Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
St Jugberter nzeiger ersheint taglich mit Ausnahme der Sonn⸗ umd Felertage . Zwmal wbqentlich miu Unterhaltungs⸗ Blatt und Niltwochs und Samsags mit 
r — 
F un 3 oder deren Raum betra njeraten aus der ⸗ au en und solchen auf we n 
tin Auslunft ertheilt, 1Ib , Neklamen 830 Bei 4maliger —X — nur dreimalige berechnei. 
Deutsches RNeich. 
starlsruhe, 2. Juli. Bei der soeben Mit- 
qö 21 Uhr vollzogenen Trauung der Prin— 
Asin Marie von Baden mit dem Erb— 
rinzen Friedrich von Anhalt hatten dem 
srauipaar zunüchst am Altar Aufstellung genom⸗ 
jen: einerseits die Großherzogin von Baden mit 
em Prinzen Wilhelm von Baden, anderseits die 
zinzeffin Wilhelm von Baden mit dem Herzog 
on Anhalt, es folgten die Prinzessin Albrecht von 
zreußen mit dem Herzog von Sachsen⸗Altenburg, 
jie Herzogin von Württemberg mit Prinz Albrecht 
on Preußen, die Prinzesfin von Anhalt mit dem 
zroßherzog von Baden, die Erbgroßherzogin von 
Nedlenburg · Streliz mit dem Kronprinzen von 
zchweden und die übrigen Fürstlichkeiten. Die 
chloßtirche ist dem hohen Feste entsprechend reich⸗ 
ch geschmückt. Der Trauact wurde von Herrn 
Rälat D. Doll vollzogen. Bei dem Ringwechsel 
zurden dreimal Kanonenschüsse abgefeuert. Nach 
er Trauung war Gratulationscour, hierauf das 
ochzeitsmahl im Schlosse. 
Darmstadt, 2. Juli. Die Erste Kammer 
ahm in Fassung der Zweiten Kammer im ganzen 
e Rebision des Gesetzes, den Mißbrauch der 
imtsgewalt betreffend, an. 
Berlin, 1. Juli. Die durch den Abgang 
Ministerialdirektors Duddenhausen erledigte 
ztelle eines Ministerialdirektors in den 
isenbahnabtheilungen des Ministeriums der öffent⸗ 
chen Arbeitern ist dem Geh. Ober-Regierungs⸗ 
ath Or. Fleck verliehen worden. Zugleich ist die 
heruͤnderung der Organisation ins Leben getreten, 
zonach die Staatsaufficht über die Privatbahnen 
icht mehr don einer besonderen Abtheilung des 
Rinisteriums wahrgenommen, sondern damit eine 
er mit den Verwaltungsgeschäften der Staats⸗ 
ahnen befaßte Abtheilung betraut, dagegen 
me besondere Abteilung für Verkehrswesen einge- 
ichtet wird. 
Prof. Adolf Wagner eröffnet in der 
Kreuzzeituugg“ unter dem Titel „Socialpolitische 
zlossen zur jüngsten Arbeiterbewegung“ eine pole⸗ 
uische Action, die sich hinreichend durch das gleich 
mersten Artikel niedergelegte Geständniß characteri⸗ 
irt, daß Herr Wagner und seine Gesinnungsge⸗ 
ossen nicht im Fahrwasser der miitelparteilichen 
zocialpolitik schwimmen wollen. 
Auslanud. 
Brüssel, 1. Juli. Prinz Victor Napo— 
on bereitet ein großes Wahlmanifest vor. 
Brüfsel, 2. Juli. Der franzöfische Gesandte 
jomée soll wegen boulangistischer Intriguen ab⸗ 
erufen werden. 
NRom, 1. Juli. In der gestrigen Alloku- 
ion erinnerte der Papst an den bereits zu 
NRern erhobenen Protest gegen das Giordano 
gruno-Denkmal. Er habe die Tardinale zu einem 
uußerordentlichen Consistorium berufen, um seine 
intrüstung hierüber auszudrücken. Nach der Ein- 
ahme Roms durch die italienischen Truppen haben 
ie Religion und der päpstliche Stuhl eine lange 
teihe von Verunglimpfungen erlitten, die Sekten 
zten ihre gewaltsamen Angriffe, die Kirche zu 
uͤtzen, fort; als Gipfelpunkt der Beleidigungen 
hein hoher Festtag gewählt worden, um einen 
xpsstein als Zeichen des Krieges gegen die katholischen 
nftitutionen aufzurichten. Es wollten die Rebellen 
cden die Kirche den Pantheisten und Materialisten 
zin. Die Reden hätten ohne Scheu heilige Dinge 
uegrisfen, eine falsche, der bürgerlichen Ordnung 
ind den christlichen Grundsätzen zuwiderlaufende 
Freiheit verherrlicht. Die Regierung hätte diese 
Angriffe offen vorbereitet und gefördert. Es 
chmerze ihn, sagen zu müssen, daß in der Stadt, 
n welche Gott den Wohnsitz seines Statthalters 
zerlegt, die Ketzerei und Irrthümer durch ein Denk⸗ 
nal verherrlicht würden; er verkünde dies der 
janzen tatholischen Welt und zeige, daß diejenigen, 
velche dem Papst die weltliche Herrschaft entrissen, 
'etzt auch den katholischen Glauben ausrotten woll ⸗ 
en. Besonders die italienische Regierung foͤrdere 
den Krieg gegen das Pontifikat durch die Erregung 
eindlicher Leidenschaften, und es sei zu besorgen, 
»aß die Leidenschaften nicht immer in gewisse 
„chranken eingedämmt werden könnten. Trotßz 
eines hohen Alters werde er den Kampf fortsetzen 
ind er ermahne vor allem den italienischen Epis⸗ 
opat, in der Vertheidigung des Glaubens fortzu⸗ 
ahren und das Volk über diese Thatsachen aufzu- 
lären. Die Römer möchten der Größe Roms während 
der kirchlichen Aera gedenken und in der Anhäng⸗ 
ichkeit an den päpstlichen Stuhl beharren. 
Cettinje, 1. Juli. Das „Amtsblatt“ ver⸗ 
zffentlicht einen Ukas, wodurch der Thronfol— 
ger von Montenegro für bürgerlich majorenn er⸗ 
lärt wird. Die politische Majorennität tritt erst 
rach 83 Jahren ein, im Notfalle kann er je⸗ 
voch die Regierung jederzeit übernehmen. 
Petersburg, 2. Juli. Anläßlich der heutigen 
S„albung des serbischen Königs bemerlt 
das „Journal de St. Petersbourg“: Rußland hege 
zu lebhaftes Interesse an den Geschicken Serbiens, 
im nicht der Regierung des jungen Fürsten von 
Herzen Glück und Gedeihen zu wünschen. Hierin 
ereinigen sich Rußlands Gefühle mit denen, welche 
zie Herzen aller treuen Unterthanen des Königs 
rfüllen. — „Graschdanin“ zufolge begibt fich die 
aiserliche Yacht „Dershawa“ im August nach 
dopenhagen. — — — 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert. 8. Juli. Gchöffenge⸗ 
ichtssitung.) Schöffen sind die Herren Joh. 
Friedrich, Rentner dahier und Nik. Weidmann, 
Ackerer in Oberwürzbach. Entscheid wird in nach— 
rwähnten Fällen getroffen. 1. Der Bergmann 
Jos. P..n hier, 32 J. a, hat gegen einen Straf⸗ 
efehl Einspruch erhoben, durch welchen ihm 9 M. 
Beldbuße auferlegt waren. Er hatte nämlich in 
»er Nacht zum 19. Mai durch Schreien und 
—„chimpfen in der Hobelsstraße ruhestoͤrenden Larm 
erursacht. Das Gericht spricht die gleiche Geld⸗ 
hrafe aus und überbürdet außerdem dem Schuldigen 
die Kosten. 2.) Im Rückfall hat das Vergehen des 
diebstahls begangen die ledige, 17jährige Apoll. 
). .r hier, indem sie im Mai dem Schmelzarbeiter 
stik. Jungfleisch und im Juni letzthin dem Berg- 
nann Wo. Schmidt hier je ein Thalerstück aus 
»em Küchenschrank wegnahm. Durch das Urtheil 
vird derselben eine Gesammtstrafe don 4 Wochen 
hefängniß und die Kosten auferlegt. 3. Eine Sach⸗ 
eschädigung welche einen Schaden von 200 Mark 
ür die Firma A. Wagner in Saarbrücken zufolge 
jatte, beging in der Nacht zum 19. März auf der 
Mariannenthalerhütte zu Schnappach der damalige 
S„chürer Joh. K. . n dadurch, daß er durch über— 
näßiges Schüren eines Ofens 4 sog. Glashäfen 
um Springen brachte. Er leugnet zwar die Vorsätz- 
ichkeit seiner Handlung, doch wird ihm diese aus 
iner Aeußerung vor dem Vorfall nachgewiesen. Seine 
3trafe wird auf I Monat Gef. mit den Koften bestimmt. 
wurde verhandelt gegen den Bäcker Joh. Gga. 
3. . n dier, 28 J. a., wegen mittelst gefährlichen 
Werkzeugs begangener Körperverletzung. Am 11. 
Nai abhin verursachten einige Buben im Haus⸗ 
jange des Bäckers Störungen, worauf denn dieser 
jus seiner Backstube kam, um dieselben mit einer 
Berte zu züchtigen. Er fand aber nur den 185 
aͤhrigen Johann Osthof, welcheꝛ sich vor dem 
stegen untergestellt hatte, und versetzte ihm mit 
er Gerte einen Schlag ins Gesicht, so daß dessen 
Oberlippe stark anschwoll. Unter Annahme mildern⸗ 
er Umftände erhält der Angeklagte eine Geld⸗ 
trafe von 6 Mk. ed. 2 Tage Gef. sowie die 
dosten auferlegt. 5. Kath. W.. n, Ehefrau des 
zergmannes Phil. B. .r und die Ghefrau von 
dl. F..r in Schnappach hatten am 21. Mai djs. 
Is. einen harten Wortkampf, und, wie fich heraus⸗ 
jellt nicht den ersten. Erstgenannte, heute Ange- 
lagte ließ es aber hierbei nicht bewenden, sondern 
chiug ihre Gegnerin mit einem dicken Stock auf 
ie Hand, welche denn auch sofort blutunterlaufen 
unschwoll. Fur diese mittels gefährlichen Werkzeugs 
usgeführte nachbarliche Liebkosung wird die Au⸗ 
jeklagte mit 9 Mk. und den Kosten in Strafe 
senommen. 6. Gegen den 1gjaährigen Andr. 
8..g von Ommersheimermühle isft Anklage er⸗ 
soben wegen Diebstahls. Da der letztere in einem 
m Sinne des Gesetzes als Gebäude zu erachten⸗ 
den Schuppen ausgeführt wurde, ist er als quali— 
iicirter Diebstahl charakterisirt. Deßhalb erklärt das 
BZericht seine Unzuständtgkeit und verweist die 
Sache an die Strafkammer des kgl. Landgerichts 
Zweibrücken. 7. Eine Beleidigungsklage des 
ckerers und derzeitigen Kirchenrechners Joß. H.. 3 
zegen den Ackerer Gg. B.. g, beide von Ommers- 
Jeim, erledigt fich dadurch, daß der Beklagte öffent⸗ 
ich (und zwar im Sitzungssaal des WGerichts) 
eine gegen den Kläger gemachten Aeußerungen 
urückmimmt und die erwachsenen Kosten trägt. 
RK-Z Si. Ingbert, 3. Juli. Dieser Tage wurden 
für den Landwirthschaftlichen Consumberein 
Rohrbach mehrere Wagen Erdnußkuchen 
im hiefigen Bahnhofe abgeholt. Es ist dies ein 
iberfeeisches Produkt, das ähnlich upseren Repskuchen 
hei der Oelgewinnung hergestellt wird. Die Nuß- 
kuchen bilden, wie uns mitgetheilt wird, ein außer- 
Irdentlich wirksames Mittel zur Viehfütterung, 
indem die in runde Kuchen geformten Erdnußkerne 
sehr viel Fett und sonstige Nahrungsstoffe enthalten 
u. wegen ihres süßen angenehmen Geschmackes vom 
VBieh degierig genommen werden. Ja, die bösen 
Zuben naschen an den appetitlichen Kuchen. 
Die mit kaltem Wasser übergossenen Kuchen 
iefern nach ihrer Aufweichung, die etwas länger 
»auert als bei gewöhnlichen Repskuchen, einen 
choͤnen, weißen dickflüssigen, die Milch- und cleisch⸗ 
Froduktion gleich fördernden Nahrungsstoff. 
Dieses den Viehbefitzern zur Hebung ihres 
Biehstandes nicht warm genug zu empfehlende 
räfiige Futtermittel wird den Mitgliedern des 
andwirthschaftlichen Consumbereins um einen ge⸗ 
ingeren Preis abgegeben, als man für die oft 
erdächtig sireng riechenden Repskuchen seither be⸗ 
ahlte. Solche Vereinigungen kleiner landwirth⸗ 
chaftlicher Betriebe, wie dieser genannte Consum- 
»erein in unserer Nachbargemeinde Rohrbach, bezwedt 
ie Förderung der Wirthschaft seiner Mitglieder 
ind schützt sie gegen Uebervorteilung; wir sehen 
iese Vereine in dielen Orten in Thätigkeit, fie 
cheinen im Drange der dermaligen für die Land- 
virthschaft ungünstigen Verhältniffe zu entstehen, 
iber sie wirken bei qguter Leitung allerorts höchft