Full text: St. Ingberter Anzeiger

eine Rede halten. — Die durch den schontischen 
Bahnstreil hervorgerufene Lage hat sich wesent⸗ 
lich gebessert. Auf vielen Strecken ist die Be⸗ 
förderung der Reisenden wieder eröffnet; auch 
der Guͤlerverkehr ist teilweise wieder im Betrieb. 
Paris, 29. Dez. Ia seiner gestrigen Wahl⸗ 
rede vor den Senatswählern äußerte Frey⸗ 
cdinet: Auf einem seit langen Jahrhunderten 
monarchischen Boden gründeten wir die freie Re⸗ 
publit inmitten monarchischer Nationen, welche, 
anfangs mißtrauisch, uns jtzt mit Bewunderung 
und Achtung betrachten. Niemand kann sagen, 
welches die Folgen der Entwick-lung der gebildeten 
und unterrichteten Nation sein werden, welche eine 
freie Institution unter neuer Form besitzt und die 
Leuchte friedlichen Einflusses Uer die ganze Welt 
derbreitet. Usber die militärische Aufgabe äußerte 
Freycinet sich dahin: die Stunde, in welcher das 
uneingeschränkte Recht herrsche, sei noch nicht ge⸗ 
kommen, trotz aller Bemühungen der Friedensliga. 
Die Gewalt sei noch immer der oberste Schiedsrichter 
der Nationen. Frankreich müsse deshald stets in der 
dage sein, von denen Achtung zu fordern, von 
denen es umgeben sei. 
Bern, 29. Dez. Nach einem Telegramm des 
„Bund“ soll eine Anarchistenversamm .; 
kung in Genf den Bundesrat und die 
dortige Polizeibehörde „zum Tode verurteilt“ haben. 
Fine amtliche Mitteilung stellt fest, daß Padle⸗ 
weski nicht in Genf ist, wie Pariser Blätter be— 
richteten. 
Wien, 29. Dez. Die serbische Regent⸗ 
schaft und Regierung einigten sich dahin, von 
der früheren Königin Frau Natalie eine Er 
lärung darüber zu fordern, ob sie sich als Mit⸗ 
glied der Dynastie oder als einfache Bürgerin be⸗ 
rachte; im ersten Falle unterstehe fie durchaus der 
Diecipuin des Königs, also j tzt der Regentschoft; 
andernfalls werde man jene Maßregeln trffn, 
welche erforderlich seien, damit Staat noch Dynastie 
nicht durch Bürger in Gefahr kommen. 
New⸗NYork, 29. Dez. Nach hier eingegangenen 
Meldungen hat eine Kavallerieabteilung den In⸗ 
dianerhäuptling Big Foot und 150 seiner Leute 
am Porcupine Creek gefangen genommen. Die 
feindlichen Indiener in den Badlands haben sich 
unterworfen und sind auf dem Rückmarsch nach 
Pine Ridge. 
Eokale und pfalztiche Nachrichten. 
* St. Ingbert, 30. Tez. Der verhenathete 
Bergmann Jakod Klhahm aus Rohrvach ist gestern 
m der hiefigen Grube verunglückt, wobei er schwere 
Verl tzungen erhielt. Er befindet fich im Knapp⸗ 
schaftslazaret. 
* Sit. Ingbert, 30. Dez. Verkehrs⸗ 
nachrischt. Die Nachnahme⸗Postanweisungen zu 
Nachnahmesendungen nach und von dem Ausland 
sind von jetzt ab, und zwar sogleich bei der Aus- 
fertigung, am oberen Rand auf der Vorderseite 
Dandschriftlich oder durch Stempelabdruck mit dem 
Zermerk „Ausland“ zu versehen. Der Vermerk 
muß sich auf der eigentlichen Postanweisung be— 
finden und darf nicht auf den Abschnitt derselhen 
hinüberreichen. Im Verkehr mit O sterreich⸗Ungarn 
bedarf es des Vermerkes „Ausland“ nicht. 
* St. Ingbert, 30. Dez. Durch die 
sttonkurseröffnung ist nach einem Urteil 
des Reichsgerichts, auch der Gemeinschuldner nicht 
absolut handlungs ·oder prozeßunfähig geworden, 
vielmehr haben die 88 5, 6 der Konkurs Ordnung 
nur den Sinn und die Tragweite, daß derselbe 
teine solche Handlung vornehmen dark, welche 
mitlelbar oder unmittelbar die Konkursmasse und 
den Konkursgläubiger beziehungsweise deren Konkurs 
anspruch beireffen. Der Gemeinschuldner kann also 
mit Warksamkeit ein während des Konkurses gegen 
ihn erlassenes Urteil dem Gegner zuftellen lassen. 
*— Die beweglichen Feste fallen im 
kommenden Jahr wie folgt: Aschermittwoch auf 
den 11. Februar, sodaß der nächste Fasching nur 
Z5 Tage dauert, Ostern auf den 29. März, Pfingsten 
auf den 17. Mai. 
— Schnappach, 29. Dez. Zu Anfang 
voriger Woche fiel dahier ein Mädchen in Folge 
des Eises so unglücktich, daß es sich eine Ghirner⸗ 
schütterung zuzog. Gerade bei diesem bedauerlichen 
Unfalle ist die Mahnung doppelt angebtacht: Streut 
Asche! 
— Niederwäürzbach, 29. Dez. Gestern 
hereitete der Gesanaverein „Germania“ seinem 
scheidenden Dirigenten, Herrn Lehrer Marr, 
velcher nach C. versetzt ist, eine schöne Abschieds— 
eier. Der Lang'sche Saal, wo die Feier statt— 
and, war bis zum letzten Platze dicht besetzt, ein 
Zeweis, welcher großen Beliebtheit sich Herr Marx 
n hiefiger Gemeinde erfreut. Trinksprüche und 
Besangsborträge wechselten ab, und so verlief die 
Feier auf die schöͤnste Weise. Man kann die Ge— 
neinde Clausen zu ihrem neuen Lehrer nur be—⸗ 
lückwünschen (3w. 3.) 
— Biesingen, 29. Dez. Eine wahrhaft 
hedauernswerte Frau, deren Verhältnisse 
)er Oeffentlichkeit hiermit zur Hilfeleistung bekannt 
Jegeben werden sollen, ist die in dem benachbarten 
dörtfchen Seelbach wohnende arme Wittwe Elisa 
»etha Muth. Ihr verstorbener Ehemann Jakob 
Muth diente als Soldat im 13. Inf.Regt., machte 
den Feldzug 1870 mit, ward verwundet und starb 
nach mehrjühriger Ehe, seine Frau mit 6 Kleinen 
n äcmlichen Verhältnissen zurücklassend. Ein jetzt 
7jahriges Mädchen, das einst von Kmdern in der 
Z„chule an den Augen gekratzt wurde, ist infolge 
zdiefer Verletzung erblindet. Die zweite, 185jährige 
Tochter, welche in der Fabrik in Ensheim ardeitete, 
var am letzten Mittwoch abends in der Stube 
hrer Mietsleute. Da explodierte der Ofen, ein 
iserner Ring wurde ihr in das Gesicht geschleudert 
ind verletzte die Bedauernswerte derart, daß ihr 
dieser Tage, in Saarbrücken ein Auge herausge⸗ 
rommen werden mußte, um ihr das Licht noch am 
indern zu retten. Wahrlich eine Reihe von herben 
Fällen. (Zw. Ztz.) 
— Pirmasens, 29. Dez. Ein trauriger 
Unglhücksfall hat fich om Samstag Abend im 
Aten Kloster ereignet. Dortselbst hat die Kasino⸗ 
gesellschaft zur Eintracht ihr Vereinslokal, in welchem 
zieselbe am Samstag Abend versammelt war. Der 
Diener der Gesellschaft, Friedr. Gottschall begab sich 
Jegen 11 Uhr nach dem Gasthaus zur Burg, um 
zortseldst en Faäßchen Bier zu holen. Mit diesem 
nuf dem Rüchn glitt derselbe im Hofe des Klosters 
por der Trappe aus und kam zu Fall, wobei er 
nit der Süurn auf die zweite Terppenstufe auf⸗ 
chlug. Das Faß Bier muß jedenfalls dem Un⸗ 
lücklich n auf den Hinterkopf gefallen sein und den 
Schädel zertrümmert haben, denn kurze Ziit dar—⸗ 
aach war derselbe eine Leiche. Der Verunglückte 
var ein solider und braver Arbeiter und hinter 
üht eine Frau mit 8 Kindern, welche allaemein 
edauernt werden. Gotischall hatte den Feldzug 
1870/71 mitgemacht und als Freiwilliger im 6. 
Jagerdataillon gedient. (3tg.) 
— Neustadi, 29. Dez. (Pfälzischer 
sennverein.) Die ordentliche Generalversamm⸗ 
ung des psalzischen Rennvereins findet hier am 25. 
Januar 1891, statt. Tagesordnung, Stunde des 
Beginns und Lokal werden noch veroöffentlicht wer⸗ 
den. — In der Nacht vom 27. auf den 28. Dez. 
vurden in einer Baumschule an der Mußbacher 
Straße von roher Hand 14 Bäumchen ge— 
knickt. Hoffentlich gelingt es, des Thäters bab- 
haft zu werden. 
— In Hasßs loch brannten die Nebengebäude 
der Bahnwartswohnung Posten Nr. 121 der Bahn⸗ 
neisterei Scheff rstadt Haßloch vollständig nieder. 
*Foisthungsursache unbekannt. Der J haber des 
Bostens ist versichert. Das Wohnaebäubde seldst ist, 
rotz des herrschenden ungzünstigen Windes, verschont 
geblieben. 
— Ludwigshafen, 29. Dez. Der Re⸗ 
jaurxateur Heßß dahier, welcher, wie kürzlich ge⸗ 
neldet, zuerst seine Frau mit Todtschießen bedrohte 
ind sich dann selbs eine Schußwunde beibrachte, 
ist gestern gesto ben. 
— Ludwigshafen, 29. Dez. Zwei 
Jahre hat ein Brief gebraucht, der von Wall⸗ 
jalben an einen hirsigen Herrn aufgegeben war, 
is er in die Hände des Adr ssaten gelangte. Der 
Brief wurde untetm 30. Dezember 1888 in Wall- 
jalhen aufgegeben und ist gestern, am 28. Dez. 
1890, dem Empfänger hier zugestellt worden. Dem 
Aussehen nach muß der Brief in irgend einem 
dillen Wi kel der Aufgabestation geruht haben, bis 
er dort vielleicht durch einen Zufall wieder an's 
Tageslicht kamm; denn er trägt den Abgangastempel 
»om 27. Dezember 1890. Kur.) 
— Edigheim, 28. Dez. Am Donnerstag 
Abend entstanden in einem Wagen des Straßen⸗ 
»ahnzuges, der um 6 Uhr 5 Minuten in Franken ˖ 
hal abgeht, Streitigkeiten, die zu schlichten der 
diensthabende Schaffner von Mitfahrenden ange⸗ 
rufen wurde. Sein Eingreifen wurde aber schlecht 
gjelohnt, denn ein Friesenheimer Bursche gab dem 
Beamten einen so gefährlichen Stich in den Rücken, 
»aß er todtkrank zu Bette liegt. Der Thäter ent— 
prang aus dem Wagen, wurde aber inzwischen 
zerhaftet. Als der Zug hier einfuhr, entstiegen 
inige Raufbolde, wahrscheinlich Freund⸗ des ersteren 
Thäters dem Zuge und fingen ohne Weiteres 
dändel mit hiesigen am Aussteigeplat sich aufhal⸗ 
tenden Bürgern an und wurden dabei ohne weitere 
Beranlassung dem 20 Jahre alten Heinrich Willer 
don hier zwei Finger der linken Hand durch— 
geschlitzt. 
Grünstadt, 28. Dez. Heute Nachmittag 
cand hier eine zahlreich besuchte Versammlung von 
Bertrauensmännern der nationalliberalen 
Partei statt, welche einen nationalliberalen Wahl— 
derein für den Kanton Grünstadt bildeten. 
— Vom Potzberg. Einem laäugst gefühlten 
Bedürfnis wird demnächst entsprochn, indem das 
kgl. Oberpostamt in Speyer in entgegenkommender 
Weise die Eerichtung einer Postexpdition im Bahn⸗ 
hofe Eisendach Matzenbach genehmigt hat. Dem 
Bestelldezirke werden die Octe Eisenbach, Matzen⸗ 
hach, Godelhausen, Gimbsbach und Neunkirchen zu⸗ 
getheilt werden. 
— Kirchheimbolanden, 29. D'ez. Die 
Apotheke des Herrn Schumacher aing dem 
Vernehmen der „Pf. Pr.“ nach um 120,000 Mt. 
käuflich in den Besitz des Herrn F. Dette aus 
Wernigerode, z. Z. in Lambrecht, ü er. Schumacher 
kaufte die Apotheke vor etwa 12 Jahren von 
Apotheker Herzer um 75 000 Mtk. und jener die— 
selbe s. Z. von Apotheker Dercum um 28,000 
Bulden. 
Vermischtes. 
7 Si. Jobann, 29. Dez. Waͤhrend eine 
Abordnung der Bergleute sich nach Trier begab, um 
den aus dem Gefängniß dortselbst austretenden 
früheren Präsidenten des Rechtschutzvereins, Wasr⸗ 
ken, abzuholen, hat die Behörde den Lezteren 
jestern Abend 12 Uhr 58 Min. nach Saardrücken 
iberführt und heute entlassen. H-ute Vormittag 
nachte Herr Warken in verschiedenen Geschäften der 
Stadt Einkäufe. (G. A.) 
FIn dem preußischen Orte Fechingen ist 
der Knecht eines dortigen Wirtes mit der eist 
ünfzehr jährigen Tochter seines Dienstherrn am 
ersten Wihnachtsabend durchgebrannt, und ist der 
„Sbr. Z.“ zufolge bis jetzt noch keine Spur von 
den Flüchtigen aufgefunden, obdgleich sofort um⸗ 
tassende Nachforschungen angestellt worden. 
Wenn man den Bod zum Gärtner 
detzt. In Maria Rebe's elsässischen Dorfge⸗ 
chichten kündigt der Dorfwächter und Dorfkrämer 
dunjak eine polizeiliche Verordnung an, wie folgt: 
„Es wird bekannt gemacht, daß das Schießen am 
st ujahrstage streng verboten ist. Wer indessen 
Schießpulber draucht, kann dasselbe bei mit holen. 
Es ist frischer Vorrat angekommen.“ 
Kempten. Ein Uncum von einem Mil ch 
fälsscher wurde in der Person des verheiratheten, 
vohlhabenden Ockonomen Josef Kischle in Unterhub 
ermittelt. Er lieferte schon seit einigen Jihren ge⸗ 
pässerte Milch in die Sennküche, und es wird an⸗ 
Jenommen, daß er in den innerhalb drei Jahren 
jelieferten etwa 31,000 Litern reiner Milch nahe⸗ 
su über 7000 Liter Wasser zusetzte. 
pPMänchen. Das ,Bayerische Lehrer—⸗ 
vaisenstift“ war heuer in der Lage an 1596 
Waisen den Betrag von 57,316 Mark auszuz ihlen. 
Dieselben veriheilen sich wie folgt: Oderbayrn 
246 Waisen) 8433 Mt., Niederbay rn (194 
Waisen) 6484 Mk., Overpfalz (208 Wusen) 
7506 Mtk., Oderfranken (191 Waisen) 7218 Mtk., 
Mittelfranken (220 Wusen) 8356 Mt., Uater⸗ 
ranken (277 Waisen) 10,314 Mk., und Schwaben 
254 Waisen) 8705 Mt. 
München. Wegen größerer Bauvornahmen 
Einrichtung einer Niederdruckdampfheizung, Parke⸗ 
sirung der Galeriesäle) muß die k. alte Pina⸗ 
kothek vom 27. Dezember an auf die Dauer von 
vier Monaten geschlossin werden. 
F Die Tel⸗phonv roinduag zwischen München, 
NRurnbergund Würzburg ist fertig. Probe⸗ 
gesprache fielen nach amtlicher Bestätiguag über 
alles Erwarten günstig aus. Die Eröff iung der 
Verbindung findet laut „A. A.“ voraussichtlich 
Mitte Januar statt, nachdem der Druck der be— 
—D 
F Erlangen, 25. Dz. Gest'rn Nichmit⸗ 
ag 1 Uhr wurde von einem städrisch gekleideten 
Fremden im Pfarrhofe zu Möhrendorf auf den