Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Agberter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
er „St⸗Zugberter —— — erscheint taͤglich mit Uusnahme der Sonn⸗ und Feiertage. 2 mal wochentlich mit Unterhaltungt⸗Vlatt und Mittwocht und Samstags un 
A flrirten Beilagen. as Vlan lostei vierieljahrlich 1 A SG6o J einschließlich Tragerlohn; durch die Pos bezogen 14 168 einschließlich 40 4 eee Die 
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Anstanft eriheilt, 1b, Neklamen 80 B. Bei 4maliger Einrucddung wird nur dreimalige berechnet. 
M 4. 
Deutsches Reich. 
Ludwigshafen a. Rh. 4. Jan. In der 
gestrigen Sihung dis engeren Ausschusses des hie⸗ 
figen nationalliberalen Vereins gab der bisherige 
Reichstagsabgeordnete Dr. Karl Clemm auf 
eine Anfrage hin die Ecklärung ab, daß die Ge⸗ 
rüchte über Ablehnung einer Kandidatur für die 
nächsten Reichstagswahlen von seiner Seite jeder 
thansachlichen Grundlage entbehrten und daß er 
rotz seiner geschäftlichen Berufsthätigkeit als Leiter 
einer großen Fadrik nach wie vor bereit sei, falls die 
Wöhler des ersten pfälzischen Wahlkreises ihm ihr 
Vertrauen weiter schenken würden, ein Mandat an⸗ 
zunehmen. Damit werden wohl endlich die von 
gegnerischer Seite mit der Absicht, Verwirrung zu 
erregen, ausgestreuten Gerüchte zum Schweigen ge⸗ 
hracht werden. 
Munchen, 4. Jan. Die von der Presse ge⸗ 
brachte Nochricht, daß der Bischof v. Rampf aus 
Gesundheitsrücksichten um Dispens vom Antritt seines 
Postens ersucht haße, wird vom ‚Baver. Ktur.“ 
jeute dementiert. 
Berlin, 8. Jan. In einer Bitischrift des 
„Oberschlesischen Arbeitervereins auf 
zegenseitige Hilfe“ an den Kaiser wird gesagt, 
haß die Lage der Bergarbeiter im Ganzen dieselbe 
jei, wie vor dem Streike. Die getroffenen Verein 
harungen wären meist nur unbedeutend und häufig 
llusorisch gewesen. Manche Kameraden seien auch 
wegen des Streiks entlassen worden. — In einer 
Petition desselben Vereins an den Minister v. 
Maybach wird die Bitte um Entlofssung der 
Brubenarbeiter aus Polen, Galizien und Italien 
ausgesprochen, da doch zunächst die oberschlesischen 
Arbeiter einen gerechten Anspruch auf Arbeit und 
Verdienst auf den oberschlesischen Gruben haͤtten. 
Weitere Bitten find gerichtet auf Untersuchung jeder 
kntlassung, welche muthmaßlich wegen des Streiles 
erfolgt ist, und auf die Einsetzung ftändiger Ar⸗ 
beiterlommissionen auf jeder Grube als vermittelnden 
Faktors zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. 
Berlin, 4. Jan. Die „Post“ bedauert, daß 
der Bundesrat gesonnen scheine, zu den Aen— 
derungen der Sozialistengeseßvor⸗ 
lage erst nach der zweiten Lesung im Plenum 
des Reichstags Stellung zu nehmen und mahnt 
die Mehrheitsparteien, sich vor der zweiten Lesung 
zu verltändigen. Es wäre wertvoll, den verbündeten 
Regierungen in geschlossener Front entgegenzutieten, 
insbesondere aber dringend zu wünschen, daß eine 
Museinandersetzung zwischen den einzelnen Kartell⸗ 
parteien in öffentlicher Sitzung vermieden werde. 
Ohne Zweifel würden von denjenigen Elementen 
mnnerhalb. der Mehrheitsparteien, denen das Kartell 
innerlich zuwider sei, alle Künste angewendet wer- 
den, eine vor ängige Verständigung zu verhindern. 
Um so dringender sei die Nowendigleit einer Ver⸗ 
einbarung. Mit bestimmien Vorschlägen an die 
Deffentlichkeit zu treten, hält das freikonservativ⸗ 
Blatt nicht zweckentsprechend. 
Berlin, 4. Jan. Das „Berl. Tagebl.“ er⸗ 
hzält Andeutungen aus Straßburg, wonach un⸗ 
mittelbar nach den Wahlen einschneidende Maßregeln 
bezüglich des in nichtdeutschen Händen befindlichen 
Bßrundbesitz 8 geplant feien. 
Au⸗oland. 
London, 4. Jan. Kaiser Wilhelm 
schentte dem General Wood, welcher die Truppen⸗ 
tevue bei Aldershod befehligte, einen mit Diamanten 
jeschmückten Degen. 
Madrid. 4. Jan. Vor Moniaq döürfte Sa⸗ 
Montag, 6. Januar 1890. 
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gasta die Kabinetsneubildung nicht gelingen. Die 
Schwierigkeit liegt in der Auswahl des Finanz;⸗ 
and des Kriegministers. Die übdrigen Portefeuilles 
ind bereits folgendermaßen verteilt: Montero Rios 
Justiz, Maura Kolonien, Bosch Handel (alle drei 
ind Schutzzoͤllner), Puigcerver Inneres, Viga de 
Armijo Auͤswärtiges. Montogo Marine. Die Ge—⸗ 
neräle der liberalen Rechten des Senats wünschen 
»aß Lopez Dominguez das Poriefeuille des Krieges 
bernehme. Sie halsa Cassola, den früheren 
kriegsminister, für zu ehrgeizig und möchten ihn 
»on dem Kabinet ausschließ. Es ist jedoch noch 
eineswegs sicher ob Lopezt Dominguez annehmen 
vird. Der Finanzminister müßte zwischen den 
Freihaͤndlern und Schutzzoͤllnern der liberalen Partei 
zu lavieren verstehen. 
Rom, 4. Jan. Die Kaiserin Friedrich 
vesuchte heute mit den Prinzessinnen Tochtern das 
Museum des Kapitols und wurde durch den Ad- 
unkten des erkrankten Bürgermeisters empfangen. 
Die Kaiserin erhielt gegen Abend den Besuch der 
Zönigin Margherita and empfing sodann 
Trispi. 
Nom, 4. Jan. In den letzien Tagen hat die 
Finanzkrise, in welcher sich die Stadt Rom 
Zefindet, sich abermals wesentlich verschärft. Mini⸗ 
kerpräsident Crispi hat deshalb mit Magliani, 
dem Bevollmächtigten der Stadtgemeinde, Beratung, 
jepflogen, um die Höhe der Mittel festzustellen, 
velche der Staat zur Deckung der dringendsten Be⸗ 
zürfnisse vorstrecken will. 
Wien, 4. Jan. In der heutigen Aus⸗ 
zleichsskonferenz brachte Plenert namens 
einer Gesinnungsgenossen die beklannten Wünsche 
»er Deutschn vor. Fürst Lobkowitz erklärte 
namens seiner Partei, dieselbe würde sich in der 
nächsten Sitzung punktweise über die einzelnen 
Forderungen äußern und diejenigen Punkte mitteilen, 
velche sie im Interresse der böhmischen Nationaluat 
zorzubringen für nötig halte. Die Versammlung 
erklärte sich damit einverstauden. Die nächste Sitz 
ang ist morgen. 
le und pfaͤlzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 6. Jan. Das gestrige 
irchen⸗Konzert des Dudweiler Vereins für Kirchen⸗ 
musik in der hiesigen evang. Kirche fand bei allen 
Besuch rn nur eine Beurteilung. Diese lautet kurz 
und wahr dahin: Die Aufführung des Ocatoriams 
„Die Geburt Jesu“ ist vorzüglich gelungen. Man 
darf dem Dudweiler Verein nur dankbar sein, daß 
er dieses Tonstück hier vorführte. Daß er demselben 
durch seine eigenen Kräfte sowohl als durch die 
dortreffliche Unterstützung Anderer voll gewachsen 
war, hat sich eben gestern gezeigt. In seinem 
ichecen Einsetzen und korrelten Zusammenklang ver⸗ 
rieth der Chor die andge tüchtige Leitung 
wvie nicht weniger das verssändnißvolle Streben 
aller Mitelieder. Die Solopartien waren durch 
cräfte besetzt, wie sie in so giücklichem Vereine bei 
solcher Gelegenheit nicht immer zu finden fsind. Es 
entspricht der Thatsache, wenn wir hier an eister 
Stelle die Konzerisängerin Frl. Pluge aus Saar⸗ 
hrücken (Sopranistin) nennen, welche durch ihr 
nachtvolles und doch so angenehmes Organ die 
Zuhoͤret in stetem Banne hielt. In gleich vor— 
refflicher Weise entledigte sich seiner schwierigen 
Aufgabe der reich begabte Baritonist Herr Göpfrich 
aus St. Johann. Neben diesen verdient noch be⸗ 
sonders anerkennende Erwähnung Herr Limburg aus 
Saarlouis (Tenor) und des weiteren Frl Kirchberg und 
derr Unterkelleraus Dudweiler. Als ein Meister auf dem 
25. Jahrg. 
herrlichsten der Instrumente, der Orgel, zeigte fich 
herr Seminar⸗Musiklehrer Zeh aus Ottweiler; sein 
Spiel war wirklich zu Herzen dringend. Der Ver ˖ 
zin für Kirchenmusik in unserer preußischen Nach- 
barftadt hat sich mit der Aufführung des Oratori⸗ 
ums dahier neidlose Anerkennung errungen; nicht 
am wenigsten gebührt deren dem Dirigenten Herrn 
Minder aus Scheidt, den wir schon längst als 
nüchtigen Musiker kennen. Der Besuch des Konzerts 
don hier und auswärits muß ein sehr guter genannt 
werden und ist auch der finanzielle Erfolg ein dem⸗ 
entsprechender. 
* In der gestern Nachmittag im Cafe Becer 
abgehaltenen Generalversammlung des hiefigen 
dranken⸗, Unterstützungs-und Sterbe⸗ 
kassevereins wurden als Ausschußmitglieder 
zewählt die Herren: Dr. Ehrhardt, J. Bay r, L. 
Weirich, O. Ungewitter, E Grewenig, Gg. Müller, 
J. J. Hellenthal, L. Mercker, und Joh. Just. 
Bis auf diesen Letztgenannten gehörten Alle schon 
dem bisherigen Ausschusse an. Herr Karl Becker 
lehnte seine Wiederwahl ab. Näheren Bericht üdber 
die Generalbersammlung werden wir unsern Lesern 
morgen vorlegen. 
— Aus dem Westrich. In einem Ort 
des X.⸗Thals soll sich, wie die „Zw. 3.“ erzählt 
in der Neujahrsnacht ein ustiges Geschicht⸗ 
hein zugetragen haben. In einer fröhlichen Ge— 
ellschaft machte man einem Mitglied derselben den 
Wett⸗Vorschlag, in der „Geisterstunde“ einen 
S„paziergang nach dem Nachbardorf zu unternehmen 
und fur Durchführung dieses „Ereignifses“ Be⸗— 
cheinigung beizubringen; 3 Mk. waren der Preis 
ur diesen Beweis der „Furchtlosigkeit!“ Der betr. 
Nann ließ sfich die günstige Gelegenheit, im neuen 
Jahre fofort einen kleinen Verdienst zu ernten, 
aicht entgehen, machte sich auf den Weg, holte die 
Bescheinigung und meldete sich nach vollbrachtem 
Bang mit derselben wieder bei der G.selischaft. 
Wie man uns weiter erzählt, soll ein neckisches 
Mitglied derselben inzwischen als „Geist“, mit 
dem noͤtigen Leintuch anzethan, an einer „Spud⸗ 
telle“ vergeblich auf den nächtlichen Spaziergänger 
jewartet haben, um demselben „Respekt“ einzujagen. 
Dies gelang ihm jedoch nicht, weil der nachtliche 
Vanderer einen anderen Ruückweg eingeschlagen 
satte. Unverrichteter Dinge zog daher der lang 
vartende „Geist“ froͤstelnd wieder ah. Auch ein 
Vergnügen! 
— Kaiserslautern, 5. Jan. Der 
Attentäter Großstück, welcher in der Nacht vom 
Nontag zum Dienstag einen Mordversuch auf ein 
n der Theaterstraße bedienstetes Mädchen unter⸗ 
nahm und sich hierauf mittelst eines Revolverschusses 
n den Mund schwer verletzte, ist in der verflossenen 
„acht um 1 Uhr im hiesigen Spital an den Folgen 
dieser Verletzung gestorben. 
— Pirmasens. Besitzzwechsel. Ein 
uuf dem Bloͤcksberg gelegenes Wohnhaus des Herrn 
Zauunternehmers Mergenthaler ging durch Kauf 
n den Besitz des Schubfabrilanten G. Oswald um 
»ie Summe von 13,000 Mark über. — Ein 
Wohnhaus ⁊c. der Herrn Gebr. Wolf in der Schloß⸗ 
traße erwarb Frau Ww. Strauß um 40,000 
Marlk. 
— In Pirmasens bestehen gegenwäͤrtig 
nicht weniget als 111 Vereine, darunter 32 Zur 
zeselligen Unterhaltung.“ 
— In dem Dorfe Langwieden, das im 
Durchschnitte jährlich 5—6 Geburten und 4-5 
Sterbefälle aufweist, kam für das Jabr 1880 der