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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
er eecu —— — erscheint taäglich mit Außsnahme der Sonn- und Feiertage. 2 mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗Blatt und Mittwochs und Samstage
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W 253. Donnerstag, 30. Oktober 1890.
25. Jahrg.
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ur die Monate November und Dezember
zuf den nägl ich erscheinenden St. Ingberter
Anzeiger“ mit 2 illustrirten Sonntagsblättern
verden noch fortwährend apgenommen von den kgl.
ßostanstalten, den Postboten, den Austrägern und
jer Expedition.
Paris, 29. Okt. Deputirtentkammer.
Bei Forisetzung der Budgetberatung erörterte
Bermain, Leiter des „Credit Lyonnais,“ die unge⸗
deuere Aufbesserung in den franzosischen Finanzen
seit 1885. Er gab dann Hinweise auf die mög-
tichen Ersparnisse bis zur Höhe von 300 Millionen
und erklärte, bevor fie gemacht würden, für keint
neue Steuer stimmen zu können. Bei Besprechung des
Steigens der französischen Rente sagte er beiläufin:
Frankreich, das bisher den Bapquier Italiens ge-
macht, sei j tzt der Barquier Rußlands geworden,
es erhöhte den Preis der rusfiichen Rente, und der
zefallene Preis der italienischen Rente beweise voll⸗
tändig die Macht Frankreichs. Finanzminister
Rouvier beantwortet die Angriffe auf das Budget
und ersucht die Kammer, obgleich Leon Say fich
für das Regierungsbudget ausgesprochen, das
Budget im Entwurf des Ausfchusses, dem die Re⸗
gierung in allen Teilen zustimme, anzunehmen.
Zum Schluß erklärt der Minister, er werde auch
die Verantwortlichkeit Uuberuehmen, wenn das Haus
die Einreihung des außerordentlichen Budgets in
das ordentliche nicht bewilligen sollte.
Paris, 29. Okt. Dem „Soir?“ zufolge ist
an den Seepräsekten in Toulon der Befehl ergangen
sofort 530 Torpedoboote bereit zu halten
Auch sollten drei Kreuzer und ein Transporischiff
ausgerüstet werden, um in See zu gehen. Die
Ursache dieser Maßregeln ist nicht bekannt, das
Marineministerium hat bis jetzt keine Aufklärung
darüber gegeben, ob sie richtig ist. — Die Unter⸗
suchung gegen den Kasernenwärter Dietrich und
jeine Schwesfter ist eingestellt worden, da der Staats⸗
anwalt keinen Beweis für Spionage finden
Lonnte. Während seine Schwester in Freiheit ge⸗—
setzt wurde, ist Dietrich den Militärbehörden über⸗
viesen worden, um sich vor diesen wegen der bei
ihm gefundenen Schriftstücke und Einlassung eines
Fremden in Räumlichkeiten des Genies zu berani⸗
worten.
Sansibar, 29. Okt. Der englische Admiral
Freemantle bat die Stadt Witucerobert
und sodann den Ort niedergebrannt.
Lokale und pfaälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 30. Okt. Vorgestern find
in Speyet jene katholischen Theologiekandidaten in
das Klerikal-⸗Seminar eingetreten, welche im Auguf
dss. J. das Synodal ⸗Examen bestanden haben.
Darunter, befinden sich auch die Herren Wilhelw
Schneider und Robert Uhl aus St. Ingbert.
* St. Ingbert, 30. Ok. Wir machen auf
die bürgermeisteramtliche Bekanntmachung aufmerk⸗
sam, daß morgen fruh 9 Uhr zur Streunutßz-
ung die Waldabtheilung Mühlenthal aufgegeben
wird. Vor der bezeichneten Zeit ikt das Belreten
des Waldes verboten.
*— Der Reichsanz. bezeichnet die angeblich
von sachkundiger Seite herrührende Mitteilung
eines süddeutschen Blatles, als ob 70 Jahre alie
Personen bei Inkrafttreten der Invaliditäis⸗ und
Altersversicherung Altersrenten nicht meh
erwerben koͤnnten, als eine mißverständliche. Die
überaus humane Uebergangsbestimmung (8. 157)
dei Inkrafttreten des Gesetzes findet nicht nur auj
b66 Jahre alte, sondern auf alle bereils 70 und
mehr Jahre olte Verficherte in vollem Umfangt
Anwendung.
— In Zweibrücken beging gestern der
dokallehrerverein den 100jhrigen Geburtstag
U. Dieflerwegs mit einer wohlgelungenen Feier.
wobei u. A. das Lehrerfesispiel „Einer für Alle“
aufgeführt wurde.
— Zweibrücken, 29. Okt. Soben nach
Schluß der Strafkammersitzung haben sich zwei von
den neueste Pirmasenser Messerhelden
dem kgl. Staatsanwalt freiwillig gestellt. Dieselben
wurden sofort in Haft genommen. (Zw. Ztg.)
— Landstuhl, 28. Ott. Das den Erben
der Witwe Jos. Loew. gehöcige Wohnhaus in der
Haupistraße nebst dem dabei gelegenen Bauplatz
don Jänisch in Kaiserslautern ging an das Institut
der Armen Schulschwestern (Dominikanerinnen) in
Speyer um 12,500 Mark über. (3.)
— Kaiserslautern, 29. Olt. Anqdͤßlich
seines 50jährigen Dienstjubiläums wurde dem kath.
Lehrer Hoffmann dahier die Goldene Ludwigs—
denkmünze verliehen.
— Pirmasens, 28. Okt. Eine jugendliche
Schwindlerin wurde gestern dingfest gemacht.
Die 16jährige Dienstmagd Katharina Müller aus
Obermohr hatte sich in einem Schuhgeschäft in der
Bärtnerstraße ein paar Schuhe auf Namen ihrer
Dienstherrschaft, von welcher sie entlassen worden
war, zu erschwindeln gewußt. Mit denselben an⸗
gethan trieb sie sich an dem Bahnhof herum.
Kurze Zeit darauf kam eine Frau namens Mander⸗
scheid aus Irheim, die ihr Gjähriges Söhnchen an
der Hand führte. Kurz enischlossen sprang die
Schwindlerin auf die nichts Böses ahnende Frau
zu und entriß ihr den Knaben. Diesen nahm sie
wmit sich und obgleich das Kind sich sträubte und
schrie, zerrte fie dasselbe mit sich zur Stadt hinein.
Die Mutter des Kindes war ganz überrascht von
dem plötzlichen Ueberfall und konnie nichts eiligeres
thun, als die Hilfe der Polizei in Anspruch zu
nehmen. Dank der umfichtigen Handlungsweise der
Schutzleute gelang es, die Entführerin einzuholen
und den Knaben zu befreien. Die jugendliche U-bel—
thäterin wurde dann sofort in Haft genommen und
wird ihren Denkzettel für diese ungemein freche
That schon erhalten. (3tg.)
— Speyer, 28. Okl. Der „Hirschwirth“ don
Wiesenthal wurde heute früh gegen 4 Uhr an der
Rheinhäuser Fähre von empfindlichem Unfall betroffen.
Mit einer Fuhre Wein vom Gebirg kommend und auf
dem Heimweg begriffen, langte er auf bayerischer Seite
an, wo jedenfalls die Barrioͤre nicht gesdlossen war
und der Führer des Wagens schlief. Das Pferd
ging mit dem Fuhrwerk des Weges entlang und
lam in den Rhein. Zu spät gewahtte der Befsitzer
seine Unvorsichtigkeit, mit vieler Mühe konnti er
fich retten, wäͤhrend Pferd, Wagen und Wein im
Rheine begraben wurden. Demselben erwächst ein
großetr Schaden. Von Altrip wird berichtet, daß
Fischer dort ein Faß mit neuem Wein landeten.
— Sitzung der böniglichen Regierung
der Pfalz, Kaämmer des Innern. Senat
fur Verwaltungsrechts- und Gewerbesachen. Dienstag,
den 28. Oktober, vormittags. 10 Uhr. Die
Heimatszugehörigkeit des verstorbenen
Feldhüters Karl Thorn von Rittersheim und
dessen 4 Söhnen, welche sich eigenes Heimaisrecht
nicht erworben haben und sonach der Heimat ihres
Vaters folgen, ist sireitig geworden, da die Ge—
neinde Ilbesheim, welche im Jahre 1882 Heimats⸗
schein für Thorn ausgestellt hat, die Ausstellung
eines neuen Heimutsscheines verweigert. Dem
Vater Thron und seinen Söhnen wurde die Heimat
in Rittersh im vom Bezirksamte bestimmt, weil der
Vater derselben vom Jahre 1854 bis zu seinem
1889 erfolgten Tode ununterbrochen Wohnsit in
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Denutsmcmes deich.
Potsdam, 29. Okt. Der König Leo⸗
/ ound der Belgier besuchte heute Vormittag 10 Uhr
as Mausoleum des Kaisers Friedrich und legte am
Zarge einen Lorbeerkranz mit Schleife in den belg⸗
schen Farben nieder. Darauf erstattete König Leo—
jold dem Prinzen Heinrich, dem Erbprinzen von
hohenzollern, dem Herzog Johann Aldrecht von
Decklenburg, dem Großfürsten Wladimir und an⸗
zeren Herrschaften Besuche ab und unternahm eine
Spazirfahrt nach Babels berg. Auch empfing er den
hdeheimrat G. v. Bleichröder in Audienz.
Berlin, 29. Okt. Die Bundesrats—
asschüsse beschleunigen ihre Arbeiten derartig,
aß der Reichshaushalts-Etat dem Reichstage sicher
zis zum 18. November vorgelegt werden kann. —
zeneral v. Alwensleben, der bisherige Kom⸗
nandant des württembergischeu Armeekorps, erhielt
ꝛessern in Votsdam den Schwarzen⸗Adlerorden.
Ausland.
London, 29. Olt. Troup, ein Mitglied
ir Nachhut Stanleys, wurde gestern in New-York
eftagt. Er nimmt den Major Barttelof in
Schutz gegen Stanley und tadelt Stanley, daß er
zem hitzigen, nervösen Barttelot, dessen Charakler
t kennen mußte, eine verantwortliche Stellung ge⸗
jeben habe. Er bestätigt, daß Stanley in Yambuya
nur den Abschaum seiner Leute, sowie Kranke und
Uafähige zurückließ, mit denen es unmöglich ge⸗
vesen waͤre, auszuziehen; ferner, daß Stanley nicht
tein philantropische Zwecke, sondern Ruhm und
—XL
getoͤdtet wurde, als er seine Frau mit Siockschlägen
bedrohte. Barttelot sei roh gegen die Eingeborenen
jewesen, aber nicht schlimmet als Stanley.
London, 29. Okt. Der ‚Daily Telegraph“
meldet aus St. Petersburg neue Bauern auf—
dande im Bezirk Charkow. Ein Heer von
ausend Mann Stärke wurde gegen die Bauern ge⸗
hidt, um den Aufstand niederzuschlagen. Die
dauern plünderten diej Wohnungen der Großgrund
vefizer und brannten viele Häuser, sowie einen
0h0 Morgen großen Wald nieder.
Dundee, 29. Okt. Anläßlich der heute er⸗
olgten Ueberreichung des Ehrenbürgerdiploms an
dladstone hielt derselbe eine Rede, in welcher
t das Mac⸗Kinley⸗Gesezz entschieden ver⸗
itteilte und bemerkte, dasselbe werde dem Interesse
der Vereinigten Staaten nach allen Richtungen
Schaden thun. Gladstone empfahl, England moͤge
ich nicht zu Zwangsmaßregein gegenüber diesem
Tarife hinteißen lassen, der nur mit unrecht ein
Schußtarif genannt werde, in Wahrheit aber eine
Unterdrudung, eine betrügerische Taäuschung sei.
kngland habe von diesem Gesetze nichts zu be—
ürchten, wofern es mit Eifer seine Jaͤdusirie
denreibe.
Haag, 29. Okt. Die Generalstaaten
ben in ihrer heutigen gemeinsamen Sizung
nit 100 gegen 5 Stimmen beschlossen, daß
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