Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ausland. 
Paris, 18. Jan. Infolge eines Auf— 
tandes in Orignuiy Departement Aisne) ent⸗ 
tanden Ruhestörungen, wobei ein Fabrikgebäude 
in Brand gesteckt wurde. Zur Hexrstellung der 
Ordnung sind Truppen abgesandt worden. — 
Außer in Origny Sainte Benoite im Arondissment 
St. Quentin sind auch in Origny le Viney, eben- 
falls im Aisne⸗Departement ernste Unruhen 
ausgebrochen; auch hier wurde eine Fabrik in 
Brand gesteckt. Aus Hirson sind Truppen, dar⸗ 
unter Artillerie, nach dem Orte abgegangen. 
Stockholm, 17. Jan. (Reichstagseröffnung.) 
Die Thronrede spricht die Freude über den Besuch 
des deutschen Kaisers aus. Unter den Gesetzvorlagen 
sind Maßregeln betreffend die Arbeilerverlicherung 
angekündigt. Der Budgetüberschuß beträgt unge⸗ 
fähr 10 Millionen Kronen und ist haupisächlich 
durch Zolleinnahmen herbeigeführt. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
xSt. Ingbert, 19. Jan. Durch das könig- 
liche Staatsministerium des Innern wurde dem 
bayerischen Frauenverein unter dem 
rothen Kreuz und dem mit jenem gleiche Zwecke 
verfolgenden Männerhil fsverein zur Fonds⸗ 
ansammlung und zur Errichtung eines Spitals 
nebst Krankenpflegerinnenanstalt die Bewilligung 
zur Veranstaltung einer Geldlotterie ertheilt. Die 
Ziehung soll am 28. Mai d. J. statifinden. Unter 
den Gewinnsten befinden sich solche zu 40 000 M., 
10000 M., 5000, 1000, 300 M. u. s. w. und 
epn Gewinne zu 3 M. Ein Loos kostet nur 
1M. 
— Der Eisenbahnarbeiter Wendel Bosch in 
Bersheim ist seit 15. 1l. Mis früh 237 Uhr 
spurlos verschwunden. Derselbe, 44 Jahr 
alt, zirka 1.70 Meter groß, starker Gestalt, voll⸗ 
genährt, gesunder Gesichtsfarbe, mit blauen Augen, 
hellblondem Haar und gelbrotem kurz gehaltenen 
Vollbart, trug bei seinem Weggange als Ober⸗ 
kleider: Diensthose, hohe Rohrstiefeln, grauen Paletot 
und Mütze. Wer über seinen Verbleib etwas an⸗ 
geben kann, ist höflichst gebeten, dies an Frau 
Bosch in Gersheim thun zu wollen. 
— Zweibrücken, 18. Jan. Am jüngstver⸗ 
flossenen Dienstage, vormittaxss 10 Uhr, wurde 
dahier die neueingerichtee Hufbeschlaglehr— 
schule für die Pfalz durch den Herrn kal. Re⸗ 
gierungsrat Späth von Speyer eröffnet. Zugegen 
waren die Herrn Dr. Schlagintweit, kgl. Bezirks— 
amtmann, Freudenberg, 1. Vorstand, und Arnold, 
2. Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirkskomites, 
Zorn und Heck, die beiden Adjunkten der Stadt 
Zweibrücken, Bauwerker, kgl. Gestütsdireltor, Wei⸗ 
dand, Bezirkstierarzt, und Semmler, Vorschmied 
der Anstalt. Herr Regierungsrat Späth hob in 
seiner Ansprache hervor, daß die neue Lehranstalt 
ihre Entstehung der Anregung des landw. Bezirks- 
somites Zweibrücken zu verdanken habe. Der be— 
schränkten Räumlichkeit der Schmiede halber konnten 
bon 24 angemeldeten nur 9 junge Männer Auf—- 
naahme finden. Gegen Sommer hin sollen, wie die 
Zig.“ berichtet, die Schmiedräume erweitert und 
o die Moöglichkeit geboten werden, eine größere 
Anzahl Zöglinge aufzunehmen. Herr Bezirkstierarzt 
Weigand isi Vorstand der Anstalt und lehrt den 
sogenannten theoretischen Teil, während Herr Huf-⸗ 
schmied Semmler als Vorschmied der Schule den 
praktischen Teil übernahm. Schullokal und Werk⸗ 
ftätte befinden sich in den Lokalitäten des genannten 
Herrn Semmler in der Irheimerstraße. 
— Bahnmeister Dietz in Rheinheim wurde 
im Verdachte der Unterschlagung von Geldern und 
der Fälschung von Namensunterschriften der „Pf. 
Ztg.“ zufolge in Untersuchungshaft abgeführt. 
— Die Maul- and Klauenseuche ist in 
einem Stalle in Katzweiler ausgebrochen. 
— Pirmasens, 18. Jan. Für die Art, 
in welcher die Zigeuner ihren Pferdehandel betrei- 
ben, ist folgendes Histörchen bezeichnend, das uns 
als wohlverbürgt mitgetheilt wird. Ein Zigeuner 
trieb einen ziemlich großen Gaul nach Fehrbach 
und verhandelte ihn dort an einen Bauer gegen 
dessen eigenes Pferd und 50 Mt. Aufgeld. Schon 
nach kurzer Zeit folgte der Bauer mit dem erwor⸗ 
benen Thier wieder dem hierher zurückgekehrten 
Händler und erklärte, das Pferd sei däampfig, er 
onne es also nicht brauchen. Der Zigeuner bestꝛitt 
den Fehler des Pferdes nicht, allein der Handel 
sei abgeschlossen und giltig. Endlich kam ein 
Vergleich dahin zu Stande, daß der Bauer noch ˖ 
mals 20 Mtk. zahlte und sein Pferd gegen das 
3 zeunerthier wieder eintauschte. So haite der 
dhlaue Huͤndler leicht 70 Mt. verdient. (A.) 
— Kandel, 17. Jan. Auf die erledigt 
-Zchulstelle zu Minderslachen wurde nach dem „Eilb.“ 
Zehrer Johann Mickert, zur Zeit hier, mit 11 
„timmen gewählt. 
— Germersheim, 16. Jan. Gestern feierte 
herr Oberamtstichter Disqus sein 25 
ahriges Dienstjubildum als Richter. Am 
. Januar 1864 wurde der damalige Assessor Dis— 
uss von Sr. Majestät zum Friedensrichter beförder' 
ind ihm unterm 17. Januar 1864 die Friedens- 
ichterstelle in Germersheim übertragen. Der Stadt- 
at beschloß in einer ausschließlich zu diesem Zweck 
inberufenen Sitzung verflossenen Sonntag einstimmig, 
dem Herrn Oberamtsrichter als Dank und Aner- 
ennung für seine 25jährige Wirksamkeit in unserer 
Siadt das Ehrenbürgerrecht zu verleihen. 
— Neuftadt, 18. Jan. Aus zuverlässiger 
Zuelle vernimmt die Nst. Z. daß das kgl. Bezirks⸗ 
imt den AnleiheBeschluß der Burgerversammlung 
‚on 6. da. nicht genehmigt hat. 
— Neustadt, 18. Jan. Auf Einladung 
»es Herrn Inspektor Straub fand sich gestern 
Ubend auf der Postmühle eine Anzahl hiesiger 
Zrotestanten zusammen, um sich darüber zu be⸗ 
prechen, ob nicht auch bei uns, wie dies schon in 
sandau, Ludwigshafen, Kaiserslautern ꝛc. mit 
eichem Erfolge geschehen ist, eine Sammlung 
ur Förderung der Gedächtnißkirche 
n Speyer zu veranstalten sei. Alle Anwesen⸗ 
en waren darin einig, daß die Errichtung dieser 
dirche Ehrensache aller Protestanten sei, da sie als 
Wahrzeichen der Reformation und der entscheiden- 
»en That von 1529 zum Himmel ragen wird. 
die Versammelten constituirten fich hiernach mit 
em Vorbehalte der Cooptation noch anderer prote⸗ 
jantischer Männer als Comité und beschlossen, 
»emnächst einen Aufruf zur Einzeichnung von Bei⸗ 
rägen zu veröffentlichen, nachdem zuvor noch eine 
illgemeime Versammlung berufen sein wird, in der 
inige hervorragende Mitglieder des Speyerer Aus⸗ 
chufses über die Sache selbst des Näheren sich 
wverden ausgesprochen haben. 
— Muüßbach, 17. Jan. Bei einer jüngst 
ibgehaltenen Steeuwerkversteigerung aus hiefigem 
Gemeindewalde wurden für 69 Loose, das Loos 
irca 3 Ster enthaltend, 1079 Mk. 60 Pf. oder 
zurchschnittlich 15,66 Mk. das Loos erzielt, — 
ein außergewöhnlich hoher Preis, der sich nur durch 
den unerschwinglich hohen Strohpreis, sowie durch 
den langesiellten Zahltermin bei, infolge des schlech- 
en Herbstes, sehr knappen Geldmitteln unserer 
Winzer erklären läßt. Dem herrschenden Nothstande 
was abzuhelfen, sowie einen Rückgang des Vieh— 
tandes zu verhüten, hat der hiesige Gemeinderath 
ei hoher kgl. Regierung um eine außerordentliche 
Abgabe von Streuwerk aus dem Gemeindewalde 
jegen Wiedereinsparung während des laufenden 
Sireunutzungsplanes nachgesucht, ist jedoch bis jetzt 
„hne Bescheid geblieben. (N. Bz.) 
— Deidesheim, 17. Jan. Wie der Pf. 
Bz. mitgetheilt wird, hat Herr Gg. Reuther hier 
eine Bierwirthschaft an die Bierbrauerei Metzner 
Alktiengesellschaft) in Frankenthal auf 6 Jahre zu 
3700 Mk. Vorauszahlung in Baar vermiethet. 
derr Reuther ist zugleich Zäpfler und erhält pro 
Zektoliter 4 Mi. Zapfgeld. Das Recht, Wein 
iuf seine Rechnung zu verzapfen, verbleibt ihm 
Zomit wäre die Zahl der auf diese Weise hier ab- 
Jegebenen Wirthschaften auf 3 gestiegen. 
— Dürkheim, 17. Jan. Wie aus dem 
Pfälzischen Museum“ ersichtlich, wurden auf der 
zimburg während der letzten Monate verichiedene 
Arbeiten ausgeführt, die den Zweck haben, diest 
mposante Ruine möglichst zu erhalten. Ermöglicht 
vurden diese Arbeiten durch die Beiträge des 
Pfälzischen Verschönerungsvereins, des „Drachenfels⸗ 
Tlubs“ und den 500 Mk. betragenden Zuschuß 
aus Kreisfonds. Die bis jetzt ausgeführten Aus- 
hesserungen beanspruchten einen Kostenaufwand von 
700 Mk. Im nächsten Frühjahr wird der Refsi 
der Staatsgelder (ca. 300 Mt.) zur Eincementir⸗ 
ung der Chorzinnen verwendet werden. — Auch 
an der Hardenburg kommen Arbeiten zur Ausführ⸗ 
ing, die der möglichsten Erhaltung dieser Ruine 
dienen. Von hohen kgl. Staats⸗Ministerien für 
Finanzen und Cultus wurde für Sicherung des 
Zauptihurmes die Summe von 1800 Mt. bewil- 
ügt. Man ist nun daran, den Thurm im Süden 
und Westen durch einen Mantel von Mauersteinen 
»or weiterem Verfall zu schützen, die Wölbung zu 
chließen und die Dece mit einer Cementschicht zu 
versehen. So wird das einzig dastehende Vecthe 
»igungswerk des 16. Jahrhunderts unverletzt au 
die Nachwelt kommen. 
— In Mut terstadt hat sich ein Pfarrcäcilien. 
Verein gebildet. Die Dirigentenstelle übernahmen 
—— 
Oppau, 17. Jan. (angjahriger Pro⸗ 
deß.) Nach dem Staatsvertrag zwischen der Kron, 
Bayern und dem Großherzogthum Baden von 
Jahre 18285 sollten alle durch die damals projeh 
Herten Rheinkorrektionen entstehenden Inseln und 
Altwasser mit dem Schiffbarwerden der neuen Fluß— 
mlagen an die Hoheit desjenigen Landes üübergehen 
an dessen Ufer fie zu liegen kommen. Der im 
Jahre 1828 ausgeführte sogenannte Friesenheimer 
Kthein⸗Durchstich brauchte aber nicht weniger al⸗ 
35 Jahre, bdis er „schiffbar“ erklärt werden konnte 
Im Jahre 1863 ging nun auch die etwa 3000 
Morgen umfafsende „Oppauer Rheininfel“ an die 
zroßherzogliche badische Landeshoheit über. Bigz 
zahin aber hatte sich auf der an den jetzigen Alt— 
chein grenzenden Seite der Insel eine Alluvion, 
d. h. Landanschwemmung gebildet, die fich nach 
ind nach mit Landgewächsen bedeckte. Im Jahr⸗ 
1861 hat nun die Gemeinde Oppau diese Alluvion, 
die über 100 bayerische Tagewerk Land enthielt, 
als Allmend unter die Gemeindebürger vertheilt. 
Als aber die Insel sammt dem Altrhein unter ba: 
discher Hoheit stand, beanspruchte der badische Fis— 
tus die Alluvion als fiskalisches Eigenthum. Dar 
iber entstand eine Grenzstreitigkeit, die zum Pro⸗ 
zeß führie. Die badischen Gerichte sprachen in ver⸗ 
chiedenen Instanzen der Gemeinde Oppau daß 
Figenthumsrecht zu, aber der Fiskus wollte sich 
zamit nicht zufrieden geben. Nachdem der Prozeß 
in Vierteljahrhundert gedauert hatte, kam ein Ver⸗ 
gleich dahin zustande, daß der Gemeinde Oppau 
jegen Zahlung der Hälfte der Kosten das Eigen 
humsrecht bezüglich der vertheilten Lündereien ver⸗ 
zleibt. (K.) 
— Die Gemeinde Friesenheim hat di 
Benehmigung zur Errichtung einer eigenen Gemeinde 
Finnehmerei erhalten. 
— Am Mittwoch hatte in einem Etablissemen 
zu Frankenthal ein Arbeiter das Unglück, von 
einer Transmission erfaßt zu werden und wurde 
hm der eine Arm zweimal gebrochen. 
— Rülzheim. Unlter zahlreicher Theil⸗ 
nahme von Verwandten und Freunden und im 
Beisein seiner hier wohnenden Kinder und Kindes: 
kirder feierte am jüngstverflossenen Montag der äl— 
teste Bürger von hier, Herr Jakob Feibel— 
mann J., sein 97jähriges Wiegenfest im 
Hause seines ältesten Sohnes, des Handelsmannes 
FIsaak Feibelmann. Während der ganzen Festlich⸗ 
keit, die von Morgens 10 bis Abends 11 Uhr 
andauerte, hat der Held des Tages, der zur Zeit, 
als die Revolution in Frankreich heftig wüthete, 
das Licht der Welt erblickte und gegen Ende des 
Jahres 18183 kurze Zeit als Nationalgardist unter 
Zaiser Napoleon J. diente, seinen Gästen in unter⸗ 
haltender Weise seine Erlebnisse mitgetheilt und 
di selben durch sein Beispiel zum Essen und Trinken 
angeregt. Krank war derselbe noch nie! 
Vermischtes. 
F Unter den im preußischen Etat (Erkra— 
ordinarium) aufgeführten Neubauten, für welch 
pom Landtag die Mittel gefotdert werden, figurier' 
auch der Neubau des Gymnasiums zu 
Saarbrücken und zwar mit der ersten Rate 
von 100000 Mk. (Die Gesamtkosten betragen 
der „S. Z“ zufolge 282800 Mt.) 
F Bitsch, 17. Jan. Ein schreckliches Un— 
zlück hat die Familie des Försiers Eichhoft 
auf Forsthaus⸗Ochsenmühle in der Nähe hiefiget 
Stadt in schmerzliche Trauer versetzt. Vorgestern 
zegen Abend kam der Forstaufseher Schlösser aus 
danweiler mit einem Revolber bewaffnet zu dem 
Foͤrster Eichhof auf dessen Forsthaus. Nachdem er 
inn der Nähe des Forsthauses mit seinem Revolbet 
weimal geschossen hatte, begab er sich in die Wohn— 
ing seines Collegen, woselbst er den noch mit zwe 
Patronen geladenen Revolver in ein auf dem Küchen⸗ 
chrank stehendes Körbchen hineinlegte und sich so⸗ 
zann aus der Küche entfernte. Die in der Kücht 
inglücklicherweise anwesenden Kinder des Foͤrsters 
Fichhof bemächtigten ssich nun des Revolbers, um 
nit demselben zu spielen. Die Sjährige Tochtet 
eichte denselben ihrem 14jährigen Bruder, welcher— 
zicht wissend, daß das gefährliche Instrument ge⸗