Full text: St. Ingberter Anzeiger

„ant. Vorläufig ist der 21. Dezember dafür in 
—X —— 
Berlin. Zum ersten Vorsitzenden 
torstandes des deutschen Kriegerbundes 
natt des zurückgetretenen Obersten v. Elpons 
ide Generallieutenant d. Renthe genannt 
t gewählt. 
»Berlin. Der Postverkehr zwischen 
itschland und den Vereinigten 
aten von Amerika hat sich großartig ent- 
it. Im Jahr 1889 sind hin⸗ und herwaͤrts 
/s Millionen Postsendungen befördert worden; 
Fe Post bringt im Durchschnitt 130 bis 140 
ße Postsäcke. Um die sofortige Bearbeitung 
d thunlichst rasche Weiterbeförderung dieser 
rassen zu fichern, sind von der Reichspostberwalt⸗ 
g'umsassende Maßtegeln getroffen: Einlegung 
Inderer Post-Extrazüge von Bremerhafen und 
rhafen vach Btemen und Hamburg; Ducch ˖ 
stung der deutschen fahrenden Post- 
ireaus bis Vlissingen und Ostende, wo die⸗ 
hen die Post aus Amerika gleich an der Küste 
Empfang nehmen; Verstärkung und Schulung 
Beamtenkräfte; Zuhilfenahme der Nachtzeit 
. w. Aber alles reicht nicht mehr hin! Seit 
wa Jahresfrist sind daher vom Staatssekretär 
ztephan Verhandlungen mit dem General . Post⸗ 
zeister der Vereinigten Staaten und mit den be⸗ 
jligten Schiffs-Unternehmungen zu dem Zweck der 
erstellung schwimmender Postbüreaus eingeleitet 
orden, welche an Bord der Postdampfer einge- 
ichtet werden und die Post auf der Fahrt über 
en Ozean bearbeiten sollen. Diese Verhandlungen 
ind jeßt zum Adschluß gelangt. Zur Regelung 
er technischen Einzelheiten begibt sich der Direktor 
zachse vom Reichs⸗Postamt in den nächsten Tagen 
ach Washington und New-NPork. Es darf die 
egründete Hoffnung gehegt werden, daß die neue 
inrichtung hereits zum Frühiahr ins Leben 
reten wird. 
Eine erschütternde Mittheilung 
ringt eine Berliner Korrespondenz: Der Anfangs 
er NOer Jahre stehende Sohn des Fabrikanten P. 
n der Kurfürstenstraße verweilte eines vorgeschrit- 
men Brustleidens wegen seit etwa einem Jahre in 
züditalien. Auf die Nachricht von den Erfolgen 
er Kochschen Methode schrieb der junge Mann an 
einen Vater, ihm doch zu gestatten, nach Berlin 
urückzukehren, um womöglich hier Heilung zu 
nden. Wie leicht erklärlich, wollte Herr P. die 
ditie seines Kindes Jerfüllen, und die Mutter 
ind die 17jährige Schwester des Kranken reisten 
on hier nach Italien ab, um sich in Italien zu 
reffen. Während des zwei Tage währenden Aus⸗ 
nthaltes daselbst verschied das junge Mädchen plötz 
ich am Herzschlage, und infolge des Schmerzes und 
er Aufregung über den Verlust der heißgeliebten 
z„chwester wurde der Schwindsüchtige wenige Stua⸗ 
jen nach dem Ableben derselben von einem heftigen 
glutsturz befallen, dem der junge Mann anfangs 
nieser Woche erlag. Der sofort nach Mailand ab 
ereiste tiefgebeugte Vater ist in Begleitung seiner 
jor Schmerz fast wahnsinnigen Gattin mit den 
seiner beiden Kinder nach Berlin zurück⸗ 
zekehrt. 
Hamburg, 25. Nov. Infolge Beschlusses 
Vereins der Tabak⸗ und Cigarrenfabrikanten 
vlossen heute 26 Tabakfabriken in 
„amburg, Altona, Otiensen und Wandsbeck. 8000 
Urbeiter sind infolge dessen ohne Beschäftigung. 
der Hamburgische Korrespondent“ gibt als Grund 
in, die Cigarrensortirer der Fabrik Langhaus hätten 
zie Entlassung der nicht dem Freundschaftsklub an- 
ehörenden Sortirer gefordert; anderseits wird 
die Forderung einer Lohnerhöhung um 20 Prozent 
us Grund angegeben. 
EinFallkrassenAberglaubens 
vird aus Lübeck berichtet: In dem Dorfe B. starb 
totz aller aufopfernden Pflege ein kleines Mädchen. 
die Mutter glaubte nicht an einen natürlichen Tod 
stes Kindes und bald stand es bei ihr fest: das 
dind war behext worden. Eine „weise Frau“ 
järlte die Bethörte in ihrem Glauben, daß es hier 
ucht mit rechten Dingen zugegangen, machte ihr 
ir schweres Geld allerlei Schwindel vor und ließ 
ie zum Schluß einen Blick in ihren Zauberspiegel 
hun, um Diejenige zu sehen, die ihrem Kinde etwas 
ungethan. In der erschienenen Fratze will nun 
die Mutter das Antlitz einer Frau erkannt haben, 
die im Dorfe längst als „Hexe“ bekannt war. Die 
Zelehrte sorgte nun für moͤglichst weite Verbreitung 
gres schrecklichen Geheimnisses“. Ueherall wird 
nun die arme, in so unsinniger Weise beschuldigte 
Frau ausgestoßen und gemieden, als ob sie mit 
»em Teufel im Bunde stände. 
Karlsbad, 25. Nov. Die Tpl ist vier 
Neter über die gewöhnliche Höhe gestiegen. Das 
zaus Café Baum ist eingestürzt und zerstört. 
zier Brucken und alle Läden auf der alten und 
jeuen Wiese sind weggerissen. Gas⸗ und Wasser- 
eitung sind zerstört, der Schaden groß. Soweit 
ckannt, sind Menschenleben nicht verloren ge— 
Jangen. 
F Brür, 25. Nob. Der Annaschat der 
grür r Bergdaugesellschaft in Tschausch ist durch 
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Vosser gesetzt. Von den in der Grube befindlichen 
Irbeitern sollen 20 verunglückt sein. 
Dtenstes nachrichten. 
Lehramt. Der geprüfte Lehramtskandidat und 
vermalige Assistent an der isolirten Lateinschule zu 
Imorbach Fz. Härte wucde zum Siudienlehrer an 
ger isolirten Laseinschuce zu Annweiler ernannt. 
RNeueste RNachrichten. 
Berlin, 25. Nob. Nach dem geßrigen Essen 
dei Caprivi soll der Kaiser auch auf die 
Uaterschiede zwischen der älteren und jüngeren Ge⸗— 
neration zu spcechen gekommen sein und dieselben 
rurz dahin gekennzeichnet haden: die ältere Gene⸗ 
iou sagt immer ja — aber; die zjüngere Gene—⸗ 
ration sagt ja — also. Der Kaiser, soll,dann auf 
Miquel zeigend hinzugefügt haben: „der ist von 
der jüngeren Generation“. 
Berlin, 25. Nov. Die Anwesenheit des 
athouschen Bischofs Anzer aus China, eines 
zjeborenen Bayern, seine Audienz deim Kaiser 
ind seine Bisprechung mit dem Reichskanzler 
zezwecken, wie verlautet, einen ausgedehn⸗ 
eren und kräftigeren Schutz der Reichsregierung 
ür die katholischen Missionen in CNna. 
Fur die Redaktion verantwortlich: F. X. Demeß. 
Eingesandt. 
Rohrbach, 24 Nov. In Nr. 318 der 
Zfälzer Zeitung und 321 der St. Ingbeiter 
Zeitung üdt ein Herr A Korrespondent an den 
dirchendauverhältnissen, wie sie zur Zeit bestehen, 
eine Kritik und zählt strikte alle die zu Gegnern 
es Kirchenbaues, die nicht vollkräftig in das Lied 
instimmen, zu dem er den Ton anzugeben Be— 
ufung in sich verspürte. 
Auffällig ist es, daß der Bauplan des Herrn 
Architekien Bahrt erst 4 Wochen vor Eintrieffen 
er kgl. Regierungsentschließung. die die Erlaubniß 
um Baue der Kirche brachte, als zur Ausführung 
nicht geeignet befunden werden konnte, unter Hin ⸗ 
veis hauptsächlich darauf, daß dieser erwähnte 
Zlan sowohl in seinem innern wie äußern Aufbau 
em kath. Ritus und Buaustile nicht entspriche. 
Uber warum b.ieb denn dies zu finden dem Herrn 
dorrespondenten verbehalten und noch in so 
päter Stunde ? Haben die frühern um den hiefigen 
dirchenbauverein hochverdienten und hochinteressierten 
Zerren, die den Barth'schen Plan anfertigen 
jeßen und aufs Beste empfahlen, gar keine Kennt⸗ 
niß gehabt von der Unwürdigkeit des Baustiles? 
Hatte das kgl. Staatsministerium diesen Plaa 
ils zur Ausführung geeignet genehmigen können, 
venn er an all den Mängeln leidet, die der Herr 
dorrespondent daran entdeckt haben will? Wa—⸗ 
um Herr Korrespondent war vergangenen 
„ommer der mehr erwähnte Plan noch recht, als 
ur Herbeiführung einer Abminderung in der Bau⸗ 
umme Abänderungen bei höchster Stelle beantragt 
purden? Warum war der jetzt so viel geschmaähte 
Zlan vor 2 Monaten noch würdig genug zur 
hotogcaphischen Vervielfaältigung ? Warum faällt 
as Unwurdigbefinden des Bahri'schen Planes mit 
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ruffällig zusammen? Ist da dem Herrn Korre⸗ 
pondenten erst die Erleuchtung gekommen von der 
sichtausführbarkeit des Bahri'schen Projektes, nach⸗ 
dem er beinahe 2 Jahre lang Zeit und Gelegen⸗ 
heit hatte zum Studium desselben und nichts fand. 
Der Herr Korrespondent erwähnt, auch die 
irchenbauversammlung vom 26. Otliober 1890, 
wo das Becker'sche Projekt, weil allgemein gefallen, 
'ast einstimmig angenommen wurde. Ja freilich, 
venn ein Herr im Laufe der Versammlung sich 
zie Freiheit herausnahm vor den Versammelten 
nit geballter Faust den Tisch zu bearbeiten mit 
zem Bemerken: „Wenn nicht nach dem Beck r'schen 
Plane gebaut wird, dann wird überhaupt nicht ge⸗ 
aut, dann habe ich den letzten Federstrich gethan 
1. s. w.“, ja dann ist es keine Kunst auf ein- 
timmige Annahme rechnen zu koönnen. Hätte der 
dorrespondent dagegen die Bemerkungen der ein⸗ 
eschüchterten Leute nach der Versammlung hören 
onnen, gewiß ein anderes Bild hätte sich vor 
einen Augen entrollt. Daß ich in Wort und 
Schrift bis diesen Herbst den Beginn des Baues 
ekaäͤmpfte, das stimmi. Das leidige Schuldenmachen 
estimmte mich hiezu nicht mit Unrecht. Siehen 
vir doch jetzt noch in Sachen des Kirchenbaues, 
nachdem das Geld für den Rohbau beisammen, vor 
iner Schuldenlast von circa 50 000 Mk. Diese 
Summe kommt dem Herrn Korrespondenten 
zielleich hoch vor? So möge derselbe 
ich ausrechnen lassen, daß die 50 000 Mark aus 
olgenden Posten resultieren: 9000 Mark freiwil⸗ 
ige Beiträge, 15 000 Mk. Kapitalaufnabme, 18 000 
MRark für die innere Einrichtung der Kirche, macht 
usammen 42 000 Mt. Hierzu? U⸗berschreitungen, 
velche nicht ausbleiben werden, und die 50 000 
Mark fsind da und müssen bezahlt werden. 
Was hätte es fur eine Schuldenmasse gegeben, 
venn ich dem Drange nach Inangriffnahme des 
gaues schon vor Jahren nachgegeben hätte! Dar⸗ 
jder verschafft man aber den Mitgliedern des 
dirchenbaubereins keine Klarheit. Ist der Rohbau 
jollendet, dann hat derherr M Korrespondent schon 
ängst den Staub aus dem Kohlenecke von sich ge— 
chuttelt und laßt die Rohrbacher Schulden bezahlen. 
ver will! 
Was die Colportage eines „ganz andern Planes“ 
urch mich anbetrifft, so hat mir der sel. Herr In⸗ 
peklor Dengel seinerzeit die im Jahre 1886 durch 
herrn Bahrt zum Plane angefertigte Bauskizze 
ibergeben, welche auch von mir gezeigt wurde. Es 
ann mithin von einem „ganz anderen Plane“ keine 
Rtede sein. Herr Korrespondent, Ihr Gewährsmann 
jat wohl da verkehrt berichtet, ein würdiges Seiten⸗ 
tück zu seinen systemat schen Hetzereien in feigem 
dintergrunde. 
Schon vor Abfassung des Gemeinderatsbeschlus⸗ 
es, daß die Kultusumlagen von 3290 weiter er- 
sjoben werden sollen, hat die kgl. Regierung dem 
Zgürgermeisteramte Rohrbach Mittheilung zugehen 
assen, daß mit Rücksicht auf die namhaften frei⸗ 
villigen Beiträge der Katholiken Rohrbachs vom 
Jahre 1891 ad die Erhebung dieser besagten Um— 
agen unterdleiben solle. Wenn nun die kgl. Re⸗ 
zierung diesem G meinderatsbeschlusse die Genehmig- 
ung versagte, so läßt sich die Begründung hierfür 
in der oben erwähnten Zuschrift ersehen. 
Stutt dessen wird j doch versucht hier Stimmung 
u machen, ich hätte mich mit Räügsicht auf die 
döhe meiner Umlagen gegen die Kultusumlagen 
gewehrt. 
Mit meiner Erwiederung auf besagte Arlikel zu 
Ende, bemerke ich noch, daß eine zweite nicht er⸗ 
'olgen wird, wenn auch der Herr MKorrespondent 
veiter Zeit und Muße finden sollte, mich in der 
zffentlichen Meinung herabzusetzen. 
Urb. Jacob. Bürgermeister. 
Reklamen. hetb 
at bei 
Kein Hausmittel 
Indisposition u. Heiserkeit besseren Ecfolg als 
Zay's Sodener Mineral.Pastillen, in 
Men Matbefen u. Droanerien à 85B Pf., käuflhich 
Hebel's Rheinländischer Hausfreund 1891 
Preis 80 Pf. Verlag von J. Lang in Tauberbischofs- 
eim) liegt uns vor. Auch dieser Jahrgang des ächten 
Jebelkaͤlenders rechtfertigt den alten Ruf des vor 87 
Jahren durch den alemanischen Dichter J. P. Hebel be⸗ 
rundeten achten Volksbuches. Der Inhalt ist ein überaus 
eicher (24 Erzählungen und Gedichte), die Ausstattung 
ine prächtige. Kosegger eröffnet den unterhaltenden Teil 
nit einer anmutigen Erzählung aus dem Volksleben, und 
n einer weiteren Arbeit widmet er seinem verstorbenen 
Freunde Anzengruber einen ergreifenden Nachruf. Geres 
ringt eine reizend geschriebene Erzählung aus dem Schwarz⸗ 
oald, Baracdk glänzt in einer witzsprühenden pfälzer Hu⸗ 
noreske, „Eine Schweizer Rees'“, sowie einer schönge⸗ 
chriebenen Erzählung. Diesen folgt eine volksthüm ich ge⸗ 
hriebene Darstellung der französischen Revolution 1789 
92 in ihrer ersten Hälfte. In einer neu aufgefundenen⸗ 
debeliana wird die Erinnerung an den beliebten alemani⸗ 
chen Dichter aufgefrischt. Den Schluß bildet eine reich 
ustrierte Weltschau. 
Allen Freunden einer gesunden Volksliteratur sei dieser 
chöne Kalender auf's Wärmste empfohlen.