Full text: St. Ingberter Anzeiger

⸗»St. Ingbert, 31. Jan. Wie aus einer 
Anzeige ersichtlich, wird morgen Abend im Cafe 
Beder der Humorist und Mimiker Herr Otto aus 
Rürnberg sich durch ein Konzert hier einführen. 
Derselbe ist zwar hier noch nicht gekannt, doch 
vird versichert, daß er in seinem Fache sehr Guiek 
leiste. In letzter Zeit trat er in verschiedenen 
Städten der Pfalz mit Beifall auf. 
e— Die Behandlung der Gesuche 
um Zurückstellung, Befreiung uud 
kntlassung von Militärdienst im 
Frieden betreffend wurde Seitens des k. Staats⸗ 
ninisteriums des Innern und ves k. Kriegsmini⸗ 
teriums eine Ministerialentschliezung vom 11. Jan. 
1890 an die k. Regierungen, Kammern des Innern, 
die Generalkommando's des J. und II. Armeekorps 
und an sämmiliche Ersatzbehörden erlassen, worin 
darauf hingewiesen wird, daß Anträge auf Zurück- 
dellung bezw. Befreiung spätestens im Musterungs⸗ 
ermine zu stellen sind und durch Vorlegen von 
zeglaubigten Urkunden und Stellung von Zeugen 
uind Sachverständigen unterstützt sein müssen. 
— Vonder Sicingerhöhe, 28. Jan. 
Die Beschwerde gegen die Gemeinderathswahl zu 
—AI 
abgewiesen. 
— JZagersburg. Seit einiger Zeit werden 
in unserem sonst so ruhigen Orte zu nächtlicher 
Weile niederträchtige Handlungen 
zegangen, welche, wenn sie nur Bubereien wären, 
wohl besser todtzuschweigen seien; jedoch sind die⸗ 
selben von so ernster Art, daß eine Erwähnung 
derselben an dieser Stelle als nicht übertrieben betrachtet 
werden kann. So wurden dem Wirthe Kullmann 
in verflossener Sonntag⸗Nacht vier Fensterscheiben 
von der Straße aus eingeworfen. Einige Tage 
vorher kamen dem Ackerer Christian Schmeißer zwei 
eiserne Wagenstorren abhanden, nachdem ihm nicht 
range vorher 61 Mk. mittelst Einbruchs aus seiner 
disie gestohlen worden waren. Dem Karl Fleisch⸗ 
mann wurde aus dem Garten ein Waschseil ent⸗ 
wendet und ihm ein Holzscheit auf die Treppe 
gelegt, sodaß der Hinaustretende die hohe Treppe 
hinabflürzen sollte. Bei dem Ackerer Jakob Bechtel 
purden ferner zwei Ketten vom Wagen losgebunden 
ind mitgenommen u. dergl. mhr. Welch' saubere 
Besellen diese Stückchen alle ausführen, hat die 
Polizei bis jetzt noch nicht erforschen können. 
GBw. 3) 
— Kaiserslautern, 29. Jan. Ein 
Brief 8 Jahre und 11 Monate auf der 
Reise, lautet fast unglaublich und doch ist es 
wahr. Aw 258. Februar 1881 wurde von einer 
hiesigen Familie an ihren in Amerika befindlichen 
Sohn nach Ward, Wards Island, Emigration 
Hospital, ein Brief mit 40 Mtk. in zwei Zwanzig⸗ 
narkscheinen abgesandt, der aber den Adressaten 
nicht erreichte. Der Brief trägt die Einschreib- 
nummer 617 des hiesigen Postamtes und wurde in 
New PYork mit der Nr. 31898 versehen. Außer 
dieser Nummer trägt der Brief noch acht Register⸗ 
aummern und mehrere postalische Stempel. Im 
Dezember v. J. wurde der Brief zur Rücksendung 
aach Deutschland designirt und gelangte erst vor 
)rei Tagen, nachdem derselbe noch das Ober⸗ 
Postamt in Speyer passfirt, wahrscheinlich um dort 
zen Absender fesitzustellen, in die Hände der nicht 
venig erstaunten Absender bezw. des Adressaten, 
der schon vor mehreren Jahren aus Amerika hierher 
zurückgekehrt war. Brief und Geld hatte man 
angst verloren gegeben. — (N. Bz.) 
— Kaiserslautern. Wie die „Pf. Presse“ 
»ernimmt, wurde dahier der ledige Kaufmann Karl 
Dengärtmer auf telegraphische Anordnung eines 
zuswartigen Gerichts verhaftet. Fälschungen und 
Diebstahl von Werihpapieren sollen die Ursache 
ein. Der junge Mann hielt sich längere Zeit 
ttellenlos hier auf, bis er kurz vor Weihnachten 
—I— Grünstadt kaufte, 
die er unlängst Übernommen. 
— Lotteriegewinn. Wie der „Pf. A.“ 
zus sicherer Quelle erfährt, hat ein in der Steinstraße 
n Kaiserslautern wohnender Bäckermeister 
zurch ein Staatspapier einen namhaften Treffer 
zemacht. 
— Neue Garnisonin der Pfalz. In 
Bezugnahme auf die Mitteilung der „M. N.“, daß 
Bahern ein weiteres Regiment, wohl Infanterie⸗ 
Regiment, zu beschaffen hätte, und dasselbe in die 
Keichslande verlegt werden solle, um die funfte 
Dibision zu vervollständigen, wird der F. 3.“ 
aus der Pfalz geschrieben: „Wir glauben in der 
zdage zu sein, dieses Gerücht dahin klar zu stellen, 
zaß besagtes zu gründende Regiment keine Garnison 
n den Reichslanden erhalten werde. sondern daß 
s nach Kaiserslhautern kommen wurde, 
vozu bereits verschiedene Einleitungen getroffen 
vurden und die Stadt zu namhaften Beitraͤgen 
zereit sein wird.“ 
— Aus der Geheimkanzlei Sr. kgl. Hoheit des 
zrinz Regenten erhielt Herr Eugen Freiherr 
son Gienanth zu Eisenberg ein Schreiben, 
porin der freiherrlichen von Gienanth'schen Familie 
as Allerhöchste Beileid anläßlich des Todes des 
)errn Karl Freiherr von Gienanth sel, in aller⸗ 
nädigster Weise ausgesprochen wurde. Auch von 
Fen Hofmarschallamtern der übrigen Prinzen 
inseres geliebten Koͤnigshauses wurden genannter 
Familie in höchstem Auftrag Kondolenzschreiben 
bermittelt. (Pf. K.) 
— Rodalben, 29. Jan. In der gestrigen 
zitzurg des Gemeinderaths wurde Herr Lehrer 
geier Zadens unter 8 Bewerbern auf die 2. 
zdehrerstelle gewählt. Derselbe ist seit 8 Jahren 
ritter Lehrer dahier. Die 3. Lehrerstelle wird bis 
um Herbst interimistisch verwest werden, um welche 
Jeit voraussichtlich das Schulschwesternhaus wird 
ezogen werden können, wodurch eine Neuorgani⸗ 
alion der Schule nothwendig wird. 
— Annweiler. Letzten Dienstag beging 
sier im besten Wohlsein Herr Karl Foltz, der 
ilteste Bürger unserer Stadt, früher Gerber, jetzt 
HPrivatmann, bei seinen Kindern wohnend, seinen 
)2. Geburistag. 1798 geboren, hat er unendlich 
Bieles erlebt, jah drei Geschlechter kommen und 
gehen, erstehen und sterben. Der alte Mann ist 
ioch ganz rüstig. — Herr Gustav Ullrich, 
Naßstabfabrikant hier, kaufte dieser Tage von 
derrn Metzger Heinrich Meyer eine Wiese von 
8 Ar (100 Dezimalen) Groöße, die entlang der 
zahn Landau-Zweibrücken und zwischen dem Eigen⸗ 
hum des Herrn Ullrich liegt, um die verdältniß⸗ 
näßig sehr hohe Summe von 3000 Mk. zum 
Zwed der Anlage eines Industriegeleises von seiner 
seu erbauten Maßstabfabrik bei der Rollwagenmühle 
früher Kuhn) zum Bahnkörper, was demselben für 
nie Folge eine große Transporterleichterung ge⸗ 
yaͤhren wird. 
— Germersheim. Der aus dem hiesigen 
Nilitärarrest ausgebrochene Untersuchungsgefangene 
doch der 9. Komp. 17. Inf⸗Regts. verübte 
olgende raffinierte Schwindelei: Bei der Kompagnie 
es Koch dient z. Z. ein Einj.⸗Freiw. aus Hambach. 
dach dem Ausbruch telegraphirte Koch an die in 
ambach wohnende Mutter des Einjährigen in 
essen Namen, daß er zur Verhütung einer Strafe 
oegen eines zerbrochenen Dienstgegenstandes sofort 
50 Mk. bendthige und möͤge dieselbe am Bahnhof 
a Neustadt dem genannten Koch das Geld ein⸗ 
andigen. Die Frau ging natürlich auf den Leim 
ind siellte fich bei ihrer Hierherkunft der ganze 
zchwindel heraus. Von Koch hat man bis jetzt 
noch keine Spur. 
— In Bohl ersteigerte die dortige Felde 
aged Herr Gutsbesitzer Exter aus Neustadt zu 
100 Mi. pro Jahr, gegen 1810 bisher. Die 
Valdjagd ging zum jährlichen Pachtpreise von 
000 Mek. an Herrn Direktor von Lavale in Lud⸗ 
vigshafen über, gegen 830 seither. 
— Durch Beschluß des kgl. Amisgerichts 
deustadt al). wurde über das Vermögen der 
Firma Pfleger u. Renth, Holzhandlung in 
Veidenthal der Konkurs eröffnet. Als Kon⸗ 
ursverwalter wurde der Gemeinde:Einnehmer Geotg 
Beintz in Weidenthal ernannt. Konkursforderungen 
ind bis zum 10. März 1890 inklusive bei dem 
Zerichte anzumelden. 
— ,‚Er muß sterben,“ der Phylax näm⸗ 
ich. So sprach unlängst in einem Orte der 
zorderpfalz Meister X. zu seiner Frau Kathrin, 
ls er die Aufforderung zum Hundevorführen 
urch die Ortsschelle vernommen. „Wozu denn 
·des Jahr neun Mark fur die Bestie bezahlen 
ind dazu noch das Fressen? Heute Abend in der 
dämmerung wird der Vorsatz ausgeführt.“ — 
ind wirklich, als Meister X. zu Nacht gegessen 
atte, bewaffnete er sich mit einem Knüppel und 
chritt bedächtig auf seinen treuen Phylax los. 
doch dieser ahnte, was vorgehen sollte, und ver⸗ 
arg sich in einem Stall, in dem die Ziegen sich 
efanden. Der Mann wollte nich: wortbrüchig 
derden; er holte seinen Racker aus der Stall⸗ 
cke zum Hof und — eins, zwei, drei: der arme 
Zhylax lag ausgestreckt auf dem Boden und 
auchte sein Leben aus. Des Abends sollte der 
deichnam des Hundes noch begraben werden. Als 
nan Licht herbei gebracht und den todten Phylar 
in die Erde verscharren wollte, o Schrecken! statt 
des Hundes war es eine — Ziege. Meister X. 
jatte sich in dem dunklen Sialle geitrt und er⸗ 
vischte statt des Hundes die gleichgroße Ziege. 
Db der Hund jetzt noch lebt, weiß ich nicht, thut 
nuch nichts zur Sache. Nur das möchte noch an⸗ 
Jjeführt werden: Meister X. wollte vor Jahren 
inmal seine Katze erschießen. Er band den Kater 
nit einem Strick an das Wagenrad, legte die ge⸗ 
adene Flinte an, drüchtte los und — krach: der 
kater entfloh unversehrt aufs Dach. X hatte den 
Ztrick durchschossen, nicht aber die Katze erlegt. 
Ja, Meister X hat Pech! (GPf. K.) 
— Forst. Es ist bekannt, daß unser Ort bei 
reftigen Regengüssen mitunter sehr von Uebecr— 
chwemmungen belastigt wird. Es laßt sich hinsicht⸗ 
ich dessen nur das Anlegen von Ableitung s⸗ 
danälen empfehben, wie dies von den Herrn 
ßebrüder Siben in Deidesheim an ihrem 
iesigen Besitzthum bei dem Wohnhause des Herrn 
heorg Siben bereits geschehen. Es ist gerade 
ieser Theil des Dorfes einer der niedrigst gelegenen 
ind sind die anstoßenden Wohnhäuser immer am 
neisten mitgenommen worden. Herr Siben scheute 
m eigenen, sowie im Interesse der Angrenzer nicht 
zie Kosten, das Wohnhaus des Herrn Stephan 
duntz käuflich zu erwerben — wie man hört zum 
zreise von Mk. 5000 — die Hinter⸗ und Neben⸗ 
ebäude abreißen und dem anströmenden Bergwasser 
inen konzentrirten Ausgang verschaffen zu lassen. 
zinem großen Schaden, der jedesmal bei elementaren 
zreignifsen entstand, ist durch vorbeschriebene Aus⸗ 
ührung nun flir immer abgeholfen. (D. A.) 
— Dürkheim. Die hiesige Polizei— 
'ommissärstelle, mit einem Jahresgehalt von 
800 Mt. ist erledigt. Bewerber können sich beim 
derrn Bürgermeister daselbst, bis zum 15. Febr., 
in welchem Tage die Anmeldefrist abläuft, persön⸗ 
lich vorstellen. 
— Ludwighafen, 30. Jan. Große 
rreude brachte der gestrige Tag einer hiesigen in 
jolge langjähriger Krankheit und Siechthum ihres 
ẽrnähres verarmten Familie. Dem invaliden 
A 
des Feldzuges 1870/71 sich langjährige Krankheit 
und jetzt vollständige Arbeinsunfähigkeit zugezogen 
hat, wurde durch die Gnade Sr. Majestät des 
zeutschen Kaisers eine monatliche Pension von 
51 Mk. bewilligt. Bisher bezog dderselbe eine 
Bension von 14 Mk. 
— Dem Herrn Justizrat kgl. Advokat⸗Anwalt 
zeinz in Frankenthal wurde eine hervor⸗ 
agende Auszeichnung zuteil, indem ihm Seine 
dönigl. Hoheit Prinzregent Luitpold den Michaels⸗ 
»xxden 4. Klasse verlieh. 
— In Weisenheim a. S. machte die 
Fendarmerie einen wichtigen Fang. Vor einigen 
Tagen wurden einem Schäfer aus seinem Pferche 
usammen vier Schafe entwendet, wovon man 
aut „F. T.“ bei vorgenommener Haussuchung 
zei Adam Schön 1U. in Weisenheim a. S. Ham⸗ 
nelfleisch, sowie Gedärme von solchen Thieren 
jerrührend, fand. Auch bei Schmied Jakob Krug 
aselbst fand sich ein groößeres Quantum Hammel⸗ 
Jeisches vor. Die in mehreren Haushaltungen 
vorgenommene Recherche hatte ferner noch das 
berraschende und interessante Resultat zur Folge, 
daß man in einem Hause Hasenschlingen und bei 
einem andern einen todten Hasen vorfand, so daß 
bei beiden letzteren der Prozeß wegen Wilderns 
gemacht werden wird. 
— In Neuleiningen hat sich ein Komite 
suur Gründung eines Arbeiter⸗Bildunas⸗ 
ereins gebildet. 
— Fehrbach. Die hiesige Kirche soll bei 
Vertheilung des Reingewinnes von der ersten 
dotterie für 11 Kirchen der Pfalz 10,000 
Mark erhalten. Auch Breitenbach, Hohenecken und 
Münchweiler sollen je 10,000 Mtk. bekommen. 
— Kirchheimbolanden, 80. Jan. Die 
vorgestrige Generalversammlung des Verschöne⸗ 
run gsbereins war ziemlich stark besucht. Nach 
Eröffnung der Versammlung durch den J. Vor⸗ 
tand, Herrn Ph. Schach, referirte der Rechnet 
herr E. Goldmann über das Rechnungswesen 
zro 1889. Darnach verblieb ein Kassenbeßand 
son 61.88 Mk. und ein Depositum beim Vor⸗ 
chußverein hier von 429. 05 Mt. incl. Zinsen bie 
31. Dezember 1889. wovon 150 Mk. zu speziellem