Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtisgerichts St. Ingbert. 
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M 226. Samstag, 28. September 1889. 
——⸗—7t— 
Politische Uebersicht. 
* Die erste öffentliche Sitzung der bayerischen 
rammer der Abgeordneten ist nunmehr 
mit Rücksicht auf den Namenstag des Königs Otto 
zuf Dienstag den 1. Oktober, Vormittags —R 
Ahr, anberaumt. Tagesordnung: Präfidialvortrag 
iber den Personalstand. Wahl des J. Präfidenten; 
rntgegennahme von Regierungs⸗Vortlagen. Das 
tzudget wird noch vor dem 1. Olktober von Seiten 
etß Finanzministers mit Begleitschreiben an das 
dammer⸗Prafidium in Vorlage gebracht. Die Kammer 
der Reichsräthe hält am nächsten Mittwoch 
Mittag um 12 Uhr ihre erste Sitzung ab. — Für 
die Dauer des Landtags wurde laut „Pf. K.“ in 
die sammer der Reichsräthe Premierlieutenant Franz 
geer des kagl. 1. Inf.Regiments und in die 
Zammer der Abgeordneten Premierlieutenant Her⸗ 
nann Rubenbauer des kal. Inf.⸗Leibregiments 
eordert. 
*Bay erische Protestantische Gene 
alsynode r. Rh. Aus Bayreuth, 24 
Zeptember wird berichtet: Dekanatsverweser Dr. 
zrinzing erstattet Vortrag über die Vorlage des 
gl. Oberkonsistoriums, „den liturgischen Gottes 
sienst für die allerhöchsten Geburts⸗ und Ramens⸗ 
reste“ betr., welche nach geringen, unwesentlichen 
Aenderungsvorschlägen des Ausschusses einstimmig 
mgenommen wurde. Die Vorlage, betr. „den 
iturgischen Gottesdienst bei Eroffnung und Schluß 
des Schuljahres“, wurde ebenfalls mit geringen 
lenderungen angenommen. Nach Erledigung dieser 
zeiden liturgischen Vorlagen erstattete Dekan Dr. 
—XLD 
dorlage „die Nachholung der Taufe“ betr. Auch 
dieser Vorlage zuzustimmen und sie in allen ihren 
inzelnen Theilen unverändert anzunehmen, war 
der Antrag des Ausschufses. Diese Annahme er⸗ 
solgie denn auch einstimmig, worüber der Dirigent 
eine ganz besondere Freude ausdrückte. Der 
—„chwerpunkt dieser Vorlage lag darin, ob unge⸗ 
ruften Hindern gestattet werden solle, an 
em sogenannten Präparandenunterricht 
kheil zu nehmen, was die Synode im Einverständ⸗ 
niß mit der Vorlage verneinte, obgleich einige 
Stimmen sich dahin vernehmen ließen, dies zu 
estatten. Den vierten Gegenstand der Berathung 
ildete der Vortrag des Dekan Caselmann über 
ven Antrag mehrerer Stadtkantoren und Orga⸗ 
risten, „die Verhältnifse derselben im Fall der 
dienstunfähigkeit“ betreffend. Die Petenten hatten 
naͤmlich gebeten, sie im Genusse ihrer vollen Ein⸗ 
nahme auch im Fall der Dienstuntauglichkeit bis 
u ihrem Tode zu belassen und in diesem Fall 
hnen aus Kirchenstiftungsmitteln einen Gehilfen 
veizugeben. Der Wunsch konnte jedoch nicht ge— 
währt werden. 
Aus München wird gemeldet: Es erregi 
net großes Aufsehen, daß der Prinzregent 
as Huldigungs-Telegramm des Katholiken⸗ 
uges bis jetzt unbeanfwortet gelassen hat. 
Selbst wenn eine Anwwort noch einträfe, sei die 
Absicht der Verzögerung unverkennbat und die 
Stellung des Regenten zur Aktion genügend 
baralterisiri. 
Nach der „Augsburger Postzeitung“ mehren 
ich die Gerüchte, der ehemalige dfterreichesche Handels 
minister Dr. v. Schäffle werde demnächst einen 
hohen Posten im wuͤrltembergischen Ematsdiensi 
erhalten. 
*Wie die Berliner „Post“ erfährt, ist das neue 
ranchfreie Mulver miß allen seinen inneren 
und äußeren Vorzügen nicht etwa eine werdende, 
für die kommende Bewaffnung in Aussicht ge⸗ 
iommene Sache, sondern für die jetzige Gewehr- 
und Geschützausrüftung liegt bereits der volle Kriegs 
bedarf für Deutschland in jeuem verbesserten Pulver 
bdereit. Es ist das rauchfreie Pulver, wenn schon 
das Allerwichtigste, so doch nicht das einzige Neue, 
dessen Erscheinen die großen Manöver gezeitigt 
zaden: am letzten Tage überraschten in der Ver— 
seidigungsstellung des X. Armeekorps die schnell⸗ 
euernden Kanonen der Schumannschen Panzer⸗ 
raffetten; fie bewiesen, daß die veraltete Scheidung 
des Feld⸗ und Festungskrieges in ihren Mitteln 
im Schwinden begriffen ist. 
* Dem „XIX. Sieècle“ wird aus London tele⸗ 
zraphirt: General Boulanger zeigt sich sehr 
berletzt über die Einsamkeit, in der ihn seine eng⸗ 
lischen Freunde und Bekannten lafsen, seitdem das 
Ergebniß der Wahlen vom letzten Sonntag bekanni 
gemacht wurde. In der That sprechen nur spärliche 
Zesucher bei ihm vor. In der Umgebung des 
Benerals macht man sich auch Sorgen wegen des 
Planes, den er gefaßt haben soll, seinen Haushals' 
einzuschränken, was die Entlassung einer Anzahl 
Personen nach sich zoͤge, welche ihr Schicksal an 
dasjenige ihres Gebieters geknüpft hatten. Was 
endlich das Versprechen betrifft, den neulich abge⸗ 
setzten Beawten ihre Besoldungen zu bezahlen, so 
ist nicht mehr davon die Rede und die Leute 
werden fich mit guten Worten begnügen müssen. 
* Die „Köln. Ztg.“ bringt einen auffälligen 
deitartilel über kriegerische Vorbereitungen 
Rußlanuds, deren Urheber der Generalstabches 
Obrutschew sei, welcher in Sommer als stellver⸗ 
tretender Kriegsminister dem Zaren eine hierauf be⸗ 
zügliche Denkschrift einreichte. Der Zar neige den 
Anfichten Obrutschew's trotz des Widerstands des 
Finanzministers zu, denn umfassende von Obrut⸗ 
schew verlangte Eisenbahnarbeiten find angeordnet 
die bis nächstes Frühjahr ausgeführt find. Bie 
Mai sind 8,000,000 Pud Schienen nothwendig, 
welche die rusfischen Werke nicht liefecn koͤnnen, 
weßhalb mit Cockerill (Seraing) Verhandlungen ein⸗ 
geleitet würden. Bis Mai müssen auch 300 Loko⸗ 
motiven fertig sein, bis dahin wird die Bahnlinit 
Petersburg⸗Eydtkuhnen (preußische Grenze) durchweq 
mit Doppelgeleisen versehen sein, desgleichen die 
Linien Wilna⸗Warschau, Wilna⸗Rowno und Stra⸗ 
menska⸗Fastow (Kiew). Dadurch erfahre das Bahn ⸗ 
netz der russischen Eisenbahnen eine bedeutende stra⸗ 
tegische Verfitärkung, wodurch die Truppenzusammen⸗ 
ziehung im Weften wesentlich erleichtert werde. 
Deutsiches Reich. 
München, 26. Sept. Am nächsten Montag, 
als am Namensfest des Königs Otto, finden 
Vormittags Festgottesdienste in der protestantischen 
wie in der Theatiner⸗, Frauen⸗ und Michaelskirche 
statt. Die städtischen Kollegien werden durch Depu⸗ 
tationen vertreten sein. Der Prinz⸗Regent und die 
hier anwesenden Prinzen werden dem Gottesdienss 
in der Frauenkirche anwohnen. — Prinz Leopold 
wird sich mit dem Kaiser von Oesterreich bis 1. 
Oktober nach Wien und dann zu den Hochwaldiagden 
nach Steyermark begeben. 
Stuitgart, 27. Sept. Der, Staatsanzeiger“ 
meldet: König Karl, welcher sich gastrisch 
unwohl fuühlt. blieb gesten auf den Rat des 
Arztes im Bett; er konnte adends, da etwas Fie—⸗ 
ber vorhanden war, der Festvorstellung im Hof— 
theater nicht anwohnen. Die Nacht verlief ziemlich 
ruhig Das Fieher isf zwar noch nicht geichwun— 
den, die gastrische Störung indes gemindert. Der 
Allgemeinzustand zeigt eine Besserung gegen gestern. 
Leipzig, 27. Sept. Der Agitator Geiger 
wurde aus Leipzig und Umgegend ausgewiesen. 
Berlin, 26. Sept. Im Etat des Auswär⸗ 
sigen Amtes für 1890 91 ist keine Position für 
Ostafrika ausgeworfen, doch dürfte mit dem 
Bericht über die bisherige Thätigkeit Wißmann's 
wahrscheinlich ein Gesetzentwurf verbunden wer⸗ 
den, aufgrund dessen weitere Mittel für die Paci⸗ 
ficierung der ostafrikanischen Schutzgebiete verlangi 
verden. 
Heute Nachmittag 1 Uhr fand im Reichsamt 
des Innern unter dem Vorfitz des Vizepräsidenten 
des Staatsministeriums, Staatsministers v. Böt⸗ 
ticher, eine Sizung des Bankkuratorium? 
statt. Die Mittheilung verschiedener Blätter, daß 
in der Bankfrage, welche den Reichstag beschäftigen 
wird, regierungsseitig bereits feste Beschlüsse vor- 
liegen, ist unrichtig. Es werden vielmehr noch in 
nachster Zeit kommissarische Vorberatungen in dieser 
Angelegenheit stattfinden, und erst nach dem Ab⸗ 
schlusse dieser dütften die im Reichstage vorzulegen⸗ 
den Anträge ihre endgiltige Gestalt erhalten. 
Der aus dem Feldzug von 1870 bekannte 
franzoͤsische General Faidherbe liegt einem 
Telegramm der „Post“ zufolge in Brüssel im 
Sterben. 
Berlin, 27. Sept. Der „Nordd. Allg. Zig.“ 
zufolge betonte der amerikanische Gesandte 
Phelps in der Ansprache, welche er in der gest⸗ 
rigen Audienz an Kaiser Wilhelm richtete, 
die Beziehungen von siets gleichmäßiger offener 
Herzlichkeit, die zwischen Amerika und Deutschland 
bestanden hätten und gedachte der Hilfe deutscher 
Soldaten im Unabhängigkeitskampf, sowie des An⸗ 
theils Deutscher an der Foͤrderung des nationalen 
Wohlstandes in Amerika. Er halte es für ein be⸗ 
sonderes Glück, Amerika bei dem Kaiser zu einem 
Zeitpunlt zu vertreten. wo auch nicht der leiseste 
Schatten auf die internationale Freundschaft falle, 
weiche als das Ergebniß der geschichtlichen Ent⸗ 
vickelung fich wie eine Nothwendigkeit darstelle. 
Er hoffe, daß diese Freundschaft auch im zweiten 
Jahrhundert bestehe und daß die Interessen Ameri⸗ 
sas und Deutschlands stets eins und untrennbar 
blieben. Kaiser Wilhelm sprach seine Freude über 
Phelps' Worie aus. Er habe von Jugend auf 
ine große Bewunderung für das mächtig aufstre⸗ 
bende amerikanische Gemeinwesen gehegt und für 
das Studium der Geschichte Amerikas in Frieden 
und Krieg stets besonderes Interesse gehabt. Der 
Kaiser hob den Unternehmungsgeist, Ordnungsfinn 
und die Erfindungsgabe hervor, welche die Ameri⸗ 
kaner auszeichneten. Die Deutschen seien mit den 
Nordamerikanern eng verknupft durch viele mit 
Stammverwandschaft zusammenhängende Verbind⸗ 
ungen. Er hoffe, die Zukunft werde die Herzlich⸗ 
keit dieser Beziehungen nur verstärken koöͤnnen. 
Berlin, 27. Sept. Der „Reichsanzeiger“ 
beröffentlicht drei Bekanntmachungen des Staats- 
ninisteriums, welche die auf Grund des Sozialisten— 
Jesetzes erfolgte Verhangung des sogenannten kleinen 
ßelagerungszustandes über Berlin and 
Umgegend, Altona und Umgegend und Frankfurt 
und Umgegend bis 30. Sevtember 1890 ver— 
langern. 
Berlin, 27. Septi. Das „Berl. Tgbl.“ schreibt: 
Mit großer Bestimmtheit taucht in maßgebenden 
Ktreisen die Nachricht auf, es werde von Seiten des 
Reichskanzlers alles geschehen. den Oberbürgermeiste;