Full text: St. Ingberter Anzeiger

Intfernung vom Umschaltebureau 150 M., fur 
jeden weiteren angefangenen Kilometet 50 Mk., 
für eine zweite Sprechstelle in der nämlichen Leit⸗ 
ung 75 Mk. Fur die Aufnahme und Bestellung 
einer Nachricht an einen Nichtabonnenten in der 
Stadt wird eine Grundtaxe von 10 Pfg. ohne 
Rücksicht auf die Wortzahl und eine Worttaxe von 
1 Pfg. für jedes Wort erhoben. Fur den Verkehr 
mit einem Abonnenten einer anderen Stadt wird 
für jedes einzelne nicht über 5 Minuten dauernde 
Bespräch eine besondere Taxe erhoben werden. 
— Landau, 22. Jan. Aus dem Kabinet 
Sr. k. H. des Prinzregenten ist Herrn Bezirks— 
amtmann v. Hartlieb anläßlich des Ablebens seinen 
Gattin folgendes vom 14. ds. datirtes Schreiben 
zugegangen: 
Euer Hochwohlgeboren! Seine Konigliche Hoheit 
der Prinzregent hat mit wahrem Bedauern die 
Nachricht von dem Ableben Ihrer geliebten Gemahlin 
der Frau Hildegard v. Hartlieb, geb. Freiin von 
der Tann⸗Rathsamhausen, entgegengenommen. Aller⸗ 
höchstdieselben nehmen an der tiefen Trauer, in 
welche Euer Hochwohlgeboren durch den so schmerz 
lichen Verlust versetzt wurden, herzlichen Antheil 
und haben mich zu beauftragen geruht, Euer Hoch⸗ 
wohlgeboren Allerhochstihr aufrichtiges Beileid zum 
Ausdruck zu bringen. 
Gestatten Euer Hochwohlgeboren mit dem Voll⸗ 
zuge Allerhöchsten Befehles die Versicherung beson⸗ 
derer Hochachtung und Verehrung zu verbinden. 
womit ich ꝛc. 
Frhr. Freyschlag von Freyenstein. 
Generaladjutant. 
Mit dieser Allerhöchsten Beileidkkundgebung war 
laut „Eilb.“ die Ueberreichung eines prachwollen 
stranzes verbunden. 
— In Edenkoben soll (nach der „Ggwi.“) 
nächstens eine Diakonissen-Station zur 
Krankenpflege errichtet werden. 
— Winzingen, 22. Jan. Gestern Vor— 
mittag gegen 10 Uhr wurde von dem Mühlburschen 
des Mühlenbesitzers Ludwig Lieberich am Rechen 
des Mühlbachs die Leiche einer etwa 7 Monate 
alten Frühgeburt aufgefunden; das Kiud, ein Knabe, 
ist vollständig normal gebildet. Das Gericht hat 
bereits die Untersuchung in dieser Sache eingeleitet, 
der zweifelsohne ein Verbrechen zu Grunde liegt. 
GAst. 3) 
— Speyer, 21. Jan. (Selbstmordꝰ) 
Heute früh fand man am Rkheinufer an der 
Scheurer'schen Ziegelei einen Militärpaß auf den 
Namen Jakob Kast, 45 Jahre alt, Ackerer von 
Heuchelheim bei Bergzabern lautend, in einem 
Taschentuch eingebunden. Bei diesem lag noch ein 
Stock; der dort angehängte Nachen der genannten 
Ziegelei war losgemacht und stack derselbe zwischen 
der Pontons der Schiffbrücke, wo er um 846 Uhr 
entdeckt und losgemacht wurde. Das Taschentuch 
ist gezeichnet J. K. Der Militärpaß weist nach, 
daß der Genannte im kgl. bayer. 15. Infanterie⸗ 
Regimente, sowie beim kgl. bayer. 10. Jäger—⸗ 
Bataillon diente. Die Führungs-Atteste sind sehr 
gut. Man vermuthet einen Selbstmord. 
— (Speyerer BierbrauerinJapan. 
Ein Speyerer Kind, Herr Bierbrauer Karl Kayser, 
Sohn des früheren Bierbrauereibesitzers Kayser, 
begibt sich dieser Tage nach Japan, um dortselbst 
die technische Leitung einer Bierbrauerei zu über⸗ 
nehmen. Die Stelle soll eine finanziell günstige 
jein und Herr Kayser hat sich durch Kontrakt auf 
10 Jahre verpflichtet. 
— Ludwigshafen, 21. Jan. Der Wirth 
Hauck von Rüsselsheim, welcher die bei dem Post- 
amt in Aschaffenburg gestohlenen Briefmarken 
hier veräußern wollte, wurde vom Aschaffenburger 
Landgericht wegen Hehlerei zu einer Zuchthausstrafe 
von 3 Jahren und Aberkennung der bürgerlichen 
Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren verur—⸗ 
theilt; gegen die mitbeschuldigte Ehefrau wurde 
aif eine Strafe von 2 Jahren Gefängniß erkannt. 
Der eigentliche Dieb ist noch unermittelt. — Von 
auswärts eingebracht wurde durch einen Schutz⸗ 
mann ein elegant gekleideter Mann. Auf dem 
Wege nach dem Amisgericht warf derselbe eine Uhr 
bvon sich, die wahrscheinlich auf unrechtmäßige Art 
in seinen Besitz gelangte. Der Schutzmaun be—⸗ 
merkte indeß diesen Kunstgriff und nahm die Uhr 
an sich. 
— In Frankenthal wurde ein Bettler 
in Nummero Sicher verbracht, welcher durch seinen 
in einer Binde liegenden Arm und sein wehmütiges 
Gesicht Mitleid zu erregen suchte. Aber die schlimmen 
Herren der Polizei sind auch immer dahinter, und 
Jeilten dem armen Teufel — ohne Legitimations⸗ 
hapiere, welcher angab, ein Ungar zu sein, jedoch 
später seine nordische Landesangehörigkeit zugestand 
— seinen angeblichen lahmen Arm. 
zermischtes. 
In Sul zbach wird der dortige Verein für 
Beflügelzucht und Vogelschutz von morgen, den 24 
»is 27. dss. Mts. eine allgemeine Geflügel— 
ind Vogelausstellung veranstalten mit Prä— 
miirung und Verlosung. Programm und Anmelde— 
»ogen find vom Vorsitzenden Hrn. H. Pfeilstücker 
zu beziehen. Betheiligung an der Ausstellung isl 
ehr erwünscht. 
FKleinblittersdorf, 21. Jan. Noch 
elten dürfte in unserer Gegend eine Ja gd so 
joch versteigert worden sein, wie die des Gemeinde- 
yannes Großblittersdorf. Bei der Versteigerung 
am Samstag hatten zahlreiche Jagdlustige sich ein⸗ 
gefunden, welche den Preis für die jährliche Pacht 
auf 3660 Mk. steigerten, während sie bisher nur 
ährlich 1050 Mk. kostete. Es wird von Einge— 
horenen behauptet, daß jeder Hase, der sein Heim 
auf dem Banne Großblittersdorf hat, wenigstens 
30 Mt. kostet. Inhaber ist nach der Tr. Ztg. Herr 
Lamarche in St. Johann. 
F Trier. Die hiesige Handelskammer beschloß, 
die Eingabe des Merziger Eisenbahn-Komite's dahin 
zu unterstützen, daß eine Zweigbahn der Hoch— 
waldbahn nach Mer zig gebaut werde. 
FIn Bingen wurde letzten Sonntag in 
hrem Zimmer die Leiche der betagten Dienerin 
einer vor wenigen Wochen verstorbenen älteren 
dame erhängt aufgefunden. Die Unglückliche hatte, 
he sie den verzweifelten Schritt that, Wände und 
Fußboden mit Petroleum getränkt und solches an— 
zezündet. Trotzdem hat sich das Feuer nicht ver⸗ 
dreitet. 
F Koͤln. Der Fabrikbesitzer Schlicker zu 
Schüttorf bei Lingen hat für seine Arbeiter ein 
sapital von 50 000 Mtk. ausgesetzt und bestimmt. 
haß die Zinsen von 2000 Mt. im Dezember 
‚eden Jahres an solche Arbeiter vertheilt werden 
sollen, welche mindestens 5 Jahre bei ihm thätig 
waren. 
FLebendig verbrannt. Darmstadt, 
22. Jan. Ein bedauerlicher Unglücksfall ereignete 
ich in der Nacht vom Sonntag auf Montag in 
dem benachbarten Goddelau, indem der Landwirth 
Schaffner, Vater des dortigen Polizeidieners, in 
seinem Bett verbrannte. Leute, welche von einer 
Tanzmusik heimkehrten, bemerkten Feuerschein und 
ahen Rauch aus der Schaffner'schen Wohnung 
hringen. Sie weckten die Hausbewohner und man 
hrang in die Wohnung Schaffner's. Das Bett 
brannte hell und in demselben lag, schon halb 
verkohlt, die Leiche des Unglücklichen. Derselbe soll 
die üble Gewohnheit gehabt haben, im Bett noch 
zu rauchen. Hierdurch ist auch wohl der Brand 
entstanden, dem Schaffner zum Opfer fiel. 
FEin heiteres Vorkommniß, das 
üngst dem Bürgermeister des kleinen Taunus⸗Ortes 
W., Amt Usfingen, passirte, wird viel besprochen 
ind belacht. Ein dortiger Bauer hatte ein Rind 
zroß gezogen und wollte dasselbe nunmehr zu 
Markte bringen, wozu es eines Signalements über 
)as Thier bedurfte, das auszustellen er den Orts— 
hürgermeister ersuchte. Das Ortsoberhaupt kam 
dem Ersuchen willfährig nach und das Attest hatté 
den üblichen Wortlaut: „Inhaber dieses Attestes 
hzringt ein Rind zu Markt, mit gelber Farbe, mitt⸗ 
lerer Statur und geringelten Hörnern. Bürger 
meister D. zu W.“ Als der Bauer seinen Schein 
in Empfang nahm, bemerkte er dem Aussteller, daß 
darauf noch etwas fehle. Auf die Gegenfrage 
„Was?“ bemerkte unser Bauer: „Das Rind hat 
auch eine „Bläß“ vor der Stirn, was ein beson⸗ 
—DDDD 
jagte: „Das können wir ja noch darunter setzen“ 
ind infolge dessen lautete die Unterschrift wörtlich: 
„Bürgermeister D. zu W. mit einer Bläß vor der 
Stirn.““ 
F 225,000, 000 Rähnadeln sind bei einem 
ürzlich in Iserlohn stattgehabten Brande der 
Schwanenmeyer'schen Fabrik gänzlich durch das 
Feuer zerstört worden. Die ganze Sendung war 
zur Abschickung für den nächsten Tag bereits fertig 
geslellt und konnte nun nicht mehr gerettet werden. 
Da der Besitzer diese fertigen Fabrikate nicht ver—⸗ 
sichert hatte, so hat er den großen Schaden allein 
zu tragen. Anerkennenswerth ist das Entgegen- 
tommen verschiedener hiesiger Firmen, die vien 
durch den Brand brodlos gewordenen Arbeiten 
Dienst nahmen und so vor unausbleiblichem —* 
chützten. 
FKonstanz. 21. Jan. Von Stein komm 
t. „B. Losztg.“ die erschreckende Nachricht, do 
gestern ein Züricher Viehhändler zwischen Hem 
hofen und Stein ermordet wurde; Schulkind, 
anden denselben Abends beim Nachhausegehen um 
machten die Anzeige hiecoon. 
Munchen, 21. Januar. Am heurige 
Faschingsmontag wird der Metzgersprun, 
wieder gehalten. — Die berühmte Saängerin Ilm 
Murska, welche unter der Bezeichnung d 
rroatische Nachtigall“ einen Weltruf genossen um 
insbesondere in Wien Triumphe gefeiert hat, istn 
München plötzlich gestorben. Ihre Tochter hat sit 
nus Gram über den Tod der Mutter ver giftel 
Duster endete hiermit eine Frau, welche einst Tag 
'onnigsten Glückes gesehen. 
FPassau. Einen werthvollen Fund macht/ 
der Hausdiener einer hiesigen Lumpenhandlung 
Derselbe, mit dem Sortiren und Zertrennen alta 
Kleidungsstücke beschäftigt, spürte in einer total ab 
zetragenen Hose einen harten Gegenstand einge. 
näht, welcher beim Zertrennen der einzelnen Theil⸗ 
auf den Boden fiel. Wer beschreibt sein Erstaunen 
als, von der Umhüllung befreit, eine Anzah 
blinkender Goldstücke im Gesammtbetrag von 1000 
Mark sich entpuppten! 
fLeipzig, 22. Jan. Das Reichsgerich 
derwarf die von der Staatsanwaltschaft eingelegi 
Revision gegen das Erkenntniß des Landgericht 
München vom 2. November 1888, wodurch 10* 
Personen von der Anklage, einer geheimen Verbin 
dung angehört und verbotene Drucksachen verbreite 
zu haben, freigesprochen werden. 
F Frecher Raäuber. Von einer originell 
kecken Beraubung eines Schaukastens berichten di 
„B. N. N.“ aus Berlin das Folgende: Vo— 
dem Schaukasten des Juveliers C. O. in der Rit 
terstraße stand vorgestern ein Mann, der eine grün 
Schürze trug, einen Schwamm und ein Fenster 
leder in der Hand hielt und mit letzterem di 
Scheibe des Kastens reinigte. Jedermann hielt ihr 
tür einen Angestellten des Juweliers, dem der 
Auftrag geworden, die Scheibe zu putzen. Plötz 
lich wurde bei der Hantirung die Scheibe einge 
drückt. Der Mann nahm nun, ohne daß einer de 
Zuschauer ihn gehindert hätte, sämmtliche Schmuch 
sachen aus dem Kasten heraus, that sie in seint 
Schürze und verschwand damit im Flur des Hauses 
Der Diener trug die Werthsachen nach Ansicht der 
zaffenden Menge nach dem Geschäftslokal seines 
derrn. Kurze Zeit darauf trat der Mann wieder 
aus dem Hause heraus, ging undbehelligt um die 
aächste Straßenecke und war verschwunden. Spaäter 
erst wurde durch einen Angehörigen des Juweliert 
der leere Schaukasten bemerkt und der freche Dieb 
ꝛahl, dem die Nachbarschaft ahnungslos mit zugt 
ehen hatte, entdeckt. 
F Ein frutchbares Jahr. Nach dem 
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel“ er 
schienen im Jahre 1888 17,000 neue Bücher geger 
15,972 im Jahre 1887. 
F GDer Herr Bürgermeister als Nacht⸗ 
wächter.) Der Vorstand der kleinen Gemeinde 
Grandval im Kanton Bern beschloß, daß das 
Amt des Nachtwächters der Reihe nach von jedem 
der 50 Gemeindebürger auszuüben sei, damit eine 
Besoldung nicht mehr ausgegeben zu werden brauche. 
Der Gemeinde-Vorsteher glaubte allerdings, durch 
eine hohe Stellung von der persönlichen Dienst 
eistung ausgeschlossen zu sein; das war jedoch ein 
zrrthum und die einzige Rüchsicht, welche ihm 
zegenüber Platz griff, war, daß man ihn, sammi 
den ührigen Honoratioren, den Pfarrer, den Lehret 
und den Apotheker, an die Spitze der Liste stellit 
und ihm gleich in der ersten Nacht die Attribute 
der neuen Würde, Spieß und Horn, übergab. 
F Auch ein Jubilaum! Am 18. Januar 
waren es 200 Jahre, daß König Ludwig XIv. 
auf Betreiben seines Ministers Louvois der in 
Heidelberg liegenden französischen Besatzung den 
Zefehl gab, wegen des Anzuges eines iaiserlicher 
Heeres abzumarschiren und beim Rückzug das Schlof 
in die Luft zu sprengen, die Umgegend zu ber— 
wüsten, Stadte und Dörfer in Brand zu stecken 
Wie General Melac diesen grausamen Befehl voll 
zührt hat, ist bekannt. Nachdem am 28. und 29 
Januar eiwa 700 Gebäude in der Umgebunt 
Zeidelbergs angezündet waren, erfolgte am 16