Full text: St. Ingberter Anzeiger

sot. Indberter Amzeiger. 
J 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
St. Jugberter Auzeiger“ erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungt - Blatt und Rutwogs und sane⸗ * 
—2 Beilagen. 3 Slatt koftet dierteljahrlich 1.4 60 3 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 1 A75 4 einschließglid 40 ⸗ e Die 
ruckungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt dei Inseraien aus der Pfalz 10 —, bei außerpfalzischen und solchen auf welche die Crpedition 
Auskunft ertheilt, 13 , Neklamen 80 . Bei a4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
—AX 
Deutsches Reich. 
Berlin, 8. Juli. Ein Madrider Korrespon⸗ 
dent des Londoner „Standard“ will zu der Er⸗ 
satung ermächtigt sein, daß die Kön igin Regen⸗ 
in und ihre Minister den Wunsch hegen, die 
reundschaftlichem Beziehungen mit Deutssch— 
and, wie sie unter König Alfonso und bis zur 
Abberufung des ehemaligen Berliner Boischafters 
genomar bestanden, aufrecht erhalten zu sehen. 
Zpanien sei der großen Dienste eingedenk, welche 
die deutsche Kaiserfamilie und die deutsche Regier- 
ing dem Konig Alfonso und seiner Witwe erwiesen 
Jäüen. Regierung wie Volk hätten den Wunsch, 
zurch den Besuch des Kaisers Wilhelm in Spanien 
Helegenheit zu finden. ihre Gefühle bekunden zu 
oͤnnen. 
Berlin, 8. Juli. Die „Nat.Zig.“ hört, daß 
zürst Bismarck vermuthlich in der ersten Auguft⸗ 
voche eine Badereise nach Kissingen antreten wird, 
nachdem die Kaiserin mit deyn Prinzen von dort 
ibgereist ist. 
Berlin, 9. Juli. Die Ankunft des Kaisers 
a Wilhelmshafen wird am 29. Juli mittags er⸗ 
wartet. Dort wird der Kaiser an der Feier der 
Nagelung und Weihe der von ihm dem zweiten 
Seebataillon verliehenen Fahue teilnehmen und dem⸗ 
nüchst die Reise nach England antreten. 
Berlin, 9. Juli. Der „Kreuzzeitung“ werden 
solgende Mitteilungen aus Athen gemeldet: Nach 
dier eingetroffenen Nachrichten aus Berlin, denen 
ein officieller Charakter beigelegt wird, ist der Tag 
der Vermählung des Kronprinzen mit der Prinzesfin 
Sophie auf den 6. October (nach deutschem Kalender 
auf den 18. October) festaesetzt. 
Auslaͤnd. 
Bergen, 8. Juli. Kaiser Wilhelm ist 
zeute Nachmittag 4 Uhr hier eingetroffen und ver⸗ 
hdlieb bieher an Bord der Yacht „Hohenzollern“. 
WBie es heißt, reist der Monarch morgen früh nach 
budwangen weiter. 
Paris, 9. Juli. Im Departement Dordogne 
iam es am Sonntag und Montag anläßlich der 
keise Laguerre's und Déroulède's seitens der An- 
jaͤnger wie der Gegner Boulangec's zu öffentlichen 
dundgebungen. In Noutron spielten sich zwischen 
Boulangisten und Antiboulangisten stürmische Vor— 
gunge ab. — Aus den Gruben von Verpilleur 
wurden gestern 37 Leichen herausgeholt. 
Paris, 9. Juli. Deputirtenkammer. Das 
Milunärgesetz wird mit 386 gegen 170 Stimmen 
nn der Fassung des Senats (also untet Beibehalt⸗ 
ung des einjährigen Dienstes) angenommen. Kriegs⸗ 
ninister Freycinet erklärt, das Gesetz werde wo- 
nöglich schon am 1. Oktober in Kraft treten. 
Bern, 8. Juli. Bei der gestrigen Volksab⸗ 
ummung im Kanton St. Gallen wurde mit 
8673 gegen 8683 Stimmen beschlossen, die 
antonale Verfassung zu revidiren. 
Bern, 9. Juli. Der Graf von Paris 
an sich von Vivis nach dem Engadin begeben 
Anter den von ihm empfangenen Abordnungen be⸗ 
and sich auch der Bischof von Hulst. 
Rom, 8. Juli. In der Sitzung der Kam— 
Rentwickelt Cavalotti die am 4. Juli einge- 
rachten Interpellationen. Crispi führt aus, er 
ahe infolge von Meinungsverschiedenheiten in der 
Iffaire von Gabes eine Unlersuchung angeordnet, 
pelche ebensowenig wie die von dem franzosischen 
hertreter eingeleitete beendigt ist. Betreffs des in 
en istrianischen Gewässern vorgekommenen Zwischen⸗ 
Alles erklürt Criepi, daß der österreichische komman⸗ 
Mutwoch, 10. Juli 1888. 
. Jahrg. 
zant, welcher in die Bucht und nicht gegen das 
tclienische Schiff „Ida“ schoß, seines Postens ent- 
joben wurde. Die Verhaftung zweier Bürger, 
deren einer nicht italienischer Nationalität und der 
andere ein Deserteur gewesen, sei vollkommen ge⸗ 
setzlich. Ebenso wären die Maßregeln gegen die 
AUusflügler nach Triest und Riva gerechtfertigt, in⸗ 
zem bei einem Ausfluge irredentistische Rufe aus— 
jestoßen worden seien. Die Erklärungen Kalnokys 
n den Delegationen seien würdig, klug und weise. 
Tavalotti selbst hätte in der Stellung Kalnokys 
nicht anders sprechen koͤnnen, da die Erhaltung 
des Bündnisses Würde und Klugheit erheische. 
Frispi erklärt sodann, die Katholikencongresse fanden 
yhne Betheiligung der österreichischen Regierung 
tatt, und weist diesbezüglich auf die Erklärungen 
»es Grafen Taaffe in Beantwortung einer Inter⸗ 
yellation hin, worin dieser die Aufrechthaltung der 
Freundschaft mit Italien als Zweck bezeichnete. 
Favalotti erklärt sich mit der Antwort nicht zu— 
rieden, bringt jedoch keinen Antrag ein. Die 
Zammer beschließt hierauf, sich bis zum Herbst zu 
ertagen. 
Nom, 8. Juli. Der Kronprinz wird das 
deutsche Kaiserpaar zur Hochzeit nach Athen 
hegleiten. 
Rom, 8. Juli. Eine von 800 Unterschriften 
Beistlicher und Laien bedeckte Adresse an den Papsst 
enthält die Bitte, Christoph Columbus an— 
äßlich der in Aussicht stehenden fünften Centennar- 
eier der Entdeckung Amerikas zu kanonisieren. 
— In der Lombardei sind wiederum Unruhen 
unter den Landarbeitern ausgebrochen. 
Wien, 8. Juli. Die Wiener „Zeitschrift für 
Eisenbahnen“ weiß zu melden, daß die deutsche 
Regierungsich entschlossen habe, den zwischen Berlin 
und Rom einzuführenden Blitzzug nicht über 
deny Gotthard, sondern über den Brenner zu leiten. 
Wien, 9. Juli. Bei den boͤhmischen Städte⸗ 
wahlen wurden nach den bisher bekannten Ergeb⸗ 
nissen 25 Altczechen, 10 Jungcezechen und 831 
Deutsche gewählt. — Bei dem Gartenfest der 
zechischen, von Paris zurückgekehrten Turner traf 
folgendes Telegrumm ein: „2000 französische 
Turner, versammelt in Levalois, senden brüder⸗ 
tichen Gruß ihren czechischen Kameraden.“ Die 
Lerlesung des Telegramms wurde von der Menge 
stehend und entblößten Hauptes angehört und 
von endlosen Nazdarrufen begrüßt. Die Mufil 
pielte die Marseillaise und unter sturmischen Hoch- 
rufen mußte das Stück mehrmals wiederholt wer⸗ 
den. Den Franzosen wurde geantwortet: „Die 
zzechischen Socialisten danken ihren treuen franzö⸗ 
ischen Genossen und begrüßen sie mit dem Bruder⸗ 
zruß „Nazdar“.“ Die Polizei entfernte die fran- 
ösischen und slavischen Tricoloren beim Garten⸗ 
est. — Bei der Wahl des Tiroler Landesaus— 
chusses verfügen die verbündeten Italiener und 
Deutschen über 5 Sitze; den Clericalen bleibt nur 
der sechste Sitz der Landcurie des Landtages; die 
Ztädte Krain und Gottschen sind den Deutschen 
urückgewonnen, in Laibach wurde der Altslovene 
gewählt. 
Konstantinopel, 8. Juli. Nachdem Mah⸗ 
nud, der türkische Bevollmächtigte, die Forderungen 
der unzufriedenen Partei abgeschlagen, haben die 
Bauern in den westlichen Distrikten sich ge— 
veigert, den Zehnten auszuzahlen. Truppen 
ind Gendarmerie, welche bei der Einsammlung des 
dehnten helfen sollten, mußten sich vor der Be— 
poͤlkerung zurückziehen, um Blutvergießen zu ver⸗ 
neiden. 
Eokale und pfalzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 10. Juli. Die heutige 
Schöffengerichtssitzung, in welcher die 
derren Phil. Gladel von Eschringen und Peter 
Ansel von Heckendalheim als Schöffen fungirten, 
erledigte folgende Fälle. 1. Dem Baäckergesellen 
Bg. G.. a, 34 J. a., aus Braͤunigweiler, welcher 
ruͤher bei dem Buckermeister Diener in Dienst 
ddand, liegen 5 Vergehen zur Last. Am 8. Mai 
djs. Is. schlug er den Lehrling Frd. Müller, der 
hm unpassend antwortete, mit einem Gypserlättchen 
auf den Ruücken und am 9. Mai denselben, als 
dieser in einem Disput gegen ihn aussagte, mit 
einem Rechen auf die Schulter und biß ihm in 
den linken Arm. Darnach bedrohte er mit dem 
Beil den Zimmermann Ph. Paulus, welcher ihm 
vegen falsch ausgeführter Arbeit auf der Diener' 
chen Kegelbahn Vorhalt gemacht hatte, mit Todt⸗ 
schlag, indem er das Beil gegen ihn erhob, warf 
zegen denselben mit Handsäze und Holzstücken und 
beging durch Schreien Unfug. Für alle diese 
Vergehen erhält er bei Annahme mildernder 
Umstände insgesammt eine Strafe von 8 Wochen 
Befängniß und 1 Woche Haft nebst den 
dosten überbürdet. 2. Wie pereits früher mitge— 
theilt, hatte ein Handwerksbursche, Wilh. Gg. 
K. . g, 19 J. a., aus Oerlenbach bei Kissingen, 
auf dem hiesigen Polizeibüreau Unfug verübt und 
im Verwahrungslokal, wohin er verbracht wurde, 
wei Fenfsferscheiben zerschlagen. Für die 
Sachbeschädigung wird er zu 1 Woche Gef., 
für den verübten Unfug zu 1 Haft und 
ferner in die Kosten verurtheilt. 83. Ange⸗ 
klagt der Sachbeschädigung begangen durch 
Einwerfen von Fensterscheiben, sind der 17jährige 
Nik. M..? und der 13jährige Frz. M..r aus 
Ensheim. Da aber selbst der Antragsteller und 
einzige Zeuge Kasp. M..tz, Wirth und Krämer 
in Ensheim nichts Belastendes gegen sie aussagen 
ann, erfolgt Freisprechung der Angeklagten, während 
dem Antragsteller wegen leichtfertiger Angabe die 
dosten des Verfahrens auferlegt werden, und ihn 
uußerdem wegen Zuspätkommens zur Sitzung eine 
Beldstrafe von 3 M. ev. 1 Tag Haft trifft. 4.) 
Unter der Anklage des Hausfriedensbruches, der 
sualificirten Körperverletzung, der Bedrohung mit 
inem Verbrechen und des Unfugs erscheint der 26 
J. alte Bergmann Frz. Sch.. z aus Rohrbach. Am 3. 
Mai schlug er mit einem Prügel auf seine Schwieger⸗ 
nutter, mit welcher er einen Zwist hatte, ein und 
jedrohte sie mit Kopfabschlagen; sein Schreien und 
Schimpfen hierbei auf der Ortestraße zu Rohrbach charak⸗ 
erisiert sich als groben Unfug. Indem das Gericht / bei 
hem Vergehen der Koͤrperverletzung mildernde Umstände 
annimmt, verurteilt es den Ueberführten insgesammt 
zu 27 Tagen Gef. und 1 Woche Haft sowie in die 
Kosten. Von der Anklage des Hausfriedens⸗ 
bruchs wird er als nicht überführt freigesprochen. 
s. Zuletzt wird verhandelt gegen Magd. L..k 
zeb. H.b, 65 J. a., wegen Diebstahls und 
Ehefrau Joh. G.. g. geb. Wilh. L..k, 82 J. 
a., wegen Hehlerei; beide sind in Hassel wohn⸗ 
haft. Die Beschuldigung richtet sich darauf, daß 
die erstere zum Nachtheil der Wittwe Schauer dort⸗ 
selbst im Sommer vor. Is. ein Leintuch gestohlen 
und letztere dies in Gebrauch nahm, bei welcher es 
m März dss. Is. entdeckt wurde. Durch die Er— 
zebnisse der Verhandlung gewinnt aber das Ge— 
eicht die Ueberzeugunqg. daß die erste Angeklagte