhspartei), 
iht. v. Gise (Centri), v. Köller (Cons.), Frhr. 
Maltzahn (Cons.), Maubach (Cons.) und Dr. 
Satther (Nationallib.). Aus anderen Gruünden 
chieddn dus die Abgg. Antdine (protestlery, Frhr. 
Boler (Cons.), Hasenclever (Socialdemoktrah), 
dp (Reichsparteis und Dr. Reinhold (Natio- 
allid, 
Der Kaiser hat den bei Bekämpfung der 
irdeiterunruhen in schlesischen Bergawerks— 
ezirken beteiligten Truppenteilen des VI. Armee⸗ 
poin einer Cabinetsordre seinen Dank für deren 
cdei gezeigte gute Haltung und ihr dbefonnenes 
ꝛuftrelen ausgesprochen. 
Samfiag, 29, Juni 1889. 
24. Jahrg— 
*Die Nachricht, daß der Kaiser sämmtliche 
dandidaten, welche das Wahlkollegium zu Münster 
ur den erledigten Bischofsstuhl in einer Liste 
n Vorschlag gebracht habe, als personae minus 
rratas gestrichen habe, entbehrt, wie die „Köln. 
3ztg.“ versichert, der Begründung. Die Akten seien 
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heinische Blatt hinzu. 
* Am 27. Juni waren es 500 Jahre, daß auf 
„em Amselfelde das Schicksal des alten großen 
erbischen Reiches entschieden wurde. Das 
Imlselfeld oder die Heide von Kossowo ist eine 
32 Kilometer lange und »22 Kilometer breite 
hochedene von Altserbien westlich in Prisch⸗ 
ina. Hier trafen des Scharen des serdischen 
Zars Lazar und die Sultans Murad 1. 
im 27. Juni 1389 zusammen; 100 000 Serben 
ämpften den Todeskampf gegen 300 000 Türken. 
zon einem Serben wurde Murad meuchlings er—⸗ 
nordet. Auch Lazar fiel. Der Vetrat eines ser— 
iischen Reiterführers entschied die Schlacht zagunsten 
er Türken. Der Tag wird in Serbien feierlich 
jegangen. Leider haben sich die Serben Wühle⸗ 
eien in den serbischen Teilen der Nachbarländer 
uschulden kommen lassen; die ungarische 
Zolizei hat 200 000 Denkmünzen entdeckt, die in 
deusatz angefertigt waren und in Ungarn vermut⸗ 
ich verteilt werden sollten, ebenso Tausende von 
edruckten Aufrufen. Auch auf türkischer Seite hat 
nian sich zu außerordentlichen Vorsichtsmaßregeln 
enötigt gesehen. Mit dieser Kossowofeier soll die 
zalbung des jungen Königs Alerander ver⸗ 
unden sein, die wahrscheinlich aber erst am 2. 
zuli im Kloster Ziza erfolgen wird. Die Regenten 
)rotitsch und Beli⸗Markowisch begleiten den König; 
tistitsch bleiht dagegen in Belaxod 
eutsches veich. 
Metz, 27. Juni. Lanique hat an den 
Zräsidenten von Lothringen folgendes Schreiben 
jerichtet: Da die geringe Anzahl von Stimmen, 
ie bei der gestrigen Wahl abgegeben wurden, mir 
nicht die Autorität gibt, die ich im Reichstag 
saben wollte, so nehme ich das Mandat eines Ab⸗ 
jeordneten nicht an und beeile mich, Sie hiervon 
n Kenntniß zu setzen. Genehmigen Sie ꝛc. 
Stuttgart, 28. Juni. Der „Schwäbische 
Merkur“ meldet aus Sansibar: „Premierlieu— 
enant Krenzler, der Theilnehmer des Wiß—⸗ 
nannschen Zuges, ist mit dem Dampfer „Martha“ 
n .Bagamoyo eingetroffen. Ende Mai machte 
drenzler mit der Dampfpinasse der „Leipzig“ eine 
Züstentour nach Dar-es ˖Salaam, wohin er Nach⸗ 
ichten überbrachte. Auf der Rückreise landete er 
nit sudanesischen Soldaten in Bueni zwischen Dar⸗ 
»s.Salaam und Bagamoyo, um mit dem dortigen 
Wali Frieden zu schließen. Der Wali riß aber 
ius. Bei Abgang der Post war Krenzler heftig 
ieberkrank.“ 
Kisssugen, 28. Juni. Die Kaiserin traf 
eute Morgen, 8 Uhr 25 Minuten hier ein und 
hurde am Bahnhofe vom Regierungspräsidenten 
ßrafen v. Luxburg, sowie den Spitzen der Be— 
örden und der Stadt empfangen; ferner waren der 
herzog von Edinburg und zahlreiche Fremde an—⸗ 
vesende“ Die Kaiserin fuhr alsbald unter den 
hochrufen der Reihen dildenden Menschenmenge 
zurch die festlich geschmückte Stadt nach der könig⸗ 
ichen Saline. 
Sigmaringen, 27. Juni. Nach der Abend⸗ 
afel begaben sich der Kaiser und die Kaiserin, 
on allen anwesenden Fürstlichkeiten begleitet, nach 
dem Bahnhofe. Der Kaiser reist direct nach Berlin, 
ie Kaiserin begleitet denselben bis Osterburken und 
zeht von dort nach Kissingen. v⁊ 
Potsdam, 28. Juni. Der Kaiser traf 
nit einem Sonderzug heute Nachmittag 4 Uhr 15 
Minuten auf der Wildparkstation hier ein und be⸗ 
zab sich alsbald nach dem Neuen Palais. 
Berlin, 27. Juni. Die „Post“ widerspricht 
der Meldung von der angeblich zum August ge- 
lanten Reise des Kaisers nach Italien 
und von dort nach Griechenland. 
Berlin, 27. Juni. Die mehrfach angekündigte 
Novelle zum Krankenkassengesetz wird über- 
instimmenden Berichten verschiedener Blätter zufolge 
dem Mchstage in nächster Session bestimmt 
ugehen. 
Berlin, 28. Juni. Der russische Groß— 
ürst⸗Thronfolger traf auf seiner Rück- 
ahrt nach Petersburg um 84 Uhr auf dem 
zchl esischen Bahnhofe hier ein, wo er von den 
Zerren der Botschaft empfangen wurde. Nach Ein⸗ 
iahme des Frühstücks setzte der Großfürst um 9 
Uhr seine Reise fort. 
Berlin, 28. Juni. Der „Köln. Ztg.“ wird 
jemeldet: Aus Stuttgart liegt hier in gut unter- 
richteten Kreisen die Nachricht vor, daß der russische 
kRegimentscommandeur, der zur Beglück- 
vünschung des Königs von Württemberg nach Stutt⸗ 
jart entsandt war, bei einem Festessem, welches das 
Iffizierkorps des Regiments Königin Olga deran- 
daltet hatte, bei einem auf das deutsche Reich aus⸗ 
jebrachten Hoch mit Absicht sitzen geblieben 
sei uund sich geweigert habe, daraufhin mit seinem 
Blase anzustoßen. Dieses Benehmen ist so an⸗ 
dößig, daß hoffentlich bald eine weitere Aufklärung 
erfolgt. Bei der Auswahl von Offizieren zu Reisen 
ins Ausland dürfte man doch in Rußland be— 
onders vorsichtig sein. 
Berlin, 28. Juni. Die „Norddeutsche All- 
zemeine Zeitung“ setzt heute in einem längeren 
Artikel ihre Beschwerdeführung gegen die Schweiz 
ihermals fort. 
— 
Ausland. 
London, 28. Juni. Die Königin hat in 
die Verlobung der Prinzessin Luise, der ältesten 
Tochter des Prinzen v. Wales, mit dem Grafen 
Fife eingewilligt. 
Paris, 27. Juni. GCammer.) Lamarti—⸗ 
nmiere sprach sich sehr mißbilligend über den 
jäufigen Wechsel des Beamtenpersonals in Indo⸗ 
hina aus und verlas einen Bericht des jüngfst 
jerstorbenen Gouverneurs Saiguns Richand, wel— 
her die Verwaltung Constan's aufs Heftigste an- 
jriff. In Folge dessen ereignete sich ein heftiger 
Iuftritt zwischen Constans undDelaporte, dem früheren 
Inierstaatssekretär der Colonien. Constans warf 
Delaporte vor, Lamartiniere den Bericht Richand's 
nitgetheilt zu haben. Millerand (radical) be- 
intragte, den Bericht Richand's in vollem Umfang 
er Kammer mitzuteilen. Tirar d bekämpfte den 
Antrag und erklärte, es sei nur darauf abgesehen, 
ie republikanische Regierung durch Verläumdung 
n Mißcredit zu bringen. Die Regierung werde 
iber ihre Pflicht bis zu Ende thun. Der Antrag 
Nillerand wurde mit 304 gegen 2588 Stimmen 
ibgel hnt. — Die Kammer beschloß im Vetlaufe 
zer Sitzung, morgen den Antrag Rouviere's, be⸗ 
reffend die Unterstützung der Panamagesellschaft 
ehufs Fortführung der begonnenen Arbeiten, zu 
eraten. — Ein Decret ordnet die Wahlen zur