Full text: St. Ingberter Anzeiger

Bartholomäusjahrmarkt war bei gutem 
Zutrieb recht lebhaft, die Viehpreise jedoch weniger 
hoch, als auf den letzten Värkten. Verkauft wurden 
111 Fassel, 94 Ochsen, 171 Stiere, 212 Kühe 
und 224 Rinder, zusammen 812 Stück Großvieh 
und 17 Pferde zum Gesamtpreis von 166 219 M. 
— Der nächste Markt findet Mittwoch den 4. 
September statt. 
— Pirmasens, 29. August. Das Adreß⸗ 
buch der Stadt Pirmasens wird in diesem Jahre 
noch in neuer Auflage erscheinen. Bei den be⸗ 
deutenden Veränderungen, welche die Einwohnerschaft 
und insbesonders die Geschäftswelt seit dem Er⸗ 
scheinen des leßten Adreßbuches erfahren, dürfte 
über das Bedürfniß einer neuen Ausgabe kein 
Zweifel obwalten. 
— Pirmasens. dDie Dingler'sche 
Maschinenfabrikt in Zweibrücken hatte beim 
hiesigen Stadrath ein Gesuch zur Ertheilung einer 
Concession für die Errichtung einer Luftdruck— 
Anlage in Pirmasens eingereicht. Die Firma 
beabsichtigte in einer Centralanlage, ähnlich wie 
dies bereits in anderen Städten geschieht, durch 
schwere Dampfmaschinen eine große Menge Luft 
aufzusaugen und zusammen zu pressen und diese 
Druckluft ähnlich wie Wasser und Gas durch 
Rohrleitungen an jede beliebige Stelle in der 
Stadt zu leiten, um dort als Kraft zum Betrieb 
von Motoren in Fabriken, als Kaltluft zur Kälte⸗ 
Erzeugung, als frische Luft zum Ventiliren von 
Kellern und Gebäuden, kurz, für eine ganze Reihe 
von industriellen Zwecken verkauft und verwendet 
zu werden. Der Stadtrath hat das Gesuch ab— 
gelehnt und zwar, wie wir dem „P. A.“ ent⸗ 
nehmen, weil der Herr Stadtbaumeister eine der⸗ 
artige Anlage als so vorteilhaft für die hiesige In— 
dustrie bezeichnete, daß durch dieselbe womöglich 
die Gasansialt beeinträchtigt werden könnte, indem 
die Industriellen die Druckluft dem Gas als Be—⸗ 
triebskraft vorziehen könnten. 
— Landau, 29. August. Bei der Rückkehr 
der in der Pfalz garnisonirenden beiden Infanterie⸗ 
Regimenter soll ein interessanter Versuch der gleich⸗ 
zeitigen feld mäßigen Verpflegung zweier 
Regimenter in einer Bahnstation gemacht werden. 
Auf dem Bahnhof Stein bei Nürnberg soll ein 
kurzer Halt gemacht und der einem Regimente in 
Kriegsstärcke gleichen Truppenzahl warmes Essen 
gereicht werden, wobei besonderes Gewicht auf 
die rasche Erledigung des Versuhs gelegt werden 
wird. 
— Landau, 29. August. Gesitzwechsel.) 
Der seitherige Theilhaber der Firma Fritz und 
Seither, Herr Kaufmann Karl Fritz, hat dem 
„Eilb.“ zufolge die Kreuzmühle nunmehr auf eigene 
Rechnung um den Anschlagspreis von 48,000 M. 
übernommen und wird die Müllerei wie die 
Knopffabrik selbst weiter betreiben. 
— In Albersweiler wird sich vom Ok⸗ 
tober ab ein zweiter prakt. Arzt in der Per— 
son des Herrn Dr. Culmann aus Annweiler 
niederlassen. 
— Germersheim. Die bisher von Herrn 
Adam Stubenrauch in Sondernheim be— 
triebene Ziegelei ging um den Preis von 
483,000 Mt. in den Besitz der drei Söhne des⸗ 
selben, Bernhard, Joh. Philipp und Josef über. 
Das Geschäft wird unter der Firma „Gebrüder 
Stubenrauch“ unverändert weitergeführt. 
— Edenkoben, 28. August. Heute Vor⸗ 
mittag gegen 11 Uhr scheute in der Nähe der 
Dreschmaschine ein vor ein Pflugwägelchen ge⸗ 
spanntes Pferd, rannte den am Eingang der 
Eisenbahnstraße stehenden Brunnensiock zusammen 
und lief dann weiter die Straße hinauf, wo ein 
Mädchen von ewa 8 Jahren auf dem Trottoir 
hinter einem leer stehenden Karren Schutz gesuch 
hatte. Leider wurde das Kind jedoch von dem 
vom Pferde nachgezogenen Geschirr am Fuße 
schwer verletzt und trug dasselbe auch noch 
eine Kopfwunde davon, so daß aärztliche Hilfe 
nöthig wurbe. Das Pferd wurde bald darauf ein⸗ 
gefangen. 
— Neustadt, 28. August. Bei dem hiesigen 
Bürgermeisteramt siefen heute 60 M. ein, welche 
Se. kgl. Hoheit der Prinzregent Luitpold 
von Bayern auf eine Zeitungsnotiz im „Bayer. 
Kurier“ hin dem verunglückten Tagner Johann 
Baumann aus Haßloch, z. Z. im hiesigen Ho— 
spital aus Allerhöchstderen Privatkasse zu bewilligen 
—A 
— Neustadt. 29. Auqust. Heute schlachtete 
der Metzger Heinrich Frech ein Rind mit dem 
Bewicht von 1300 Pfund, aus einem Maststall 
hon Gimmeldingen. 
— Dürkheim, 29. August. Seitens der 
Feuerwehr, der „Liedertafel“ und sonstiger Leid 
tragenden, unter Vorantritt von Trauer⸗Musik, 
wurde gestern Herr Seifensieder C. F. Ruff zu 
Brabe getragen. Der Verewigte stand im 70. 
Lebensjahre und war ein in allen Gesellschaftskreisen 
geachteter und beliebter Mann. Lange Jahre bei 
der Feuerwehr, wurde derselbe durch die Verleihung 
des betreffenden Ehrenzeichens ausgezeichnet. 
— Aus der Pfalz. Ein 15jähriger Bursche 
von Mundenheim wollte sich „Kerwegeld' ver— 
schaffen. Er zechte in einer Wirtschaft am Montag 
zu Ludwigshafen und wußte sich so lange in der 
Einschenke zu schaffen zu machen, bis er die Kasse um 
8 Woaark erleichtert hatte. Der Wirt erwischte ihn 
bei seiner Langfingerei und übergab ihn der Polizei. 
— Das Pohlizei-Kommissariat Lud— 
wigshafen erließ folgende Bekanntmach— 
ung: Es wird andurch zur Kenntniß gebracht, 
daß durch die städtische Fleischbeschau alle von 
Fasseln herrührenden Fleischtheile unmittelbar 
neben dem Siegel der Fleischbeschau noch mit 
einem weiteren Siegel mit der deutlichen Inschrift 
Fassel⸗Fleisch“ versehen werden, so daß das 
Bublikum in der Lage ist, beim Fleischeinkaus 
sich zu überzeugen, welche Qualität Fleisch verab⸗ 
folgt wird. Hierbei wird darauf aufmerksam ge— 
macht, daß Fasselfleisch nicht unter der Bezeich—⸗ 
nung „Ochsenfleisch“ oder „Rindfleisch“ verkauft 
werden darf. 
— Grünstadt. Das hiesige Bürgermeister⸗ 
mmt macht folgendes bekannt: Auf Grund der orts⸗ 
qslizeilichen Vorschrift, sowie auf Grund eines Be— 
chlusses der hiesigen Gesundheitslommission wird 
gziermit „das Lagern, Einsalzen und Trocknen grüner 
Häute, sowie das Lagern von Knochen innerhalb 
»ewohnter Quartiere hier vom 1. Januar ab ver—⸗ 
hoten“. Zugleich wird als geringste Entfernung 
dieser Lagerung ꝛc. von bewohnten Gebäuden eine 
'olche von 100 Meter bestimmt und als geringste 
kntfernung von öffentlichen Wegen eine solche von 
25 Meter. 
— Aus der Pfalz. Im Dorfe G. sang 
eine Anzahl Burschen zur Zeit der Kirchweihe im 
Tanzlokal das Lied „Vom armen Dorfschulmeister— 
lein“. Dafür wurden dieselben vom Schöffengericht 
zu H. mit je 3 Mark event. 1 Tag Gefängniß 
bestraft und außerdem in die ziemlich hohen Kosten 
verurtheilt. Der Amtsanwalt hatte für den Burschen, 
der die Veranlassung zum Singen des Liedes ge— 
geben, 20 M. edent. 5 Tage und für die anderen 
je 15 M. event. 4 Tage Gefängniß beantragt. 
Vermischtes. 
f*St. Johann, 29. August. Ueber die im 
Kohlenhandel zu Tage tretenden wirthschaftlichen 
Folgen des Bergwerksstreiks wird berichtet: 
Im April waren Absatz und Preise gleichmäßig 
zut. Mit dem Anfang Mai ausbrechenden, bis jetzi 
einzig dastehenden Ausstand der Kohlenarbeiter im 
Ruhrgebiet trat eine Zeit der wildesten und unbe— 
rechenbarsften Bewegungen des Marktes ein. Es 
zeigte fich bald, daß die Vorräthe der größeren 
Fabriken kaum einzelne Tage ausreichten und auch 
uus den Lagern der Händler für gewerbliche Zwecke 
nicht viel zu erhalten war. Da die Fabriken eint 
olötzliche gewaltsame Unterbrechung zu vermeiden 
uuchten, waren fie gezwungen, den Besßitzern der 
Vorräthe förmliche Phantasiepreise zu bewilligen 
und in weiterer Folge Kohlen aus Belgien und 
England zu beziehen. Soweit sich über die Markt⸗ 
age zur Zeit überhaupt ein Bild gewinnen läßt 
'ann man wohl sagen, daß die Kohlenpreise 
Jauptisächlich infolge des Ausstandes um etwe 
20-30060 aufgeschlagen sind. Wie sich die 
Zulkunft gestalten wird, ist schwer zu beurtheilen. 
Der Verbrauch ist stark, die Lager sind schwach be— 
stellt, die Zeit, an die Winterversorgung zu denken, 
kommt bald heran. aber die Zechen stehen vor der 
Grenze ihrer Leistungsfahigkeit und es ist deshalb 
nicht unwahrscheinlich, daß man für Tagesbedarjs 
und Abschlüsse auf kurze Zeit demnächst noch 
höhere Preise als bisher wird zahlen müssen. Was 
die Indust rie anbelangt, so ist nicht abzusehen, 
ob sie in allen ihren Zweigen dabei dalternd bestehen 
wird. Die Hochofenwerke insbesondere und die—⸗ 
jenigen Theile des Eisengewerbes, welche Massengut 
erzeugen, werden für die Ausfuhr dadurch immer 
veniger wettbewerbsfähig, weshalb die betheiligten 
Zreise nicht obhne Besoranik der Zukunft entgegen⸗ 
sehen. Selbstredend mußte unter der Einwirkun 
dez Ausstandes auch der Sgifffahrtsbentnn 
erheblich leiden. Während die Industrie die —X 
Feiern gezwungenen Arbeiter soviel als —* 
anderweitig zu beschäftigen suchte, sah fich du 
Schifffahrt theils zur Einstellung der Fahrien 
heils zu den allerungünftigsten Frachtsatzen gendih 
F Neunkirchen, 29. August. Heute Morgen 
kam die Witwe Neufang in der Hetzenges⸗ 
welche an einer Handdreschmaschine beschäftigt vo 
nit der einen Hund in das Zahnwerk, und wan— 
ihr dieselbe am Handgelenk total zerquetscht. Jeden. 
jalls, meint die S.⸗Bl. Z, ist das Unglück wiede 
dadurch vorgekommen, daß mit der Hand das 
Stroh nachgeschoben worden ist, wovor stets ge⸗ 
warnt wird. 
F Die MetzgerInnungen von Mainz 
Darmstadt. Worms, Gießen und Offenbach sin 
bei dem Ministeriurt des Innern und der Jußti, 
zu Darmstadt um Erlaß eines Landesgesetzes übe— 
die „Errichtung öffentlicher, ausschließlich zu be. 
nutzender Schlachthäuser“ eingekommen. Anlaß zu 
diesem Gesuch bietet die für Mainz bevorstehend⸗ 
Erbauung eines für die ganze Stadt gemeinsamen 
Schlacht- und Viehhofs nebst Einführung des 
Schlachthauszwanges, also Aufhebung der 
Privatschlachthäuser. Obwohl bis jetzt nur der 
Bau in die Wege geleitet, der Schlachthauszwang 
aber noch nicht beschlossen ist, wehren sich di 
durch Privatschlachtbäuser begünstigten Mainzer 
GBroßm tzger, wie dies auch in allen anderen 
Städten in gleichem Falle zu beohachten war, 
gegen die allerdings sicher kommende Schlachthaus— 
zwangspflicht. 
fF Bingen, 27. August Von der hiesigen 
Station aus wurde heute die erste Sendung 
Mosst, aus Frühburgundertrauben gekeltert, via 
Bremen nach New-York befördert, um daselbff 
als „Federweißer“ zum Ausschank zu gelangen. 
Innerhalb 14 Tagen können sich daher unsere 
Landsleute jenseits des Ozeans bereits am „1889“6 
gütlich thun. 
Aus Mainz wird wieder von einem bedeu⸗ 
tenden Eisenbahndiebstahl berichtet, es wurd 
nämlich ein Ballen Seidenzeug im Wert von über 
1000 Mk. entwendet. Da das Seidenzeug that⸗ 
ächlich in den betr. Wagen eingeladen worden war, 
derselbe aber beim Ankommen im hiesigen Bahnhof 
den Ballen nicht mehr enthielt, so hat man die 
Ueberzeugung gewonnen, daß die Seide kurz vor 
»em Einfahren in den hiesigen Bahnhof aus dem 
Büterwagen herausgeworfen und hinweggeschafft 
worden ist. Wer die Thäter sind, ist noch nicht er⸗ 
nittelt worden, obwohl bereits zahlreiche Haussuch 
ungen stattgefunden haben. 
FIn Wiesbaden wurde der l8ijährige 
Sohn des Försters Schön feld aus Bleidenstad! 
gefänglich eingebracht, weil er den 22 
Jahre alten Gottwald von da mit der Flinte 
jseines Vaters erschossen hat. Der Sachverhal' 
ist kurz folgender: Der Förster Schönfeld, ein 
pünktlicher, treuer Beamter, hat in seinem Orte 
hviel Feinde und schon oftmals waren ihm Fallen 
gestellt worden, die er aber stets zu umgehen wußte. 
Sonntag Nachts zwischen 2 und 3 Uhr warf man 
sehr heftig mit Steinen nach seinem Fenster. Er 
sprang auf, um nach den Ruhestörern zu sehen 
und war so glücklich mehrere derselben zu fassen 
Er wurde in einen Streit verwickelt, in dem er 
wohl unterlegen wäre, wenn nicht im enischeidenden 
Moment sein 18jähriger Sohn ihm zu Hilfe ge—⸗ 
eilt wäre. Zu schwach, um sich thätlich an der 
Vertheidigung seines Vaters zu betheiligen, lief er 
ins Haus, ergriff das Gewehr, eilte auf den Kampf⸗ 
platz und schoß unter die Angreifer, von denen er 
den 22jahrigen Goutwald so unglüdlich traf, daß 
sofort der Tod erfolgte. 
F Beim Stehlen eingeschlafen. Ein 
Bauernsohn von Eclingsdorf brach in den 
Bierkeller der Ritzer'schen Wirthschaft daselbst ein 
wo er sich betrant und schließlich sanft einschlief; 
der Wirth entdeckte ihn, rief einige Nachbarn zu⸗ 
sammen und so konnten sie den Dieb festnehmen. 
bis die Gendarmerie erschien, welche den Burschen, 
der am Montag Hochzeit halten wollte, geschlossen 
in die Frohnfeste abführte. 
f Nurnberg. Zur Arbeiterbeweg! 
ung. Angesichts der ablehnenden Haltung der 
Arbeitgeber haben die streikenden Feingoldschläget 
beschlossen, zur Arbeit zurückzukehren. 
p Wegen Uebertretung des Impfge 
5828. schreibf man aus NUrnberg, erhielt der