Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der ‚St⸗Jugberter eig erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗VBlatt und Ziuwochs und Samsftags mit 
Afirirten Beilagen. as Blatt koftet vierteljahrlich 1.4 60 4 einschließlich ragerlohn; durch die Poßt bezogen 1 M. 75 4, einschließlich 40 3 Zustellungsgebuhr. Die 
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— GIl. 
Samftag, 13. Juli 1889. 21. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
* Die Ankunft des Kaisers Wilhelm in 
Bilhelmshafen wird am 28. Juli Mittags erwartet. 
doti wird der Kaiser an der Feier der Nagelung 
ind Weihe der von ihm dem zweiten Seebataillon 
erliehenen Fahne theilnehmen und demnächst die 
deise nach England antreten. 
* Der Beginn der nächsten Reichstags⸗ 
essijon wird nach Aeußerungen von Mitgliedern 
ß Bundesraihes wahrscheinlich gegen Ende des 
Riober erfolgen. Der Bundesrath wird bereits 
z5nde September wieder zusammenkommen nund 
lsdann sofort in die Beratung der Frage des Er— 
atzes für das Socialistengesetz eintreten. 
* Von ruffischer Seite liegt jetzt die erste 
Peldung über den vielbesprochenen Stuttgarter 
Korfall vor. Wie der „Nowoje Wremja? aus 
zerlin gemeldet wird, trage „der preußische Oberst 
zeppen die Schuld an dem Zwischenfalle, indem 
serselbe auf die loyalsten Unterthanen des Zars, 
nuf die baltischen Deutschen, einen Trinlspruch 
usbrachte. Einer der russischen Offiziece habe da⸗ 
auf mit großer Zurückhaltung erwidert, was die 
oyalität betreffe, so hätten die Balten vor den 
inderen russischen Unterthanen nichts voraus. 
Benn der Redner den Toast auf alle ausdehnen 
volle, so wolle er sich ihm gerne anschließen. Zep⸗ 
en erwiderte darauf nichts. Zum Schlusse des 
Riners begab er sich aber an den Tisch des Re⸗ 
mentskommandanten und begann eine längere 
dede über die Friedensliga. Da gleich die ersten 
borte für die russischen Gäste beleidend waren 
ind der Redner sich nicht zum Schweigen bringen 
eß, sahen sich die Wirte genötigt, die russischen 
gäste zum Empfange des eintreffenden Thronfol⸗ 
ers nach dem Bahnhofe zu führen.“ — Zu 
jeser russischen Darstellung kommt aus Berlin die 
deldung, daß es nach Ausweis der Rangliste in 
rganzen preußischen Armee weder einen Oberst 
ach überhaupt einen Offizier des Namens Zeppen 
Beissen, von dem er wisse, daß derselbe im Solde 
»er deutschen Botschaft in Paris stehe. Das ist der 
angen Rede kurzer Sinn. Was die Geschichte 
ür Deutschland interessant macht, ist Folgendes: 
ẽEs erhellt daraus und wird auch ganz offen von 
illen französischen Tagesblättern als eiwas durch⸗ 
nus Selbstverständliches erörtert, daß die franzö⸗ 
ische Regierung durch Vermittlung des Spionen- 
vesens im Kriegsministerium in Deuischland und 
peciesl in Elsaß⸗ Lothringen eine große Anzahl von 
Jjeheimen Agenten unterhielt und noch zur Stunde 
interhält, deren Aufgabe natürlich darin besfeht, 
zurch ihre Thätigkeit in jeder nur möglichen Weise 
das Deutsche Reich zu schädigen. 
Aus land. 
London, 11. Juli. Unterhaus. Stan⸗ 
jope teilt dem Hause mit, das Heer der Der⸗ 
wische, welches auf 6000 Mann mit 800 Ka⸗ 
nelen geschätzt wird, sei in Egypten einge⸗ 
)rungen. Die Derwische marschierten gestern 7 
Meilen und seien 3 Meilen südlich von Abu Sim— 
del, mithin 33 Meilen von Wadhyhalfa angelangt. 
Frenfell befinde fich in Assuan, wohin Verstärk⸗ 
ungen, darunter britische Truppenabtheilungen, 
unterwegs seien. Zur Verstärkung der Garnison 
in Oberegypten sind das Dorsetshire-⸗, Malta⸗ und 
Horkshire⸗Regiment zeitweise nach Egypten beordert 
worden. 
Christiania, 11. Juli. Kaiser Wil— 
helm traf gestern Abend von Gudwangen in 
daerdal ein und verblieb an Bord der „Hohen⸗ 
ollern“, da das Wetter ungünstig war. Heute 
Rachmittag setzte der Kaiser seine Reise fort, zu⸗ 
nach Marifjgeren. 
Paris, 11. Juli. Deputiertenkam— 
mer. Le Herisso interpellierte wegen der jüngst 
angeblich in Angouleme vorgekommenen Verletzung 
der Gesetze und der Verfassung. Constans er— 
wviderte, er habe die Aufgabe, die Ordnung auf 
den Straßen aufrecht zu erhalten und er werde 
dies unter steter Beobachtung der Gesetze thun, so 
lange er im Amte sei. Die Regierung habe das 
Recht, fich zu vertheidigen und sie werde sich ver⸗ 
heidigen. Die parlamentarische Immunität komme 
nicht in Frage, sobald es sich bei einem Vergehen 
um Betretung auf frischer That handle. La⸗ 
zuerre besprach mit großer Heftigkeit die Vor— 
ommnisse in Angouloͤme und wurde deshalb zur 
Ordnung gerufen, fuhr aber gleichwohl fort, den 
obersten Staatsgerichtshof als Parodie der Justiz 
ginzustellen. Laguerre, der darauf zum zweiten 
Male zur Ordnung gerufen wurde mit dem Be⸗ 
merken, der Ordnungsruf werde zu Protokoll ge- 
nommen werden, ließ sich nicht abhalten, Constans 
zu beleidigen. Auf Antrag des Präsidenten Meline 
wurde ihm darauf das Wort entzogen und als er 
rotzzem auf der Rednerbühne verblieb, bedeckte 
Meline das Haupt, verließ den Sitzungssaal und 
ieß die Tribünen raͤumen. — Um 4 Uhr 55 
Min. wurde die Sitzung wieder eroͤffnet. Die 
ammer verhängte über Laguerre die Censur und 
zeitweilige Ausschließung. Danach wurde die 
Sitzung geschlossen. 
Bern, 12. Juli. Die Berner Regierung 
jat zur Uebermittelung an die deutsche Reichs- 
regierung dem Schweizer Bundesrathe unter Be⸗ 
rufung auf den Niederlassungsvertrag eine Beschwerde 
ringereicht, welche die Ausweisung zweier Brüder, 
Namens Mueller von Trub, aus dem Elsaß betrifft. 
Wien, 12. Juli. In Belgrad fand gestern 
ein Ministerrath unter dem Vorsitze Protitschs statt. 
Die Fortführung der Bewaffnung des dritten Auf⸗ 
jebots bis zur vollstaändigen Stärke von gegen 
30000 Mann wurde beschlossen. — Die Geschäfte 
des österreichischen Gesandten Hengelmüller in Bel⸗ 
zrad übernahm der Geschäftsträger Markgraf 
ballavicini. 
Kairo, 12. Juli. Zwei weitere Batail⸗ 
lone Infanterie, welche in Malta stehen, erhielten 
Befehl nach Eg ypten zu gehen. 
Rokale und pfälzische Nachrichten. 
83 St. Ingbert, 183. Juli. Das morgige 
Gustav-Adolf-Fest mit seiner Nachfeier im 
Beckerschen Garten dürfte sich eines zahlreichen Be— 
uches zu erfreuen hahen. Doer Hirchenchos wird 
Deutsches Reich. 
München, 12. Juli. Der Kaiser von 
Desterreich hat dem Staaisminister v. Crails⸗ 
seim das Großkreuz des Leopoldordens und dem 
dolizeipräsidenten Müller das Großkreuz des 
xranz⸗Joseph⸗ Ordens verliehen. 
München, 12. Juli. Der baherische 
datholikentag soll am 29. September abge⸗ 
jalten und auf diesen einen Tag beschränkt werden. 
(Pf. K.) 
Darmstadt, 12. Juli. Prinz Heinrich 
on Preußen, der anläßlich des gestrigen Ge⸗ 
urtstages seiner Gemahlin hier eingetroffen war, 
st mit der gesammten großherzoglichen Familie 
ach Seeheim an der Bergstraße übergefiedelt. 
Köln, 12. Juli. Die „Köln. Zig.“ meldet: 
Bir erfahren aus Paris aus unbedingt zuver⸗ 
ässiger Quelle, daß vor etwa 10 Tagen dem rus- 
schen Kriegsminister Wannowski in Vichy von 
zeterhof aus ein Schriftstück des Zaren zu—⸗ 
jegangen ist, dessen Inhalt so überaus wichtig war, 
aß dasselbe nicht durch die Post oder Feldjäger 
hefordert wurde. Es wurde daher ein Verwandier 
Wannowskis, ein Offizier der rusischen Garde, be— 
onders beauftragt, das Schriftstück von Veterhof 
nach Vichy zu befördern. 
Berlin, 11. Juli. Der „Post“ zufolge wird 
er franzoͤsische Botschafter Herbette dem dies- 
eitigen Botschafter in Paris, Grafen Münster, 
zuf seinen Besitzungen bei Hannover einen Besuch 
ibstatten. Herbette geht am 5. August mit zwei⸗— 
nonatlichem Urlaub nach Frankreich. 
Dre römische Korrespondent der „Germania“ 
viderspricht der Nachricht, nach welcher der Papst 
»en Kardinal Labigerie als seinen Nachfolger 
zezeichnet habe. Ferner wäre die Behauptung,. 
daß der Papst im Kriegsfalle Rom verlassen werde, 
in der Situation des heiligen Stuhles begründet. 
Der Korrespondent läßt durchblicken, daß man 
virklich im Vatikan sich mit derartigen Plänen 
zeschäftigt, weil angeblich Crispi beabsichtige, im 
driegsfalle sogleich den Vatikan zu befetzen und 
ede Regierung, die den Papst aufnehme, für 
ede Kundgebung desselben verantwortlich zu er⸗ 
llären. 
Berlin, 12. Juli. Der Kaiser hat zu der 
ibermorgen von Kiel abfabrenden wissenschaft 
ichen Erpedition behufs Erforschung des 
Meeres unter Leitung des Professors Hansen 80000 
Mark aus seiner Privatschatulle gewährt. Die 
Reise dauert mehrere Monate. 
Berlin, 12. Juti. Wie es heißt, wird der 
ommandirende Admiral Freiherr von der Goltz 
n etwa 8 Tagen auf der „Grille“ dem Kaiser 
c— 
Aus München wird maßgebenden Oris be— 
atigt, daß seit einigen Tagen die Grenzzollbeamten 
haherns und der übrigen suddeutschen Staaten 
vefehl haben, bei der Folldurchsuchung der 
us der Schweiz kommenden Reisenden verschärft 
derfahren. 
Der neueste Skandal in Frankreich be⸗ 
eht sich auf den Obersten Vincent, der von 
»82 bis 1887 im franzoösischen Kriegsministerium 
B Spionenwesen leitete, und dessen Rolle in den 
erschiedenen traurigen Landesvberratsprozessen vor 
em deutschen Reichsgerichte vor aller Weli gekenn- 
ichnet worden ist. Die „Enthüllung“, welche das 
sxgan des Erzdemagogen und Boulangisten Henri 
lochefort veröffentlicht, gipfelt darin, daß der 
egenwärtige Kriegsminister Freycinet sowie die 
uit der Untersuchung gegen Boulanger und Con- 
orten betraute Senatskommission vergeblich vei— 
iht haben, den Oberst Vincent zu der Zeugen- 
ugsache zu bewegen, daß Generkal Boulanger, 
snührend er Ktriegsininister war, einen Betrag von 
90 000 Franken des geheimen Fonds, welcher 
ir Besoldung der französischen Spionen in El— 
wedothringen bestimmtwar, fur seine persön⸗ 
den Bedürfnisse berwendet habe. Und um dieser 
nthüllung, die Krone aufzusetzen“, läßt Roche⸗ 
ort den Oberst Vincent erzählen, daß man ihm 
e bezügliche Aussage eines geheimen Agenten des 
drieasministeriums vorgehalten habe. eines gewissen