Full text: St. Ingberter Anzeiger

eins St. Ingbert waren trotz der bedeutsamen 
Tagesordnung nur 19 Mitglieder erschienen. Vor⸗ 
sitzender Herr J. B. Martin eroffnete die Ver⸗ 
tammlung und übertrug das Wort an Herrn 
Kasfier Josef Beer. Dieser gab zunächst einen 
Ueberblick über den Geschäftsgang im ersten Halb⸗ 
jahr 1889. Daraus ergibt sich, daß der Ge— 
jammt ˖Umschlag 5598024 Mk. 63 Pf. beträgt. 
Eigene Gesammtbetriebsmittel besitzt die Genossen⸗ 
schaft laut der Bilanz vom 80. Juni djss. J. 
354467 Mtk. 89 Pf.; die Spareinlagen von 589 
Einlegern beziffern sich auf 633405 Mk. 5 Pf., 
das Konto-Korrentguthaben bei 598 Schuldnern 
auf 1207428 Mk. 51Pf. und die Konto-Korrent⸗ 
Schulden an 66 Gläubiger auf 190826 Mk. 
8 Pf. Reingewinn erzielte der Verein im abge⸗ 
laufenen Halbjahr 108866 Mk. 64 Pf. Die Mit⸗ 
gilederzahl ist auf 896 gestiegen. 
Nachdem dem Aufsichtsrathe Entlastung er— 
theilt war, berichtete der Hr. Kassier weiter über 
den diesjährigen Verbandstag in Kusel und das 
neue Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889. 
Dieses, welches am 1. Oktober in Kraft treten 
wird, bietet den Mitgliedern einer Genossenschaft 
gegenuüber den Gläubigern der Genossenschaft einen 
wesentlich besseren Schutz, als sie disher besaßen. 
Während vor 1866 jedes Mitglied derselben per⸗ 
sönlich vom Gläubiger belangt werden konnte. be⸗ 
schränkte das einschlägige Gesetz von jenem Jahre 
die persönliche Haftpflicht der einzelnen Mitglieder 
auf den Fall, daß eine Genossenschaft in Konkurs 
kam. Das in diesem Jahre erlassene Genossen⸗ 
schaftsgesetz geht aber hierin noch weiter, indem es 
bestimmt, daß bei Verhängung des Konkurses über 
eine Gesellschaft der Konkursverwalter das sog. 
Umlageverfahren einleitet. Er stellt durch Bilanz 
die Ueberschuldung fest, und für diesen Fehlbetrag 
werden zunächst die zahlungsfähigen Mitglieder, 
beigezogen. Erst nach Ablauf von drei Monaten 
während deren die Konkursgeschäfte abgewickelt sein 
müssen, koͤnnen die Mitglieder einzeln in Anspruch 
genommen werden. 
Ein Punkt des neuen Gesetzes, welcher man⸗ 
cherlei Anfechtung gefunden hat, ist der, daß die 
Rebision der Genossenschaften durch staatliche, 
außerhalb jener stehende Revisoren besorgt werden 
soll. Der Verbandstag in Kusel hat an das kgl. 
Ministerium den Antrag gerichtet, es möge die 
Revision durch die vom Pfälzer Verbande bestellten 
Revisoren für gültig erklärt werden. Wie der 
Herr Berichterstarnxc mittheilt, hat neuerdings das 
großherz. Ministerium in Darmstadt einem gleichen 
Gesuche Bewilligung erteilt, und hofft man das—⸗ 
selbe für das Gesuch des pfälzischen Verbandes. 
Doch fürchtet man auch in den Kreisen des Ver—⸗ 
bandes bei Aufrechterhaltung der alleinigen staat⸗ 
lichen Revision keine Gefahr für die selbstständige 
Verwaltung der Genossenschaft. 
Eine weitere Vorschrift des Gesetzes zielt da⸗ 
hin, daß der Vorstand ‚einer Genossenschast eine 
genaue Mitglieder-⸗Liste zu führen hat, welche bei 
dem Registergericht (für hiesigen Verein in Zwei—⸗ 
brücken) zu hinterlegen ist und von der ein Exem⸗ 
plar stets zu Jedermanns Einsicht im Geschaäfts⸗ 
lokal des Vereins offen liegen muß. Kredit⸗ 
geschäfte mit Nichtmitgliedern sind auch fernerhin 
nicht zulässig. 
Ueber den 4. Punkt der Tagesordnung, Ab⸗ 
ünderung der Statuten, konnte gestern kein defini⸗ 
tiver Beschluß gefaßt werden, da die erforderliche 
Anzahl von s der Mitglieder nicht zugegen war. 
Es wird deshalb eine außerordentliche Generalver⸗ 
sammlung auf Montag, 30. September dss. J. 
anberaumt. Den Ort derselben bestimmt der Auf⸗ 
sichtsrath. Der letzte Gegenstand wurde dadurch 
erledigt, daß der Höchstbetrag der anzuleihenden 
Gelder durch hiefigen Verein auf 194 Million Mk., 
gegenüber dem bisherigen Satz von 600,000 Mk., 
festgesetzt wurde. Nach Verlesung des Protokolls 
durch den Schriftführer Hrn. Bayer schloß die 
Generalversammlung. 
*— Der vom kgl. statistischen Büreau heraus⸗ 
gegebene Saatenstandsbericht für den 
Monat August lautet bezüglich unserer Pfalz 
wie folgt: Sommer⸗ und Winter⸗Getreide ist ein⸗ 
geheimst und die Ernte ist im Allgemeinen eine 
Mittelernte. Kartoffeln stehen sehr gut und ver⸗ 
sprechen qualitativ und quantitativ einen vorzüglichen 
Ertrag. Futter⸗, Zucker- und Stoppelrüben sowie 
Kelee- und Futterpflanzen sehr gut. Der, sogenannte 
Stoppelklee hat einen vorzüglichen Sland. Mit 
der Tabakernte ist man soeben beschäftigt; derselbe 
teht sehr schön. Hopfen hat durch Sturm gelitten. 
* Schnappach, 17. Seßt. Gestern Abend 
mißhandelte der verheirathete Bergmann Christ⸗ 
mann von Sulzbach seinen Vater derart, daß 
zieser in Folge dessen heute Vormittag gestorben ist. 
Der Thäter wurde heute Vormittag verhaftet und 
ins Amtsgerichtsgefängniß dortselbst eingebracht. 
G. Niederwürzbach, 16. Sept. Die 
Musik wird zu den bildenden Künsten gerechnet. Die 
Wahrheit dieses Spruches bestätigte sich trefflich 
n den beiden Konzerten, welche ein Wuürzbacher 
Besangoerein gestern und vor vierzehn Tagen unter 
deitung seines bewährten Dirigenten und unter Mit⸗ 
wirkung eines St. Ingberter Herrn, eines berühmten 
und bekannten Musikers, uad seines hoffnungsvollen 
Zöhnleins gab. Daß solche musikalischen Pro⸗ 
»uktionen geeignet sind, die Gemüther in der er— 
Jebendsten Weise zu bewegen, und die edelsten Gefühle 
zei musikliebenden und besonders musikkundigen 
Beistern herborzurufen, zeigt der Umstand, daß während 
der Vorträge der verschiedenen vokalen und instru⸗ 
mentalen Piecen es in manchen Augen Thränen gab. 
Hanz besonders gefielen die von dem St. Ingberter 
derrn und seinem Söhnlein vorgetragenen Violin⸗ 
fdücke. Einen solchen Meister der Violine hatte man 
n St. Ingbert nicht vermuthet. Aus dem Söhnlein 
vird siche Et was. — Man wäünscht, daß bei 
dem nächsten Konzerte die beiden Musiker, Vater und 
Sohn, mit ihren ausgezeichneten Leistungen die 
Würzbacher wieder erfreuen. 
— Niederwürzbach, 16. Sept. Bei der 
seutigen Versteigerung ging der „Zw. Z.“ 
zufolge das Wohnhaus des Tünchers Valentin 
drämer um den Preis von 1640 Mk. an den 
zergmann Johann Kiebhm über. 
— Das am letzten Sonntag in Hornbach 
ibgehaltenelandwirtschaftliche Bezirks— 
est nahm den schönsten Verlauf. Bei der Ver—⸗ 
ammlung im Osthoff'schen Lokale verlas der 1. 
Vorstand des landw. Bezirkskoraités, Hr. Freuden⸗ 
zerg ein Schreiben Sr. Exz. des Hrn. Regierungs⸗ 
dräͤsidenten der Pfalz, worin derselbe bedauert, der 
Versammlung nicht anwohnen zu können. Aus dem 
von Hrn. Freudenberg erstatteten Jahresbericht ist 
u entnehmen, daß der Bezirksverein Zweibrücken 
twa 570 Vereinsmitglieder zählt, gegen 
das Vorjahr eine Abnahme von 22, die jedoch 
durch neuen Zugang wieder gedeckt ist. Der landw. 
Berein der Pfalz zählt 6575 Mitglieder und unser 
Bezirk Zweibrücken nimmt die 4. Stelle ein. Die 
Vereinsmitglieder wählen aus ihrer Mitte das 
Bezirkskomité. Nach den Statuten ist das Bezirks- 
omité mit der Führung aller Geschäfte betraut. 
— Homburg. 16. Sept. WVon der pfälz. 
Forsiversammlung.) Gestern Vormittag 924 Uhr 
vurde durch Herrn Forstrat Zapf⸗Speyer als 
Vorstand des Pfälz. Forstvereins die 12. Versamm⸗ 
ung eröffnet. Derselbe entwarf einen kurzen Rück- 
zlick auf die seitherige Thätigkeit des Vereins und 
chritt dann zur statutenmäßigen Wahl der Vor⸗ 
tandschaft. Aus jener ging Herr Regierungsforst⸗ 
assessor Eßlinge r⸗Speyer einstimmig als Vorstand 
hervor. 
Nach Abhör der Rechnung erteilte hierauf der 
Vorfitzende dem Herrn kgl. Forstafsessor Keller 
u Bobenthal das Wort über das Referat: „Wel⸗ 
hen Zweck und welche Bedeutung haben die Durch⸗ 
orstungs⸗ und Reinigungshiebe in der Forstwirth⸗ 
chaft?“ Herr Forstassessor Eßlinger zeigte dann 
ine von ihm erfundene Saelatte für Nadelholz⸗ 
amen vor, welche wirklich als das Beste, was in 
zieser Art bis jetzt dagewesen anerkannt wurde. 
Ende der Versammlung 122/3 Uhr. (Zw. 3.) 
— In Kaiserslautern geht außer dem 
neuen Postgebäude ein weiterer Prachtbau in dessen 
anmitielbarer Nahe der Vollendung entgegen, nämlich 
der des Arztes Dr. Rübel, welcher in demselben 
ine Augenheilanstalt einrichten wird, welche schon 
in einigen Wochen eröffaet werden soll. Dieses 
Anternehmen verdient um deßwillen eine ganz be⸗ 
ondere Anerkennung, weil diese Augenheilanstalt 
die erste derartige in der Pfalz ist und lediglich 
nus Privatmitteln, ohne irgend eine Subvention von 
rgend welcher Seite errichtet wird. 
— Kaiserslautern. Vom Stadtrate 
vurden zum nächsten Pferde- und Fohlen— 
markt in Kaiserslautern (dem ersten) 200 Mk. 
'ur Prämiierungszwecke bewilligt. Ebenso hat Herr 
Bestütsdirektor Bauwerker, unter dessen Vorsitz die 
LBrämiierung stattfindet, 200 Ml. gewährt. 
— Am Freitag war der Bauersmann Andreas 
Mannsmann vom Neuhof bei Rodalben 
in seinem Hofe beschaäftigtigt, Dung zu laden, alß 
plötzlich das Pferd mit dem Wagen durchging um 
jeinem zufällig im Hofe anwesenden 8 Jahre alnu 
Söhnchen der Wagen über die Brust fuhr. Aetzi— 
liche Hilfe wurde alsbald in Anspruch genommen 
»och soll wenig Hoffnung auf Erhaltung des Lebem 
des Kindes vorhanden sein. 
— Pirmasens. Die Zentralanlage fihr 
lektrische Beleuchtung scheint sich doch ver— 
virklichen zu sollen. Herr H. Diehl hat. die ihm 
ertheilte Erlaubniß, in der Hauptstraßze (als Staais. 
jraße) eine Drahtleitung anzulegen, an die Koͤlner 
Aktiengesellschaft „Helios“ für elektrische Beleuchtung 
und Telegraphenbau abgetreten und diese will sich 
uun durch einen Vertrag mit der Stadt ein Pribi— 
egium sichern. Sie macht dazu folgende grund— 
egende Vorschläge: Der Preis für ein Glühlicht 
zon 16 Normalkerzen⸗Stärke wird auf 4 Pf. für 
die Stunde festgesetzt, für öffentliche Gebäude 
werden nur 3 Pf. berechnet und 10*0 Rabatt ge— 
währt. Außerdem erhält die Stadt 5 Prozent der 
Brutto-Einnahme und vom Reingewinn — nach 
Abzug einer achtprozentigen Verzinsung des Anlage— 
apuals — 25 pCt. Zum Zweck der Kontrolle 
ollen der Stadt Abschriften der Rechnungsabschlüsse 
gegeben und Einsicht in die Bücher gestattet werden. 
Nach zehn Jahren hat die Stadt das Recht des 
Ankaufs der Leitung zu Bedingungen, welche schon 
etzt vertragsmäßig festgestellt werden sollen. Der 
Stadtrath verwies in letzter Sitzung die Sache zur 
Prüfung und zur Entwerfung eines Vertrages an 
ine Kommission, welche aus der Bau⸗ und aus 
der Finanzkommission gebildet wird, und der der 
Stadtbaumeister und der städt. Gasmeister. als fach⸗ 
nännische Berather beigegeben werden. 
— Pirmasens, 16. Sepft. Gestern Nach⸗ 
mittag fand im Gasthaus zum „Pfälzer Hof“ die 
»rdentliche General⸗Versammlung des hiefigen 
Vorschuß-Vereins itatt, welcher der Vor⸗ 
ätzende, Herr L. Horstmann⸗Thaleischweiler, präfi⸗ 
zirte. Zunächst wurde die Rechnungsablage für das 
erste Halbjahr 1889 gegeben. Dem Vorstand wurde 
ꝛinstimmig Decharge ertheilt. Die Mitgliederzahl 
hetrug am 80. Juni l. J. 552. Das neue Statut, 
welches vom Aufsichtsrathe nach Maßgabe des 
neuen Genossenschaftsgesetzes entworfen wurde, er⸗ 
zielt die einstimmige Genehmigung der Versammlung 
uind ebenso die erst in der Versammlung beantragte 
Finfügung eines weiteren Paragraphen, nach welchem 
ille Streitigkeiten über den Sinn der Vereins⸗ 
atzungen oder späterer Vereinsbeschlüsse ihre end⸗ 
ziltige Erledigung durch die Generalbersammlung 
inden und insbesondere die Beschreitung des Rechts⸗ 
veges ausgeschlossen wird. Als Publikationsorgane 
ür die Bekanntmachungen des Vereins wurden die 
eiden hiesigen Blätter bestimmt. (A.) 
— Eine Bestialität sonder Gleichen wurde 
‚orige Woche in der Gemeinde Busenberg ver⸗ 
ibt. Ein verthiertes Individuum beging den schänd⸗ 
ichen Streich, auf dem in unmittelbarer Nähe von 
Zuͤsenberg gelegenen israel. Friedhofe Grabdenb 
näler zu zerstören. Nicht weniger als 26 Grab⸗ 
teine find dem „L. A.“ zufolge in der Nacht von 
Minwoch auf Donnerstag theils umgerissen, theils 
n anderer Weise erheblich beschädigt worden. Den 
Besuchern des Friedhofes blutet das Herz, die Akte 
hrer Pietät vernichtet, das Andenken ihrer heim⸗ 
Jegangenen Angehörigen durch ein derartiges ge⸗ 
neines Verbrechen geschändet zu sehen. Wahrlich, 
ver zu einer solchen schmachvollen That fähig ist, 
»ei dem muß jedes menschliche Gefühl längst aus⸗ 
zestorben sein. Möge es der Polizei gelingen, den 
Zerbrecher zu ermitieln, damit ihn die gerechte 
Strafe erreicht. Die Beschädigungen müssen von 
nehreren Personen verübt worden sein, da selbst 
rrößere Grabsteine nicht verschont geblieben find. 
Der angerichtete Schaden dürfte mit einem Kosten⸗ 
nufwande von nicht unter 2000 Mk. zu beseitigen 
sein. Nach Art. 48 der Gemeindeordnung fuür die 
Pfalz bezw. Tit. J Art. 1 und Tit. IV Art.1 
ʒes Gesehes vom 10. Vendémiaire ĩV (2. Oltober 
1795) wird die Gemeinde Busenberg hiefür baft 
har sein. 
— Maikammer. In der Untersuchung 
zegen Andreas Kuhn, Schuhmacher, und Franz. 
Schmitt, Müller, beide von hier, wegen Münz 
salschung, war das Untersuchungsgericht aus 
Landau hier, welches in der Sache genaue Erheb- 
ingen getroffen hat. Sicherem Vernehmen nach hat 
Heschuldigter Kuhn ein Geständniß dahin abgelegt. 
aß er es war, der die Geldstücke miltels eines