Full text: St. Ingberter Anzeiger

allein zu Hause befindlichen Pfarrverweser Zindel 
in frecher Raubmordversuch gemacht. Der 
Fremde überreichte dem Pfarrberweser einen Brief 
und bat in demselben um ein Darlehen von 50 
Mk. Der Verweser gab auf verschiedene Dioh 
ungen hin das Geld her, da zog der Fremde einen 
Revolver und jagte dem Verweser eine Kugel in 
den Hals, die in der Mundhoͤhle sicken blieb. 
Darauf nahm der Räuber noch 70 Mt. mit und 
entfloh. Di sich erholende Pfarrd rweser rief nach 
Hitfe und die Bauern verfolgten den Räuber, der 
aoch 4 Schüsse auf seine Verfolger abgad und in 
dem nahen Walde entkam. Der Verwupdete wurde 
in die hiesige Klinik gedracht, wo die Kugel wieder 
entfernt werden konnte. 
Eaine gelungene Verteidigung. 
Hegen einen Hausbesitzer in Halle a. S. war don 
einem Mieter, einem Restaurateur, eine Schadener⸗ 
iatztlage angestrenat, weil ihm infolge ungenügender 
Anlage der Kellerräume Speisen verdorben seien. 
Dieser Tage fand die mündliche V rnehmung der 
Parteien statt. Nicht geringe Heiterkeit erregte es 
iun, als der Verklagte im Termin vor Gericht mit 
triumphierender Miene etn Zeitunasblatt hervorholte 
und lachelnd bemerkte: „Der Keller soll schlecht 
jein? Vorzüglich ist der Keller! Gestatten Sie, 
daß ich zum B weise eine vom Kläger felost erlas— 
sene Annonce vorl se: N. N's Ristaurant, L.. str. 
Scheidige Damenbedienung. Küche und Keller vor⸗ 
üglich! Ich habe zu m'iner Vertheidigung dem 
nichts mahr hinzuzufügen.“ 
F Kaldenkirchen, 27. Dez. In dem be— 
rachdarten Breyll verkaufte an Biertische ein 
MNetzger einem Papierjändler einen Kuüubik⸗ 
neter Schweinefleisch für 120 Mtk. Der 
Verkäufer hatte off nbar keine Vorstellusg von der 
Größe eines Kubikmeters, denn er bekam keinen 
geringen Schrick, als die andst Dten Ermitteungen 
etgahven, daß ein Kubikmet⸗r frisches Schweinefl sch 
1984 und geräduch rites 1792 Pfund wiegt. Es 
Jehört dazu das Fleisch don etwa zehn fetten 
Schweinen. Falls der Miatzier die Lieferung nicht 
nacht, will der Käufer die Sache zum gerichtlichen 
Austrag bringen. 
Am Montag voriger Woch- wurde in Berlin 
der fünfzehntausendste Fernsprechanschluß 
ausgeführt, was eine Zunahme von rund 5000 in 
13/, Jahren bedeutet. Das unterirdisch Leitu gsnetz 
wurde mit einem Kostenaufwand von 2 Millionen 
Mark vollendet. 
F Der Kindersegen der Hohen— 
zohlern ist meistens ein reicher gewesen. Ader 
»er Fall, daß einem Raenten dieses Hauses sechs 
A—— 
vurden, ist erst mit der Geburt des jüngsten 
Sohnes des Kaisers eingetreten. Am nächsten ist 
dems lben Friedrich der Alte, Markgraf zu Ansbach 
gekommen, dem seine Gattin in einer dreiunddreißig⸗ 
lährig-n Ehe 17 Kinder scheukte, von welchen die 
letzten fünf sammtlich Sohne waren. Noch reicher 
mit Kindern geseguet war Aldrecht Achlles, dem 
21 geboren wurden, von denen allerdinas 9 iung 
starben. 
f Testamenteines Sonderlings. 
Vor einigen Monaten verstarb im Rordosten der 
Stadt Berlin ein betagter Rentier T., und in 
den letzten Tagen hat die Eröff ung seines höchst 
)rigin len Tistamentes stattsefunden. — Den 
wenigen Leidtragenden, meistentheils aus Miethern 
des Hauses, in dem T. gewohnl, und einigen alten 
Freunden des Verstorbenen dest hend, war es auf—⸗ 
zefallen, daß während der Beerdigung ein Allen 
undekannter äterer Herr — wie es sich später 
gerausstellte, der Testamentsvollstrecket — den dei 
der Beerdigung anwesenden weiblichen Personen 
iich mit der höfl chen Frafe genähert hatte, od sie 
twa frühec im Dienst des Verstorbenen gestanden 
Jätten. Allgemein, dis auf eine einzige Ausnahme, 
vurde diese Frage verneint; was ader der Grund 
»azu gewesen, ergab sich aus dem Testament, aus 
)am hearvorzing. daß jeder der bei dem Beqräbniß 
erschienenen Dienstboten, die 20 an der Zahl zu 
der Beerdigung schriftlich eingeladen worden waren, 
100 Mt. aus dem Nachlaß erhalten sollte. Ausge⸗ 
nommen war nur das jetzzige Dienstmädchen des 
Rentiers, das nur dann mit 100 Mt. bedacht 
var, wenn es während der Beerdigung aus eigenem 
Unirieb zu Haus bli b, um die Wohnung und so 
»as Interesse ihres ehemaligen Herrn zu hüten. — 
Nur ein einziger ehemaliger Dienstoote, eine arme 
Waschfrau, hat als „erschienene Lidiragende“ obige 
100 Mt. erhalten; das jetzige Dienstmädchen aber. 
das demonstrativ schluchzend an der Bahre ihres 
HDerrn stand, ging leec aus, da fie, anstalt hübsch 
zu Ha us zu bleiben, der Leiche zu Grad ge— 
folgt war. 
F Der Verein Deutscher Konditoren 
hat eine Eingabe an der Reichstag gerichtet, wonach 
die Beschaftigung der Konditor⸗-Gehülfen an Sonn.- 
und Festtagen nur bis 10 Uhr Vormittaqs gestattet 
jein soll. 
Der bekannte Schriftsteller Paul Lindau 
gjeht bekanntlich nach Amerika. Er wurde von 
denry Vil lard geworben, um B richte über die 
PBorzüge der Gegenden zu veirdffentlichen, welche die 
P ofic ahn durchiäufit. Das Jahresgehalt beträat 
10000 Mark: 
FSpiel des Zufalls. Ein mennoni—⸗ 
tischer Besitzer in der Elbinger Niederung las, so 
herichten Zitungen im Osten, von den Verwü— 
ttungen durch Hochwasser im Rahrgebiet. In leb— 
hafter Erinnerung an die Schrecken der Nogan- 
il berschemmung im Jahre 1888, die ihn selbst 
vetroffen hatte, war er mit seiner Frau darüber 
eins, den Leidensgefährten an der Ruhr ein Pack t⸗ 
hen mit Gebrauchsgegenständen und einer tleinen 
ßeldsumme zu übersenden. Gesagt — gethan. 
Die Frau holte aus Spind und Kommode herbor, 
vas zu entbehren war, und brachie schiseßlich noch 
rei Hemden herbei. Diese dreii Hemden hate sie 
1888 selbst aus den Gaben erhalten, welche für die 
Jdberschwemmten von weit und breit zusammenge⸗ 
lossen wacen. Der Vater meinte wohl, Geschenkles 
Uurfe man nicht wieder verschenken. Aver dit 
utter hatte fie schon heimlich neben den Geld« 
tirumpf gepackt, und so ging denn das Pacht ab, 
irekt an den Gemeindevorsieher eines kleinen Dörf⸗ 
hoens im Ruhrgebiet, das in der Zettung desonders 
jenannt war. Der ehrsame Gemeindevorlteher öff 
jete das Packet und fand denn auch u. A. die drei 
demden. Merkwürdig! Sie sahen seinen eigenen 
ehr ahnlich, und auch das große rothgestickte B 
auf dem Brutzlotze glich genau dem, das er auf der 
eigenen Brust trug. Seine Frau rufen und ihr 
die sonderbare Entdeckung mittheilen, war eins, 
und siehe da, es stellte sich heraus, daß es ganz 
dieselben Hemden waren, welche die brabe Frau 
Gemeindevorsteher mit anderen Sachen im März 
1888 fur die Ueberschwemmten nach Elbing ge 
andt hatte. Sie waren mit reichlichen Zinsen zu—⸗ 
ückgekommen, wie der Gemeindrvorsteher des lleinen 
Dörschens in dem Dankschreiben an den biederen 
—XXI 
f Paris, 27. Dez. Dem „Soir“ zufolge 
zenehmigte der Munizipalrath einen Kredit 
von 15 Millionen Fres. für die Anlage einer 
Vasserlhertung, welche das Wasser aus den 
ZQuellen von Vegne und Verneuil nach der Hanpt- 
tadt leiten soll. 
,Paris, 29. Dez. de St. Pierre, 
royalistischer Senator für Calbados, der gestern 
jier von einem Wagen üderfahren wurde, ist heute 
in den erlittenen Verletzungen gestorben. 
fFKinder-Brutkästen. Die „Erfind. 
ing,“ von welcher wir hier sprechen, ist nicht etwa 
in verfrühter Faschiagsscherz, sondern von ihrem 
Autor, dem Pariser Aczt De Lion sehr ernst ge⸗ 
meint. Er hat, ausgehend von der allerdinas 
cchon lange bekannten Thasache, daß für schwäch⸗ 
liche Säuglinge eine stets gleich bleibende Temp ra⸗ 
ur von beftimmter Höhe sehr zuträalich ist, eine 
lektrische Kinder⸗Brurvorrichtung konsiruieri. Es 
ist dies ein Holzkasten mit einer Glaswand, in 
velchem das Kind in einem Beite liegt Um die 
Wände des Kastens zi⸗hen sich Roͤhren, welche von 
»er Wärme aus einer unter dem Kasten brennen— 
den Gas oder Petroleumflamme durchstroͤnt wer⸗ 
»en. Die Hauptsache ist aber die Temperatur⸗ 
egulierung. Diese bewirken zwei Metall Thermo⸗ 
neter, deren Piatte in selbstihätiger Wise die 
ßashähne etwas schließt, sobald ein gewisser Grad 
berschritien wird, bezw. wieiter öffnet, wenn die 
Tmperatur unter ein g wisss Mind sͤmaß sinkt. 
zIm letzteren Falle idat zugleich eine Klingel, uad 
es erscheint im Warterinn⸗nraume auf einem Brett 
zie Nummer des Brutapparats. Dies für den 
Fall, daß die Waem quelle nicht gut arbeitet. 
Deff nungen im Kasten sorgen für die Erneuerung 
der Luft. Von Zeu zu Zuit werden die Sauglinge 
jehufs Stillung u. s. w. rasch in einen NReb— n⸗ 
aum gehracht, wo die gleiche Temperatut — 
vie in dem Kasten. 
fFPetersbarg. Hiesige Blätter melden' 
Professor Pfuhl, Schwiegersohn Professor Roberl 
doch's, sei zum Direktor des neuerrichteten 
kaiserlichen Jastituts für Experimental⸗Medizin in 
Petersburg derufen worden 
FDas höchste Hotel der Welt. Wie 
die „New. Handelsztg.“ berichtet, läßt Herr Wm. 
Waldorf Astot an 59 Sitr. und 5 UÄbe. in Niw— 
HYork ein Riesenhotel erbauen, welches das hoöchste 
der Welt werden wird. Der Bauplatz ist 150: 
125 Fuß aroß, die Fundamente werden 40 Fuß 
unter der Oserfläche auf Felsgrund gelegt, und auf 
denselden wird sich der 17 Stockwerte zählende 
Kolossalbau in Höhe von 225 Fuß erheben. Als 
Baumaterial werden rauh behauener Braunstein und 
geldglafirte Backsteine verwendet werden. Die Bau—⸗ 
zeit ist auf zwei Jahre, die Bautosten sind auf 
rund 1,000.000 Doll. veranschlagt. 
Gewerbliches. 
Eine Revolver-Broche hat ein Cana⸗ 
dier in Hamilton erfunden, womit indeß nicht ge⸗ 
agt sein soll, daß dies eine Broche ist, die tödtliche 
ctugeln entsendet, sondern nur wie das Baureau 
Ur Patentangelegenheiten von G. Brandt,** Berlin 
3. W. Kochst. 4, mittheilt. die darauf bef stigten 
Diamanten oder andere Edelsteine in stets w chseln⸗ 
dem Lichtglanz erscheinen läßi. Dieselbe kann in 
irgend welcher Form oder Gsestalt angefertigt werden 
und besteht im Wesentlichen darin, daß mitlels eines 
sehr einfachen, d minutwhen Werkchens im Centrum 
der Broche eine mit St inen besetzte Sch ibe und 
dieselbe umschließend, ein, ebenfalls mit Diamanten 
zarnirter Kranz und zwar in entgegengesetzter 
Richnung zum Mittelstück, in Dtrhung vers tzt 
werden, wodurch besonders bei Lichterglanz eine sehr 
ff kuve Strahlenbrschung erz ugt wird. 
** Dieses Bureau ertheilt unsern geehrten 
Abonnenten Auskünfte in Patentangelegenheiten 
rratis. 
Volks Landwirtschaftliches. 
Unter Aufhebung des Lokal-Güre⸗rtarifs vom 
1. Januar 1888 nedst Nach tägen wird am 1. 
Januarek. J. für den EisenbahnDirektions-Bzirk 
dölnlinksrheinisch ein neuer Lokal⸗— 
Bütertarif eingeführt. Soweit Echöhungen 
durch denselben eintreten, bleiben die disheriden 
Frach:sätze noch bis zum 14. Februar 1891 
inktaft. 
Famtitennacheichten. 
Gestorben: In Pirmasens Maria Müller, 
geb. Sommer, 24 J. a.; in Neustadt Joha in 
Anton Gumandt, vens. Loekomotivführer. 68 J. a. 
PVrotestantischer Gottesdienst. 
Sylvesterabend, 81. Dezember 1890 
Abends 5 Uhr Jahresschlußgottesdienst. Lied 
57. Text: Luc 24, 29. Chorgesänge: 1. Bis 
hierher zi mich Gott gebracht, 2. Befiehl Du 
Deine Wege. 
Nenjahr. 1—. Januar 1891 Vormittags 10 
Uhr Hauptgottesdienst. Lied 127. Text: Walm 
84. 12 und 138. 
— — — 
Neueste Rachrichten. 
Köln, 29. Dez. Die „K. Volksztg.“ meldet: 
Bei der im Januar erwarteten neuen, für das 
Tentrum annehmbaren Sperrgeldervorlage 
jandelt es sich um die Ruck abe des ganzen ange- 
ammeiten Kupitals an die katholische Kirche; die 
aufgesammelten Beträge wirden den Bischöfen über⸗ 
viesen, in den einz inen Diözesen werden desondere 
schi dsrichterliche Köpersaften gebildet, hei denen 
Fonds, Kuchenaustalten und Geistliche ihre An⸗ 
rüche anzumelden baben. 
Fuür die Redaltion verantwortlich: F. X. Demeß. 
Reklamen. 
Wer rasch hilft, hilft doppelt. Dies kann man 
nit Recht von den bekannten Apotheker W. Voß'schen 
statarrhpillen sagen. Oft gelingi es diesen ausgezeich⸗ 
ieten Präparat schon nach wenigen Stunden den Kailarrh 
ju beseitigen. Und warum? Weil das in diesen Pillen 
enthaltene Chinin die Ursachen des Katarrhs: die Ent— 
ndung der Schleimhäute beseitigt und somnit auch den 
AVAI 
Dose Mk. Min den Apothken erhältlich, doch achte man 
darauf, daß jede Dose die Unterschrift des konirollirenden 
Urates Dr. med. Wittlinger trägt.