Full text: St. Ingberter Anzeiger

aus jedem Beden. Das Programm lautet wie das 
der sozialistischen Arbeiterpattei: allgemeines Stimm ⸗ 
recht und Achtstundentag. Ausstände dürfen nur 
nach Entscheidung des Ausschusses, ausgenommen 
bei Lohnverminderungen, stattfinden. Ferner wurde 
die Gründung von Widerstandskassen beschlossen, 
mit einem wöchentlichen Beitrag von 5 Centimes. 
Fnde Mai soll in Jolimont ein internationaler 
Bergleutetag statifinden. 
Paris, 2. Febr. Der „Figato“ veröffent 
licht die Untercedung eines seiner Mitarbeiter mit 
dem ehemaligen Seinepcäfekten Haußmann 
süber die bekannie Broschüre des Obersten Stof⸗ 
fel. Danach erblickt Haußmann in der gegen⸗ 
waärtigen Stautsform Frarkreichs das Hinderniß 
für den Abschluß eines Bündnisses; er glaubt, 
der Rhein als Grenze werde sich eines Tages bei⸗ 
den Nationen gebieterisch auferlegen, die dazu ge⸗ 
schaffen wären, Rivalen zu sein. 
Paris, 3. Febr. Der Minister des Aeußern, 
Spuller, der heute Vormittag nach Paris zu⸗ 
rüdgekehrt ist, empfing den italienischen Botschafter. 
der ihm für die wohlwollenden Worte dankte, mit 
denon er in der Gedächtnisrede am Grabe Marianis 
der Beziehuugen zwischen Italien und Frankreich 
gedacht hai. — Der Herzog von Leuchten⸗ 
berg machte heute dem Präsidenten Carnot einen 
Besuch im Auftrage des Großfürsten Nikolaus, der 
durch seinen Gesundheitszustand verhindert war, 
selbst zu kommen. Präsident Carnot wird den 
Besuch morgen erwidern. — In dem Senats⸗ 
aus sch uß zur Prüfung der gerichtlichen Behand⸗ 
lung von Preßvergehen erklärte heute Ju⸗ 
izminister Thévenet, die Regierung sei der Ansicht, 
daß in Zukunft alle Vergehen, Beleidigungen und 
Verleumdungen durch die Peesse den Zuchtpolizei⸗ 
zerichten zu überweisen seien. Er ersuche daher, 
den Antrag Marcel Barthe anzunehmen. 
Paris, 3. Febr. Obgleich über die Schwie⸗ 
rigkeiten im Schoße des Ministeriums 
keine neuen Nachtichten vorliegen, bleibt die Lage 
unverändert, da der Gegensatz zwischen Tirard und 
Constans fortbesteht. Ebenso dauert die Uneinigkeit 
wegen der Verfolgung der Mitslieder des Kupfer⸗ 
rings fort. Die wirkliche Beilegung der Meinungs⸗ 
vberschiedenheiten ergabe zwar eine Verschiebung der 
Krise, wäre aber immerhin nur ein Notbehelf. 
LZofkale und pe lzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 4. Febr. Zu dem gest⸗ 
rigen Vereinsabend des Obstbaubereins 
waren leider nur sehr wenige Mitglieder er⸗ 
schienen. Auf eine naͤhere Besprechung der vor⸗ 
gesehenen Gegenstände einzugehen, mußte man 
‚eßhalb als uͤberflüssig erkennen. Eine demnächst 
einzuberufende Versammlung des Vereins wird 
sich mit wichtigen Fragen zu beschäftigen haben, 
deren baldige Erledigung für die Mitglieder von 
Vorteil sein wird. Namentlich kommen hier in 
Betracht die Bestellung von Obstbäumen bezw. 
Anmeldung des Gewuͤnschten, die Uebertragung 
des Baumfschnittes an einen hiesigen Fachmann, 
die Anlage auf dem neuen Friedhof ꝛc. Da 
die Zeit dröngt, so wird nach einer uns ge— 
machien Mitteilung in den nächsten Tagen bei 
den Vereinsmitgliedern eine Liste in Bezug auf die 
Angelegenheit des Baumschnittes zirkulieren. Die⸗ 
jenigen Mitglieder, welche ihren Baumschnitt von 
der votgeschlagenen Person ausgeführt haben 
wollen, brauchen sich nur in die Liste einzuzeichnen. 
Der 1. Vorstand des Vereins, welcher diese Mit⸗ 
eilungen machte, fügte hinzu, daß dem Verein 
hier noch Vieles zu thun bleibe, es moͤge daher 
jedes Mitglied an seinem Theile kräftigst mit⸗ 
wirken. Die in Aussicht genommene Versamm⸗ 
lung wird zeitig bekannt gegeben werden. 
* Auf dem gestrigen Jahrmarkt hier soll 
der Umsaz ein recht flauer gewesen sein. 
Im Hotel Stutzmann dahier konzertirt 
heute Abend der Mimiker und Salonhumorist Hr. 
Dito aus Nürnberg. 
e⸗— Die „„pfalzische Kampfge— 
nosssenschaft“ erhielt 1889 auf Grund ihres 
VBerirages mit der Feuerversicherungs⸗Gesellschaft 
Providentia“ in Frankfutt a. M. die Summe 
bon 1815 Mk. 10 Ppffg. wovon die Hälfte an die 
Verbandsbvereine hinaus bezahlt wird. Am 1. 
Januar 1880 trat der Vertrag in Wirksamkeit und 
hat der derselbe dem Verbande, wie im „Pf. K.“ 
berichtet wird, bis heute die ansehnliche Summe 
bvon 11296Mk. 18 Pfg. eingetragen, wovon 
gegen 5000 Mk. den Einzelbereinen zusielen. Die 
dDie Verbandsleitung hatte daher Recht, daß sie 
rotz mancher Gegenagitation seiner Zeit gerade 
nit der „Providentia“ abschloß, welche 
ich viele Mühe gab, den Vertrag durch ihre 
Agenten zu einem lebenskräftigen zu machen. Von 
1890 an erhält der Verband nur noch die Hälfte 
er seitherigen Bonification in Anbetracht, daß die 
Besellschaft in den 10 Jahren einen Schaden von 
11000 Mk. hatte; trotzdem wird die Bonification 
‚oraussichtlich die Höhe von 1000 Mt. erreichen 
womit der Verband recht wohl zafrieden sein 
lann. 
»— Es ist nunmehr auch in Bayern die An⸗ 
Irdnung ergangen, daß die beamteten Thierärzte, 
zann die Distrikts- und die praktischen Thierärzte 
von jedem ihnen bekannt gewordenen Ausbruch und 
yvon dem Erloͤschen der Influenza (Brustseuche) — 
ansteckende Lungenentzündung. Pferdestaupe — 
Rothlaufseuche, Skalma — seuchenartiger Katarrh 
der Luftwege, Anzeige zuerstatten haben. 
— Schnappach. Bei der Fremden⸗ 
egion in Algier dient auch ein gewisser Wil⸗ 
helm aus Altenwald. Wegen Toischlags eines 
Anteroffiziers wurde derselbe zum Tode verurteilt, 
welche Strafe durch den franzoͤsischen Präsidenten 
Farnot in lebenslängliche Zwangsarbeit umgewandelt 
wvurde. C(. A.) 
— Wolfstein, 2. Febr. Gesiern Abend 
—RXV 
Näherin Emilie Faller von hier ein Geschirr 
in dem hinter ihrem Wohnhaus vorbeifließenden 
Mühlteich reinigen, fiel hierbei unglücklicherweise in 
das Wasser und ertrank. Als einziges Kind 
wird die Verunglückte von ihrer Mutter, die 
Witiwe ist, betrauert. 
— In Kaiserslhaute rn wurde am Sams- 
ag die Dienstmagd Elise Busch aus Lauterecken 
erhaftet, welche eingestandenermaßen einem Kauf⸗ 
nann 1120 Mek. in Gold gestohlen hatte. 
— Kaiserslautern. Telephonan— 
sagen. Die Benützer des Sglachthauses erhalten 
zas Recht, die Telephonleitung in demselben un⸗ 
untgeltlich zu benützen, sofern sie außerdem schon 
Abonnenten an der städtischen Telephonleitung 
ind. — Die Direktion der pfälzischen Bahnen hält 
uuf ein bezügliches Gesuch eine telephonische Ver⸗ 
indung des West ⸗Güterbahnhofs mit dem Schlacht⸗ 
jaus nicht für geboten. — Für Telephonverbindung 
er städtischen Gebäude ꝛc. ist bereits früher ein 
Betrog von 3000 Mk. vom Stadirat bewilligt. 
Bon diesen siad 2800 Mk. verbraucht. 
— Pirmasens, 2. Febr. Eine in weiten 
dreisen, fast in aller Herren Länder bekannte Per⸗ 
önlichkeit, ist vorgestern Nachmittag 1 Uhr im 
Alter von 49 Jahren verschieden, Herr Museums- 
zesitzer Philipp Leil ich. Von den kleinsten An⸗ 
angen an hatte Herr Leilich sein weltberühmtes 
malomisches Museum durch sein unermüdliches 
Wirken zu großen Ansehen gebracht und in aller 
Welt war dasselbe durch seine reichhaltigen Samm⸗ 
ungen bekannt. (P. 3.) 
— Pirmasens, 3. Febr. Als Kapitel s⸗ 
enior für die Wahlzeit 1889 bis einschließlich 
892 wurde für das Dekanat Pirmasens Herr 
Ifarrer Zapf von hier gewählt und vom k. Kon⸗ 
istorium bestätigt. 
— Landau, 2. Febr. Der von der Alka⸗ 
zemie der bildende Künste in München ausgefetzte 
»rste Preis von 272 Mk. 10 Pfg. für die 
zeste Löosung der gestellten Preisaufgabe in der 
Plastik wurde den Studirenden Froch. Chr i st von 
xschbach zuerkannt. 
— Neustadt, 3. Febr. Bei der heute im Theater⸗ 
aale des Saalbaues abgehaltenen nationalliberalen 
VBerlrauensmännerversammlung aus dem Wahlkreise 
deuftadt· Landau wurde Herr Dr. Bürklin, 
inser seitheriger Reichsstagsabgeordneter, einstimmig 
vieder als Kandidat erwählt. Herr Dr. Bürklin 
at sich bereit erklärt, wiederum für unseren Wahl⸗ 
reis zu kandidiren. 
— Im Wahlkreise Reustadt-Land au ist 
yon den Deutschfreisinnigen Herr Sartorius, 
zer bereits mehrmal im Wahlbezirke kandidirte, als 
steichstagskandidat aufgestellt worden, nachdem Herr 
dandgerichtsdirektor Reiffel in letztee Stunde zurück⸗ 
zetreten war und erklärt hatte, ein Mandat nicht 
mzunehmen. 
— Neustadt, 3. Febr. Nachdem schon 
yor einiger Zeit in Speyer ein Krankenpflege—⸗ 
kurs für Ftauen und Mädchen abgehalten worden 
var, den der dortige Frauenverein eingerichtet hatte 
ind welcher sich in hohem Grade als zweckmäßig 
rwies und sich einer außerordentlich großen Theil⸗ 
nahme erfreute, hat auch in unserer Stadt 
Frauenverein die nothigen Schritte gethan, u 
inen solchen Kurs zu Stande zu bringen. Es seh 
derselbe zungen Mädchen und Frauen die Gelegen 
heit bieten, sich unter der Leitung des Herrn Di 
Zoͤlsch theoretisch und praktisch mit der Kranken 
pflege zu befassen, um sich diejenigen Kenntuis 
anzueignen, welche erforderlich sfind, um dem Arji 
im Falle der Noth als geschickte Helferin zur Seit 
dehen zu können. Ein Saal im neuen Spital if 
hon der Stadt bereitwillig zur Verfügung gestel 
worden. In demselben sollen die Vorträge wöchent 
lich einmal in Verbindung' mit praktischen Ueh 
ungen abgehalten werden. Das Alter der Theil. 
nehmerinnen soll nicht unter achtzehn Jahren sein. 
— Speyer. Se. Kgl. Hoh. der Prinp 
Regent hat dem kath. Kasino in München die er 
zetene Allerhoͤchste Bewilligung zur Vornahme von 
S5ammlungen für Seine Heiligkeit den 
Bapst mittelst Erlassung von Aufrufen in! 
iffentlichen Blattern für das Jahr 1890 aller⸗ 
mädigst erteilt. 
— Dürkheim, 3. Febr. Herr Hußs— 
schmied Georg Ludwig Herohd (Sohn von 
Heorg Herold) dahier (Wormser Straße) bestand 
ie Prüfung für Hufbeschlag an der kgl. Hufbe— 
Iind gehranslat Würzburg mit der ebrenvollen 
stote J. 
— Einer der ersten Weingatsbesitzer 
der Pfalz verkaufte kürzlich das ganze Erträg 
uß seines lezten Herbstes an eine Schaumwein 
Fabrik. Diese sandte einige Flaschen wie üblich 
ur Prüfung an ein landwirthschaftliches Untersuch— 
ingsamt, welches kurz und bündig erklärte, di 
Wein sei verzuckert. Nun ist aber der Ver— 
aufer des Weines ein Mann, der hoch über jeden 
Vherdachte steht, daß er Weinfälschungen begehe 
»der von seinem Dienstpersonal dulde, und der 
ruch obiges Urtheil nicht unangefochten ließ. Wie 
vir hoͤren, wird er darin kräftigst vom landwirth—⸗ 
haftlichen Kreis⸗Komitee unterstützt, welchem also 
nuch nicht unbekannt zu sein scheint, wie weniq 
icher alle Weinuntersuchungen ausfallen, und daß 
nan daher bei derartigen Gutachten außerordent 
zich vorsichtig sein muß. 
— Ludwigshafen. Die Statuten übet 
die Errichtung einesewerblichen Schieds 
zerichts wurden früher genehmigt, jedoch noth 
zie Begutachtung des Gewerbevereins unter: 
hreitet. Die dem Stadtrat in jüngster Sitzun 
vorgelegene Rückäußerung enthielt einige unwesent 
iiche Aenderungen, meist redaltioneller Natut 
velche gutgeheißen werden. Eine weiter gehende 
gestimmung, wonach auch Sühnversuche an an—⸗ 
»ern Tagen als dem zur Verhandlung der gewerb⸗ 
ichen Streitigkeiten festgesetzten einen Wochentage, 
vor dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts ange— 
zracht werden iönnten, ward aber abgelehnt. 
Ebenso wurde eine im Entwurfe hefindliche Be⸗ 
timmung, daß auch Arbeiterinnen sich ar 
ver Wahl der Schiedsrichter betheiligen koͤnnen 
Jestrichen. Vor dem Inkrafttreten dieses Statui 
unterliegt solches noch der Genehmigung der vor 
jesetzten Behörde. 
— Ludwigshafen, 3. Febr. Eine in 
zöͤrdlichen Stadtieil wohnende Frau, welche gestetn 
Abend in Gemeinschaft ihres Sohnes und ihrt 
zrei Töchter die Unterhaltung des Gesangverein 
„Concordia“ im „Pfälzer Hof“ besucht hatte 
vurde von plötzlichem Unwohlsein befallen, aus 
welchem Grund sie sich ins Freie begeben wollle 
Auf der Treppe stürzte sie jedoch zusammen. Del 
sofort herbeigeholte Bezirksarzt Dr. Zieglei 
konnte leider nur den Tod der Frau konstatiren. 
Pf. K.) 
— Frankenthal. Die Mezner'sdqet 
Brauereigesellschaft wird für 1889 4*, pbh. 
Ddividende auszahlen. Es wurde bei einem Bier 
ibsatz von 13,358 Hektoliter ein Gewinn von 
11,836 Mk. 50 Pf. erzielt. Natürlich wurden 
Irößere Abschreibungen vorgenommen. 
— Die Vorstandschaft des historische! 
Bereins der Pfalz hat beschlossen, den Ref 
des an Musterstücken der fränkischen Kulturepoqh 
(5—–6. Jahrh. nach Christus) reichen Grabfeldet 
»on Obrigheim a. Eis demnächst auszubeuten. 
Dank dem Entgegenkommen des Besißers des bez 
Brundstückes, Herrn Baum, ist dies ermöglich!. 
Mit der Leitung der Ausgrabungen, die bei günstiget 
Witterung noch vor Ostern beginnen sollen, wurd 
ils Kommissär des Vrreins Herr Dr. Mehlis in 
dürkheim betraut.