Full text: St. Ingberter Anzeiger

vt. Ingherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
berter A er“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und 
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3* bühr e e ene Garmon poder deren Raum g 
arcinugsgebuh edee er 78 arsgt 
Felertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Mittwochs und Samstagt mit 
agerlohn; durch die Post bezogen 1.M75 -, einschließzlich 40 B Zustellungsgebühr. Die 
dei Inseraien aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und lolchen auf welche die Erpedition 
Bei Amalider Ginrüdung wird nur dreimalige berechnet. 
151. 
Dienstag, 2. Juli 1889. 
2.. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
Stuttgart, 1. Juli. Laut Meldung des 
Siaaisanzeigers für Württemberg“ sind durch 
dniglichen Gnadenact anläßlich des 28jähr. 
zegierungsjubiläums des Koönigs auf Antrag des 
fusizministers 245 Personen begnadigt. Weitere 
ille sind noch in Verhandlung. König Karl ver⸗ 
gie ferner militärische Gnadenacte. 
Potsdam, 30. Juni, abends. Der Kaiser 
Fegah sich heute um 9 Uhr 55 Min. von der 
Ratrosenstation aus auf der Dampfyacht Alexandra“ 
ach Spandau und reiste von dort nach Kiel ab. 
Kiel, 1. Juli. Kaiser Wilhelm traf 
zotgens hier ein. Er wurde am Bahnhofe vom 
grinzen Heinrich, von der Admiralität, dem Ober⸗ 
rafidenten u. s. w. empfangen und fuhr sodann 
»en Hafen entlang nach dem Schlofse, wo er über⸗ 
ill mit Jubel begrüßt wurde. Das Gefolge des 
zaisets — Graf Waldersee, der General à Ia suite 
zraf Wedell, der Hausmarschall Frhr. v. Lyncker, 
ie Flügeladjutanten, der Generalarzt Dr. Leuthold, 
Narine⸗-Maler Salzmann u. A. — begab fich vom 
zahnhof alsbald an Bord der Kaiseryacht „Hohen⸗ 
ollexz“. Um 102/4 Uhr bestieg der Kaiser mit 
em Prinzen Heinrich an der festlich geschmückten 
Jarbarossabrücke das Kaiserboot und fuhr an der 
deihe der salutirenden Panzerschiffe der Manöver⸗ 
otte vorbei nach der Kaiseryacht „Hohenzollern“, 
jelche in der Nähe der Startlinie der Segelregatta 
mlert. An der heute stattfindenden Regatta nehmen 
d Segelboote theil. Der Hafen ist mit zahlreichen 
lagqgen geschmückt. Es weht eine frische, gute Brise. 
Kiel, 1. Juli. Die Kaiseryacht , Hohenzollern“, 
n deren Bord sich Kaiser Wilhelm nebst Ge⸗ 
olge befand, lichtete 10 Minuten vor 5 Uhr die 
inker, um die norwegische Reise anzutreten. Der 
ls Depeschenschiff dienende Abiso „Greif“ folgte 
n einiger Entfernung. Sämmitliche Kriegsschiffe 
aben den Kaisergruß. Als „Hohenzollern“ an 
er Veste Friedrichsort vorbeifuhr, brachte die Be— 
tzung auf den Wällen ein dreimaliges Hurrah 
um Abschied; die Strandbatterie salutirte. 
Ausland. t 
London, 30. Juni. Der „Herald“ melde 
us Sansibar: Am Samstag waren die Deutschen, 
ach Ablehnung aller den Eingeborenen gemachten 
ctiedensvorschläge, entschlossen, Pangani, zu 
erstören. — Dr. Peters landele in der 
dhe von Kivaihos, nördlich von Lamu. Sein 
Nunilions⸗Dampfer „Neera“ wurde indes vom 
ritischen Admiral mit Beschlag belegt und als 
frise erllärt. — Der Sultan von Sansibar fürchtet 
ine Absetzung und die Berufung seines Bruders 
ri zur Herrschaft. 
London, 1. Juli. Der Schah von Per—⸗ 
en ist heute Mittag auf der Yacht der Konigin 
Victoria and Albert“ in Gravesend eingetroffen 
ind daselbst von dem Prinzen von Wales nebst 
sen Söhnen und dem Großfürsten Georg von 
aukland empfangen worden. 
Brüfsel, 1. Juli. In Antwerpen 
tafen grozt Summen Gold aus Amerika für 
Trussische Regierung ein. 
Paris, 1. Jui. Zufolge dem „XIX. Siecle“ 
U der Graf von Paris! auf feinen Aufenthalt 
nder Schweiz derzichtet haben, weil die schweizer 
kegierung ihn unter der Hand habe wissen lassen, 
eß sie dem Aufenthalte des Grafen in Vevey zwar 
eine Hindernisse in den Weg lege. aber nicht dulden 
rde. daß er dort politische Abordnungen einpfange. 
in diesim Falle wube ssth sen Aflnget 
Schweiz zu einer politischen Kundgebung gestalten, 
die grade jetzt zur Zeit der Ausstellung in Frank- 
reich lebhafte Erregung hervorrufen werde. 
Paris, 1. Juli. Carnot hat an den in 
llix · les-Bains weilenden König von Griechen- 
land eine Einladung gesandt, zur Ausstellung nach 
Baris zu kommen. 
Bern, 1. Juli. Die iaternationale Simplon⸗ 
conferenz und die schweizerisch-ita— 
lienische Conferenz zur Regelung des Grenz- 
zerkehrs und Unterdrückung des Schmuggels wurden 
jeute gleichzeitig eröffnet. Da Italien an der 
Forderung der Ausmündung des Tunnels auf dem 
talienischen Gebiete festhält, ist das Ergebniß der 
rsteren noch ungewiß. 
Nom, 30. Juni. Das amtliche Blatt ver⸗ 
zffentlicht das neue Strafgesetz, welches am 
1. Januar 1890 in Kraft tritt. 
Rom, 1. Juli. „Popolo Romano“ meldet: 
Papit Leo hielt gestern ein zweistündiges ge— 
jeimes Consistorium ab, an welchem nur die 
dardinäle ohne irgendwelche Begleitung theilnehmen 
zurften und dessen Verhandlungen geheim zu halten 
ind. Ein solches Consistorium findet nur sehr 
selten statt und in wichtigen Fällen. „Popolo 
Romano“ sagt, es sei nicht unwahrscheinlich, daß 
das Consistorium durch die Erklärungen des Mi⸗ 
nisterprafidenten Crispi am letzten Freitag, betreffs 
einer Versoͤhnung Italiens mit dem Vapste ver—⸗ 
anlaßt sei. 
Wien, 29. Juni. Zwei Compagnien In— 
janterie erhielten, wie der „Allgemeinen Zeitung“ 
aus Linz gemeldet wird, Befehl zur Marschbereit- 
chaft, weil unter den Bergarbeitern in Wolfsegg 
Anruhen befürchtet werden. 
Petersburg, 1. Juli. Der Kaiser und 
die Kaiserin find gestern mit den Kindern, der 
oͤnigin von Griechenland nebst Kindern, der Her- 
zogin von Edinburg und dem Prinzen von Olden⸗ 
zurg nach den finnischen Schären abgefahten. 
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten. 
B-J. St. Ingbert, 2. Juli. Die Innung 
ur Bader, Barbiere und Friseure hielt 
gestern unter Vorsitz des Oberältesten Herrn Gott⸗ 
ried Hoch⸗Pirmasens ihre Versammlung bei Coll. 
Weirich hier ab, welche sehr zahlreich besucht war; 
z»esonders aus St. Johann Saarbrücken waren viele 
Jollegen anwesend. Nachdem der Oberälteste punkt 
12 Uhr die Versammlung eröffnet übertrug er dem 
Foll. Jakab Schön-Landftuhl das Wort um Bericht 
iber die süddeutsche Bezirksversammlung, welche zu 
Iffenbach am Main abgehalten wurde. Den Haupt⸗ 
jegenstand der Verhandlung bildete die Sterbekasse 
porüber lebhafte Debatten geführt wurden. Zur 
rächsten Versammlung wurde Pirmasens bestimmt. 
Zum Schluß gab es bei Coll. Weirich ein allge— 
neines Mittagefsen, welches das Lob Aller hervorrief. 
*4 In einer gestern zu Zweibrücken abgehal⸗ 
enen Abgeordneten⸗Versammlung des Zweibrücker 
Bustav⸗Adolf⸗Zweigvereins wurde be— 
chlossen, das Jahresfest am 14. Juli in St. 
Ingbert zu feiern. Außer den Gemeinden, die 
zisher unterstützt wurden, soll auch unsere Nachbar— 
gjemeinde Eldersberg in diesem Jahre mit 150 M. 
eitens unseres Zweigvereins bedacht werden. 
*— Das k. statistische Bureauu in München 
zeröffentlicht eine Uebersicht über den Stand der 
iffentlichen Sparkassen im Koönigreich Bayern im 
Jahr 1887 und entnehmen wir daraus folgende 
nuf unsere Pfalz bezügliche Stellen: Es bestanden 
em 31. Dezember 1887 im Ganzen 45 öffentliche 
Sparanstalten, und zwar 29 'gemeindliche und 16 
istrictive. Erstere vertheilen sich auf nachstehende 
Orte: Asselheim, Edigheim, Frankenthal, Groß- 
aiedesheim, Grünstadt, Lambsheim-⸗Maxdorf, Oppau, 
Bermersheim, Hagenbach, Hördt, Leimersheim, 
dingenfeld, Neupfotz, Schaidt, Sondernheim, Stein - 
veiler, Zeiskam, Landstuhl, Kaiserslautern, Landau, 
dürkheim, Freinsheim, Haßloch, Lambrecht, Neustadt, 
Weidenthal, Ensheim, Zweibrücken (Ludwigshafen 
jat erst später ein derartiges Institut erhalten.) 
Districtive Sparkassen finden sich in den Städten: 
Annweiler, Bergzabern, Homburg, Otterberg, Kirch⸗ 
jeimbolanden,. Obermoschel, Rockenhausen, Kusel, 
dauterecken, Wolfftein, Ludwigshafen a. Rh., Pir— 
nasens, Blieskastel, Hornbach, St. Ingbert, 
Z3weibrücken. Es trifft eine Sparkasse auf 
15,645 Einwohner oder 131,7 D⸗Kilometer, eine 
Annahmestelle auf 48,2 [1-Kilometer. Die Neu— 
inlagen betrugen im Berichtsjahr 2,467,305 M. 
oder 7,0 pCt. der Einlagen im Königreich. Die 
Mehrung der Spargelder beträgt 666,441 M. oder 
3 pCt. Am Schluß des Jahres 1887 waren 
Spareinlagen vochanden 9,001,366 M. und trifft 
zuf den Kopf der Bevölkerung ein Sparkapital 
bon 12,8 M. Die Zunahme der Zahl der Ein— 
leger betrügt gegen das Vorjahr 975 oder 4,9 pCt. 
*— In verschiedenen Blättern wurde irrthüm⸗ 
licher Weise berichtet, daß die Fahrtvergün⸗— 
stigungen, welche von den Bahnverwaltungen 
für die Hin⸗ und Rückfahrt zum VII. Deutschen 
Turnfest in Mänchen bewilligt worden sind, 
allgemeine Giltigkeit hätten. Es ist dies jedoch 
nicht der Fall. Deeselben gelten lediglich für die 
nit der Festkarte als Vorweis versehenen Turner. 
*— Eine Mahnung zur Vorsicht bildet 
nachfolgender Fall: Ein Elberfelder Geschäfts- 
reisender wollte eine Selterswasserflasche öffnen, 
vobei ihm der Korkstöpsel mit solcher Gewalt ins 
rechte Auge flog, daß die Nezzhhaut vollftändig 
zerriß und das Sehbermögen auf immer verloren 
zegangen ist. 
Ensheim, 1. Juli. Zu der gestrigen 
FJubiläumsfeier der Firma Adt koönnen 
wir noch nachtragen, daß dieselbe mit Ausnahme 
eines kurzen Regenschauers fich des besten Wetters 
erfreute. 
Die ernste Gedächtnißfeier auf dem Friedhofe 
wurde noch gehoben durch einen Choral, welchen 
die drei vereinten Fabrikkapellen von hier, Forbach 
und Pont-a-Mousson vortrugen. Wir theilen nach⸗ 
ehend die Ansprache des Herrn Grenz im Aus⸗ 
ug mit: 
Verehrte Bersammelte! 
Was ist es, was uns aus dem Gotteshause hierherftihrt 
mn die Stätte des Todes? 
Es ist das dankbare, treuliebende Gedenken an die⸗ 
enigen Mitglieder der Familie Adt, die bereits hinabge⸗ 
tiegen sind in das dunkle Reich des Todes, an diejenigen, 
velche den Grundstein gelegt dem stolzen Bau, an dem 
vir heute noch als treue Werkleute thätig find. Die 
diebe, welche über alle Zeiten hinaus fest hält, was fie ein⸗ 
nal erfaßt hat, ist es, welche uns herführt, um diese 
Statten des Todes mit den Farben des Lebens, mit süß⸗ 
zuftenden Sommerblumen, zu schmücken. 
Fur die Liebe gibt es keinen Tod; denn was gestorben, 
st darum nicht auch vergangen, — es lebt —, wie in den 
eligen Gefilden der Vollendung, so auch in den dankbaren 
derzen der Nachwelt. 
Aber nicht allein um den teuern Verstorbenen der 
Familie Adt unsere Verehrung darzubringen, sind wir ins— 
Jesammt hierhergezogen, sondern auch um etwas für uns 
mitzunehmen, namlich das, was uns der Friedhof für das 
Betümmel des Tages mitgibt: „Erhebung, Tröstung und 
Beruhigunge!“ 
Wie viele, viele Menschenherzen find nicht schon auf 
ziese heiden Gottiesüucker, hier und dort drüben, über melsche