Full text: St. Ingberter Anzeiger

dem Vernehmen nach verhältnismäßig niedrig stellte, 
nicht einigen konnte. 
— Frankenthal, 16. Dez. Heute Nach⸗ 
mittag verschied unerwartet an einem Herzschlag, 
nachdem er von einer 140gigen iyphösen Krank⸗ 
heit sich bereits auf dem Weg der Besserung befand, 
Herr Eisengießereibefitzer Heinrich Getterst von 
hier. Seit fast einem Vierteljahrhundert als Gieß⸗ 
meister in der Küuͤhnle'schen Maschinenfabrik thätig, 
gründete der Verstorbene vor einigen Jahren eine 
eigene Gießerei, welche am hiesigen Platz das 
RKenommsé eines vorzüglichen Etabliss ments genoß. 
Vor 14 Tagen kaufie Herr Geitert in Sp yer noch 
cin Anwesen, um auch dort eine Gießerei zu 
gründen. Alle die Hoffnungen des rühigen Ge⸗ 
schaftsmannes sind nun mit einem Mal zu Grab 
getragen. 
In Lambsborn waurde ein Ooͤstbau⸗ 
verein gegründet, welchem bereits 36 Mitglieder 
beitraten. 
Mannweiler, 15. Dez. Hier hat die 
Kinderkrankheit Masern ihren Einzug gehalten 
und auch schon zwei Opfer gefordert. Von 44 
Schulern erschienen heute Morgen nur 4 in der 
Schule, so schnell hat sich die Krantheit unter den 
Kindern verbreitet. 
gFer von der Witiwe Ruckdeschel im 
Namen ihres verstorbenen Ehemannes, des kgl. 
Dekans und Pfarrers Wilhelm Heinrich Ruckdeschel 
in Kirchheimbolanden, mit einem Betrag 
von 2000 Me. letztwillig begründeten Stipendien⸗ 
stiftung fur protestantische Theologiestudierende aus 
der Pfalz unter dem Namen „Pfarrer Ruddeschel'sche 
Stipendienstiftung“ wurde die Allerhoͤchste landes⸗ 
herrliche Bestätigung ertheilt. 
Dxdie'SaquordnungfürdiePfalz 
vom 30. August 1890 beschränkt sich nach ihrer 
Veranlassung und nach ihrem Zweck darauf, die 
wichtigsten feuerpolizeilichen Vorschriften der Bau⸗ 
ordnung für das rechtsrheinische Bayern auf die 
Pfalz zu übertragen, verrfolgt aber nicht die Absicht, 
der Bauthätigkeit in der Pfalz nach der polizei- 
lichen Seite erschöpfend zu regeln. Die bisher für 
des Regierungsbezirt giltig gewesenen bau⸗ und 
feuerpolizeilichen Vorschriften bleiben demgemöß, so 
weit sie nicht durch F 19 der Bauordnung für die 
auzdrücklich aufgehoben worden sind, auch fernerhin 
in Kraft. Dieselden sind: 1) die Vorschriften über 
Alignement, insbesondere Art. 102 des Polizeistraf⸗ 
gesetzbuches, die Regierungs⸗Ausschreiben vom 6. 
Juli 1839, und 12. November 1840, die Ge⸗ 
schäfte zuständigkeit bei Bestimmung des Alignements 
in den Stadien und Döͤrfern beir. das Regierungs⸗ 
Ausschreiben vom 7. April 1836, Alignement der 
Trabersen betr. das Regierungs Ausschreiben vom 
13 Okllober 1836, das Alignement von Gebäuden 
an Staais⸗- vnd Bezirksstraßen außechalb der Orts. 
straßen betr. und die Bekanntmachung vom 25. 
Robember 1887, die Gebäudevorsprünge betr.; 2) 
8 6 des Beschlusses des Präf cten des Donners 
berg⸗Departements vom 4 September 1807, für 
die ganze Pfalz giltig; 3) das Regierungs⸗Aus⸗ 
schreiben vom 29. Mai 1858, die Anwendung der 
Steinpappe zur Dacheindeckung bett; 4) die bau⸗ 
polizeilichen Vorschriften der kgl. Regierung vom 
10. Februar und 21. März 1883; 5) die bisher 
zur Anwendung gekommenen Vorschriften über die 
Feuerbeschau mit den hieran fich anschließenden Be— 
simmungen feuervpolizeilichen Inhalts. 
Vermischtes. 
Dem deutschen Bundesrathe ist einekaiser— 
liche Verordnung zugegangen, nach welcher 
aufgrund des Nahrungsmittelgesetzes die Her⸗ 
stellung, der Verkauf und das Feilhalten von Ma⸗ 
schinen zur Anfertigung kunstlicher Kaffeebohnen 
berboten werden soll. 
Saarbrücden, 15. Dez. In der heu— 
tigen Sitzung der Strafkammer stand der 
33 Jahre alie verheiratete Hüttenarbeiter D. Baum⸗ 
bach aus Fechingen unter der Anklage, eine in 
seinen Händen brefindliche Geburts⸗Urkunde gefälscht 
zu haben, um neben seiner noch bestehenden Ehe 
eine zweite eingehen zu können, womit er sich des 
Verbrechens der Bigamie schuldig gemacht haben 
würde, auf sein Geständniß erfolgte die Verur⸗ 
theilung des Angeklagten zu 18 Monaten Ge—⸗ 
fängniß. 
— Vorgestern Abend etwa um 6 Uhr hätte, wie 
der „Srbr. Zig.“ von einem Augenzeugen berichtet 
wird, dem das Huttengeleise in Burbach pas⸗ 
fireuden Straäßenbabnwagen leicht ein 
⸗rnstes Unglück passieren können, indem der Straßen⸗ 
zohnwagen widec den soeben niedergelassenen Bar- 
riöre⸗Balken fuhr. Glücklicherweise gab der Führer 
des Wagens Contre ⸗⸗Dampf, und der Wagen mit 
eirca 30 Personen fuhr rückwärts. Einige Sekunden 
pater wäre der Wagen in den gerade zum Bahn⸗ 
jofe fahrenden Hüttenzug gerannt. So lief, Gott 
tei Dank. alles ohne nennenswerthen Schaden ab. 
Dem Stabstrompeter Neamann des 5. 
Chev.Regts. in Saargemünd wurde der Titel 
„kgl. Musitmeister“ verliehen. 
In Mer zig ist vor Kurzem etwas passiert 
was „noch nicht dagewesen.“ Jemand verbreitet 
der einen hiesigen pens. Beamten, welcher in 
iesem Jahre gestorben ist, unehrenhafte Gerüchte. 
die Wutwe des Geschmähten setzt in der Merziger 
3 itung eine Belohnung von 100 Mei. auf die 
Angabe des Thäters aus. Ein fräüher hier domizi⸗ 
irter Schaeidermeister gibt sich als Thäter an. 
Die betr. Wittwe läßt fich aber aus Erbarmen zu 
inem Vergleiche betimmen in Form eines Wider⸗ 
rufs in derseiben Zeitung. Nach Veidffentlichung 
)esselben beansprucht der Schneider die 100 Mark 
Belohnung, da er ja den Thäter (also sich selbst) 
angegeben. Nachdem die Zahlung verweigert wurde, 
st nun der hiesige Rechtsanwalt zur gerichtlichen 
Betreibung bevollmächtigt worden. Da hört denn 
voch Verschiedenes auf!! 
Mannheim, 15 Dez. Uater der Spitz 
narke „Ein ostafrikanischer Fürst in Mannheim“ 
chreibt die „N. B. L.“: Der am Samstag Abend 
in hiesigen Hoftheater stattgehabten Vorstellung 
vohnte auch der Afrikaforscher Herr v. Schellen⸗ 
zvorf an. Es war gerade nicht dieser Herr, der 
zie Aufmertsamkeit des Theaterpublikums auf sich 
enkte, sondern sein Begleiter, der oftafrikanische 
Fürst Kwangtesu, der mit einem malerischen 
hewande angethan war. Sogar das lange Schwert 
n rother Scheide fehlte nicht. Daß dieser afri⸗ 
anische Fürst in seiner Nationaltracht, welcher, 
vie wir hören, ein Freundschaftsbündniß mit 
Deuischland abgeschlossen hat, allgemein angestaunt 
vurde, ist wohl selbstoverständlich. 
Die größeren Stadte des Königreichs 
Bayern ordnen sich nach ihrer Bevölkerungszahl 
nuf Grund der Zählung vom 1. d. M. wie folgt: 
) Munchen 345,152 Einwohner, 2) Nürnberg 
44,240, 8) Augsburg 75 523, 4) Würzdburg 
30,844, 5) Regensburg 37,567, 6) Kaiserslautern 
37, 159, 7) Bamberg 37,130, 8) Ludwigshafen 
18,295, 9) Hof 24,348, 10) Bayreuth 24 435, 
11) Pirmasens 20,937, 12) Amberg 19,093, 18) 
dandeshut 18,870, 14) Erlangen 17,830, 15) 
S3p yer 17,740, 16) Passau 16,937, 17) Kempten 
15,670, 18) Ansbach 14,234, 19) Neustadt a. 
3. 13,645, 20) Straubing 13,561, 21) Aschaffen⸗ 
jurg 18,275, 22) Frankenthal 18,089, 28) 
S„chweinfurt 12,488, 24) Zweidrücken 11,169, 
35) Landau 11,129, 26) St. Ingbert 10,908, 
27) Rosenheim 10,059, 28) Freising 9485, 29) 
Meimmingen 9425, 30) Schwabach 8090, 81) 
Neu⸗Ulm 7809, 32) Kitzingen 7521, 88) Eich⸗ 
tätt 7445, 34) Kaufbeuern 7324, 35) Kulmbach 
7004. 
Augsburg, 14. Dez. Ueber ein schrec⸗ 
iches Unglück, welchs sich gestern in der 
horstadt links der Wertach ereignet hat, wird 
Folgendes berichtet: Die Fabrikarbeitersfrau Vog⸗ 
er derließ früh nach 9 Uhr ihre Wohnung. Vor⸗ 
ser zündete sie in dem im Wohnzimmer befindlichen 
Afen mit Kohlen und Torf ein Feuer an und 
chloß ihre drei Kinder: Maria 5 Jihre, Heinrich 
1Jahre und Karolina 8 Monate alt, in das 
Wohnzimmer ein. Nach dem Befunde an Ort und 
Ztelle stieg vermuthlich nach dem Weggange der 
Mutter, der 4 Jahre alte Knabe auf einen Stnhl 
ind eninahm aus der an der Wand hängenden 
Zchüsselrahme die dort befindlichen Zeitungen, zün⸗ 
zete dieselben im Ofen an, warf die brennenden 
Zeiturgen in das vor dem Ofen stehende höl— 
erne Kohlenbecken und nährte durch Zulegen don 
Zolz, Stroh und Lumpen das Feuer weiter. Das 
Feuer ergriff das Kohlenbecken mit Inhalt und 
heilte sich später auch dem Fußboden mit. Durch 
)en enistandenen Rauch erstickten die drei Kinder, 
ohne daß nur ein Hilferuf vernommen wurde. Als 
die Multer um 11 uUhr zurückkehrte, fand fie die 
dinder und zwar die zwei Mädchen im Bette 
und den Knaben auf dem Fußboden leblos liegend. 
Muünchen, 17. Dez. Als zuverlässig wird 
den „N. N.“ mitgeteilt, daß in allen Zweigen des 
Fisenbabndienstes noch längere Zeit für 
trebsome tüchtige junge Männer die günstigsten 
Aussichten bestehen. Es ist dies namentlich im 
nittleren technischen Dienste, sowie im mitileren 
Fisenbahnbetriebs- und Verwaltungsdienste der Fall 
in welchem noch immer der Bedarf an Anwartern 
mit entsprecheader Vorbildung nicht ausreichend ge⸗ 
deckt' werden kornte. 
Stilbhüthe. Ein oberbayerisches Pro⸗ 
zinzialblatt enthält in seiner letzien Dienstags- 
Nummer folgende prachtvolle Notiz: „Letzte War—⸗ 
aung! Nachdem die Vorschriften in Starnbergs 
Jagdbezirk und Umgebung das Laufenlassen großer 
Doggen betreffend bei Spaziergängen, wenn auch 
mit Maulkorb versehen, nicht eingehalten, jagend 
betroffen, sofort niedergeschossen werden, gleichviel 
wer die Eigenthümer sind. Die Jagdpächter.“ — 
Wenn die Jagdpächter nicht besser mit dem Gewehr 
imgehen könmen, wie mit der Feder, so hat daß 
Wild gut⸗ Tage! 
In dem kleinen Octe Hahnheim bei 
Oppenheim wurde vor einigen Tagen ein großer 
Fund von römischen Münzen gemacht; bei 
dem Graben eines Ackers fand ein Landmann in 
iner Tiefe von 83 Fuß etwa 4500 Kupfermünzen, 
er späteren römischen Kaiserzeit angehörend. 
FKoblenz, 14. Dez. Das Treibeis 
im Rhein hatte sich vergangene Nacht derart 
ermehrt, daß die chiesige Schiffbrücke heute früh 
12/2 Uhr abgefahren werden mußte. 
F Ein internationaler Hochstapler, 
velcher den Namen van Hounten führte und in 
damburg, Berlin, Bremen, München, Stꝛaßburg 
i. s. w allerhand Betrügereien verübt hatte und 
»eshalb steckbrieflich verfolgt wurde, ist in Aachen 
zerhaftet worden. In Hamburg hatte der Hoch⸗ 
tapler mit großem Personal ein Plantagen⸗Ge⸗ 
chüft“ eroͤffnet. 
4 Auf der Pulverfabrik von Cramer u. 
—XXOD 
iner größeren Explosion ein Pulverschuppen 
n die Luft geflogen. Es fanden dabei zwei Arbeiter 
hren Tod. 
F Berlin. Ein Bild des Elends bot 
ich am Samstag Abend den Passanten der Neuen 
Promenade in der nächsten Nähe des Weihnachts⸗ 
narktes. Inmitten des dort herrschenden starken 
Berkehrs brach ploͤtzlich eine etwa 60jährige, ärmlich 
jekleidete Frau auf dem Fahrdamm zusammen, und 
war so dicht an einer vorüberfahtenden Droschke, 
aß sie einige leichte Verletzuugen durch die Huf⸗ 
rilte des Pferdes erlitt. Wie sich bald herausftellte, 
war die Frau fast verhungert und infolgedessen 
dewußtlos geworden; die Verunglückte, eine in der 
Pappel -Allie wohnende Witiwe Dressel, ist schon 
eit einem Jahre ohne Subsistenzmittel und hat seit 
dieser Zeit ein wahres Hungermartyrium durchge 
nacht. Im Laufe des Sommers ernährte sich die 
liermste durch Verkauf von Fliegenstöcken“, ihr 
dind, ein 14jähriges Madchen verdiente in einer 
Fabrik bis vor kurzer Zeit vier Mark in der Woche. 
sber auch diese geringe Beihülfe hörte dadurch auf, 
daß das Mädchen die Stellung verlor. Die An ⸗ 
trengung der alten, durch Hunger geschwüchten 
Frau, auf dem Weihnachtsmarkt irgend welchen 
Herdienst zu finden, war vergeblich; am Samstag 
war sie den ganzen Tag, den vierten, an dem fie 
zöllig gehungert hatte, auf der Straße umherge⸗ 
'aufen, bis sie endlich erschöpft zusammenbrach. 
Die Aermste wurde von einem in der Nähe wohnen 
zen Restaurateur mit Speise und Trank erquich 
und von Passanten mit Geid unterstützt, wodurth 
ie wenigstens für einige Tage vor der bittersten 
Noth geschützt ist. 
Berllin. Die neue Zeitungs⸗-Preisliste der 
Reichspost, welche soeben für das Jahr 1891 ner 
erschienen ist, weist nicht weniger als 9984 regel⸗ 
muͤßig erscheinende Zeiischriften nach, welche im 
Wege des Postgeblets bezogen werden koͤnnen. 
dDiese „Geistesnahrung“ erscheint in 88 verschiedt⸗ 
nen Sprachen, und zwar werden gedruckt von 
»bigen Zeitschriften: deutsch 7156 (yegen 6978 
m “laufenden Jahre), armenisch 1, duigarisch 2. 
roansch 2, czechiich 17, danisch 205, engiisch 961 
äanisch 5, franzöfisch 782, griechisch 9, hedraisch 
z. honandisch 108, islandisch 2, nalienisch 164 
sateimisch 1. lithau isch 6, norwegisch 70, perfisch. 
„olnisch 102, por kugiesisch 9, romanisch 2, rumbd— 
nisch 13, ruffisch 60, ruthenisch 2, schwedisch 140, 
merbisch 2, stobakisch 2, siovenisch 4. spanisch 51. 
urtisch 2, ungarisch 260, dlämisch 9 und wendisch“ 
P'Ein Geshent für den Kaiferif 
wgenblicklich in den Ateliers der Berliner Leder—⸗