Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wien, 18. Okt. Der österreichische Gesandte 
in Athen, Freiherr v. Kosjek, ist mit der Ver⸗ 
tretung des Kaisers bei den in Athen stattfindenden 
Hochzeitsfeierlichleiten betraut worden. 
Noustantinopel, 18. Okt. Die iralienische 
Regierung hat den zum Nachfolger von Photiades 
Pascha als türkischen Gesandten in Rom vorge⸗ 
schlagen Wahan Effendi ohne Grundangabe 
abgelehnt. 
Eokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 19. Okt. Wir wollen nicht 
versäumen, an dieser Stelle nochmals auf das morgen 
Nachmittag im Cafe Becker statifindende Lokal— 
und Instrumentalkonzert aufmerlsam zu 
machen. Im Inlteresse der Mitwirkenden wird ge⸗ 
beten, während des Konzerts nicht rauchen zu 
wollen. 
* Wir verweisen hiermit die HH. Schöffen 
des Amtsgerichtsbezirks St. Ingbert auf die Be⸗ 
kanntmachung hin, laut welcher die Bestimmung der 
Reihenfolge ihrer Beteiligung an den Sitzungen im 
Jahre 1890 am Dienstag, 22. Okt. J. J. erfolgi 
*— In dem Einlauf der Kammer der Abge⸗ 
ordneten befindet fich eine Petition um Zuwendung 
der Zeitungs⸗Zustellgebühren an die 
Briefträger. Diese Gebühren kamen den Post⸗ 
boten bis vor wenigen Jahren zu gut. Dann hat 
man diese Kategorie aufgebessert, aber gleichzeitig 
ihnen das bischen Zustellgebühren entzogen. Die 
Zeitungs⸗Zustellung ist namentlich in weit aus ein⸗ 
ander liegenden Orten sehr zeitraubend und mühsam, 
insbesondere an Orten, die als Sommerfrischen stark 
besucht sind. Es ist daher nur ein Gebot der 
Billigkeit, daß man den Bediensteten diese Zestell⸗ 
ungsgebühr als Vergütung für ihren schweren Dienst 
überläßt, und wenn die Regierung der Petition auch 
nicht günstig gestimmt sein soll, so ist dies von den 
Kammern wohl mit Sicherheit zu erwarten. 
*— Nachdem die Rothe Kreuz⸗Lotterie zu Ende, 
isi die Landauer Geldlotterie die zunächst 
zum Zuge kommende. Wir verweisen auf das 
heutige Inserat, in welchem der Ausschuß die un⸗ 
bedingie Einhaltung des Ziehungstages (28. Novb.) 
bekannt gibt. Die Gewinnchancen sind bei dieser 
Lotterie ebenfalls günstige, da dieselben bei nur 
50,000 Loosen mit vielen Geldgewinnen, worunter 
ein respektabler Hauptgewinn zu 15.000 Mark, 
ausgestattet ist. 
— Homburg, 18. Okt. Der heute Morgen 
mit der Bahn dahier eingetroffene Zirkus 
Straßburger und Marco hat sich, da die 
hiesigen freien Plätze sich nicht zur Aufstellung 
eigneten, auf dem Acker des Herrn Jakoby, nahe 
der Rondelle, niedergelassen. 
— DdDie Pfälzische Ludwigsbahn be— 
absichtigt mit Rücksicht auf die in letzter Zeit ein⸗ 
getretene Verkehrssteigerung den Bahnhof Homburg 
zu erweitern, insbesondere soll ein Rangirbahnhof 
und ein Bahnbof für Leermaterial für vorerst 1000 
Waggons, welcher später noch 500 weitere Waggons 
aufnehmen kann, hergestellt werden, wozu genannter 
Bahn die Genehmigung und zugleich die Ermächtig⸗ 
ung zur Zwangsenteignung vom kgl. Staatsmini⸗ 
sterium ertheilt worden ist. Während mit ver⸗ 
schiedenen betheiligten Besitzern sich gütlich geeinigt 
werden konnte, weigern sich Schlosser Philipp, 
Ackerer Buchheit und Metzger Ruppenthal, sämmtlich 
von Homburg, ihr Grundeigenthum zum Leerbahn⸗ 
hof abzutreten und haben den Entscheid der lgl. 
Regierung angerufen, indem dieselben die Noth⸗ 
wendigkeit der Anlage auf dem in Aussicht ge— 
nommenen Platz bezw. auf ihrem Grundeigenthum 
bestreiten. Der Senat für Verwaltungs- und Ge⸗ 
werbesachen in Seyer hat diesbezüglich in der 
Sitzung vom 16. Okt. erkannt, daß die von den 
Pfaͤlzischen Eisenbahnen beabsichtigten und ministeriell 
genehmigten Erweiterungsbauten des Bahnhofes 
Homburg als der Allgemeinheit nützend anzusehen 
sind und daß die geplante Anlage diese auf die 
zweckmäßigste Weise ermögliche. Es seien daher die 
Besitzer gehalten, die zu diesen Bauten erforderlichen 
Grundstücke gegen Entschädigung an die Pfälzischen 
Bahnen abzutreten. Ein Ansatz von Gebühr hat 
nicht stattgefunden, für die Kosten des Verfahrens 
haben die Pfälzischen Eisenbahnen aufzukommen. 
— GlanmMunchweiler. Der hiesige Vor— 
schußberein soll auch in eine Aktien-Ge⸗ 
sellschaft umgewandelt werden. 
— Kaiserslautern, 18. Okt. Die Ab⸗ 
zabe der Gewinnste der Pferdemarktlotterie 
exfolat in der Fruchthalle. Eingang bei Marhofer. 
im großen Saale täglich von 12 -22 Uhr und 
Sonntags 9 —12 Uhr Vormittags und von 2-25 
Ahr Nachmittags. 
— Vorderweidenthal, 18. Okt. Dieb⸗ 
stjahl. Am Mittwoch schlachtete Metzger Hirsch 
von Busenberg dahier 2 Rinder, um dies Fleisch 
für die Kirchweihe, welche am Sonntag stattfindet., 
zu verwerten. Während dec Nacht wurde von dem 
in der Scheune des Schulhauses aufbewaäahrten 
Fleisch ein Quantum von 118 Pfund auf bis jetz 
nicht aufgeklärte Weise entwendet. Nun ging man 
auf die Suche und fand auch wirklich das Fleisch 
mit Hilfe des Hundes des dortigen Schweinehirten 
im Gemeindewald von Vorderweidenthal in 2 Säcken. 
ungefähr 12 Minuten vom Thatorte entfernt. Von 
dem Thäter hat man bis jetzt noch keine Spur. 
— 
— Pirmasens, 18. Okt. Gestern hat der 
zur Anfertigung des Stadterweiterungsplanes ange- 
ttellte Geometer Herr Stiefelhagen dahier sein 
Amt angetreten. 
— Aus dem Waldlauterthal schreibt 
nan dem „Pf. K.“: Es wurde jüngst nach dem 
„V. Anz.“ die Menschenversteigeruug be— 
euchtet, wie sie in der Oberpfalz hier und da 
noch üblich ist. Es ist das aber nichts neues, 
»enn dasselbe geschieht auch bei uns in der Pfalz. 
So weiß man in unserer ganzen Gegend nich 
anders, als, wenn einer Gemeinde arme Waisen— 
kinder anheimfallen, dieselben an Wenigstnehmende 
in Pflege zu geben. Es ist schon vorgekom⸗ 
men, daß in dem kurzen Zeitraum von 1*5 
Jahren solch' armes Kind zweimal auf diesem 
Submissfionsweg vergeben wurde. Wie es diesen 
Zindern, die durch diese Versteigerungen gewöhn- 
lich zu ganz armen Leuten kommen, schließlich er⸗ 
zeht, darum macht sich Niemand Sorge; man 
hat ja seine Pflicht und Schuldigkeit gethan und 
die armen Geschöpfe untergebracht. Gewöhnlich 
werden für Kinder im Alter von 123 bis 9 
Jahren 25 bis 70 Mk. pro Jahr vergütet und 
daß man für diese geringe Summe kein Kind auch 
nur halbwegs ansländig, ja nicht einmal nothdürf⸗ 
tig unterhalten kann, wird jeder Familienvater 
wissen. Und da die Kleinen von den Pflegeeltern 
nicht aus Mitleid angenommen werden, so müssen 
iie frühzeitig schon entweder harte Arbeiten bei 
kümmerlicher Ernährung verrichten, oder werden 
zum Betteln, manchmal zu noch Schlimmerem an⸗ 
zehalten. Es fällt durchaus Niemand auf, wenn 
durch die Ortsschelle bekannt gemacht wird: „Heute 
Mittag werden die Kinder von dem und dem auf 
dem Bürgermeisteramt versteigert“. Es muß aller⸗ 
dings zugegeben werden, daß den vielfach mit 
Armen überbürdeten Gemeinden höhere Ausgaben 
chwer ankommen und sie zu sparen suchen, wo sie 
nur können, aber es bleibt dennoch ungerechtfer⸗ 
sigt und rächt sich auch oft später bitter, wenn 
nan diese armen, bedauernswerthen Geschöpfe schon 
von frühester Jugend an ihr unverschuldetes Schick⸗ 
jal so hart entgelten läßt. Es gibt doch Waisen⸗ 
häuser und wohlthätige Anstalten genug, in denen 
ater- und mutterlose Kinder, wenn auch vielleich! 
zegen etwas höheres Pflegegeld, wenigstens zu 
rdentlichen, brauchbaren Menschen herangezogen 
verden können. 
— Birkweilber. Das nun vorliegende 
derbstergebniß hat dahier allgemein befriedigt. Die 
Trauben waren gesund, daher auch die Quantitäͤl 
zeichlich; für die Qualität spricht das konstatirte 
Mostgewicht von 75— 860 bei dem weißen und 
30 bis 1050 nach Oechsle bei dem Kastanienbuscher 
Nost. Kein Wunder deßhalb, daß der junge „Neue“ 
chon manchen alten Helden auf eine „schiefe Ebene“ 
gzebracht und ihm das Nachhausegehen recht sauer 
zemacht, mindesiens aber durch ein gar komisch 
aussehendes unregelmäßiges Tempo erschwert hat 
Das Geschäft im Most und auch im gekelterten 
Wein war recht lebhaft und gingen während des 
derbstes in zweite Hand über 782 Hktlr. rother 
Most zu dem Durchschnitispreis von 22,50 Mtk. 
pro 40 Lir., 558 Hktlr. weißer zu einem solchen 
bon 14,50 Mik., 80 Hktlr. gekelterter Kastanien⸗ 
buscher pro 1000 Ltr. 700 Mki. und 410 Hkiltr. 
weißer Wein zu dem Durchschnitispreis von 420 
Mk.; gibt einen Gesammterlös von über 82,000 
Mk., womit schon manche Wunde geheilt werden 
ann. Der durchschnittliche Ertrag der Weinberge 
dahier kann auf 45 —50 Hktltr. pro Hektar ange⸗ 
ommen werden. 
Wevrbe⸗r Die Herrn Gutsbesiter Engel 
in Hainfeld gehörige, im hiesigen Banne gelegen 
sogenannte Buschmühle ging durch Kauf auf 
Nuller S. wvon Zeiskam über. Der Kaufprei 
betiagt 8000 Mark. Der neue Erwerber hat di 
Mühle bis auf Weiteres an einen gewissen Hetzog 
um einen jährlichen Miethpreis von 5006 Man 
vermiethet. 
—. Ab, 1. November wird dem „L. A.“ zu 
olge die Gemeinde Hahna dem Landbestd. 
zezirk der kal. Postexpedition Herrheim 
mit täglich zweimaliger und sonntäglich einmaliget 
Bestellung zugeteilt werden. Die Gemeinde Hayna 
dat schon vor einigen Jahren ein Gesuch um Zu⸗ 
heilung zum Landbestellbezirk Herxheim beim igl. 
Oberpostamt eingereicht, welches aber abschlägiq 
beschieden wurde. Vor einigen Monaten machten 
iich Herr Bürgermeister Höffle, Herr Pfarrer ver 
ram und noch einige Herren beim hohen kgl. 
Dderpostamt persönlich vorstellig, um ihre gerechte 
Bitte wiederhoit zu unterbreiten, welcher jetzt auch 
zeneigtest willfahrt wurde. Hayna gehoͤrle big 
jetzt zum Postbestellbezirk Rheinzabern, welches über 
1 Stunde, während Herxheim blos 25 Minuten 
entfernt liegt. 
— Speyer, 18. Okt. Gestern Nachmittag 
fiel an der Landestelle der Forrer'schen Ziegelei am 
Angelhof der 18jährige Tagner Balthasar Nowal 
»von Otterstadt in den Rhein und ertrank vor 
den Augen seiner Kameraden, da es diesen micht 
nehr gelang, ihn dem starken Strom zu entreißen. 
— Neustadt, 18. Okt. Wie man hört, wird 
der berühmte Geiger Professor Jo ach im am' 10. 
stovember hier im Saalbau ein Konzert geben. 
— In Frankened brach am Mittwoch Nach⸗ 
nittag in der E. Heckmann'schen Wohnung Feuer 
aus, das trotz der rasch herbeigeeilten Hilfe den 
zanzen Dachstuhl nebst den daselbst aufgehäuften 
Vorräthen an Holz und Viehfutter total verzehcte 
und auch dem oberen Stockwerk noch erheblichen 
Schaden zufügte. Das Haus war von drei Fa— 
milien bewohnt und keine hatte ihre Mobilien der⸗ 
sichert. Man sollte kaum glauben, daß dies heute 
noch vorkommt! 
— Leistadt. In der Wirthschaft von Mar tin 
Echter dahier wurde eine kleine Partie Most ver⸗ 
kauft zu 800 Mt. pro 1000 Liter. Gewiß sprechen ⸗ 
der Beweis, wie man auch das hiesige Gewäch— 
hochzuschätzen weiß! 
— Friesenheim, 17. Okt. In den letz⸗ 
tlen Tagen kamen die Umlagezettel bhier zur 
Ausgabe, laut welchen die Gleichstellungs-Umlagen 
ilär das Jahr 1889 125 pCt. der Steuer be⸗ 
ragen. Diese Umlagen betrugen im Jahr 1884 
33 pCt., im Jahr 1885 67 pCt., im Jahr 1886 
37 pCt., im Jahr 1887 100 pCt. und im Jahr 
1888 102 pCt., es haben sich als demnach die 
Bleichstellungs⸗Umlagen in Friesenheim in dem 
Zeitraum vom Jahr 1884 - 1889 verdoppelt. 
(Pf. K.) 
— Kleinkarlbach. Der Tod haält leider 
reiche Ernte in unserer Gemeinde. Seit geraumer 
Zeit herrscht die Diphteritis, vornehmlich unter 
den Kindern, und hat schon manches Opfer ge⸗ 
fordert. So hat der Maurermeister Paul Görlitz 
innerhalb drei Wochen drei blühende Kinder im 
Alter von 3 bis 7 Jahren an dieser tückischen 
Krankheit verloren und ein viertes liegt noch boff⸗ 
nunaslos darnieder. 
Vermischtes. 
F Der deutsche Kriegerbund hat jetzt 
eine Stärke von 124 Verbänden und Bezirken. 
4179 Vereinen und 361967 Mitgliedern. 
f Neunkirchen, 17. Okt. Bei der heutigen 
Taufe des dem Kaufmann Phil. Sperling (Welles⸗ 
weilerstraße hierselbsth am 80. August er. geborenen 
achten Sohnes haben Se. Maj. der Kaiser 
und König eine Patenstelle anzunehmen die 
Bnade gehabt, und wurde der Vater hiervon unter 
Jebersendung von 80 Mk. zum Ankauf eines Ge— 
chenles für den Täufling durch die Schatullver⸗ 
waltung Sr. Majestät direkt in Kenntnis gesetzt. 
(S. Bl.⸗Z.) 
In Neunkirchen wird seit vergangenen 
Sonntag Abend ein Mädchen von 11 Jahren, 
den Eheleuten Rapedius in der Ziehwaldstraße hierselbft 
angehörig, ver mißt. Dasselbe war bekleidet mil 
einem grauen Kleide, welches mit braunem Samt 
desetzt ist, mit blau und rot gestreifter Schürze, 
»lauer Wollkaputze und blauweiß gestreifter Taille, 
hohen Nestelfliefelchen; es hat schwarzes Haar, ist 
kräftia gebaut and trägt defekie Obrringe. Man