Full text: St. Ingberter Anzeiger

kann nur sagen, daß Kaiser Franz Joseph 
gzegenwärtig nicht beabsichtigt, die Frage zu lösen. 
Kopenhagen, 18. Sept. Die Kaiserin 
Friedrich nebst den Prinzessinnen-Töchtern, 
welchen der Kronprinz von Griechen⸗ 
rand, dessen Bruder Prinz Georg und der 
deutsche Gesandte sowie der Ehrendienst bis 
Bjedser entgegengefahren waren, sind heute Abend 
793 Uhr mittelst Sonderzuges hier eingetroffen 
und fuhren alsbald nach Fredensborg weiter — 
Die Kaiserin Friedrich nebst Prinzessinnen⸗Töchtern 
wurde am Bahnhofe von Fredensborg, wo die An⸗ 
tunft um 8 Uhr Abends erfolgte, vom Könige 
von Dänemark und dem Könige von Griechenland 
»mpfangen und alsbald zu Wagen nach dem 
Schlosse geleitet. Hier wurde die Kaiserin und die 
Prinzessinnen⸗Töchter von den übrigen Mitgliedern 
der königlichen Familie sowie allen anwesenden 
ürstlichen Gästen auf das herzlichste begrüßt. Am 
Bahnhofe in Fredensborg war eine große Men⸗ 
chenmenge versammelt, welche die Kaiserin 
Friedrich nebst Prinzessinnen sympathisch willkom⸗ 
men hieß. 
Kopenhagen, 19. Sept. Der König, 
der Kronprinz und der Prinz Eugen von Sch we—⸗ 
den trafen heute Vorminag in Fredensborg ein und 
reisten nachmitlags zurück. Der Zar, der König 
von Dänemark und die Kaiserin Friedrich begleiteten 
ie bis Helsingör und kehrten dann nach Fredens⸗ 
horg zurück, nachdem die Kaiserin Friedrich Kron⸗ 
org besichtigt hatte. Die griechische Königsfamilie 
eist Sonntao e 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 20. Sept. Die Verwesung 
siesiger protstantischer Pfarrstelle wurde 
»om 1. Oktober ab dem Pfarramtskandidaten Herrn 
Bustav Christian Hofer übertragen. Derselbe war 
bisher ständiger Vikar in Friesenheim bei Lud—⸗ 
wvigshafen. 
* Die Ftau Kommerzienrath J. B. Adt und 
ihre Fräulein Schwester L. Schwarz aus For⸗ 
bach, früher in St. Ingbert wohnhaft, haben dem 
atholischen Pfarramt dahier zum Neubau einer 
atholischen Kirche in St. Ingbert die Sumwe 
von 2000 Mk. übersendet. 
*— Hinsichtlich der Berufsgenossen— 
schaften ist neulich durch eine Entscheidung des 
steichsgerichtes entschieden worden, daß dieselben 
für die Unfallversicherung sbeiträge ihrer 
Mitglieder das Vorzugsrecht im Konkurse 
haben für diejenigen Beiträge, welche im letzten 
Jahre vor Eröffnung des Konkursvberfahrens fällig, 
»der, was gleichbedeutend erscheint, rückständig ge— 
worden sind. 
— Kottweiler, 18. Sept. GEinbruch.) 
In die Wohnung des Wagnermeisters Herrn Joh. 
Müller dahier wurde in der Nacht vom 15. auf 
16. September in Abwesenheit der Eheleute Müller 
in recht raffinierter Weise eingebrochen. Der Ein⸗ 
brecher hat, wie die „L. 3.“ schreibt, mit einem 
Glaserdiamant eine Fensterscheibe zerschnitten, sodann 
das Fenster geöffnet und ist durch dasselbe einge- 
tiegen. Die Ladenkasse hat der Dieb bis auf den 
setzten Pfennig geleert, den Sekretär erbrochen und 
was an Geld darin war, mitgenommen. Das ganze 
Daus, selbst die Betten, wurden von dem Gauner 
durchsucht. Auch 5 Kisten Zigarren hieß der Spitz⸗ 
hube mitgehen. Der Schaden, welchen die Ehe— 
eute Müller hierdurch haben, ist beträchtlich. Im 
Interesse der Sicherheit der hiesigen Bevölkerung 
väre eine baldige Entdeckung des Diebes sebr wün⸗ 
schenswert. 
— Pirmasens, 19, Sept. Mit dem um 
3 Uhr von Landau abgehenden Zuge trafen heute 
Morgen 10 Uhr 25 Minuten 6 Brieftauben 
jier ein, welche von Herrn Michgel Leonhard aus 
dandau, Inhaber der Brieftaubenstation Straßburg⸗ 
Landau, hierher gesendet worden waren. Es sind 
drächtige, lauter weitgereiste Thiere, einige haben 
die Schweizer Alpen überflogen. Ihre diesjährigen 
deistungen sind folgende: von Ludwigshafen, Mainz, 
töln, Straßburg, Basel nach Landau, zwei Monate 
varen fie in Straßburg und ebenso in Würzburg 
eingesperrt, ferner flogen sie einmal von Lndwigs- 
hafen nach Landau und wurden in der nämlichen 
Nacht noch mit dem Schnellzug nach Genf geschickt. 
In Germersheim waren sie fünf Tage nur bei 
Wasser eingesperrt um zu erproben, ob Brieftauben 
hei Hunger die Erde berühren. Die Tauben haben 
überall glänzend gesiegt. Eine derselben trug ein 
klleines Bouquetchen, eine andere eine Rose mit einer 
Devesche. Um 11 Ubr wurden die Tauben sämmt—⸗ 
— 
lich in Freiheit gesetzt und sofort stiegen sie bis 
jur riefigen Höhe in die Lüfte. Nach einigem 
dins und Herfliegen waren sie den Blicken ent—⸗ 
chwunden. (3Ztg.) 
— Landau, 19. Sept. Die hier garni—⸗ 
sonirenden Truppentheile sind heute früh zur be— 
timmten Zeit hier eingetroffen. Wie man dem 
„Eilb.“ mittheilt, ist der gestern auf der Station 
Stein unternommene Versuch zur Verpflegung 
zrößerer Truppentheile gut verlaufen; die Mann⸗ 
chaften sollen mit dem gereichten Essen sehr zu— 
rieden gewesen sein. Das Aussehen der Truppen 
var ein gutes. Die Entlassung der zur Reserve 
abergetretenen Mannschaften erfolgt sofort. 
— Die in Ludwigshafen beantragte Delegirten 
Lersammlung zum Zwecke der Aufstellung eines 
Entwurfes zur Erzielung einer pfälzischen 
ßauordnung soll auch von Landan beschickt 
verden. 
— Die Wurstwaarenfabrik des Herrn Heinrich 
dlein in der Judengasse in Landau ging dem 
Eilb.“ zufolge mit dem Haus um 75,000 Mt. 
in den Besitz des Herrn Metzgermeisters Becker von 
stiederhochstadt über. 
— Speyer, 18. Sept. Heute Abend 1311 
Ahr ist der Stab der 8. Infanterie-Bri— 
Jade nach beendigten Herbstübungen in der Ober⸗ 
yfalz wieder hierher zurück gekehrt. Gleichzeitig ist 
uuch die 3. Kompagnie des 2. Pionier⸗Bataillons 
vieder hier eingetroffen und marschirte mit der 
Musik an der Spetze in die Kaserne. 
— Die diesjährige Versammlung des Apo— 
heter⸗Gremiums wird am Dienstag, den 
i. Oktober, Vormittags 11 Uhr, im igl. Regierungs— 
jebäude in Speyer abgehalten. Auf der Tages 
ordnung steht u. a.: Jahresbericht; Kassenbericht; 
steferat über die bayerische Pensions- und Unter⸗ 
tützungskasse; Wahl eines Delegirten zum ver—⸗ 
tärkten Obermedicinal-Ausschuß; Revision der ein⸗ 
jeitlichen Taxe der Verbandsstoffe, diätetischen Mittel 
ind Weine; Neuwahl des Gremial-Ausschusses, der 
Ehrenräthe und einer Kommision für den Vollzug 
der Novelle vom 1. Juli 1883 zur Reichsgewerbe⸗ 
ordnung. 
— Dürkheim. Wie die „Pf. Pr.“ erfährt, 
vird am nächsten Sonntag, den 22. September, 
»er Naturforscher⸗Kongreß, welcher diese 
Woche in Heidelberg tagt, mit Extrazug einen 
Ausflug in die Pfalz veranstalten. Zum Ziel haben 
ie Herren, unter Führung von Geh. Rath Herrn 
Brofessor Virchow, Dürkheim erwählt. An 
yem Früdstück in unserer herrlich gelegenen Kolonaden 
verden sich an 200 Naturforscher betheiligen, auqh 
der berühmte amerikanische Erfinder Edison. 
Spaziergang nach der Limbura und Hardenburg 
st geplant. 
— Ludwigshafe'n, 18. Sept. Vor ungefähr 
4 Tagen entfernten sich zwei im Alter von etwa 
6 Jahren stehende Knaben namens Schleicher 
ind Seiler aus der elterlichen Wohnung, um 
die Reise nach — Amerika anzutreten. Mit nur 
venigen Barmitteln ausgerüstet, gelangten sie bis 
n die Gegend von Antwerpen, von wo sie an die 
ẽltern schrieben um Geld. Auch von der Polizei 
vurden sie da unten angehalten, aber wieder frei⸗ 
jelassen. Ausgehungert wie die Kirchenmäuse, kamen 
ie am Sonntag wieder hier an. Nach ihrer Aus⸗ 
age haben sie sich während der „Reise“ nur 
»on Obst genährt und im Freien ihr Schlafgemach 
gehabt. 
— Ludwigshafen. Der von Amerika aus 
teckbrieflich verfolgte Schriftsetzer Ernst G. Weiß ist 
n Näéctarau verhaftet worden. 
— Frankenthal, 18. Sept. Ein Muhlen⸗ 
hesizer von Minfeld, welcher wegen Brandstiftung 
Stein'sche Mühle in Speyer) in Haft hier gesessen, 
vurde gestern entlassen. — Zum Besuche seiner 
Berwandten weilt der Direktor der deutschen See⸗ 
varte, Herr Geh. Admiralitätsraih Reuwenver 
muus Hamburg, hier. 
— Obermoschel. Dem verstorbenen Herrn 
dehrer Heck, der mehr denn vierzig Jahre 
egensreich an der hiesigen protestantischen Schule 
ewirkt hat, werden pietätvolle Freunde und Schüler 
in Grabdenkmal errichten. Die Beiträge 
lossen, nach dem „K. A.“, so reichlich, daß schon 
zächstes Frühjahr die Aufstellung desselben statt⸗ 
inden kann. Außerdem wird das Grab noch durch 
assende Zierpflanzen geschmückt werden. 
— Die pfälzischen Förster ä. O. lassen 
ine Petition an Se. K. H. den Prinz⸗Regenten 
wohl. wie auch an die Kammer der Abgeordneten 
zur Unterschrift unter sich circuliren. Dieselhen 
bitten um Anrechnung ihrer Gehaltszulage zun 
fixen Gehalt. Es wäre sehr zu wünschen, dah 
diese Förster im nächsten Landtag berücksichtigt wa 
den würden, damit sie den Förstern n. O. gegen— 
über wenigstens einigermaßen entschädigt werden, 
— Die pfälzischen Lehrer des Militgr- 
dienstjahres 1882 rückten gestern, Donnerstag zu 
einer sechswöchentlichen Reserveübung ein; ihnen 
ind vor vier Wochen die Pflichtigen des Jahres 
1889 zu einer zehnwöchigen ersten Uebung voran— 
zegangen. Bekanntlich genügte bisher die Lehrer— 
chaft mit einer einmaligen Dienstzeit von secht 
Wochen. Nach der neuen Verordnung dagegen 
haben sie einmal zehn, einmal sechs und einmal 
oier Wochen unter die Waffen zu treten. 
— Mittheilungen der pfaälzischen 
hdandels-und Gewerbekammer. Nach einer 
den türkischen Konsulaten amtlich mitgetheilten Liste 
ind im türkischen Reich nachstehend verzeichnete 
Waaren und Artikel einzuführen verboten: 1) 
danonen, Schießgewehre, Revolver, Munitions- und 
Pulverwagen, wie alle sonstigen Waffen und Kriegs— 
materiale, 2) alle Gattungen von Pulver, chlorsaure 
Salze und Kali; ferner alle zur Fabrikation von 
Pulver und Explosiostoffen gehörigen Bestandtheile, 
3) Salpeter, 4) Tabak, 5) Salz, 6) Druchschriften, 
die gegen die Sittlichkeit verstoßen, 7) Teppiche 
und sonstige Gewebe, die mit Koranversen gestickl 
oder bedruckt sind, 8) alle Artikel, versehen mil 
dem Porträt des Sultans, 9) Haschisch, 10) alle 
Artikel mit unsittlichen Darstellungen, 11) schädliche 
ind gefülschie Aumei, Waoren umd Droquen. 
Vermischtes. 
F Saarbrücken, 19. Sept. Die am näch— 
ten Sonntag im „Tivoli“ zu St. Johann statt⸗ 
indende Versammlung des Rechtsschutz-Ver—⸗ 
ins der Berglente des Oberbergamtsbezirks Bonn 
vird sehr stark besucht werden. Nicht weniger als 
7000 Mann find nach der „S. 3.“ zur Eisen⸗ 
»ahnfahrt angemeldet, ohne die in nächster Nähe 
Wohnenden zu rechnen. 
F In Sulzbach wurde in der Nacht zum 
Mittwoch beim Schuhmachermeister Rheinheimer 
in äußerst frecher Diebstahl ausgeführt. Der 
Dieb entfernte die im Fenster stehenden Blumen⸗ 
öpfe und stieg durch dasselbe ein, zündete die 
dampe an und that sich an einem auf dem Tisch 
tehenden Kirmeßbraten gütlich, um sodann mit den 
Lleberresten des letzteren und mehreren Paaren 
Schuhen das Weite zu suchen. Der Bestohlene 
chlief während dieser Vorgänge in dem nur durch 
eine ganz dünne Wand getrennten anstoßenden 
Zimmer. Von dem Dieb, der allen Anzeichen nach 
zenau mit den Lokalitäten vertraut war, feblt bis 
etzt jede Spur. 
F Hünfeld, 18. Sept. Der Aufbau 
uinserer Stadt, die nun bald vor Jahresfrist 
zurch Brand in Trümmer sank, ist durchschnittlich 
oweit gediehen, daß man zum größten Theil dor 
Finzug des Winters die neuen Wohnungen zu be—⸗ 
nehen gedenkt. Selbstverständlich ist für einen 
regelrechten und möglichst massiven Aufbau gesorgt 
worden und lassen die jetzigen neuen Gebäude faft 
aicht mehr erkennen, wo die Stätte der alten war. 
Das neue Rathhaus kommt in die Mitte der Stadt, 
das Postgebaäude in die Nähe des Bahnbofes zu 
stehen. 
F Eine angenehme Ueberraschung 
wurde kürzlich in einem Dorfe bei Kehl einem 
Brautpaar vor dem Hochzeitstage zuteil. Unter 
dem Hausgerät der Braut fand sich eine Kommode, 
welche zur Reuherstellung einem Schreiner über⸗ 
zeben wurde; das Mobiliarstück wurde von diesem 
zuseinander genommen und siehe da — beim Her—⸗ 
ausziehen eines an verborgener Stelle befindlichen 
Schubfaches fanden sich in demselben 3000 Mk. 
in Staatspapieren. Mit dieser freudigen Entdedung 
überraschte der Schreinermeister die Eigenthümerin; 
hoffentlich wird dieses angenehme Ereignis vorbe⸗ 
zeutungsboll für eine recht glückliche Zukunft des 
ungen Ehepaares sein. 
F Von der KaiserparadeinHannover 
zecichtet ein Augenzeuge folgende Episode: Als die 
daiserin auf dem Gute Bemerode den Wagen bver 
assen hatte, trat Ihrer Moajestät die dreijährige 
Tochter des Hauses entgegen und reichte derselben 
mit den Worten: „Guten Morgen, Tante Kaiserin 
einen Blumenstrauß. Hocherfreut über diese kind— 
iche Begrüßung nahm Ihre Majestät die Kleine 
'ofott auf den Arm und küßte dieselbe unter dem 
Juübel der Anwesenden. Als die Kleine wieder