Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Vom Erlenbach. Bei einer dieser Tage 
durch Herrn Dr. Schützenberger aus Weißenburg 
abgehal eaen Treibjagd im Muͤhlhofener Waldchen 
wurden außer 38 Hasen und 1 Rehbock nicht 
weniger als 11 Fasanen erlegt. Bei einer kucz 
borher stattgehabten Treibjagd wurden 9 Fasanen, 
also im Ganzen 20 geschossen. 
gandau, 11. Dez. Die Koch'sche 
Lymphe und die zu den Injektionen erforder⸗ 
uͤchen Apparate find bereits eingetroffen. Im Gar⸗ 
nisone⸗Lazareth sind bereits zwei zur Behandlung 
geeignete Patienten vorhanden. 
— Im ‚L. A.“ wird zur Warnung Fol—⸗ 
gendes veröffentlicht: Dieser Tage kam zu Siebel⸗ 
dinger und Birkweiler Geschäftsleuten ein 
alterer Herr, der fich als Agent vorgftellte und 
cflärle. für ein nächstens fallit werdendes Waaren⸗ 
lager Verkäufe abschließen zu wollen. Hierbei käme 
es dem betrefsenden Inhaber nur darauf an, noch 
recht viel zu veraͤußern; die Preise seien spottbillig. 
Zur Erhärtung des letzteren zeigte er einige wirklich 
gute Handtücher vor, die er für 15 Pf. das Stück 
ablassen werde. Als man nug einwilligte, einzu⸗ 
kaufen, entfernte er sich und tkam dann später in 
Begleinung eines jungen Mannes zurück, welcher 
der oben angeführie unglückliche Geschäftsmann sein 
sollte. Bei sich trugen die Genannten zwei Packete. 
deren eines eiwa 6 Handtücher, 1 Tischdecke, Stoff 
zu 2 Anzügen und 1. U berzieher in sich schloß 
Fue sammtliche Artikel wurden 57 Me. verlangt, 
Einzelverkauf lehnte man ab. Der Bitte um Orffaen 
des aaderen Packets willfahrte man erst nach 
langem Zögern. Als es nun den nämlichen Inhalt 
wie das erste beherbergte, wurde man stutzig und 
untersuchte die Zeuge näher, wobei sich ergab, daß 
die Kleidungsstoffe äußerst minderwerthig waren. 
Dieselben sollten durch das Mandver mit den als 
Lochspeise vorgezeigten preiswürdigen Handtüchern 
losgeschlagen werden. Auf diese Weise wurden ver⸗ 
schiedene Familien betrogen. 
Der Gemeinderaih von Duttweiler hat 
laut „L. A.“ die an die Lehrer zu zahlende Ent⸗ 
schädigung für Stellung des Schulbrandes von 86 
auf 100 Mk. erhöht und für das bei Wörth zu 
errichtende Denkmal für Kaiser Friedrich einen Zu⸗ 
schuß von 10 Mt. bwilligt. 
— Speyer, 10. Dez. Durch Vermittelung 
bon Ed. Fehn, Weinkommissionär dahier, ging das 
Gasthaus zum Rebstock“ (Herrn Lederle⸗Catoir in 
Reustadt gehoͤrend,) in Besitz des Herrn Roman 
Müller in Bruchsal um 21,000 Mt. über. 
— Speyer, 11. Dez. Bisitzwechsel. 
Das Leop. Weil gehörige Anwesen in der Hage⸗ 
dornsgasse (die Kap lle der Methodisten) nebsi 
Garten ging in den Besitz von Christian Schwarz, 
Methodifienprediger, für 11,000 Mt. über. 
Neustadt, 11. Dez. Wie die hiesige 
„Zig.“ erfahrt, ist der kgl. Regierung der Antrag 
gestellt worden, voretst die Spitaler zu Neu— 
ftadt, Speyer und Frankenthal mit Koch'scher 
Luymphe zu versehen. 
— Fränkenthal, 10. Dez. Der Stadt⸗ 
rat bschäftigte sich in seiner heutigen Sitzung 
hauptsachlich mit der Reorganisation der städtischen 
Sparkasse. Die Geschäfte derselben wurden 
bis zum Tode des Herrn Adjunkten Neumayer von 
diesem unentgeltlich geführt und bewegten fich denn 
auch im Vergieich zu den Sparkassen anderer Stadte 
bon der Bedeutung Frankenthals in verhältnismäßig 
engen Grenzen. Als die Frage der Besetzung der 
Rechnerstelle an den Stadirat hetantrat, wurde auch 
die weitere Frage aufgeworfen, ob nicht vor defini⸗ 
tiver Besetzung dieser Stelle eine Reorganisation 
bezw. Ausdehnung det Sparkasse erwogen werden 
solle. Die Angelegenheit wurde der Finanzkommis⸗ 
fion und der Sparkassenkommission zur Beratung über 
wiesen. Heute wurde der Antrag von diesen Kommis⸗ 
sionen gestellt, die Sparkasse auszudehnen, und auch 
ein dahinziehlendes Statut in Vorlage gebracht, 
das ohne Aenderung Annahme fand. Tie Einlagen 
werden hiernach künftig von 2 bis 5000 Mt. an- 
genommen; die Gesemteinlage einer Person darf 
den Bettag von 6000 Me. nicht überst igen. Um 
Summen, welche zu einem im voraus bestimmten 
Zweck, z. B. zur Konfirmation eine Kindes, fuͤr 
die Berufsbildung oder Militärdienstzeit eines 
Knaben, zur Aussteuer eines Mädchens u. dgl. m. 
gespart werden sollen, sicher zu stellen und die 
Verwendung dieser Ersparnisse zu anderen Zwecken 
zu verhüten sind auf Antrag der Einleger „gesperrte“ 
Kassenbücher zulässig — gesperrt durch Ausschließ⸗ 
a des Rechis der Kündiaung, iowie des Zinsen- 
ezugs vor dem vereinbarten Zeitpunkte, sodaß 
samtliche Zinsen dem Kapital zugerechnet werden. 
Nur im Falle das betreffende Kind vorher st rben 
sollte, werden Einlagen und Zinsen zurückezahlt. 
Ddas Bureau der Sparkasse kommt ins neue Stadt ⸗ 
jaus, die Geschäfte werden von einem noch zu er- 
gennenden Sparkassenrechner besorgt. Verzinst 
werden laut „Pf. Pr.“ die Einlagen bis zu 1000 
Met. mit 4010, höhere Beträge mit 3135 00. 
Sagindenheim, 10. Dez. Gestern Abend 
wischen 7 und 8 Uhr schlich sich ein Dise b im 
Zause des Philipp Beyer ein und entwendete dessen 
Schwiegecvater, einem sehr alten Manne, aus einem 
Bandschrünkchen, das er gewaltsam erbrach, 
40 Mark. die Magd im Hause sah den Gauner, 
zer ein Hemd übergezogen hatte, aus dem Fenster 
pringen und durch den Hinterbau davon⸗ilen. Bis 
ie das Haus alarmirt hatte, war keine Spur vom 
diebe mehr zu sehen. 
Pfeeifches Schwurgericht. 
V. Vierteljahr. 
(GBw. 3.) 
Zweibrücken, 11. Dez. Verhandlung 
gzegen Johannes Kohll, 33 Jahre alt, Maurer 
zon Blickweiler, zuletzt in St. Ingbert wohnbaft, 
vegen Kötperverletzung mit nachgefolgtem Tode. 
Als Geschworene wurden ausgelost die Herren: 
Maurer, Ohligmacher, Foerster, Ißler, Rittyer, 
Ztug, Bruch, Dahlem, Gutheil, Bentz, Sait 
Der Thatbestand der Anklage ist fol gender: 
Johs. Kshl, geboren zu Blickweiler, arbeitete in 
ktzier Zeit als Maurer in St. Ingbert. Seine 
Ehe, aus welcher drei Kinder hervorgegangen, war 
leine glückliche, sodaß es öfters zu Auftritten zwischen 
)er Eheleuten kam. Am 19. August ds. Irs., an 
inem Zahltage, kam Kohl abends 7 Uhr nach 
dause. Da verlangie seine Frau von ihm den 
dohnzettel, um den Arbeitgeher ihres Mannes zu 
fragen, weshalb sich ihr Mann einen Varschuß von 
12 oder 15 Mark hobe geben lassen. Kohl, da⸗ 
durch erzürnt, schleppte seine Frau an den Haaren 
an die Treppe, und trotz der Bitten der Frau, er 
möge sie freiwillig die Treppe hinabgehen lassen, 
gab er ihr auf der drittobersten Stufe einen Fuß— 
srut ins Kreuz, sodaß sie die ganze Treppe hinab⸗ 
stürzte und unten bewußtlos liegen blieb. Diese 
bdon der Frau gegebene Darstellung wird von einem 
Zeugen destätigt. Die Ehefrau Kohl war zur Zeit 
dieses Vorfalles im 5. oder 6. Monat schwanger. 
Während sie vorher nie über Schmerzen oder Un— 
wohlsein klagie, hatte sie nach dem Sturz über be— 
zandige Schmerzen zu klagen. Als am 23. August 
der Ärzt zu ihr gerufen wurde, kondaatierte 
»erselbe Unterleibsentzundung. Am 28. August 
Jebar dieselbe ein todtes Kind und starb einige Stun ⸗ 
den nach der Geburt. Die direkte Höhe der Treppe, 
von welcher Ehefrau Kohl herabfiel, beträgt unge⸗ 
ahr 2 Meter. Der Angeklagte leugnet, daß er 
eine Frau die Treppe hinuntergestoßen habe; diese 
jabe bielmehr rasch die Treppe hinuntergehen wol⸗ 
ien und müsse sich dabei übertreten haben, sodaß 
ie hinuntergefallen sei. Die Sektion ergab, daß 
der Leib stark aufgetrieben war, und daß sich auf 
der rechten und linten Seite des Kinns der Leiche 
Zautabschürfungen befanden. Die ganze untere 
Zarthie der Därme zeigten eitrige Flüssigkeit. Das 
Hutachten des Herrn pralt. Arztes Dr. Ehrhardt 
hdon St. Ingbert lautet dahin, daß die Entzünd- 
ung durch eine äußere Einwirkung hervorgerufen 
ein müsse. Infolge der Quetschung habe im Innern 
in Bluiaustritt siangefunden und dieser habe sich 
Umälich in Eiter verwandelt. In Ermangelung 
ines anderen Ereignisses müsse man die Entzünd⸗ 
uing auf den Sturz zurücksühren. Die Geburt lonne 
aicht die Ursache der Entzundung gewesen sein, denn 
diese sei normal verlaufen. In gleichem Sinne 
inßerie fich Herr kgl. Landgerichtsarzt Dr. Ullmarn 
don hier. 
Die Herren Geschworenen bejahten die wegen 
Zoörperverletzung mit nachgefolgtem Tode an sie ge⸗ 
ichteten Fragen, sowie die Frage nach mildernden 
Imständen, worauf der Gerichtshof den Angeklagten 
zu einer Gefängnibstrafe vons Jahren 
erurteilte. 
Schluß der Verhandlung: abends 61, Ubr. 
Vermischtes. 
Friedrichsthal, 10. Nob. Die Volks⸗ 
sählung am 1. d. M. ergab in der Burgermeisterei 
Friedrichsthal eine ortsanwesende Bevölkerung von 
3356. Bei der Zahlung am 1. Dezember 1885 
etrug die ortsanwesende Bevölkerung 5871. Also 
Zuwachs 385. 
Dem Herrn Johann Wagner in Jägers⸗ 
reude entuͤefen vorgestern zwei Knaben im Alter 
ron 11 und 9 Jahren. Dieselben hatten die Schule 
seschwanzt und wurden dieserhalb von der Mutter 
jestraft. Aus Furcht vor weiterer Strafe seitens 
jes Vaters, entfernten sich die Kinder und glaubte 
nan dieselden in Nalbach bei Verwandten zu ireffen 
das jedoch nicht eimraf. Wer über den Verbleib 
er Kinder etwas weiß, wolle gefl. der Polizeibe⸗ 
soͤrde Kenntniß geben. 
Aus Hessen. Vor 8 Tagen ging ein 
Brief auf dem Mainzer Postamte ein mit folgen⸗ 
der Adresse: „An den Feldwebel des linken 
Flügels des deuischen Heeres.“ Der Brief kam an 
die richtige Adresse, nämlich an den Feldwebel der 
——— 
Regiment Nr. 145 ist nämlich das letzte im ganzen 
»eutschen Heere, also die 12. Kompagnie das Ende 
des linken Flügels des Heeres. 
FeFrankfurt a. M., 10. Dez. Ein Healus⸗ 
dieb, der seinem Herrn 8000 Mk. aus dem 
Schreibpult gestohlen, stand heute in der Person 
des 24 Jahre alten Dieners Robert Baier vor Ges 
richt. Baier war bei dem hiesigen Privatier Dr. 
jur. Lang⸗Puchhof 4 Monate lang bedienstet und 
hatte Kündigung erhalten. Vor seinem Austritt 
am 10. Juni d. Is. dem Tage des Frankfurter 
Wettrennens, hat Baier in Adwesenheit der Herr⸗ 
schaft den Schreibtisch seines Herrn mit einem 
Dietrich erbrochen und daraus 8000 Mk., darunter 
3 Tausendmarkscheine enwendet. Der Diebstahl 
wurde erst am nächsten Tage bemerkt und Baier 
Us verdächtig in Haft genommen; da man ihm 
edoch nichts nachzuweisen vermochte, so wurde er 
nach 6Gwöchentlicher Haft wieder in Freiheit gesetzi. 
In der Hostzelle halte er einen gewissen Theising, 
nen Kurschner, kennen gelernt. Diesem teilte er 
mit, die 6 Tausendmarkscheine lägen unter der 
Marmorplatte im Eßzimmer seiner früheren Herr 
chaft, man wolle sich unter der Maske eines Ta⸗ 
ezierers einschmuggein, das Geld holen und den 
Raͤub teilen. Theising fand den Plan vortrefflich 
ind teilte ihn in seiner Freude einem gewissen 
Zeiffert mit. Der meinte noch besser sei es, Baier 
mnzuzeigen und die dafür ausgesetzte Belohnung 
„ou 8300 Mt. einzustreichen und zu teilen. So 
Jeschah's. Das Urteil lautete auf 3 Jahre Zucht⸗ 
haus und 3 Jahre Ehrberlust. 
Munchen, 10. Dez. Herr Geheimrath 
Dr. d. Kerschensteiner hat noch den „N. N.“ in 
inem im ärztlichen Verein München gehalitenen 
Vortrag „die Entwickelung der bayerischen Medi⸗ 
inalverwaitung im 19. Jahrhundert“ in üder⸗ 
eugender und klarer Weise dargelegt, daß die zut 
Zeit vorhandene Fahl von Aerzten und der 
uͤr die nächste Zukunft voraussichtlich zu erwartende 
Nachwuchs über das Beduͤrfniß an Aerzten, das die 
hegenwart hat, thatsachlich noch nicht hinausgeht. 
VWir leben gegenwärtig allem Anschein nach in 
München im Zenalter der Eatführungen. Ju ver⸗ 
altnißmäßig sehr kurzer Zeit find fünf pflichtwer⸗ 
gessene bessere 6() Eheha Uften ihren Männern 
zürchgebrannt, welchen sich eine sechste würdig 
ingereiht hat. Wie nämlich in Offizierskreisen 
sebhaft erdttert wird, ist vor einigen Tagen die 
— Mo 
salen pensionitien Hauptmannes eines hiesigen In- 
anterie ⸗Regiments unter Mitnahme des nötigen 
dleingeldes und dem männlichen Schutz eine⸗ 
chneidigen Einjahrig⸗Freiwilligen ahrem Mann durch· 
gebrannt. 
F Vom Roͤhrmoser Eisen bahnun— 
Ihück. Dem schwer verleßzten Muhlbefitzer Laden⸗ 
zurget von Rennerishofen, der vollständig erwerbb⸗· 
anfaͤhig und nie mehr seine Gesundheit erlangen 
wird wurde, da er nicht meht nach dem 
Rechten sehen konnte, sein Anwesen subhaßirt, und 
d ist er jetzt auch völlig subsistenzlos. Im Pro⸗ 
esse mit dem Fiskus handelt es sich um die deh⸗ 
zung der Höhe des Schadegersates, da der Fit⸗ 
as jseine Eatschädigungspflicht anerkennt. Einß⸗ 
vaͤlen belomm Ladenburger, der eine Familie 
efiht, vom Eisenbahnfidkus 3000 Mi. Rente fur 
das Jahr. Milte Januar wird der Vrozeß jelbs 
derhandelt. 
Aus Thuüringen. Ein fozial dem“ 
ratischer Arbeiter aus Gebesec, welcher sich 
vahrend der Zeit seiner Landwehrubnng dazu hin⸗ 
zeißen ließ, einen Unteroffizier thätlich zu beleidigen. 
ewie die Münchener „Allg. Ztg.“ meldei, vom