Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Ingberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert. 
her St Ingberter —8 erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Mittwochs und Samsftagt ml 
juftrirten Beilagen. as Viai kofsei dierieljährlich 1A G60 einschließlich Trageriohn; durch die vost bezogen 14 75 45, einschließlid 40 A Zuftellungsgebuhr. Di 
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Unstanft eriheit, 15 , Reklamen 80 4. Bei 4maliger Cinruidung wird nur dreimalige berechnet. 
227. 
Deutsches Reich. 
Karlsruhe, 28. Sept. Kaiser Wilhelm 
un dem Staatsminister, Dtr. Turban die 
gtillanten zum Roten Adler Orden zweiter Klasse 
ꝛerliehen. 
Muünchen, 28. Sept. Nach einer Meldung 
es „Fremdenblatt“ aus Freifing vom Nachmittag 
üder Zustand des Erzbischofs von München 
ahohem Maße besorgniserregend. Erzbischof Dr. 
Antonius v. Steichele hat seit 1878 den eiz⸗ 
nischöflichen Stuhl von München-Freifing inne. 
Muͤnchen, 28. Sept. Der Hauptmili— 
aretat für 188890 ist heute vertheilt. Die 
gesammtsumme beträgt 80,709,696 Mi. fur eine 
griedenspräsenzstä rke von 54,1883 Mann. Die 
auptveranderungen sind durch die Neuformation 
er Artillerite bedingt, welche auch eine ein⸗ 
nalige Ausgabe von 1,707,197 Mtk. beansprucht, 
zarunter der Bau von neuen Kasernen in München, 
Hürzburg und Nürnberg. 
Berlin, 28. Sept. Der Kaiser hat den 
—XVDVDVV 
zalduin von Flandern den schwarzen Adler⸗ 
uden verliehen. 
Berlin, 28. Sept. Die „Post“ erklärt auf 
zrund eingegangener Informationen die Nachricht, 
draf Münster trete von dem Pariser Gesandt⸗ 
caftoposten zurück, für vollständig Mus der Luft 
segriffen. 
Berlin, 28. Sept. Der ‚Boͤrsenzeitung“ zu⸗ 
olge soll die Blockade an der Ostküste Afrikas 
vefinitid am 21. Oltober aufaehoben werden. 
usland. 
Zondon, 28. Sept. Die „Times“ meldet 
uus Konstantinopel: Ein kaiserliches Dekret setzt die 
Friedenspräsenzstärke der türlischen Armee 
don dem gegenwärtigen Bestande von 250000 
PRann auf 100000 Mann herab, wodurch 
ine Ersparniß von zwei Millionen Pfund ermög⸗ 
icht und des Gleichgewicht des Budgets hergeklellt 
vird. 
Bruͤssel, 28. Sept. Die hiesige „Chronique“ 
estätigt die Meldung der „Köln. Zig.“, wonach di⸗ 
—EXD 
werlen über den Bau einer Reihe strategischer 
vahnen an der russisch-deutschen Grenze unter⸗ 
zandelt. 
Rotterdam, 28. Sept. Gestern in den ersten 
endstunden rissen die Streiken den das Straßen⸗ 
flaster auf und bewarfen die Polizei und die 
bürgergarde mit Steinen, so daß dieselben wieder⸗ 
jolt von der Waffe Gebrauch machen mußten. 
Mehrere Bürger wurden durch Stiche verwundet. 
Die Ordnung ist wieder hergestellt. Abends beschloß 
die Versammlung der Streikenden, die Sozialesten 
von der Bewegung auszuschließen, die Ordnun g zu 
»ewahren und die Arbeitenden nicht zu hindern. 
die Absendung der Kavallerie aus dem Haag isi 
abbestellt, dagegen ist ein Marinetachement ange— 
anqt. 
Paris, 28. Sept. General Faidherbe 
tt gestorben. Seine Leiche wird auf Staatskosten 
m Invalidenhause beigesetzt. General Louis Léon 
Fésar Faidherbe, der tapfere Führer des Nord⸗ 
deeies im Kriege 187071, war geboren am 3. 
zuni 1818 zu Lille. In den afrikanischen Feld— 
ügen hat er mit Auszeichnung gefochten. Das 
Rordheer überkam er am 5. Dezember 1870 und 
Jat das Seinige gethan, um dasselbe gut in Stand 
zu sttzen. Der Erfolg war gegen ihn; am 19. 
Januar 1871 wurde » ven General vy. Goeben 
Montag, 30. September 1889. 
24. Jahrg. 
bei St. Quentin enischeidend geschlagen. Als 
Militärschriftsteller hat er sich einen Namen gemacht. 
Paris, 28. Sept. General Boulanger 
hat einen Aufrufsan die Wähler vom Montmartre 
rlassen, in welchem es heißt: „Die Regierung 
rieb ihre Kühnheit soweit, daß sie die Wahlzettel 
angiltig erklärte. Niemals seit Ei nführung des all⸗ 
zemeinen Stimmrechts ist eine derartige That der 
Räuberei gegen die Rechte der Wähler begangen 
worden. Euere Grundrechte und diejenigen der 
dammer sind mit Füßen getreten worden, aber die 
vackeren Republikaner vom Montmartre werden sich 
hre Rechte wieder zu verschaffen wissen.“ 
Rom, 28. Sept. Nach einer Verfügung des 
driegsministers sollen sämmtliche an der West⸗ 
grenze siationitten Regimenter wesentliche Ver⸗ 
rärkungen erstalten. Die Maßregel ist als 
Antwort auf die vor einiger Zeit erfolgte französische 
Truppenkonzentration an der Grenze aufzufassen 
D ale und pfaͤlzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 30. Sept. Eine für den 
Befeierten sowohl als für die Veranstalter ehren⸗ 
rolle Abschiedsfeier gab gestern im Horsi⸗ 
ichen Saale der prot. Kirchenchor seinem bis⸗ 
herigen Vorstand Hrn. Pfarrer Ferckel. Wohl 
alle Mitglieder und eine große Anzahl von Freun⸗ 
den des Hrn. Pfarrers hatten fich dazu eingestellt. 
Nach der Eröffnung der Feier durch einen ge⸗ 
mischten Chor ergriff Hr. Günther, Dirigent des 
Kirchenchors, das Wort, um dem scheidenden Vor⸗ 
stande Dank und Glückwünsche zum ferneren Lebens⸗ 
wege auszusprechen. Redner schilderte, wie Hr. 
Pfarrer Ferdel die erste Anregung zur Gründung 
des prot. Kirchenchors gab, Mitglieder zu ge⸗ 
winnen suchte, mit Rat und That dem Vereine 
stets zur Seite stand, wie deshalb auch der Ver⸗ 
ein seine Erfolge mit dem treuen unermüdlichen 
Wirken des Hrn. Pfarreis verdanke. Hr. Günther 
prach hierfür Hrn. Pfarrer den Dank des Kirchen⸗ 
chors sowie auch seinen eigenen aus, und bat ihn, 
an der Ostgrenze der Proninz nicht zu vergessen 
des dankbar ergebenen prot. Kirchenchors St. 
Ingbert. Redner schloß mit einem Hoch auf Hrn. 
Ferckel. 
Nun wechselten wohlgelungene Gesänge des 
Gesammichores und herrliche Solo- und Duett⸗ 
Vorträge der Damen Frau Bastian, Frli. Eifler 
und Irl. Hauser. Nachdem Hr. Kifler auch ein 
hoch auf Frau Pfarrer Ferckel ausgebracht und 
ihr ein Bouquet im Namen des Kirchenchors über⸗ 
reicht hatte, erhob sich Hr. Pfarrer um den Ver— 
sammelten seinen wärmsten Dank auszudrücken. Ge⸗ 
fühle der Liebe und Freundschaft daben sich offen⸗ 
bart in den herzlichen Worten an ihn und seine 
Gemahlin, dieselben haben ihnen Beiden sehr wohl⸗ 
gethan. Mit treffenden Worten betonte er hier⸗ 
auf den Werth der Familienabende, in denen der 
Beist der Zusammengehörigkeit sich auch durch die 
Vertreter aller Stände zeige. Ihm, dem Redner 
sei Anerkennung geworden für das Aufblühen des 
Vereins. Diese gebühre aber vor allem dem tüch— 
tigen Dirigenten und dem Sängerchor. Hr. Pfarrer 
wüuͤnscht, es möge ein Dank und Segen für seine 
eigene Arbeit sein, daß der Kirchenchor sowie auch 
die Gemeinde, in welcher er 8 Jahre habe wirken 
dürfen, immer treu zusammenhalte; er dankt allen 
Freunden für die unvergeßlichen Stunden, die sie 
ihm bereitet und bringt ein Hoch dem Kirchenchor 
und dessen Dirigenten. 
Namens der Versammelten brachte noch 
Hr. R. R Wehyland dem Wegziehenden herz⸗ 
liche Abschiedsworte dar. Hr. Pfarrer habe fid 
immer erwiesen als treuer Helfer den Armen, als 
ein Tröster den Verlassenen. „Alle empfinden es. 
daß sein liebenswürdiges Wesen ihm unsere Liebe 
erworben hat. Ich spreche den Dank aus für alles 
Gute, das er unter uns gewirkt hat.“ 
An diese Reden schloß fich ein prachtvolles 
lebendes Bild. Auf der Bühne erhob sich in schöner 
Verzierung eine große Photographie Sr. M. Kaiser 
Wilhelm I., um welches sich Damen des Kirchen- 
chors in weißen Kostümen gruppirt hatten. Das 
Ganze erglänzte in bengalischer Beleuchtung. Ge⸗ 
aannte Photographie wurde hierauf durch zwe 
Damen namens des Kirchenchors Hrn Pfarrer als 
Andenken überreicht. Letzterer dankte für das schoöne 
Beschenk und brachte unserm jugendfrischen Kaiser 
ein Hoch aus, worauf noch Hr. Elhardt unseres 
allverehrten Prinzregenten gleichfalls mit einem Hoch 
gedachte. Mit dem Vortrage des ergreifenden Liedes 
„Es ist bestimmt in Gottes Rat“ schloß die so 
schoͤn verlaufene Abschiedsfeier. 
*— Herr Julius Rudolph, biher interimi⸗ 
slischer Schulverweser in Ernstweiler, wurde von hoher 
igi. Regierung in gleicher Eigenschaft nach St. 
Ingbert versetzt. 
— Schnappach. Nachdem ein gewisser N. N. 
von Friedrichsthal schon mehrmals tüchtige Beweist 
seiner Eßkunst abgelegt hatte, bestand er neulich 
wieder eine Probe. Er ließ naämlich in einer Tour 
nicht weniger als 4 Stück marinirte Häringe, einen 
ganzen Limburger Kase, 12 Stück Cervelat, einen 
doppelten Weck mit zugehörigem Maß Bier in seinem 
Magen verschwinden. 
— Der Nagelschmiedgeselle Jalob Weber von 
Blieskastel, wurde in der Nacht auf 11. Juli 
1887 schwer verwundet von der Straße weg in 
die Wohnung des Schreiners Anton Keßler 
verbracht, wo er 49 Tage verpflegt und beherberg! 
wurde. Dafür hat Keßler am 18. Dezember 1887 
bei der Armenpflege Blieskastel eine Rechnung im 
Betrage von 67 Mti. 20 Pf. eingeschickt. Die 
Armenpflege aber verweigerte den Ersaotz; Keßler 
ergriff dagegen Beschwerde. Am 15. Juni 1888 
hatte das Bezirksamt Zweibrücken den Ersatzanspruch 
abgewiesen, weil Keßler über die Aufnahme des 
Weber bei der Armenpflege keine Anzeige erstattet 
hatte und weil Weber ohnedies die ihm gebührende 
strankenunterstützung erhalten hat. Die von Keßler 
hiegegen zur k. Regierung der Pfalz, schließlich zum 
Verwaltungsgerichtshof erbobene Beschwerde wurd⸗ 
abgewiesen. 
— Aus dem Westrich wird der „Zw. 3.“ 
geschrieben: Es dürfte Ihre Leser nachstehende köst— 
lüche Warnung unterhalten, welche der Flurschütz 
eines Ortes X. am dortigen Gemeindebrunnen zur 
.Darnachachtung“ angeschlagen hat: 
„Bekatgebung 
Ich will zuwissen thon das von heut die Fruch— 
tenverboden ist 
Ich warne eine jede Gras Person das eine Gros 
»der kleim einem andern in die Früchte zu gehen 
sonst wird ich sie protkollüren 
Und warne ein jeden Fuhrmann in die Fruchte 
zu strecken mit Fuh oder ackergerehtschaft,“ ich warnen 
alle meinen guten freunde 
hatet euch andas Gesetz den es ist strän ver— 
boden.“ 
Wir bemerken noch ausdrücklich, daß wir uns 
bei dieser Wiedergabe der „Bekatgebung“ „sirän“ 
an das Gesetzte gehalten haben. Der betr. Orto— 
qaraph könnte uns sonst „vrotkoslüren“