Full text: St. Ingberter Anzeiger

* — *8 
* d 9 —2 25 8 3 — 2 9 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
er ‚St⸗Jugberter Anzeig erscheint täglich mit Autnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗Vlatt und ittwochs und Samftags mit 
—RX Beilagen. as Blatt boßet vierteljährlich A 60 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 758 0, 333 40 H Zustellungsgebuhr. Die 
cẽmrückungsgebühr für die A4gespaltene Garmondzeile ober deren Raum beträgt bei Inseralen aus der Pfalz 10 , bei außerpfälzischen und solchen auf welche die Crpedition 
Aunskunft ertheilit, 15 4. Neklamen 830 Bei 4maliger Frbdang wird nur dreimalige berechnet. 
23. 
—4 
—..————— 
Mittwoch, 25. September 1889. 
2.5. Jahrg. 
Deutsches Reich. 
München, 28. Sept. Aus Gesundheitsrüc⸗ 
ichten muß der bekannte ultramontane Abg. Dr. 
sirtler seine Thätigkeit für die kommende Sesffion 
es bayerischen Landtags bedeutend einschränken. Er 
aus dem Finanzausschuß, dessen eifrigstes Mitgied 
ex war, ausgetreten. 
Muünchen, 24. Sept. Katholikentag. 
die gestrige Nachmittagssitzung war von etwa 6000 
Bersonen besucht, welche der Vormittagssfitzung 
wegen Platzmangels nicht hatten beiwohnen lönnen. 
Die in der Vormittagssitzung beschlossenen Ent⸗ 
chließungen werden von denselben Rednern em⸗ 
fohlen und gleichfalls angenommen. Abends war 
Jesellige Unterhaltung im Kafinosaale und im 
dindlbräusaale, wo mehrere Redner den „Erfolg 
—AL 
ʒxes Kardinals Rampolla ist eingegangen, in welchem 
es heißt, daß die Mittheilungen vom Katholikentage 
den Papst erfreut und getröstet hätten. Der Papfi 
danke für die Huldigung und sende den avostoli⸗ 
chen Segen. 
Berlin, 23. Sept. Der Kaiser beabfichtigt 
aich heute Abend oder morgen fruüh für mehrere 
Tage nach dem Jagdschlosse Hubertusstock zu 
degeben. 
In maßgebenden Kreisen wird beabsfichtigt, das 
hollzugsverfahren bei AUSsweisung von Aus— 
äündern aus dem Reichsgebiet durch eine im 
nesentlichen in die Form einer Anweisung an die 
zeteiligten Polizeibehörden gekleidete Vorschrift zu 
cegeln. Nach dieser Vorschrift soll die Ausweisung 
von Ausländern aus dem Reichsgebiete entweder 
mitlelz Transportes oder durch Erteilung eines 
Zzwangspasses oder durch Bekanntmachung der Aus⸗ 
veisungs verfügung erfolgen. Im Wege des Trans⸗ 
vortes soll die Ausweisung stets dann zu vollziehen 
ein, wenn anzunehmeu ist, daß der Ausgewiesene 
der Ausweisung nicht ohne Anwendung koͤrperlichen 
Zwanges Folge leisten werde. Die Fürsorge für 
die thatsüchliche Entfernung des Ausgewiesenen aus 
dem Reichsgebiet soll ferner nicht den in der Regel 
mit den Grenzverhältnissen nicht vertrauten Trans⸗ 
porteuren überlassen werden, sondern, es soll der 
bon dem Eintreffen des Transportes unterrichteten 
Grenzpolizeibehoͤrde die Verpflichtung auferlegt 
werden, den Uebertritt des Ausgewiesenen über 
die Keichsgrenze herbeizuführen. Mit der Beratung 
des Entwurfs dieser Vorschrift dürfte sich demnächst 
ier Bundesrat zu beschäftigen haben. 
In London organifirt der Sozialistenführer 
hurns jetzt einen Baͤckerstreik. 
Berlklin, 24. Sept. Staagtsselreiär Graf 
herbert Bissmarcdk ist heute Vormittag vom 
Urlaub wieder hierher zurüdgekehri. 
Hamburg, 23. Sept. Der hier versammelte 
echste deutsche Tischlerrag beschloß unter dem 
Vorfitz des Obermeisters Brandes⸗Berlin die cin- 
heitliche Einführung der Entlassungsscheine 
ur die Gesellen und beauftragte den Vorstand mit 
der Ausführung des Beschlusses. Desgleichen wurde 
die Einführung fachgewerblicher Schiedsgerichte, 
iberall wo dies moͤglich, beschlossen. Die Versamm⸗ 
ung sprach sich ferner für die Einführung des Be⸗ 
ahigungsnachweises aus und befürwortete die Aus⸗ 
— der Unfallversicherung auf das Tischler- 
ewerbe. 
Paris, 24. Sept. Die Monarchisten und 
goulangisten, welche gestern das Ergebniß der 
Wahl in eigensinniger Verblendung für einen herr⸗ 
ichen Sieg erklärten, zeigen heute meist eine starke 
Berstimmung. Sie geben theilweise zu. daß ihr 
Unsturm auf die Republik vollständig abgeschlagen 
ei. Einige trösten sich mit der großen Anzahl ab- 
gegebener Stimmen, andere mit den Aussichten auf 
die Stichwahlen; aber, der Grundzug der Stimm⸗ 
ing ist doch Hoffnungslofigkeit. Nur „Intran- 
igeant“ und „Presse“ fahren fort, lärmend zu 
riumphiren. Rochefort behauptet, daß das Haupi⸗ 
ergebniß der Wahlen in der Niederlage Ferrys 
ind dem Siege Boulangers in Monmartre zu 
uchen sei; darnach aber jei glles aufs allerbeste 
zeftellt. Eine revifionistische Mehrheit sei vor⸗ 
handen, die Constituante gesichert; der Sturz des 
Minifteriums und die baldigste Rückkehr des 
Benerals Boulanger stehe außer Frage. In ähn- 
lichem Unfinn geht es fort. 
Paris, 24. Sept. Carnot kommt morgen 
nach Paris und wird hier bleiben. — Die Depu⸗ 
tirtenkammer wird im November zusammen⸗ 
reten. — Wie die Ripublikaner behaupten, haben 
ie in der Stichwahl gewonnenes Spiel. Die 
dandwerker veroͤffentlichen eine Erklärung, in wel⸗ 
her sie auffordern, für diejenigen Kandidaten zu 
ttimmen, welche die meisten Stimmen haben. In 
Paris und der Provinz verzichtet eine große Zahl 
zon Kandidaten zugunsten ihrer glücklicheren Mit⸗ 
jzewerber; viele Kandidaten der Oppofition weigern 
ich, dies zu thun, so der Boulangist Justice, wel⸗ 
her gegen den Royalisten Berry, und der Royalisi 
Denis Cochin, der gegen den Boulangisten Mer⸗ 
meix seine Kandidatur aufrecht erhalten will. Der 
Braf von Paris und General Bou— 
langer, welche völlig zusammengehen, wollen 
inen Aufruf an ihre Anhänger erlassen, fuür die 
Kandidaten zu stimmen, denen die meiflen Stim⸗ 
men zufielen. 
Wien, 24. Sept. Die hiesigen Blatter be⸗ 
krachten im allgemeinen das Ergebniß der fran—⸗ 
zäsischen Wahlen als einen großen Erfolg 
der republikanischen Partei. Das „Fremdenblatt“ 
agt, die Stimmung habe sich wieder mehr der 
Republik zugewandt. Es handle sich nun noch 
darum, die Nachwahlen nicht schlechter ausfallen zu 
assen als man erwarte. Dann könne mit Tüch⸗ 
igkeit und gutem Willen die diesmalige große 
xrifis wohl als überwunden betirachtet werden. 
Die „Neue Freie Presse“ hält es schon jetzt für 
gemäß, daß die überwältigeude Mehrheit der 
Waͤhler sich trotz hundertfältiger Zersplitterung der 
Meinungen im einzelnen nicht nach der Dikta⸗ 
ur sehne. Die Gefabr eines Staatsstreiches sei 
—X 
stopenhagen, 28. Sept. Ein offener Brief 
»es Königs beruft den Reichsstag auf den 7— 
DRltober ein. — — 
Lokale und pfältzische Nacrichten. 
* St. Ingbert, 25. Sept. Zu Ehren des 
yon hier nächsie Woche nach Speyer übersiedelnden 
derrn Pfarrer Ferckel, des zweiten Vorstandes 
der „Harmonie“, veranftaltete diese Gesellschaft 
gzestern Abend eine Abschiedsfeier. Dieselbe trug 
in ihrem Verlauf den Charatter der Gemüthlichkeit 
ind bewies die Achtung und Zuneigung, welche 
ich Herr Pfarrer Ferdel in der Gesellschaft er⸗ 
vorben. Der erste Vorstand, Herr Subrektor Bar 
nikel feierte den von hier Scheidenden in herz⸗ 
ichen Worten. Redner betonte, daß derselbe stetä 
tin thätiges Mitglied, eine Stütze des Vereins ge⸗ 
wesen, daß seine mit Humor gewürzte Unterhaltung 
ihn als Gesellschafter so beliebt machte. Vor allem 
habe es Herr Ferckel versanden, durch zündende 
Worte die nationale Begeisterung zu weden und 
zu erhalten. Wie alle Schichten der Bevoͤlkerung 
so sehe besonders die „Harmonie“ ihn mit Be⸗— 
dauern scheiden. Er kehre nunmehr an den Ort 
zurück, wo er einst die Vorbedingungen seines 
Amtes so ausgezeichnet erfüllte und wo er nach 
eignem Geständnisse glückliche Stunden verlebt 
habe. Die Gesellschaft „Harmonie“ gebe ihrem 
‚weiten Vorstande für seinen ferneren Lebensweg 
die herzlichsten Glückwünsche mit, welche in einem 
Hoch auf denselben ausklingen mögen. 
In bewegten Worten sprach Herr Pfarrer 
Ferckel seinen Dank für die schöne Feier aus. In der 
„Harmonie“ seien ihm immer angenehme Stunden 
zutheil geworden, deren er sich mit Freude erin⸗ 
nern werde. Eine besondere Freude aber sei es 
ihm gewesen, zu sehen, daß in der „Harmonie“ 
die Pflege vaterländischer Gesinnung eine Siätte 
Jefunden. Redner schloß mit dem Wunsche, daß 
der Geist der Einigkeit und des Patriotismus bei 
dem Vereine herrschen möge, und brachte ein Hoch 
auf das fernere Blühen des Vereins aus. 
Unter abwechselnden Gesängen und zwangloser 
Unterhaltung verbrachte man den Abend auf die 
schoͤnste Weise. Moͤge die Erinnerung an den gest⸗ 
rigen Abend den Gefeierten allezeit überzeugt halten, 
daß man ihm in den Kreisen des Vereins ein 
treues Andenken bewahren wird. 
Die auf Montag den 30. dss. Mis. anbes 
raumte außerordentliche Generalversammlung des 
Vorschußvereins Sit. Ingbert, welche 
unter allen Umstaͤnden beschlußfähig ist, wird laut 
Cirkular im Lolale der Frau Wwe. Grewenig da⸗ 
hier, abends 8 Uhr abgehalten. 
*— Jeder zur Entlassung kommende 
Soldat muß vor der Entlassung über Anmeldung 
»on Versorgungsansprüchen belehrt und 
eventuell daraufhin ärztlich untersucht werden. 
Trotzdem aber hat derselbe das Recht, innerhalb 6 
Monaten, vom Tage der Entlafsung an gerechnet, 
auf Grund einer waͤhrend der aktiven Diensitzeit 
Nebungen inbegriffen) erlittenen Dienstbeschädigung 
dei dem Bezirksfeldwebel etwaige Versorgung⸗ 
ansprüche anzumelden. Der Bezirkafeldwebel hat 
über den erhobenen Anspruch in jedem Falle ein 
Protobosll aufzunehmen. Etwaige Beweisstücke find 
mit zur Stelle zu bringen. Alle späteren Gesuche 
um Gewährung von Invaliden⸗Unterstützung find, 
als verspätet angebracht, grundiätßlich abzuweisen. 
— Der Siadtirath in Kusel beschloß, sich an 
der Delegirtenbersammlung zur Berathung einer 
afälzischen Bauordnung nicht zu betheiligen, 
jondern die Initiative bierau dem Vandrath zu 
überlafsen. 
— die Vorschußvereine von Kusel und 
Zaiserslautern, sowie die Vollsbanken in Neustadt 
und Speyer haben die Aenderungen ihrer Statuten 
dahin beschlossen, daß sie einer Genossenschaft mit 
unbeschränkter Haftpflicht entsprechen. 
— Kaiserslautern, 24. Sept. Ein 
interessantes Urtheil, betreffend den Wirt bs⸗ 
hausbesuch von Kranken wurde heute von 
dem hiefigen Amtsgericht gefällt. Ein Mitglied 
einer hiesigen Krankenkasse war längere Zeit krank 
ind ihm erwuchsean daraus Krankengeldansprüche 
in diese Kasse mit ca. 37 Mk. Nun begab sich der 
Rekonvaleszent eines Tages in den Garten der 
Ausland. 
Paris, 23. Sept. Der internationale Eisen— 
dahn-⸗Kongreß, welcher hier tagte, beschloß, seine 
nächste Sitzung in Petersburg abzuhalten.