Full text: St. Ingberter Anzeiger

aissen und Bedingungen gegründet wurde, wie die 
protest. Privatschule für Erdach Reißkirchen, einer 
eingehenden Prüfung zu unterstellen. In der Vor⸗ 
aussetzung, daß die supponierten Verhältnisse zu 
Erbach ;Reiskirchen und zu Bubenhausen sich als 
richtig deweisen, hat der 4 Ausichuß sich dohin 
geeinigt, folgende Anträge an den Landreth zu 
stellen: 1) es sei der Kreisfondszuschuß für die 
Gemeinde ErbachReißkirchen im Extraordinarium 
bom Jahre 1891 ab um den Betrag von 60 Mk 
zu kürzen, welcher Betrag für den prot. Religious— 
unterricht bisher von der Gemeinde bezahlt, aber 
nunmehr zurückgezogen wurde; dagegen sei vom 
Jahre 1891 ab für die protest. Privatschule Er—⸗ 
bach ⸗Reiskirchen ein Kreisfondszuschuß von 180 
Mk. im Extraordinarium zu bewilligen; 2) es sei 
für die dath. Privaischule in Bubenhausen vom 
Jahre 1891 ab ebenso ein verhältnißmäßiger Kreis⸗ 
fondszuschuß von 100 Mk. im CExttoordinarium 
auszusetzen. Weiter stellt der 4. Ausschuß den An⸗ 
trag an den Landrath, zu bschlieben, „es sei durch 
die Kreisregierung an die Allerhöchste Stelle die 
unterthänigste Bitte zu richten, das es der Kon—⸗ 
fessions-Minorität eines Ortes überall, wo es ohne 
Mehraufwand von Seiten der politischen Gemeinde 
geschehen kann, ermöglicht werde, öffentliche Schulen 
ihrer Konfession auf Kosten der Gemeinde zu er⸗ 
richten, falss überhaupt die Nothwendigkeit der Er 
richtung einer weiteren Schulstelle nachgewiesen und 
die für eine gesonderte Konfessionsschule erforder- 
lüche Schülerzahl vorhanden ist. Der Landrath woll 
deßhalb um die Modifikation der einschlaägigen Be— 
stimmungen der kgl. Allerh. Veordnung vom 26 
August 1883 „die Errichtung der Volksschulen und 
die Bildung der Schulsprengel betr.“ wenigstens 
für die Pfalz allerunterthänigst nachsuchen.“ Diese 
Anträge des Ausschusses werden vom Landrathe 
einstimmig zum Beschlusse erhoben. 
2) Ueber den Antrag der Herren Landraths- 
mitglieder Grohe und Schaeider bezüglich der Ver— 
staailichung der Realschulen, welcher folgenden 
Wortlaut hat: „Die ergebenst Unterzeichneten be—⸗ 
ehren sich an den verehrlichen Landrath der Pfalz 
die Biltte zu stellen, dahin wirken zu wollen, daß 
sämmtliche Realschulen des Königreichs Bayern auf 
Zentralfonds üb rnommen werden.“ Der Ausschuß 
halt diesen Antrag sowohl im Allgemeinen, als 
namentlich durch speziell pfälzische Verhältnisse sür 
durchaus berechtigt und begründet. Denn im All 
gemeinen kann als feststehend angenommen werden, 
daß das Bedürfniß des reglistischen Uaterrichtes 
so hoch gestiegen und soweit durch alle Schichten 
der Bevölkerung verbreitet ist. wie es nur je das 
Bedürfnißtder humanistischen Bildung war. Wird doch 
jetzt vielfach die auf realistischer Grundlage ruhende 
hhohere Bildung der humanistischen Bidung nicht nur für 
gleichwerthig gehalten, sondern entschieden vorangestellt. 
Der Staat bestimmt jetzt berens die innere und 
außere Organisation der Realschulen, er stellt das 
Lehrerpersonal an und in der Pfalz hat der Kreis 
keinerlei Recht der Praͤsentation vom Rektoren oder 
Lehrern, die Gemeinden haben nur ganz vereinzell 
und in beschränkter Weise ein Präsentationsrecht 
So scheint es auch nur billig, daß der Staat auch 
die Aufbringung der Kosten ganz oder wenigstens 
in erster Linie übernehme. Nicht nur in der Pfalz 
sondern in allen Regierungsbezirken des König 
reiches werden durch die Kosten für die Realschulen 
sowohl die Kreisbudgets sehr empfindlich, als auch 
die Budgets jener Städte, wetche Realschulen unter 
halten, — und diese noch empfindlicher — belastet 
und diese Städte beklagen sich nicht mit Unrecht, 
daß die Landbevölkerung die städt. Realschulen in 
einer Ausdehnung benütze, welche in keinem Ver⸗— 
hältnisse stehe zu den Beiträgen, welche sie aut 
Qreis⸗ und Distriktsmitteln zu diesen Schulen leisiet 
Bei der Uebernahme der Kosten durch den Staa⸗ 
würden alle Steuerbaren nach dem Verdältniss⸗ 
ihrer Steuerpflicht zu diesen Kosten beitragen und 
die jetzigen Klagen über einseitige Belastung weg— 
fallen. Bei der schwierigen Lage der Kreisfinanzen 
und der außerordentlichen Höhe der Kreisumlagen 
in der Pfalz würde hier durch die Verstaatlichung 
der Realschulen eine vielspürbarere Erleichterung 
eintreten, als in den so viel minder belasteten 7 
rechtsrheinischen Kreisen. Aus diesen Grunden 
glaubt der 4. Ausschuß dem Landrathe die An⸗ 
nahme des Antrages Grohe⸗Schneider empfehlen 
zu müssen. Zugleich ist der Ausschuß der Ansicht, 
es solle der Landrath zur Erleichterung der Ver⸗ 
staatlichung sämmtlicher Realschulen einen Zuschuf 
Aus Dreisfonds für die verstaatlichten Realschulen 
anbieten, und es könne derselbe mit aller Sicher⸗ 
heit die Aussicht eröffnen, daß auch die Städte, 
welche Realschulen unterhalten, und die Distrikte, 
welche Beiträge hiezu gewähren, künftig gerne 
solche Zuschüsse von zu vereinbarender Höhe zu 
seisten bereit sind. 
Den Anträgen des 4. Ausschusses entsprechend 
hbeschließt hierauf der Landrath, durch die kgl. Kreis— 
regierung an die Allerhöchste Stelle die Bitte zu 
richten, es moöchten die sämmtlichen Realschulen der 
Pfalz unter noch zu vereinbarenden Bedingungen 
nuf-Zentrulfonds übernommen und als Staatsan— 
alten charakterisiert werden. 
Lokale und pfaͤlzische Nachrichten. 
O.V. St. Ingbert, 21. Nob Bei der gegen 
wärlig so gelinden Witterung, welche besonders der 
Anpflanzung von Obstbaumen sehr 
qzünstig ist, möchten wir die Mitglieder des Ob si⸗ 
bauvereines ganz besonders auf eine Obstsorte 
aufmerksam machen, deren Anbau für unsere Gegend 
nur empfohlen werden kann. Es ist dies die gelbe 
Mirabelle. Sie ist unstreitig eine unserer besten 
Pflaumensorten, und doch fiadet man sie in unseren 
Begend noch sehr wenig angepflanzt. In Frankreich 
vpo man dem Obsftbau hauptsächlich aus finanzieller 
Bründen eine ganz besondere Aufmerksamkeit schenkt 
vird sie wegen ihres großen und vortheilhaften 
Nutzens allaemein mit Vorliebe gepflanzt und liefer! 
tast jedes Jahr eine reiche Einnahme. Der Mira—⸗ 
bellenbaum macht für sich keine großen Ansprüche; 
er gedeiht in jeder Bodenart, vom besten Garten⸗ 
boden bis zum steinigen Lehmboden. Auch in Be· 
ziehung auf die Lage ist er nicht wahlerisch. Is 
das Bäumchen einmal angepflanzt, so verlangt es 
keine besondere Pflege und trägt meistens schon im 
zweiten Jahre nach seiner Verpflanzung aus der 
haumschule. Die Blute leidet fast nie durch Frofl 
und die Früchte bleiben von Maden und Würmern 
gerschont, sodaß ein vorzeitiges Abfallen nicht vor⸗ 
kommt. 
Die Verwendung der Mirabelle ist eine sehr 
manigfaltig. Wer Liebhaber vom Rohgenießen ist, 
zieht sie aden anderen Pflaumensorten vor, denn 
sie hat einen angenehm süßen Geschmack und ist 
sehr gesund. Im Haushalte kann sie verschieden⸗ 
artig zur Verwendung kommen. Wie die Zwetsche 
kann sie als Marmelade und zu Konfitüren 
eingekocht werden. Die Marmelade ist, wenn 
sie dicd eingekocht wird, sehr haltbar und zeichne! 
sich durch einen lieblichen und gewürzigen Geschmad 
aus. Die Konfitüren sind ebenfalls sehr haltbar 
und haben einen vorzüglichen honigartigen Geschmack 
Die gedörrten Mirabellen sind schon lange ein sehr 
gesuchter Handelsartikel und werden, da Deutschland 
seinen eigenen Bedarf nicht decken kann, vorzugs—⸗ 
weise aus Frankreich eingeführt. Ihr Konsum hait 
ich besonders dadurch gesteigert, daß sie die deutsche 
Militärderwaltung als Nahbrungsmittel in der 
Armee eingeführt hat. 
Wegen dieser Vorzüge streben besonders die 
Obstbauvereine fortwährend darnach, der Mirabelle 
einen ausgedehnteren Aubau zu verschaffen. Auch 
der hiesige Obstbauverein wendet ihr seit einiger 
Zeit eine besondere Aufmerksamkeit zu und sucht 
hre Anpflanzung zu befördern. Leider war es ihm 
boriges Jahr nicht möglich, die in Aussicht genom 
mene Anzahl zu verlosen, da passende Ware wegen 
zu großer Nachfrage nicht mehr zu erhalten war. 
Um nun die Anpflanzung dieses wichtigen Obst⸗ 
baumes noch dieses Spätjahr zu ermoöglichen, hat 
der unermüdliche zweite Vorstand des hiesigen Obst⸗ 
hauvereins, Herr Kaminfeger Adt, eine Anzahl 
schöner Bäumchen von einer renommierten Odbst 
zärtnerei bezogen, die er zum Selbstkostenpreis an 
die Mitglieder abgibt. In Anbetracht der oben 
geschilderten ausgezeichneten Eigenschaften der Mira— 
delle sind wir fest überzeugt, daß die Mitglieder 
des Obstbaubereines die sehr gunstige Gelegenheit 
zur Anschaffung nicht unbenutzt vorübergehen lassen 
werden. 
* St. Ingbert, 21. Nov. Wir machen 
darauf aufmerksam, daß die Variet e⸗Thea« 
lergesellschaäft Munkel uunr heute und 
norgen noch im Cafe Becker Vorstellung gibt. Die 
gestrige, welcher ein berändertes Programm vorlag, 
war wieder gut besucht und bat allagemein be— 
friedigt. 
* St. Ingbert, 21. Nov. Mit dem 1. 
Dezember 1890 werden auf den Pfälzischen 
Fisenbahnen für Schüler, Sch ülerinnen 
DQRehrlingeund Urheifter Rhonnements— 
karten eingeführt, welche zur täglich einmaligen 
hin; und Rückfahrt zwischen zwei bestimmten Sla— 
nonen an den Werktagen eines Kalendermonats be 
rechtige. Aa Sonntagen, sowie an der 
beiden christlichen Konfessionen gemeinsamen Feier— 
tagen — Neujahr, Ostermontag, Christi Himmel- 
fahrt, Pfingstmontag, Christiag und Siepbanstag 
haben diese Abonnementskarten keine Giltigkeit 
Für alle Tage des Monats benützbare Abonnements- 
karten nach den seitherigen Bestimmungen werden 
bom 1. Dezember ds. Is. ab nur an solche Schüler 
Lehrlinge und Arbeiter berabfolgt, welche eine Bi⸗ 
scheinigung des Lehrers resp. Arbeitgebers beibringen, 
auch an daß sie Sonn und Feieragen den Unierricht 
besuchen bezw. zu arbeiten e öthiatkssind. 
— Blieskastel, 19 Nar. Unter Vorsitz des 
Herrn kgl. Bezirlsamtmannes Dr. Schlaginweit 
fand heute die ordentliche Versammlung hdes 
Distriktsrates für den Kanton Blieskastel im 
Stadthaussaale dahier statt. Nachdem die vea⸗ 
schiedenen Jahresrechnungen für 1889 abgehört 
waren, schritt man zur Aufstellung und Beratung 
des Voranschlages für 18801. Die Verzinsung und 
Tilgung der Schulden verlangen, nach der „Zw. 
Ztg.“, eine Summe von 5000 Mk. die Unter⸗ 
haltung der Straßen ungesähr 24 000 Mti. Die 
Umlagen erreichen eine Höhe von beinahe 25 000 
Mk., bei einem Steuersoll von 33 700 Mk., sohin 
74 00. Die Distriktsstraßenwärter wurden mit 
einer Alterszulage von je 18 Mt. für je fünfjährige 
Dienstleistung bedacht. 
— Kaiserslkautern, 20. Nov. Wie be⸗ 
reits früher wird Dr. Eouard Engel aus 
Berlin dieser Tage zum zweitenmale in der Pfatz 
kommen, um üder den Zonentarif Vorträge 
zu halten, und zwar zu Kaiserslautern, Neustadf 
und Spey⸗r. In hiefiger Stadt wird er am Sonntag, 
23. November, in einer öffentlichen Versammlung, 
die der Gewerbebverein in den Karlsberq⸗Saal be⸗ 
ruft, sprechen. 
— Dem Vernehmen der „Pirm. Zig.“ nadh 
wird zu Rodalben in kurzer Zeit eine neue Schuh— 
fabrik errichtet werden. Es wäre dies die dritie 
Schuhfabrik dortselbst. 
— Pirmasens, 20. Nov. Uktber das 
Vermögen des Georg Schubert h, Schuhfabrikant 
in Pirmasens wohnhaft, ward das Konkarsver 
fahren eröffnet. 
— Daͤhn. Vom k. Oberpostamt in Speher 
wurde genehmigt, daß der erste Postomnibu 
von Dahn nach Kaltenbach vom 15. November an 
in Dahn um 5 Uhr 25 Min. früh abgefertigt 
wird und dadurch Anschluß an die ersten nach 
Landau und Zweibrücken abgehenden Zuge erhält. 
— Landau. Dr. Hartz ist zum Studium 
der Koch'schen Impfungen gegen Tuberlulose nad 
Berlin abgereist. 
Speyer, 17. Nov. In der am 16 
laufenden Monats flattgehabten Sitzung des Kreis 
ftiftungsrates der Wittelsbache 
Landesstiftung für die Pfalz wurden, nadh 
der „Pf. Pr.“ aus dem für 1890 verfügbaren 
Rentenanteile folgende Stipendien verteilt: J. Auf⸗ 
grund des 8 8 Ads. 2 lit. a des Stiftungsstatut 
erhielt der Gewerbeverein Ludwigshafen fur Prã⸗ 
nurung von Lehclingen bei der im nächsten Jahre 
ibzuhaltenden Ausstellung von Lehrlingsatb /iter 
100 Mt. D. Aufgrund des 8 8, Adsatz 2 t. b.: 
1) Lampel Johann aus Lautzkirchen, Bild⸗ 
hauer, zum weiteren Besuche der k. Akademie der 
bildenden Künste in München 100 Mk. 2) Freh 
purger Friedrich aus Speyer, Maler, zum weiteren 
Besuche der Kunstgewerbeschule München 100 Ml 
83) Croissant Augut aus Edenkoden, Maler, zun 
weiteren Besuche der Kunstgwerbeschule Nürnbeth 
100 Mk. 4) Mader Franz aus Germersheim. 
Maurer, zum Besuche der Baugewerkschule Hotz 
minden 100 Mk. 5) Neu Adam aus Einöd, 
Schneider, zum Besuche der Schneiderakademie in 
Sstuugart 60 Mtk. Sodann zum B'esuche det 
Kreisbaugewerkschule Kaiserslautern: 6) Bindewald 
Wilhelm von Eisenberg, Eisen und Gelbgießet z 
Mk. 7. Nunheim Peter, Munchweiler 9. A. 
Heauter, 80 Mil. 8) Schneider Wilhelm, Kaisers 
icilern Maler, 40 ink. 9) Spiry Johann, Kar 
serslauiern, Malet, 40 Mk. 10) Wellstein Geotrg. 
Fntenbach, Steinhauer, 800 Mt, 11) Bachman— 
elee Paltigenmesche, Mauret, 60 Mi. 12) 3 
hert Jalob, Schnecenhausen, Maurer, 50 Mtk. 13 
Bingert Peter, Schneckenhausen, Maurer, 50 
14) Soruberger Karl, Reichsthal, Schreiner— 5 
Mf. 15) Scbhneider Auaust, Kaisersloutern. Holiz⸗