Full text: St. Ingberter Anzeiger

jehr getäuscht. Das Feuer griff zu rasch um sich, 
so daß ein Theil der großen Fabrik bald in hel⸗ 
len Flammen stand. Zwei Drittel des Etablisse⸗ 
ments, dem Horeb zugelegen, sind total niederge⸗ 
brannt, während ein Drittheil, der an die neue 
Fabrik angebaut ist, theilweise gerettet werden 
lonnte. Nur die in diesem befindlichen Siepp⸗ 
naschinen und ein kleiner Theil gefertigter Schuh⸗ 
waaren, sowie ein kleiner Theil Rohmaterialien 
konnte gerettet werden, während der weitaus 
größte Theil der Maschinen, darunter solche von 
großem Werthe, vernichtet sind. Sämmtliche Vor— 
zäthe an Leder, Filz ꝛc. sind verbrannt, 2 große 
Dampfmaschinen derartig ruinirt, daß dieselben 
wohl unbrauchbar geworden sind. An eine Rettung 
war nicht mehr zu denken, weßhalb sich auch die 
Feuerwehr darauf beschränken mußte, die anstoßen⸗ 
den Wohngebäude und hauptsächlich ein großes 
Bebäude des Klosters, in welchem die Kinder be— 
ceits schliefen, zu schützen. Es gelang, dieses Ge— 
bdäude, das im oberen Stock geräumt worden war, 
zu retten. Durch die ungeheure Menge Wasser, 
die zum Schutze des Klosters in das Gebäude 
hineingeworfen werden mußte, hat das Klofter 
immerhin großen Schaden erlitien, indem die 
beren Stodwerke völlig durchweicht sind. Wie 
und wo das Feuer entstanden, ist bis jetzt unauf- 
zeklärt. Der Schaden des Fabrikherrn ist ein un— 
zeheurer. Nahezu 300 Persoren waren in der 
Fabrik, welche eine der größten hiesigen Schuh⸗ 
jabriken war, beschäftigt, die jetzt arbatslos find. 
Dieselben dürften jedoch nicht allzulang ohne Arbeit 
sein, da jedenfalls in anderen Raumen und eben— 
luell in nothdürftig zum Betriebe hergerichteten 
Hebäuden weitergearbeitet wird, so gutes eben 
deht. Man glaubt, daß das Fabrikgebäude nicht 
mehr auf demselben Platz aufgebaut werden wird, 
indem ein neues Etablissement errichtet werden 
oss. Das abgebrannte Gebäude ꝛc. ist dei der 
München⸗Aachener VerficherungsGesellschaft ver⸗ 
fichert. Zum Schlusse unseres Berichtes müssen 
vir lobend der braben Schwestern gedenken, die 
elbst thatkräftig mit Hand angelegt hatten, um 
hr Besitzthum zu schützen, indem fie mit aus⸗ 
raumen halfen und nachdem nichts mehr zu be— 
ürchten war, die ganze Nacht Kaffee kochten und 
den Feuerwehrleuten verabreichten. 
— Dem Schüler der Kunstgewerbeschule in 
Nürnderg Ludwig Greiner von Lemberg wurde 
ein Stipendium von 860 Mk. verliehen. 
— Landau, 21. Okt. In der Reftauration 
Friedrich Schardt dahier fand gestern Vormittag 
eine Versammlung pfälzischer Forst warte 
und Waldhüter statt, behufs Besprechung über 
die Gründung einer pfälzischen Forfwarts und 
Waldhüterkafse. Wie man erfährt, hatte die Ver— 
ammlung ein befriedigendes Ergebnis, indem die 
Notwendigkeit einer solchen Kasse ailgemein anerkanni 
wurde, und soll besagte Kasse nach Erledigung 
einiger Formalitäten ins Leben treten. 
— In Landau ist am Freitag der Korps— 
arzt des K. 2. Armee⸗Korps, Herr Generalarzt 
Der. Port zur Besichtigung des hiefigen Garni— 
ãonslozarethes angekommen und hat im Hotel 
Schwan Wohnung genommen. Derselbe hat fich 
einen weit über Baherns Grenzen hinaus geachteten 
Namen durch seine gediegenen Arbeiten über Typhus 
gemacht, und ist eine Berühmtheit auf dem Gebiete 
der feldärztlichen Improvisationstechnik, worüber er 
eine vom internationalen Komite des rothen Kreuzes 
gekrönte Preisschrift herausgegeben hat. 
— In Neustadt a. H. erhieli eine Kellnerin 
don einem ihr unbekannten Herrn ein Zwei⸗ 
MRarkstück, welches sie später wieder verausgabte, 
vobei es jedoch als ein falsches beansiandet 
wurde. Das Gepräge ist sehr gut, nur die Rebers 
seite ist bei näherer Betrachtung nicht ganz deut- 
lich. Die Aversseite rägt das Bildniß Ludwig des 
J. von Bayern und die Jahreszahl 1876. Das 
Geldstück hat einen matten Glanz und Klang und 
fühlt sich fettig am⸗ 
— Speyer, 21. Okt. Im Senatsfitzungs⸗ 
jaale des kgl. Regierungsgebäudes nahm heute früh 
die Prufung für den Einjährigefreiwil— 
ligen, Militärdienst ihren Anfang. Die 
zur Prüfnng Zugelassenen sind nach der „Zw. 
3.“ alle acht erschienen und nahmen heute für 
den Aufsatz die folgenden drei Themata entgegen: 
l) Auch im Uebel liegt ein Preis, wer ihn nur 
zu finden weiß. (Haller.) 2) Du sollst den Tag 
nicht vor dem Abend loben. 8) Nichtswürdig ist 
ie Nation, die nicht Ihr Alles freudig setzt an ihre 
Fhre. ESchiller.) Von diesen drei Themata durfte 
aach Belieben eins gewählt und mußte in der 
Zeit von 8 bis 12 Uhr zur Ausarbeitung gebracht 
werden. 
— In festlicher Weise beͤgingen am Samstag 
Abend in der Schwartz'schen Halle zu Speyer 
die Kaadidaten der diesjährigen Anstellungs— 
prüfung ihr Beisammensein. Die stattliche Zahl 
der Festgeder und zahlreiche Gäste, unter denen 
nuch die nahezu vollzählig erschienene Prüfungs 
ommission sich befand, füllten den weiten Naum. 
Die stapelle des 2. kgl. Pionierbataillons konzertirte 
unter persönlicher Leitung ihres Direktors Herrn 
Bollenhals. Gesänge und Ansprachen wechselten. 
derr Eid⸗ Speyer begrüßte die Versammlung. Nach 
ꝛem Toaste des Herrn Bürcky-⸗Frankenthal auf Se— 
tönigl. Hoheit den Prinzregenten wurde die Königs- 
hymne stehend gesungen. Später folgte ein Hoch 
zuf Se. Majestät unsern Kaiser (Lauppe⸗Watten⸗ 
jseim) und dann noch eine frohe Reihe von An— 
hrachen und Gesängen — dann gab's einen Ab⸗ 
chied für viele auf lange, für Manche wohl auf 
debenszeit. 
— Mutterstadt. Der Ackerer Johannes 
Steiger, der vor einigen Tagen von seinem 
Bagen fiel und dabei schwer verletzt wurde, ist 
nfolge des Unfalles unter unsagbaren Schmerzen 
gestorben. 
— Ludwigshafen, 21. Oklt. Wiederum 
vurde gestern Abend ein Menschenleben dem Messer 
iberliefert. Zwischen dem 20jährigen Fadrikarbeiter 
Wilhelm Nilly und dem Schuhmachergesellen 
Hanemann entspannt fich, wie der „G. A.“ be⸗ 
ichtet, im Hofe der Witthschaft der Wittwe Schwind 
in kurzer Wortwechsel, der von Nilly provozirt 
vurde. Nachdem fich Nillh an seinem Gegner 
weimal thatlich vergriffen, zog er schließlich sein 
Messer hervor und stach es dem Hanemann in die 
zrust. Der Gesiochene sprang alshald in die 
Virthschaft, brach jedoch gleich darauf leblos zu— 
ammen. Der Stich hatte das Herz getroffen. 
Villy, der bereits wegen Körperverletzung vorbestraft 
st und seinen auf dem Hemshofe wohnenden Eltern 
chon viel Ungemach bereitet hat, wurde noch am 
Abend verhaftet. 
— Frankenthal. Einer Mittheilung über 
)as am 30. September beendete erste halbe Ge⸗ 
chäftsjahr der Schnellpressenfabrik Fran— 
kenthal, Albert u. C., Aktiengesellschaft, ist zu 
intnehmen, daß der Umsatz 386417 Mk. betragen 
zat (im gleichen Zeitraum des Vorjahres nur 
279 315 Mk.) An Bestellungen lagen noch 
53 515 Mk. vor (im Vorjahr 92 460 Mt.) 
Nachdem feit einigen Monaten die Fabrik auch an 
den Bau von Rotationsmaschinen herangegangen 
st, soll eine Vergrößerung des Etablissements er 
'olgen; es ist beabfichtigt, bis spätestens Früh— 
jahr einen weiteren großen Montirungsbau zu er⸗ 
richten. 
— Aus der Pfalz. Auf Anregung der 
gl. Regierung, bezw. des kgl. protestantischen 
donfistoriums ist von Seiten des kgl. Bezirks- 
amts Kaiserslautern und wohl auch der uübrigen 
igl. Bezirksämter an die Ortsschulkommissionen, 
vokalschulinspektionen und das Lehrerpersonal der 
Volksschulen die Weisung ergangen, es mit der 
Schulaufnahme solcher Kinder, welche das 6. 
Lebensjahr noch nicht zurückgelegt haben, künftig 
orgfältiger zu nehmen. Die Aufnahme darf nur 
zestattet werden, wenn die Eltern oder Vormünder 
der betreffenden Kinder rechtzeitig und schriftlich 
inter gleichzeitiger Vorlage eines amtsärztlichen 
Zeugnisses darum nachsuchen und die Ortsschul · 
ommisfion sie begutachtet. Noch nicht 6 Jahrt 
alte Kinder, welche sich dann nach ihrer Schulauf— 
nahme körperlich und geistig als noch nicht unter⸗ 
richtsfähig zeigen, sind wieder aus der Schule zu 
entfernen und zur nächstjährigen Aufnahme zu ver— 
veisen. — Wir wuünschen dieser wohl begründe⸗ 
en Anordnung eine gewissenhafte, strenge Hand⸗ 
abung. 
ern. 
fF Neunkirchen, 21. Okt. Mit dem 24. 
d. M. tritt wieder eine Erhöhung der Kohlen. 
Rreise auf den verschiedenen Gruben ein. — 
DZeute kamen uns noch „Nachklänge“ vom hiefigen 
etzten Okttober-Jahrmarkt zu Ohren. Vaß 
iuf diesen Märkten Diebereien vorkommen, ist ja 
ine bekannte Thatsache; aber mit einer besonderen 
prechheit ging am dezeichneten Tage eine Diebes⸗ 
ande von 12—14jahrigen Bürschchen, ca. 12 an 
der Zahl, zuwerke, indem fie fich über die Kiste 
und Kasten der Budenbesitzer hermachten und —* 
len, was das Zeug hielt: dem einen Miss 
Pfcopfenzieher, dem andern Hosenträger und Schui. 
taschen, dem dritten Zuckerzeug usw., kurz, wo j. 
ankommen lonnten, wurde gestohlen und die ens 
wendeten Waren teils vertauscht und verhandelt 
teils verkauft. Der Polizei ist es erfi jetzt ge. 
lungen, die Thater ausfindig zu machen, und 
Jaben sämtliche Delinquenten ihre Schuld bekannt 
da der eine den andern verriet. Verschiedene noch 
dorgefundene Gegenstände wurden der Polizei über. 
Jeben, und werden die Knaben zur verdienten 
Strafe herangezogen werden, je nach ihrem Ein · 
sichtsvermögen. —XW (S. Bl. 3) 
fSaarbrücken. Die Bauthätigkeitwar 
zier in diesem Jahre eine sehr rege und dürfte für 
nächstes Jahr ein Gleiches zu erwarten sein. Noch 
in diesem Herbst wird mit den Planirungsarbeiten 
für die neue Kaserne begonnen werden, während 
für das kommende Frühjahr folgende Bauten in 
Aussicht genommen sind: das Garnison-Verwaltung 
gebäude, das Garnison⸗Arrestlokal und die Garnison⸗ 
Waschanstalt in der verlängerten Bleichstraße. 
F Burbach, 21. Okt. In den letzten Tagen 
vurde oͤffentlich angezeigt, daß heute Morgen aus 
)em hiesigen Bahnhose ein Waggon mit feinen 
Odosel⸗Aepfeln per Zenner zu 6,50-8,50 Mt. 
derkauft werden sollte. Da die Aepfel in diesem 
Jahre rar und die Preise dafür im allgemeinen 
noch einmal so hoch fich stellen, so hatte sich eine 
zroße Menge Käufer von hier und weiterer Um— 
zegend eingefunden, welche indes unberrichteter 
Suche und getäuscht heimkehren mußten, da kein 
Verkaufer da war. Wie es heißt, soll sich ein 
— Freund der hiesigen Gemüsehandler den übel 
angebrachten Spaß eilaubt und die Anzeige veran— 
laßt haben. 
F Auf den Königl. Gruben im Ktreist 
Saarlouis ist seit Beginn dieser Woche die 9. 
stündige Schicht gestattet, die für Samstags, Mon 
tags und Feiertage verlangte Sstündige Schich 
wurde nicht bewilligt. Die bisherige Arbeitszei 
war 10 Stunden. 
F.Kreuznach. Ein auswärtiger Arz 
hat die Villa Bauendahl für 105,000 Mi. zum 
Zwed der Errichtung einer Heilanstalt für 
Nervenkranke angekauft. 
fF. Von der Bergstraße. Eine eigenthüm— 
liche Verwechslung bildet gegenwärtig in unseren 
GBegend das Tagesgespräch. Im Heidelberger 
Krankenhause starb kürzlich ein Patient aus H 
bei Adelsheim im Neckarthale. Die Todesnachricht 
gelangte jedoch irrthümlich nach dem gleichnamigen 
H. bei Weinheim an der Bergstraße, und da sich 
daselbst ein Mann gleichen Namens vor einiget 
Zeit entfernt batte, mußten dessen Anverwandte 
annehmen, er sei in Heidelberg geslorben. In 
dieser Annahme betheiligten fie sich pflichtgemäß 
an der Leichenfeier und honorirten auch prompt die 
Beerdigungskosien in Heidelberg. Nun aber ist der 
Todtgeglaubte und aufrichtig Betrauerte zu aller 
Erstaunen von seiner Reise wohlbehalten zurüdgekehrt, 
worauf fich natürlich der fatale Irrthum aufklätte. 
Da der wirklich Verstorbene zu H. im Neckdarthale 
weder Anverwandte noch Vermögen hinterließ, so 
dürfte dessen Heimathgemeinde zur Rückerstattung der 
den „trauernden Hinterbliebenen“ erwachsenden Koslen 
verpflichtet sein. 
F Würzburg. König Ludwig J. hat be⸗ 
lanntlich zum Andenken an die Voölkerschlacht bei 
deipzig (18. Okt.) eine Stiftung gemacht, bon deren 
Zinsen alljährlich am Tage der Schlacht 400 Arme 
gespeist werden sollen. Diese Speisung fand heuer 
wegen des Freitags am Samstag statt und lautet 
der Speisezettel: Griessuppe, Ochsenfleisch und 
Beilage, Schweinsbraten, Sauerkraut nebst Purét 
und Bier. 
f Nürnberg. Aus Anlaß des 25jährigen 
Bestehens der „Allgemeinen Brauer⸗ und Hopfen⸗ 
Zeitung“ in Nürnberg hatte die Redaktion genann⸗ 
ten Blattes zwei Preis˖ Ausschreiben erlassen, durch 
welche Preise von je 1000 M. fur die beste Schrift 
über die Kultur der Hopfenpflanze“ und 
über die „Gerste als Braumaterial“ aus⸗ 
gesetzt wurden. Das auf den Hopfen bezügliche 
Ausschreiben hat fich bereits im Vorjahre durch Zu- 
exkennung des Preises an Herrn C. Fruwirth, 
Professor an der Landwirthschaftlichen Lehranstalt 
„Francisco Josephinum?‘ in Mödling bei Wien, 
hzurch das vom Deuischen Hopfenbau-Verein er⸗ 
annte Preisgericht erledigt. Die für das zweite