Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Kaiserslautern, 2. Dez. Die Volks⸗ 
zählung hat uns eine böse Ub.rraschung ge- 
bracht. Fünf Jahre hindurch hatte man hier in 
dem stolzen Wahne gelebt, die nächste Zählung 
werde die sehnlichst erhofften 40,000 bringen, bei 
jeder Gelegenheit wurde auf die 40,000 Einwohner⸗ 
stadt gepocht — da kommt der 1. Dezember 1890, 
welcher die frohe Kunde besiegeln soll und stürzt 
uns aus allen Himmeln. Man weiß nicht genau, 
wie es kam, aber es läßt sich nicht andern. Die 
trockenen Zahlen auf dem Papier sind unerbitt⸗ 
lich und sie sagen, daß Kaiserslautern etwas über 
37,000 Seelen hat. Auf 36.620 lautet 
die Feststellung von gestern Abend. (Pf. Pr.) 
— U'ber das Vermögen des Adam Hein rich, 
Krämer und Schuhmacher in Pirmasens, 
wurde der Konkurs erdffnet. Als Konkursber⸗ 
walter wurde der Geschäftsmann Ludwig Kömmer⸗ 
ling aufgeftellt. 
— Landau, 2. Dz. Im hiefigen 
Schlachthausstall, im Gemeindefafselstalle 
zu Offenbach und in einigen Stallungen verschie⸗ 
dener Orte des Bezirksamts Germersheim ist das 
Auftreten der Maul- und Klauenseuche konstatirt 
worden. 
— Siebeldingen, 2. Dez. Die gestrige 
Volkszählung ergab für hiesige Gemeinde 
951 Einwohner. Die Bevöolkerung hat fich sonach 
im Laufe der letzten 10 Jahre um 60 Personen 
verringert. 
— Speyer, 1. Dez. Der Auässchuß des 
nationalliberalen Vereins für Speyer und Um—⸗ 
gegend beschloß in seiner letzten Sitzung allmonat- 
lich eine Unterhaltung zum gegenseitigen Gedanken⸗ 
austausch zu veranstalten. 
— Haßloch, 2. Dez. Heute Morgen gegen 
2 Uhr ist das vor dem Dorf gelegene Jäger'sche 
Dampffägewerk vollständig niederge— 
brannt. Auch die Dreschmaschine wurde ein 
Raub der Flammen. Werthvolle Hölzer und 
Bretter sind ebenfalls zu Verlust gegangen. 
— Neustadt, 1. Dez. Der Bau des kürz⸗ 
lich erwähnien Maschinengebäudes für 
die elektrissche Beleuchtungs-Anlage 
am neuen Güterdahnhofe hier konnte wegen der 
rapid eingetretenen Kalte nur auf die Herstellung 
des Fundamentes beschränkt werden. Dasselbe 
kommt oberhalb des schon vorhandenen Wasserthurms 
an der Winzinger Distriktsftraße zu stehen und 
wird 28 Meter lang, 14 Meter breit und einen 
Stock hoch. Es wird für 3 elektrische Maschinen 
Raum enthalten, welchem sich ein weiterer Raum 
für 2 Dampfkessel, dann ein Malerialraum und 
eine Werkfstätte anschließen werden. Die elektrische 
Beleuchtungsanlage wird nach der „Bzt.“ voraus- 
sichtlich nächstes Jahr zur Ausführung gelangen. 
Erbauer des obigen Maschinengebäudes ist Herr 
Bauunternehmer Georg Neumann hier, dem auch 
die Ausführung der jetzt vollendeten großen Ma⸗ 
schinenhalle für 30 Lokomotiven, sowie des daran 
stoßenden 5 Stockwerke hohen Personalgebäudes 
übertragen war. 
— Ludwigshafen, 2. Dez. Die Volks⸗ 
zählung hatte in hiesiger Stadt folgendes Resultat: 
Odꝛerer Stadttheil 7890 Protestanten, 6772 Katho⸗ 
liken, 437 Andersgläubige, zusammen 14,599 
Seelen, unterer Stadtiheil 6636 Protestanten, 
6919 Katholiken, 141 Andersgläubige, zusammen 
18,696 Seelen. Die Gesammtzahl beider Stadt⸗ 
theile beträgt 14,026 Protestanten, 18,691 Katho⸗ 
liken, 578 Andersgläubige, zusammen 28,295 
Seelen. Im Jahre 1885 waren vorhanden: 
10,190 Protestanten, 10,461 Katholiken, 801 
Andersgläubige, zusammen 21,042, mithin jetzt 
mehr 7253 Seelen. (Kur.) 
— Frankenthal, 1. Dez. Der Stadt⸗ 
ralh befaßte sich in seiner h utigen Sitzung vor⸗ 
nehmlich mit der Aufstellung der Budgets. Die 
Gemeindekrankenkasse wird den seither aufgesammel⸗ 
ten Reservefonds infolge der Influenza⸗Epidemie 
zu Beginn dieses Jahres die-mal wieder ganz ver- 
brauchen. Für 1891 sind die Einnahmen auf 
9920 Mark und die Ausgaben auf 9890 Mark 
veranschlagt, das Armenbudget weist auf in Ein⸗ 
nahme 9660 Mark 32 Pfg. (hierunter sind 6500 
Mark Zuschuß aus der Stadtkasse einbegriffen) und 
in Ausgabe 8985 Mark 30 Pfg. Der Voranschlag 
der Stadtiverwaltung schließt ab in Einnahme mit 
325,918 Mark 66 Pfg. und in Ausgabe mit 
314,555 Mark 75 Pfg., sodaß ein Ueberschuß von 
11,357 Mark 91 Pfg. vorgesehen ist. Die Aus⸗ 
gaben sind um 7000 Mark höher als im Vorjahre, 
da aber auch die Steuerkraft gestiegen ist, so kann 
ver vorjührige Umlagensatz mit 70 Proz. bestehen 
hleiben. Das tentierende Vermögen der Stadt 
jeträgt 726,6850 Mark mit einer jährlichen Rente 
von 67,158 Mark 18 Psg., das nicht rentierende 
Vermögen 359,900 Mk., sohin Gesammtvermögen 
,086,580 Mark. Die Schulden betragen j tzt 
320,850 Mark. Fur Verzinsung der Gemeinde- 
chuld sind nöthig im kommenden Jahre 20,884 
Mark, für Tilgung der Schuld werden 21,200 
Mark verwendet. Die Kultusumlagen betragen für 
die protestantische sowohl als auch fur die katholische 
dultusgemeinde je 12 Prozent. J 
— Grünstadt, 1. Dez. Heute Nachmittag 
wischen 83 und 4 Uhr brach in der Scheuer des 
AVIV 
der Ringgasse Feuer aus, welches jedoch durch 
das rasche Eingreifen der Feuerwehr und trotzdem 
na der ersten Zeit Wassermangel herrschte (da die 
Zufuhr in dieser Gasse durch Schnee und Eis sehr 
rschwert wurde). auf seinen Herd beschränkt 
vurde. Es brannte die Scheuer und ein Gaisen⸗ 
tall ab. 
— Kirchheimbolanden, 2. Dez. In 
der heute Vormittag abgehaltenen Sitzung des 
Stadtraths wurde das Gesuch des Eisklubs: 
Wasser aus dem Ziegelwoog auf die auf der 
Berheim'schen Wiese errichtete Eisbahn laufen zu 
lassen, genehmigt. Herr Seyler macht dem Stadt⸗ 
rathe die Zusage, daß er seinen Weiher ziehen 
wolle, um den Wasserstand des Ziegelwoogs auf 
der heutigen Höhe zu erhalten. Bzi.) 
— Ebernburg, 1. Dez. Auf Anregung 
des k. Bezirkzamts Kirchheimbolanden erhält jetzt 
das Dorf Bin gert Anschluß an die Diftrikts- 
draße. Die zu bauende Straßenstrecke muß bis 
1. S ptember 1891 fertiggestellt und wird ungefähr 
15 Minuten lang sein. 
Vermischtes. 
F Im „Reichsanzeiger“ teilt Staatssekretär 
Stephan mit, daß vom 1. Dezember 1890 ab nur 
roch Postwertzeichen neuerer Art ver⸗ 
auft werden; solche älterer Art können bis zum 1. 
zanuar 1891 verwendet werden, verlieren vom 1. 
Februar 1891 an die Giltigkeit und können bis 
pätestens 31. Maärz 1891 umgetauscht werden. 
Bom 10. Dez-mber 1890 ab werden gestempelte 
Briefumschläge und gestempelte Streifbänder nicht 
nehr verkauft. 
FDie Gliederung der deutischen 
Feldartillerie ist durch die Neuauffteüungen 
som 1. Oktober d. J. eine deract zusammengesrtzte 
jeworden, daß sich selbst Artilleristen darin schwer 
urechtzufinden vermögen. Während früher alle 
Zrigaden nur je zwei Regimenter hatten, gibt es 
etzt auch solche zu drei Regimentern, und zwar 
eim XI., XIV. (Eöniglich sächsischen) und II. 
ayerischen Armeekorpz. Die Regimenter gliedern 
ich in fahrende und reitende Aoteilungen, beide 
Urten zu drei und zu zwei Batterien. Die Zahl 
»er Abteilungen bei den verschiedenen Regimentern 
vschselt zwischen 4. 3 und 2. Die Zihl der 
ahrenden Abteilungen zu drei Batterieen beträgt 
vei den meisten Regimentern drei, bei den Regi— 
nentern 25, 33, 34 und dem 2. bayherischen zwei; 
die Regimenter 13, 16, 18, 20, 36 haben neben 
den drei fahrenden Abteilungen zu drei noch eine 
Abteilung zu zwei Batterien; das Regiment 833 
wei fahrende Abteilungen zu drei und ein zu zwei 
Batterieen. Die Zahl der fahrenden Batterien be— 
rägt 387, die der reltenden 47, zusammen 434 
Batterien. 
F Eine Neuerung, deren Werth gar nicht hech 
senug veranschlagt werden kann, hat die städtische 
ßaswerksverwaltung zu St. Johann soeben 
ingeführt. Es handelt sich um die Verleih⸗ 
ung von Gasmotoren an Gewerbetreibende 
ind zwar dergestalt, daß die für Abnutzung ange⸗ 
etzte Summe als Abzahlung detrachtet wird und 
in geringer Mietzins exira vergütet werden soll. 
Die Bedingungen, unter welchen die Stadt die 
Motore abgibt, sind laut „St. J. Zig.“ kurz 
folgende: Als Mietzins werde 23, Proz., für die 
Abnützung 20 Prozent des Werthes der betreffenden 
Maschine pro Jahr berechnet. Die erste Rate wird 
zorausbezahlt. Auf Verlangen muß für den Wert 
der Maschine Burgschaft geleistet werden. Nach 
fünfjähriger Benützung bezw, nach fünf mal, 20 
Prozent betragender, bezahlter „Abnutzung“ geht 
die Maschine in das Eigenthum des ursprünglichen 
Mieters über. 
F Vor nunmehretwassechszigJa 
— so schreibt man der „Tgl. isen Ini 
Stabsoffizier das Kommando einer Festung im 
klsaß, und diensteifrig und für die Soldaten be⸗ 
orgt, begann er sich mit jeder Einzelheit des Dienstes 
hekatint zu machen. Bei einer seiner Jaspellionen 
'and er eine Schildwache ohne sichtbaren Zwed 
ieben einem wurmstichigen und in Trümmer 
allenden Staket, das einen Hof ohne nachweisbar⸗ 
nilitärische Bedeuiung in zwei Teile abtrennte; der 
dommandant erkundigte sich beim Major nach der 
Nothwendigkeit, hier eine Schildwache aufzustellen; 
nan antwortete ihm, daß sie immer dagewesen sei 
und daß sein Vorgänger schon fie dort gefunden 
und beibehalten habe. Das war kein Grund,. — 
um den hartnäckigen Kommandanten zu befriedigen 
nuß man endlich Nachforschungen anstellen, dan 
yurchstöbert die Registraturen, alte Papiere, Tage— 
ȟcher, die sich in der Festung finden, und entdick 
ndlich, daß vor fünfunddreißig Jahren jenes Staket 
velches damals binem münctischen Zude diun 
vieder hergestellt und angestrichen war. Die Schild- 
vache sollte verhüten, daß die frische Ollfarbe be⸗ 
tuhrt werde. Seitdem war der Posten — fünf⸗ 
unddreißig lange Jahre — an dieser Stelle ge⸗ 
olieben, und drei Soldaten auf je 24 Stunden 
jerechnet, hatten etwa 40,000 Mann die Oelfarbe 
—XRX 
FSt. Wendel, 1. Dez. Die Stelle eines 
Rendanten fur die hiesige Kreissparkasse ist 
ausgeschrieben. Dieselbe trägt 4000 Mark ein 
enklusive Buregukosten, und haben sich Bewerber 
his spätestens Ende dieses Monats zu melden. 
F Birkenfeld, 830. Nov In unserer 
nächsten Nähe ist der wohl noch nicht dagewesene 
Fall vorgekommen, daß ein stattlicher Rehbck 
im Keller gefangen und getödtet wurde. 
Auf der Treibjagd angeschossen und von den Hun— 
den verfolgt, suchte der Rehbock auf dem denach⸗ 
darten Banne Deckung im Keller einer alleinst⸗hen⸗ 
den Mühle. Kaum ist er aber durch die offn 
tehende Thüre hineingekommen, als ihm durch 
Schließen derselben der Rückweg verwehrt wird. 
Das ermattete Thier wurde dann mit leichter Mühe 
m Keller geknickt. Soweit war die Sache possir- 
iich, nun kommt die Kehrseite. Anftändigerweise 
wird dem Jagdpächter der zugelaufene und erlegle 
Bock angeboten, doch mit der Bedingung, daß dem 
züücklichen Wildtödter das Gehörn verbleibe. Jener 
will hiervon nichts wissen und beansprucht alles. 
Da denkt dieser: „Wer will haben alles, kriegt 
den Dalles“, und verkauft den Bock. Man ist 
neugierig, schreibt die „S.⸗ u. Bl.«Ztg.“, ob der 
anspruchsvolle Jäger die Sache vor Gericht bringen 
und wie die Ensscheidung lauten wird. 
F Für die Hinterbliebenen des am 13. Januar 
dieses Jahres in Thalfang auf dem Hochwald 
neuchlerisch erschossenen Foͤrsterss Schmidt, find 
vie das mit der Sammlung betraute Komitee 
nitteilt, insgesammt 11732 Mark eingegangen. 
Hiervon find 10950 Mark für die Kinder des Er⸗ 
mordeten bei der Kreissparkasse in Bernkastel rent⸗ 
bar angelegt, der Resthetrag ist der Witiwe ausge⸗ 
händigt worden. 
F Zum Regierungspräsidenten 
in Trier ist, wie die Blätter melden, Herr von 
deppe, seither Regierungspräsident in Danzig, 
ernannt worden. Er ist geborener Kurbesse und 
erst 45 Jahre ali. 
Bingen. Zur Vermhrung der Mittel 
ur den Wiederaufbau der Rochuskirche wird 
jetzt mit staatlicher Erlauhniß eine Weinbver⸗ 
üdosung eingeleitet. Auf 25,000 Loose zu je 
einer Mark werden 6000 Flaschen feinster Weine 
aus der hiefigen Gegend als Gewinne ausgeletz. 
Die letzteren werden vom Weinbau und Weinhandel 
am Rhein und Nahe meist freiwillig gespendet. 
F Karlsruhe. Im vergangenen Monat hat 
der cand. ing. H. Gürlet h, geboren in Kar⸗ 
fers lautern eine wichtige Erfindung gemacht. 
FIr erfand wie die „Pf. Pr.“ meldet, einen 
Belozipedwagen, der, auf einem Zahnrad⸗ 
ystem don ganz adweichender Konstruktion beru⸗ 
jend, auf Jagden und Sporttouren von 4 bezw. 6 
hersonen detrieben und mit wenig Mithe durch 
eine Schaufelvorrichtung in ein Boot umgewandelt 
werden kann. 
F Heidelberg. Schlecht bekam einem Manne 
aus einem Nachbarort die Kneipp'sche Naturmethode. 
Die Schneeflocken wirbelten bekanntlich am letzten 
Samstag lustig genug und die Temperatur ver 
chneie desgleichen anige Grade. Demungeachtet